European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:1999:T033997.19991116 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 16 November 1999 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0339/97 | ||||||||
Anmeldenummer: | 85108676.9 | ||||||||
IPC-Klasse: | B01D 61/24 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | B | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Asymmetrische mikroporöse Hohlfaser für die Hämodialyse sowie Verfahren zu ihrer Herstellung | ||||||||
Name des Anmelders: | Fresenius AG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | (01) HOECHST AG (03) Minntech B.V. (04) Terumo Kabushiki Kaisha Head Office |
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Kammer: | 3.3.05 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: | |||||||||
Schlagwörter: | Beschwerdeberechtigung (ja) - Übertragung der Einsprechendenstellung Ausreichende Offenbarung (ja) Änderungen (zulässig) Stand der Technik, offenkundige Vorbenutzung (verneint) - unzureichende Beweisführung Sinnvolle technische Aufgabe (ja) Erfinderische Tätigkeit (ja) - unzulässige rückschauende Betrachtungsweise |
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Orientierungssatz: |
1. Eine rechtswirksame Übertragung der Einsprechendenstellung gilt als erwiesen, wenn hierauf gerichtete vertragliche Vereinbarungen zwischen der Übertragenden und der Empfängerin vorgelegt worden sind. In diesem Kontext ist es unerheblich, daß die Übertragende, eine Firma nach deutschem Recht, aus dem Handelsregister gelöscht und die Empfängerin, eine Firma nach niederländischem Recht, nicht im selben Handelsregister eingetragen ist (Punkt 1 der Gründe). 2. Die bloße Behauptung der Einsprechenden, die Patentinhaberin habe den neuheitsschädlich vorbenutzten Gegenstand selbst hergestellt, hat nicht zur Folge, daß die Patentinhaberin die Beweislast zu tragen und aufzuzeigen hat, daß diese vermeintliche offenkundige Vorbenutzung nicht stattgefunden hat (Punkt 4.6 der Gründe). |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, die Einsprüche gegen das europäische Patent mit der Veröffentlichungsnummer 0 168 783 zurückzuweisen, wurden drei Beschwerden eingelegt.
II. Der angefochtenen Entscheidung lagen die erteilten Ansprüche 1 bis 14 zugrunde, wobei die unabhängigen Ansprüche 1 und 10 jeweils auf eine Hohlfasermembran bzw. auf das Verfahren zur Membranherstellung gerichtet waren. Die abhängigen Ansprüche 2 bis 9 bzw. 11 bis 14 betrafen bevorzugte Ausführungsformen der Membran gemäß Anspruch 1 bzw. des Herstellungsverfahrens gemäß Anspruch 10.
Der unabhängige Stoffanspruch 1 lautete wie folgt:
"Asymmetrische, semipermeable mit Wasser benetzbare Hohlfasermembran, insbesondere für die Hämodialyse, bestehend aus einem organischen hydrophoben ersten Polymerisat und einem hydrophilen zweiten Polymerisat, gekennzeichnet durch:
- einen Gehalt von 90-99 Gew.-% erstem Polymerisat und 10-1 Gew.-% zweitem Polymerisat, wobei die Summe der Polymerisate 100 Gew.-% beträgt,
- eine innenliegende poröse Membrantrennschicht von 0,1 - 2 µm Dicke, einer Ausschlußgrenze für Moleküle mit Molekulargewicht zwischen 30 000 und 40. 000 Dalton und einer diese Trennschicht umfassenden, offenporigen, schaumartigen Stützstruktur, und
- eine hydraulische Permeabilität von 22, 5 - 450 ml/h x m2 x mbar und eine Wasseraufnahmefähigkeit im getrockneten Zustand von 3-10 Gew.-%."
Der unabhängige Verfahrensanspruch 10 lautete wie folgt:
"Verfahren zur Herstellung einer asymmetrischen, semipermeablen Hohlfasermembran für die Hämodialyse gemäß Anspruch 1-9 unter Verwendung eines organischen hydrophoben ersten Polymerisats und eines hydrophilen zweiten Polymerisats, dadurch gekennzeichnet, daß eine Polymerlösung aus 12-20 Gew.-% erstem Polymerisat und 2-10 Gew.-% zweitem Polymerisat, Rest polares aprotisches Lösungsmittel, bei einer Viskosität im Bereich von 500 - 3000 cps, vorzugsweise 1500 - 2500 cps, durch eine Ringdüse extrudiert wird, gleichzeitig in das Extrudat ein Fällmittel bestehend aus dem Lösungsmittel für das faserbildende erste Polymer und mindestens 35 Gew.-% Nichtlösungsmittel für das faserbildende Polymer eingeführt wird, wobei das Volumenverhältnis von austretendem Fällmedium und Extrudat dem Verhältnis von der Querschnittsfläche des Hohlkanals zur Querschnittsfläche der Polymerlösung am Düsenkopf entspricht, das Extrudat vor Auftreffen auf der Waschflüssigkeit von dem Fällmedium von innen nach außen völlig durchgefällt wird, und dann der vom Fällmedium herausgelöste Teil des zweiten Polymers und das Lösungsmittel der Polymerlösung in der Waschflüssigkeit ausgewaschen und die gebildete Hohlfaser anschließend getrocknet wird."
III. Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, daß der Gegenstand des Streitpatents die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ erfülle. Außerdem könne der Fachmann trotz Unklarheit des Merkmals "Ausschlußgrenze" überprüfen, ob eine Membran Moleküle mit einem Molekulargewicht zwischen 30 000 und 40 000 Dalton transportiere oder nicht. Anspruch 1 sei daher auch mit Artikel 83 EPÜ vereinbar.
IV. Für die Beurteilung der Neuheit und erfinderischen Tätigkeit wurden insbesondere folgende Entgegenhaltungen herangezogen:
D1b: EP-A-0 082 433
D3: US-A-4 051 300
D9: J. Appl. Polym. Sci. 21, 165-180 (1977)
D13: Biomedizinische Technik, Bd. 29, Heft 6, 1984, 134-141
D14: Nieren- und Hochdruckkrankheiten, Jhg. 12, Nr. 9, 1983, 339-342
D15: Experimental Report, T. Okamoto, 28. Februar 1995, eingereicht mit der Einspruchsbegründung vom 14. März 1995 der Einsprechenden Kuraray Co. Ltd.
D29: Nomenclature and Symbols in Membrane Science and Technology, prep. by G.-H. Koops (1995).
V. Im Beschwerdeverfahren wurden von den Parteien weitere Beweismittel vorgelegt, von denen in dieser Entscheidung auf die folgenden Bezug genommen wird:
D30: Experimental Report, eingereicht am 22. Mai 1997
D37: Contributions to Nephrology, Vol. 46: Highly Permeable Membranes, Ed. E. Streicher, G. Seyffart (1985)
D49: Erklärung von Herrn E. Staude, datiert vom 13. Oktober 1999
D50: zweite Erklärung von Herrn E. Staude, datiert vom 13. Oktober 1999
D51: Erklärung von Herrn R. M. Wenthold, nicht datiert.
Die Dokumente D49 bis D51 wurden von der Beschwerdeführerin Minntech GmbH mit Schreiben vom 15. Oktober 1999 eingereicht.
VI. Am 4. November 1999 erhielt die Kammer von Herrn Davies, dem bevollmächtigten Vertreter der Beschwerdeführerin Minntech GmbH, die Mitteilung, daß mit Wirkung vom 21. Oktober 1998 die Firma Minntech GmbH aufgelöst und ihre gesamte Geschäftstätigkeit mit den dazugehörigen gewerblichen Schutzrechten auf die Firma Minntech B.V. mit Sitz in den Niederlanden übertragen worden war. Als Beweis für die Übertragung wurden Erklärungen von Herrn T. J. McGoldrick eingereicht. Es wurde beantragt, das Beschwerdeverfahren mit der Minntech B.V. als Gesamtrechtsnachfolgerin der ursprünglichen Einsprechenden fortzusetzen.
VII. Am 16. November 1999 fand eine mündliche Verhandlung statt, an der die Beschwerdeführerin Hoechst AG, wie vorher schriftlich angekündigt, nicht teilgenommen hat.
In der mündlichen Verhandlung wurden folgende neue Unterlagen von der Beschwerdegegnerin überreicht:
- Handelsregisterauszug von 15. November 1999.
- Eidesstattliche Erklärung von Herrn Schneider (in deutscher und englischer Sprache, undatiert).
- Einen geänderten Anspruchssatz (Ansprüche 1 bis 5) als Grundlage für einen Hilfsantrag. Der neue Anspruch 1 entsprach Anspruch 10 des Streitpatents mit dem Unterschied, daß der Rückbezug auf die Stoffansprüche 1 - 9 durch die technischen Merkmale der Membran gemäß erteiltem Anspruch 1 ersetzt worden war. Die erteilten abhängigen Verfahrensansprüche blieben sachlich unverändert.
VIII. Die schriftlich und mündlich vorgetragenen Argumente der Beschwerdeführerinnen lassen sich wie folgt zusammenfassen:
- Die erteilten Ansprüche 1 und 10 würden gegen Artikel 123 EPÜ verstoßen.
- Die vermeintliche Erfindung sei nicht im Sinne von Artikel 83 EPÜ vollständig offenbart.
- Eine beanspruchte Membran sei vor dem Prioritätstag des Streitpatents der Öffentlichkeit zugänglich gewesen. Die zum Beweis der offenkundigen Vorbenutzung vorgelegten Beweismittel seien ausreichend, wie sich aus den Entscheidungen T 221/91 und T 969/90 ergebe.
- Die Membranen gemäß Anspruch 1 und gemäß D1b hätten sich überschneidende stoffliche Zusammensetzungen. Der Stand der Technik gemäß D1b sei deswegen neuheitschädlich für den beanspruchten Gegenstand, da im Überschneidungsbereich von gleichen Eigenschaften auszugehen sei. Zumindest seien die Parameter im Anspruch 1 eine naheliegende Auswahl aus D1b.
- D15 sei Beweis dafür, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 auch von D3 neuheitschädlich vorweggenommen werde.
- D30 zeige, daß die Anwendung der Versuchsparameter gemäß Fig. 4 von D9 zu einem Produkt mit den Eigenschaften gemäß Anspruch 1 führe.
- Für Anspruch 10 gelte der Prioritätstag nicht; darüber hinaus müsse dieser unabhängige Anspruch getrennt vom Stoffanspruch 1 diskutiert werden.
IX. Die Beschwerdegegnerin hat folgendes vorgetragen:
- Die Firma Minntech B.V. sei nicht am erstinstanzlichen Verfahren beteiligt gewesen und daher nicht berechtigt, das Beschwerdeverfahren fortzuführen.
- Die Ausführungen gegen die Anspruchsänderungen würden sich in Argumenten erschöpfen, die allenfalls einen Einwand nach Artikel 123 (3) EPÜ stützen könnten.
- In der im Erteilungsverfahren ergangenen Entscheidung T 176/91 sei ausdrücklich festgestellt worden, daß die geltenden Ansprüche im Hinblick auf Artikel 123 (2) EPÜ nicht zu beanstanden seien.
- Die Einwände zur ungenügenden Offenbarung seien nicht substantiiert.
- Eine offenkundige Vorbenutzung liege nicht vor.
- Der Anspruchsgegenstand unterscheide sich von der Membran gemäß D1b mindestens durch die Morphologie und die Wasseraufnahmefähigkeit.
- Beispiel 4 gemäß D3 sei im Versuchsbericht D15 ungenau nachgearbeitet worden.
- Die mit D30 übermittelten Daten über die Nacharbeitung des Produkts gemäß Fig. 4 von D9 würden nicht mit allen Merkmalen des Anspruchs 1 übereinstimmen.
- Insbesondere die Polymerzusammensetzung und Wasseraufnahmefähigkeit der beanspruchten Membran hätten sich aus den Entgegenhaltungen nicht in naheliegender Weise ergeben.
X. Am Ende der mündlichen Verhandlung wurden folgende Anträge gestellt:
- Die Beschwerdeführerinnen (Einsprechenden) beantragten die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents Nr. 168 783.
- Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte, daß die Kammer feststellt, daß die Firma Minntech BV nicht berechtigt ist, das Beschwerdeverfahren fortzuführen. Die Beschwerdegegnerin beantragte weiter, die Beschwerden zurückzuweisen oder das Patent gemäß Hilfsantrag aufrechtzuerhalten.
Entscheidungsgründe
Beschwerdeberechtigung
1. Die Beschwerdegegnerin hat bestritten, daß die Firma Minntech B.V. im vorliegenden Fall rechtmäßig als Beschwerdeführerin auftreten dürfe, weil nicht erwiesen sei, daß der Geschäftsbetrieb der Firma Minntech GmbH auf die Firma Minntech B.V. übertragen worden sei. Der Auszug aus dem Bundesanzeiger (Zentralhandelsregister) belege nur die Löschung der Firma Minntech GmbH von Amts wegen, nenne aber keine Rechtsnachfolgerin; eine Firma Minntech B.V. sei im selben Handelsregister überhaupt nicht angeführt.
Die Tatsache, daß die Firma Minntech GmbH von Amts wegen im Handelregister gelöscht und für sie keine Rechtsnachfolgerin in der Bundesrepublik Deutschland eingetragen wurde, reicht für die von der Beschwerdegegnerin beantragte Feststellung, die Firma Minntech B.V. sei am Beschwerdeverfahren nicht beteiligt, nicht aus. Den Parteien und der Kammer liegen die am 4. November 1999 eingereichten Bestätigungen von Herrn McGoldrick vor, daß mit Wirkung vom 21. Oktober 1998 die gesamten Geschäftstätigkeiten der Firma Minntech GmbH mit den dazugehörigen Rechten und Pflichten an die Firma Minntech B.V. mit Sitz in den Niederlanden übertragen wurden. Die Richtigkeit des Inhalts dieser Dokumente wurde von der Beschwerdegegnerin nicht bestritten. Aus diesen Erklärungen geht hervor, daß Herr McGoldrick einerseits von 1992 bis 1998 als Geschäftsführer der Minntech GmbH und andererseits ab 31. März 1997 als Vorstandsvorsitzender der Minntech B.V. fungiert hat (siehe dazu auch Punkt VI oben). Daher hält es die Kammer für erwiesen, daß eine rechtmäßige Übertragung stattgefunden hat. Die Firma Minntech B.V. ist somit berechtigt, das Beschwerdeverfahren anstelle der Minntech GmbH fortzuführen.
Hauptantrag
2. Änderungen
2.1. Die Beschwerdeführerinnen haben vorgetragen, der Gegenstand gemäß dem geänderten Anspruch 1 gehe deswegen über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus, weil der neue Stoffanspruch nicht mehr wie ursprünglich durch die wesentlichen Verfahrensschritte zur Herstellung dieses Stoffes eingeschränkt sei. Damit entstehe eine neue Lehre, die ursprünglich nicht offenbart gewesen sei.
2.2. Ein geänderter Anspruch ist mit den Erfordernissen des Artikels 123 (2) EPÜ vereinbar, wenn sein Gegenstand durch technische Merkmale definiert ist, die in den ursprünglichen Unterlagen im Zusammenhang offenbart sind. Dies ist für die vorliegenden Ansprüche der Fall. Die Kammer schließt sich insoweit den Feststellungen in Punkt 2 der im Erteilungsverfahren ergangenen Entscheidung T 176/91 vom 10. Dezember 1992 an.
Die Kammer kann den ursprünglich eingereichten Unterlagen auch nicht entnehmen, daß die dort offenbarten Hohlfasern außer den in Anspruch 1 genannten Merkmalen zwingend weitere, nur mit Hilfe von Verfahrensschritten beschreibbare Merkmale aufweisen, deren Weglassen eine unzulässige Änderung darstellen könnte. Die Beschwerdeführerinnen haben dies auch nicht geltend gemacht.
Folglich haben die Beschwerdeführerinnen nicht aufgezeigt, inwiefern der Stoffanspruch 1 nach Weglassen der Verfahrenschritte eine neue, mit der ursprünglichen Offenbarung nicht vereinbare Lehre betreffen solle. Daher erfüllen die vorliegenden Ansprüche die Erfordernisse von Artikel 100 c) bzw. Artikel 123 (2) EPÜ.
2.3. Der weitere Vortrag der Beschwerdeführerinnen, der erteilte Anspruch 1 habe im Vergleich zur ursprünglich eingereichten Fassung einen weiteren Schutzbereich, ist hier unbeachtlich, da eine Erweiterung des Schutzbereichs durch Artikel 123 (2) EPÜ nicht verboten wird. Einwände unter Artikel 123 (3) EPÜ, der eine Erweiterung des Schutzbereichs verbietet, können nur gegen Änderungen erhoben werden, die nach der Patenterteilung vorgenommen werden. Hier sind die Ansprüche jedoch bereits im Erteilungsverfahren und nicht etwa erst im Einspruchsverfahren geändert worden.
2.4. Einwand wurde auch gegen Anspruch 10 erhoben, der auf ein Verfahren gerichtet ist, bei dem "das Extrudat vor Auftreffen auf der Waschflüssigkeit von dem Fällmedium von innen nach außen völlig durchgefällt wird". Im Vergleich zur ursprünglichen Maßgabe, daß das Extrudat bei dieser Verfahrensstufe lediglich "von außen nach innen durchgefällt wird", gehe der neue Gegenstand durch das zusätzliche Wort "völlig" über die ursprüngliche Fassung hinaus.
Die Kammer hält dagegen, daß der Ausdruck "durchfällen" bereits bedeutet, daß die Fällung in diesem Schritt vollzogen werden muß. Daher kann das zusätzliche Wort "völlig" auch nicht mehr bedeuten, als daß die Fällung am Ende dieser Verfahrensstufe abgeschlossen ist. Somit mag das Wort "völlig" in diesem Zusammenhang redundant sein. Eine unzulässige Änderung im Sinne von Artikel 123 (2) EPÜ sieht die Kammer in der Einführung dieses Wortes jedoch nicht.
3. Offenbarung der Erfindung
3.1. Die Beschwerdeführerinnen haben ursprünglich ihren Einwand mangelnder Offenbarung mit der Unklarheit des Merkmals "Ausschlußgrenze" begründet. Dem kann die Kammer so weit zustimmen, als daß keine einheitliche standardisierte Methode zur Feststellung einer "Ausschlußgrenze" existiert und daß der Zahlenbereich dieses Parameters von der jeweiligen Bestimmungsmethode abhängt und deshalb nicht eindeutig festliegt. Aus D29, einem Nachschlagewerk für Nomenklatur und Symbole in der Membranetechnologie, geht jedoch eindeutig hervor, daß es in Fachkreisen trotzdem üblich ist, eine Membran u. a. durch dieses technische Merkmal zu charakterisieren (siehe D29, Seite 20). Auch die von den Beschwerdeführerinnen eingereichten Erklärungen (D49-D51) bestätigen, daß der Fachmann die Ausschlußgrenze einer Membran ohne weiteres bestimmen kann, wenn auch möglicherweise mit etwas unterschiedlichen Ergebnissen.
3.2. Es wurde in der mündlichen Verhandlung ferner eingewandt, die Membran gemäß Anspruch 1 sei ein Desideratum, da sie zumindest teilweise durch Parameterbereiche definiert werde, für die dem einzigen Herstellungsbeispiel keine Werte zu entnehmen seien. Somit enthalte das Streitpatent weder eine konkrete Lehre an den Fachmann, was erhalten wurde, noch eine nacharbeitbare Lehre, nach der beanspruchte Membranen mit diesen Parametern erhalten werden können.
In der Tat sind wesentliche Merkmale der hergestellten Membran wie das Verhältnis der Polymerisate, die hydraulische Permeabilität und die Wasseraufnahmefähigkeit in dem konkreten Herstellungsbeispiel nicht angegeben. Die Kammer hat aber keinen Grund anzunehmen und es wurde auch nicht vorgetragen, daß die als Beispiel hergestellte Membran nicht alle Merkmale des Anspruchs 1 aufweist.
3.3. Für die ausreichende Offenbarung ist ferner die Angabe eines Ausführungsbeispiels nicht zwingend erforderlich (Regel 27 (1) e) EPÜ). Es ist vielmehr zu untersuchen, ob der Fachmann anhand der ursprünglichen Anmeldungsunterlagen, ohne zusätzliche Kenntnisse oder das normale fachmännische Können übersteigende Überlegungen, die ganze Produktpalette gemäß Anspruch 1 herstellen kann. Hierzu haben die Beschwerdeführerinnen vorgetragen, der Fachmann könne ohne weiteres eine Membran mit diesen Eigenschaften herstellen, wenn er einmal wisse, daß diese Eigenschaften wünschenswert seien (siehe z. B. Eingabe der Beschwerdeführerin Terumo Kabushiki Kaisha vom 22. Mai 1997, Seite 1, Punkt 1.5). Eine der Beschwerdeführerinnen hat sogar in der mündlichen Verhandlung argumentiert, wären - wie ursprünglich - die Verfahrensschritte noch zur Definition des Produkts verwendet worden, dann wäre der Gegenstand des Anspruchs 1 ausreichend offenbart. Daraus entnimmt die Kammer, daß alle beanspruchten Membranen nach dem im Streitpatent offenbarten Verfahren erhalten werden können. Die Kammer folgert daraus, daß der Einwand unter Artikel 100 b) bzw. Artikel 83 EPÜ unbegründet ist, denn für die Sicherstellung der Reproduzierbarkeit eines Produkts genügt es, einen einzigen ausführbaren Weg zu dessen Herstellung anzugeben (siehe auch T 292/85, ABl. EPA 1989, 275, Gründe Nr. 3).
4. Offenkundige Vorbenutzung
4.1. Die Beschwerdeführerinnen haben geltend gemacht, die Membran gemäß Anspruch 1 sei vor dem Prioritätstag des Streitpatents der Öffentlichkeit zugänglich gewesen, da sie mit der in D13 bzw. D14 und D37 offenbarten, als F-60 bezeichneten Membran der Firma Fresenius identisch sei. Eine offenkundige Vorbenutzung wurde jedoch von der Beschwerdegegnerin bestritten mit der Begründung, daß unter der Bezeichnung F-60 eine Reihe von unterschiedlichen Testmembranen untersucht worden und für keine dieser untersuchten Membranen eine Polymerzusammensetzung und Wasseraufnahmefähigkeit bekannt gewesen seien, die den im Anspruch 1 definierten entsprochen haben.
4.2. Um der streitigen Frage der neuheitschädlichen offenkundigen Vorbenutzung einer Membran gemäß Anspruch 1 nachzugehen, muß daher mindestens geklärt werden, was genau vorbenutzt wurde.
4.3. Ausführungen der Beschwerdeführerinnen
4.3.1. Die Beschwerdeführerinnen haben vorgetragen, daß die verschiedenen Publikationen nicht über "eine", sondern immer über "die" Membran F-60 berichtet hätten und daß alle vergleichbaren Angaben in diesen Druckschriften mit denjenigen im Streitpatent übereinstimmten. Daher müsse es sich bei allen unter der Bezeichnung F-60 getesteten oder kommerziell erhältlichen Membranen um ein und dasselbe Produkt gehandelt haben. Hierfür spreche auch die Tatsache, daß es bei Medizinprodukten allgemein üblich sei, zu klinischen Untersuchungen mit dem Ziel der Markteinführung ein Produkt zu verwenden, dessen Struktur und Zusammensetzung dem für die kommerzielle Produktion vorgesehenen Produkt entspreche.
4.3.2. Die Beschwerdeführerinnen haben sich außerdem darauf berufen, daß die Anwesenheit eines zweiten hydrophilen Polymers in den vor dem Prioritätstag benutzten Testmembranen F-60 eindeutig aus der schaumartigen Stützstruktur dieser Membranen hervorgehe. Im Gegensatz dazu habe eine Membran aus reinem Polysulfon eine Stützstruktur mit fingerartigen Intrusionen, wie sich zum Beispiel aus Fig. 7c von D13 und Fig. 1 des Streitpatents einerseits und Fig. 7b von D13 andererseits entnehmen lasse. Diese Ausführungen zum direkten Zusammenhang zwischen Morphologie und Membranmaterial wurden von Herrn Klein, einem bei der mündlichen Verhandlung anwesenden Sachverständigen der Firma Minntech B.V., ausdrücklich bestätigt.
4.4. Ausführungen der Beschwerdegegnerin
4.4.1. Es ist unbestritten, daß nach dem Prioritätstag ein kommerzielles Produkt der Firma Fresenius mit dem Handelsnamen F-60 bekannt geworden ist, das alle Merkmale gemäß Anspruch 1 aufweist. Die Beschwerdegegnerin hat jedoch geltend gemacht, daß vor dem Prioritätstag die Entwicklung dieser Membran mit der Bezeichnung F-60 nicht abgeschlossen war. In dieser Testphase sei die Bezeichnung F-60 für eine Reihe von unterschiedlichen Membranen auf Polysulfon-Basis benutzt worden. Mehr gehe auch aus den in D37 veröffentlichten Berichten und den Entgegenhaltungen D13 bzw. D14 nicht hervor.
4.4.2. Die Beschwerdegegnerin hat auch bestritten, daß die schaumartige Stützstruktur der vor dem Prioritätstag benutzten Testmembranen F-60 eindeutig auf die Anwesenheit eines zweiten hydrophilen Polymers in diesen Membranen zurückzuführen sei.
4.5. Befund der Kammer
4.5.1. Hier wurden bezüglich der Identität der vor und nach dem Prioritätstag benutzen Membranen entgegengesetzte Tatsachenbehauptungen aufgestellt. Die Kammer hält das Vorbringen der Beschwerdegegnerin nicht für von vornherein unglaubhaft, daß in der Erprobungsphase Membranen, die in ihrer chemischen Zusammensetzung und ihrem Wasseraufnahmevermögen von den später hergestellten Membranen gemäß Streitpatent abweichen, hergestellt und an einzelne Kliniken zu Versuchszwecken abgegeben worden seien. Dieses Vorbringen kann auch mit dem Hinweis auf die morphologische Ähnlichkeit der vor und nach dem Prioritätstag hergestellten Membranen mit der Bezeichnung F-60 nicht derart widerlegt werden, daß die Kammer zu der Überzeugung gelangen müßte, alle Membranen mit der Bezeichnung F-60 würden hinsichtlich ihrer chemischen Zusammensetzung und ihres Wasseraufnahmevermögens mit den Membranen gemäß Anspruch 1 des Streitpatents übereinstimmen.
4.5.2. Die Kammer kann dem Vortrag der Beschwerdeführerinnen nicht folgen, daß aufgrund eines allgemeinen wissenschaftlichen Berichts wie D13 aus der Morphologie einer Membran auf das Polymerverhältnis im Membranmaterial rückgeschlossen werden kann. In D9 wird auf die Morphologie von Polysulfonmembranen ausführlich eingegangen. Dort sind eine Reihe von Membranen abgebildet, welche aus Spinnlösungen mit einem zweiten hydrophilen Polymer neben Polysulfon hergestellt wurden und eine Struktur mit ausgeprägten fingerartigen Intrusionen zeigen (siehe Fig. 3 bis 6). Dagegen zeigt Fig. 10 eine Membran ohne vergleichbare Intrusionen, welche als einzige Ausnahme aus reinem Polysulfon (d. h. ohne hydrophiles Polymeradditiv) hergestellt wurde. Die Kammer kann diese Befunde nicht mit der obigen Erklärung von Herrn Klein, der selbst einer der Verfasser von D9 war, in Einklang bringen (siehe Punkt 4.3.2). Sie schließt vielmehr daraus, daß die Morphologie der vor dem Prioritätstag untersuchten Membranen F-60 keine sichere Aussage über die Polymerzusammensetzung des Membranmaterials zuläßt.
4.6. Zur Frage der Beweislast
4.6.1. Die Beschwerdeführerinnen haben vorgetragen, nachdem die Beschwerdegegnerin die fraglichen Membranen selbst zur Verfügung gestellt habe, müsse diese beweisen, daß eine offenkundige Vorbenutzung nicht stattgefunden habe.
4.6.2. Die Beschwerdegegnerin hat jedoch in der mündlichen Verhandlung erklärt, in Anbetracht der seit dem Prioritätsdatum des Streitpatents (17. Juli 1984) vergangenen Zeit sei ihr eine weitere Sachaufklärung nicht mehr möglich.
4.6.3. Die Kammer kann den Beschwerdeführerinnen nicht darin zustimmen, daß im vorliegenden Fall die Beschwerdegegnerin zu beweisen habe, daß die vor dem Prioritätstag des Streitpatents getesteten Membranen nicht die Merkmale des Anspruchs 1 aufweisen. Nach der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern muß jede Partei im Verfahren vor dem Europäischen Patentamt diejenigen Tatsachen beweisen, auf die sie sich stützt. Der Einwand, eine Membran mit allen Merkmalen gemäß Anspruch 1 des Streitpatents sei der Öffentlichkeit vor dessen Prioritätstag durch Benutzung zugänglich geworden, kann nach Überzeugung der Kammer auch unter den hier vorliegenden besonderen Umständen nicht auf eine bloße Behauptung gestützt werden. Es wäre vielmehr Aufgabe der Beschwerdeführerinnen gewesen, ihre Behauptung zu belegen, beispielsweise anhand von Analysendaten, die eindeutig einer vor dem Prioritätstag gelieferten Membran zuzuordnen sind.
4.7. Aufgrund des dargelegten Sachverhalts geht die Kammer davon aus, daß nicht nachgewiesen wurde, daß eine Membran mit allen in Anspruch 1 des Streitpatents enthaltenen Merkmalen zum Stande der Technik im Sinne von Artikel 54 (2) EPÜ gehört.
Es ist daher nicht notwendig, zu untersuchen, ob die fraglichen Membranproben unter Geheimhaltungsvorbehalt zur Verfügung gestellt worden sind. Daher ist die Frage auch unerheblich, ob die eidesstattliche Erklärung von Herrn Schneider als Beweismittel zugelassen oder gemäß Artikel 114 (2) EPÜ als verspätet vorgebracht aus dem Beschwerdeverfahren ausgeschlossen werden soll.
4.8. Die von den Beschwerdeführerinnen zitierten Entscheidungen zugunsten ihres Arguments einer Beweislastverlagerung sind für den vorliegenden Fall nicht relevant.
Die Entscheidung T 221/91 vom 8. Dezember 1992 betrifft die Frage der Beweislast für die Existenz eines Geheimhaltungsvorbehalts. Hierauf hatte sich in dem entschiedenen Fall der Patentinhaber berufen, den auch die Beweislast traf. Es war jedoch vorher durch Analysendaten einer Probe zweifelsfrei nachgewiesen worden, daß ein Gegenstand mit allen beanspruchten Merkmalen vorbenutzt worden war (siehe Gründe Nr. 2). Auch die Entscheidung T 969/90 vom 12. Mai 1992 befaßt sich mit dem Nachweis einer Geheimhaltungsvereinbarung (siehe Gründe Nr. 3.3).
5. Neuheit
5.1. Die Beschwerdeführerinnen haben in der mündlichen Verhandlung nicht mehr vorgebracht, daß die Entgegenhaltungen D1b, D3 und D9 neuheitschädlich für die Membran gemäß Anspruch 1 seien.
5.1.1. In der Tat weisen die Membranen gemäß D1b eine Wasseraufnahmefähigkeit von wenigstens 11 Gew.-% auf, die eindeutig außerhalb des hier beanspruchten Bereichs von 3-10 Gew.-% liegt (siehe D1b, Zusammenfassung und Anspruch 1).
5.1.2. Die Membran gemäß Anspruch 1 hat eine asymmetrische Struktur mit einer innenliegenden Trennschicht von 0,1 - 2 m Dicke und einer diese Trennschicht umfassenden schaumartigen Stützstruktur. Die Morphologie der Membran gemäß D3 ist dagegen durch eine gleichförmige Schnittfläche gekennzeichnet (D3, Spalte 3, Zeilen 20 bis 37, insbesondere Zeilen 20 bis 22). Das Ergebnis der Nacharbeitung des Beispiels 4 von D3 ist gemäß Versuchsbericht D15 eine Membran, welche diese gleichförmige Schnittfläche nicht aufweist. Die Kammer entnimmt daraus, daß D15 der Lehre von D3 nicht entspricht und daher nicht geeignet ist, die Neuheit des beanspruchten Gegenstands gegenüber D3 in Frage zu stellen.
5.1.3. Sinngemäß gilt das gleiche für den Versuchsbericht D30, mit welchem Daten über die in Fig. 4 von D9 dargestellte Membran übermittelt werden. Es mag stimmen, daß die Membran gemäß Fig. 4 der D9 eine mit dem vorliegenden Polymergehalt übereinstimmende Komponentenzusammensetzung hat. Aus Fig. 4 der D9 ist jedoch zu erkennen, daß die Morphologie der erhaltenen Membran mit den deutlich ausgebildeten externen und internen Intrusionen nicht die morphologischen Merkmale des beanspruchten Produkts aufweist (vgl. D9, Fig. 4 und Seite 169: "Macrostructure", Absatz 1 - 2).
5.2. Es ist unstrittig, daß die restlichen Entgegenhaltungen noch weniger gemeinsame Merkmale mit dem Gegenstand gemäß Anspruch 1 offenbaren. Die beanspruchte Membran ist daher neu.
6. Erfinderische Tätigkeit
6.1. Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist eine asymmetrische semipermeable mit Wasser benetzbare Hohlfasermembran, insbesondere für die Hämodialyse, bestehend aus einem organischen hydrophoben ersten Polymerisat und einem hydrophilen zweiten Polymerisat.
6.2. In Übereinstimmung mit der Beschwerdegegnerin betrachtet die Kammer D1b als den nächstliegenden Stand der Technik. Dem wurde von den Beschwerdeführerinnen nicht widersprochen. D1b offenbart eine Membran mit allen Merkmalen gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1, nämlich eine Hohlfasermembran aus einem hydrophoben und einem hydrophilen Polymerisat (siehe Zusammenfassung und Anspruch 1). Es ist unbestritten, daß sich diese Membran in erster Linie für Ultrafiltrationszwecke, aber auch für medizinische Zwecke eignet.
6.3. Die gegenüber D1b bestehende technische Aufgabe kann darin gesehen werden, eine Hohlfasermembran bereitzustellen, die sich für die Hämodialyse eignet.
6.3.1. Die Beschwerdeführerinnen haben bestritten, daß hierin überhaupt eine technische Aufgabe gesehen werden könnte. Es wurde vorgetragen, daß früher die konventionellen Membranen eine relativ geringe hydraulische Permeabilität aufwiesen und bei Betrieb mit hohen Filtrationsraten leicht geplatzt wären. Für die vor dem Prioritätstag des Streitpatents üblichen Dialysegeräte seien sie jedoch geeignet, da diese nur mit relativ geringer Filtrationsrate zu betreiben seien. Erst als die neuen sogenannten "volumen-kontrollierten" Dialysegeräte (volume-balancing dialysers) auf den Markt kamen, habe sich ein Bedürfnis für Membranen mit hoher Leistung und mechanischer Stabilität ergeben, da die bis dahin verwendeten Membranen den erhöhten Filtrationsraten nicht mehr standgehalten hätten.
6.3.2. Aus dem obigen Vortrag der Beschwerdeführerinnen folgert die Kammer, daß im vorliegenden Fall in der Stellung der Aufgabe keine erfinderische Tätigkeit gesehen werden kann. Es bestand jedoch offensichtlich am Prioritätstag ein Bedarf für eine Membran, die sich für hoch leistende Dialysegeräte eignet. Das Vorbringen der Beschwerdeführerinnen bietet daher keinen Anlaß, die oben genannte Aufgabe als technisch sinnlos zu betrachten.
6.4. Das Streitpatent schlägt gemäß Anspruch 1 vor, die bestehende Aufgabe durch Bereitstellung einer Hohlfasermembran zu lösen, die durch die folgenden Merkmale gekennzeichnet ist:
- ein Polymerzusammensetzung von 90-99 Gew.-% erstem (hydrophoben) Polymerisat und 10-1 Gew.-% zweitem (hydrophilen) Polymerisat, wobei die Summe der Polymerisate 100 Gew.-% beträgt,
- eine innenliegende poröse Membranschicht von 0,1 - 2 m Dicke, einer Ausschlußgrenze für Moleküle mit Molekulargewicht zwischen 30 000 und 40. 000 Dalton und einer diese Trennschicht umfassenden, offenporigen, schaumartigen Stützstruktur, und
- eine hydraulische Permeabilität von 22, 5 - 450 ml/h x m2 x mbar und eine Wasseraufnahmefähigkeit im getrockneten Zustand von 3-10 Gew.-%."
6.5. Die Kammer hat keine Zweifel, daß die bestehende Aufgabe durch die beanspruchte Membran tatsächlich gelöst wurde. Dies wurde von den Beschwerdeführerinnen auch nicht bestritten.
6.6. Zur Lösung der bestehenden Aufgabe mußte der Fachmann Maßnahmen treffen, um insbesondere den Restgehalt an aus der Membran extrahierbaren Substanzen zu reduzieren und die hydraulische Permeabilität, die Trenncharakteristik und die mechanischen Eigenschaften der Membran zu optimieren (siehe Streitpatent, Seite 2, Zeile 47 bis Seite 3, Zeile 14). Die Beschwerdeführerinnen haben angeführt, diese Erfordernisse seien dem Fachmann bekannt gewesen (siehe Eingabe vom 15. Oktober 1999, Annex I: "Historical Summary"); die Membranentwicklung sei also durch den Bedarf vorgezeichnet, so daß die hier vorgeschlagene Lösung das Ergebnis einer routinemäßigen, nicht erfinderischen Optimierung im Rahmen des Standes der Technik sei.
6.6.1. Die Kammer kann dem Vorbringen der Beschwerdeführerinnen nicht folgen. Der Umstand, daß der Fachmann weiß, welche Ergebnisse er erreichen muß, besagt noch nicht, daß ihm aufgrund seines Fachwissens oder durch Auswertung des Standes der Technik auch bekannt ist, wie ein Produkt mit den gewünschten Eigenschaften bereitzustellen ist. Darüber hinaus betrifft Anspruch 1 auch nicht im Sinne eines Desideratums Produkte, die ausschließlich durch das Vorhandensein dieser gewünschten Eigenschaften charakterisiert sind, sondern lehrt als Lösung der bestehenden Aufgabe Produkte, die durch ganz bestimmte Parameterbereiche gekennzeichnet sind, deren Einhaltung die gewünschten Eigenschaften sicherstellt.
6.6.2. Weder D1b noch eine der anderen im Verfahren befindlichen Entgegenhaltungen nennt Gründe dafür, warum der Fachmann die zwingend vorgeschriebene Wasseraufnahmefähigkeit der Membran (vgl. Anspruch 1 und Seite 8, Zeilen 13 bis 19) unter den Wert von 11 Gew.-% hätte senken sollen. In D1b werden hauptsächlich Flachmembranen mit anisotropem Porenaufbau beschrieben, die aus einer aktiven, den angestrebten Trennvorgang bewirkenden Außenschicht bestehen, welche in eine Stützschicht mit offenporigem Gefüge derart übergeht, daß die Dichte jeweils von einer Membranaußenseite zur Membranmitte hin abnimmt (siehe D1b, Seite 8, Zeile 21 bis Seite 9, Zeile 6). Lediglich in Beispiel 5 wird eine Hohlkapillarmembran beschrieben und angegeben, daß diese zusätzlich eine innenliegende "Haut" aufweist. Die Morphologie der Membranen gemäß D1b unterscheidet sich somit grundlegend von der einer Membran mit innenliegender Membrantrennschicht und einer diese Trennschicht umfassenden Stützstruktur gemäß Anspruch 1.
6.6.3. Es mag stimmen, daß manche Parameterbereiche im Anspruch 1 für sich allein genommen eine Auswahl aus den entsprechenden breiteren Bereichen gemäß D1b darstellen. D1b bietet jedoch nicht einmal ansatzweise einen Anlaß, aus den dort offenbarten Parameterbereichen gerade die im Streitpatent beanspruchten Bereiche auszuwählen und diese Teilbereiche so miteinander zu kombinieren, daß die hier bestehende Aufgabe gelöst wird. Die Kammer kann daher nicht erkennen, wie der Fachmann ohne Kenntnis der Lehre des Streitpatents aus dieser Druckschrift eine Anregung erhalten konnte, die bekannten Membranen zu modifizieren, um die bestehende Aufgabe gemäß Streitpatent zu lösen. Die Argumentation der Beschwerdeführerinnen beruht daher auf einer unzulässigen rückschauenden Betrachtungsweise.
7. In ihren schriftlichen Eingaben vom 26. Mai 1997 bzw. vom 22. Mai 1997 haben die Beschwerdeführerinnen Minntech B.V. und Terumo K.K. vorgetragen, der nächstliegende Stand der Technik sei D13 in Verbindung mit D14.
7.1. D13 offenbart, wie sich aus der darin zitierten Druckschrift D14 ergibt, eine Polysulfonmembran mit der Bezeichnung F-60, welche die gleiche Morphologie und Trenncharakteristik wie die beanspruchte Membran hat (siehe oben unter Punkt 4.1 und 4.3.2 sowie D13: Bild 7c, Bild 8, Bild 9, Seite 131 "Schlüsselwörter", Tabelle 2, Seite 139, rechte Spalte, letzter Absatz in Verbindung mit D14: Seite 340 "Ergebnisse" und Abb. 1).
7.2. In Anbetracht von D13 kann die technische Aufgabe darin gesehen werden, eine weitere Membran für den gleichen Zweck (Hämodialyse) bereitzustellen.
7.3. Diese Aufgabe wird gemäß Anspruch 1 durch die Bereitstellung einer Hohlfasermembran gelöst, welche sich mindestens in der Anwesenheit eines hydrophilen Polymers in einem bestimmten Verhältnis zum hydrophoben Polymer im Membranmaterial und in der spezifizierten Wasseraufnahmefähigkeit von der Membran F-60 gemäß D13 unterscheidet.
7.4. In D13 werden verschiedene Typen von Polysulfonmembranen, darunter eine Membran mit der Bezeichnung F-60 besprochen, für deren Herstellung lediglich allgemeine, nicht detaillierte Verfahren beschrieben sind (Seite 136, Punkt 4.3.2 und Seite 139, linke Spalte bis rechte Spalte, vollständiger Absatz 2). Der Fachmann wäre somit nicht einmal imstande, anhand der Lehre gemäß D13 und D14 die dort offenbarten Membranen zu reproduzieren, geschweige denn eine Anregung daraus zu gewinnen, diese Membranen in der Weise zu modifizieren, daß eine Membran gemäß Anspruch 1 daraus resultiert. Ebenso wird in D14 nur über Untersuchungen mit einer Polysulfonfiltermembran F-60 berichtet; auch dort fehlt jegliche Information über die Herstellung dieser Membran. Aus den Ausführungen unter Punkt 6.6.2 bis 6.6.3 ergibt sich, daß auch die dort behandelten Dokumente in Verbindung mit D13 und D14 keine derartigen Anregungen bieten.
7.5. Ausgehend von D13 und D14 kommt die Kammer somit ebenfalls zu dem Ergebnis, daß die beanspruchten Membranen auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen.
8. Die erteilten Ansprüche 2 bis 9 betreffen bevorzugte Ausführungsarten der Membran nach Anspruch 1; deren Gegenstand ist daher ebenfalls neu und beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
8.1. Die Kammer kann den Ausführungen der Beschwerdeführerinnen nicht folgen, wonach das Verfahren gemäß Anspruch 10 nicht immer zu den beanspruchten Produkten führe und daher unabhängig von den Stoffansprüchen auf erfinderische Tätigkeit zu untersuchen sei. Der Rückbezug in Anspruch 10 ("Verfahren zur Herstellung eines asymmetrischen, semipermeablen Hohlfasemembran für die Hämodialyse gemäß Anspruch 1 - 9....") ist nicht so zu verstehen, daß das Verfahren für die Herstellung solcher Produkte nur geeignet sein muß. Der Rückverweis auf die Stoffansprüche impliziert vielmehr zwingend, daß das beanspruchte Verfahren so durchzuführen ist, daß Produkte mit den in den Ansprüchen 1 bis 9 definierten Merkmalen erhalten werden. Die Herstellung anderer Produkte wird von Anspruch 10 nicht umfaßt, so daß sich seine Patentierbarkeit aus der Patentierbarkeit der Produkte ergibt.
8.2. Die Frage, ob für die Verfahrensansprüche die Priorität der Voranmeldung in der Bundesrepublik Deutschland vom 17. Juli 1984 zu Recht in Anspruch genommen wird, braucht hier nicht beantwortet zu werden, da zwischen dem Prioritätstag und dem Tag der europäischen Anmeldung kein für das beanspruchte Verfahren relevanter Stand der Technik bekannt geworden ist.
8.3. Die Kammer ist daher zu dem Ergebnis gekommen, daß das Verfahren gemäß Anspruch 10 und die bevorzugten Ausführungsarten dieses Verfahrens gemäß Ansprüchen 11 bis 14 neu sind und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen.
9. Dem Hauptantrag kann daher stattgegeben werden.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerden werden zurückgewiesen.