European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2000:T031397.20000217 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 17 Februar 2000 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0313/97 | ||||||||
Anmeldenummer: | 88810026.0 | ||||||||
IPC-Klasse: | C07D 223/22 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Verfahren zur Herstellung von N,N-(Dibenzohexatrienylen)Harnstoffen | ||||||||
Name des Anmelders: | Novartis AG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | I Arzneimittelwerk Dresden GmbH II Taro Pharmaceutical Ind. Ltd. |
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Kammer: | 3.3.01 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: | |||||||||
Schlagwörter: | Deutlichkeit der Ansprüche (ja) - fehlende Möglichkeit der Präzisierung eines erfindungsunwesentlichen Merkmals - Interpretation im Lichte der Beschreibung Erfinderische Tätigkeit (ja) - kein Hinweis im Stand der Technik auf patentgemäße Aufgabe und anspruchsgemäße Lösung - 'could/would'-Ansatz Zurückverweisung - erste Instanz an rechtliche Beurteilung der Kammer hinsichtlich Deutlichkeit der Ansprüche gebunden - keine erneute Erörterung vor Einspruchsabteilung |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Der Beschwerdeführer (Patentinhaber) hat gegen die am 21. Januar 1997 zur Post gegebene Entscheidung der Einspruchsabteilung über den Widerruf des europäischen Patents Nr. 277 095 die am 17. März 1997 eingegangene Beschwerde eingelegt und am 28. Mai 1997 eine Beschwerdebegründung eingereicht.
II. Im Verfahren vor der Einspruchsabteilung war das Streitpatent in seinem gesamten Umfang von den Beschwerdegegnern I und II (Einsprechenden I und II) wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit und vom Beschwerdegegner I zusätzlich wegen mangelnder Neuheit angegriffen worden. Zur Stützung der Einsprüche wurden unter anderem folgende Druckschriften angezogen:
(1) A. Kleemann und J. Engel, Pharmazeutische Wirkstoffe, 2. Auflage 1982, Seiten 144 und 145,
(2) Chemistry and Industry, 1965, Seiten 1428 und 1429,
(3) Houben-Weyl, Methoden der organischen Chemie, Band E4, 1983, Seiten 362 bis 364 und
(6) Organic Syntheses, 1943, Collective Volume 2, Seiten 79 und 80.
III. Die Einspruchsabteilung stellte in der angefochtenen Entscheidung, der die erteilten Ansprüche 1 bis 25 zugrunde lagen, fest, daß der Gegenstand des Streitpatents zwar neu sei, aber allein schon im Hinblick auf die Druckschriften (1), (2) und (3) nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.
Die Druckschrift (1) betreffe das beanspruchte Herstellungsverfahren, indem es das gleiche Ausgangs- und Endprodukt offenbare, skizziere jedoch nur die Reaktion und enthalte keine Reaktionsbedingungen. Zwar sei dieser Druckschrift implizit zu entnehmen, daß ein saures Mittel vorhanden sein müsse, um die Cyansäure aus dem Kaliumcyanat freizusetzen, die weiteren Verfahrensmaßnahmen des streitgegenständlichen Verfahrens seien jener Druckschrift jedoch nicht zu entnehmen. Folglich sei dessen Neuheit anzuerkennen.
Ausgehend von der Druckschrift (1) als nächtliegendem Stand der Technik habe dem Streitpatent die Aufgabe zugrunde gelegen, ein im industriellen Maßstab operables, einstufiges Verfahren zur Herstellung von Carbamazepin, das gute Ausbeuten liefere, bereitzustellen. Die Druckschriften (2) und (3) lehrten, die Umsetzung von Aminen mit Cyanaten in Gegenwart von Säure und organischen Lösungsmitteln vorzunehmen. Der Fachmann, vor die oben erwähnte Aufgabe gestellt, habe somit nicht erfinderisch tätig werden müssen, um das in Druckschrift (1) skizzierte Herstellungsverfahren in Kenntnis der Lehre der Druckschriften (2) und (3) um die im geltenden Anspruch 1 definierten Verfahrensmaßnahmen anzureichern.
IV. In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer am 17. Februar 2000 hat der Beschwerdeführer einen geänderten, aus 25 Ansprüchen bestehenden Anspruchssatz vorgelegt und die Aufrechterhaltung des Streitpatents nur noch in diesem Umfange begehrt. Dessen einziger unabhängiger Anspruch 1 lautet:
"1. Verfahren zur Herstellung von 5H-Dibenz[b,f]azepin-5-carboxamid dadurch gekennzeichnet, dass man 5H-Dibenz[b,f]azepin
(i) in einem organischen Lösungsmittel oder Lösungsmittelgemisch und
(ii) in Gegenwart eines sauren Mittels ausgewählt aus einer Mineralsäure, einer organischen Sulfonsäure, einer aliphatischen Carbonsäure, einer 2-Mono-, einer 2,2-Di-halogen-C2-C7-alkansäure und Trichloressigsäure
(iii) mit Cyansäure umsetzt, welche durch
(a) Pyrolyse aus Cyanursäure oder
(b) Freisetzung aus Natriumcyanat mit einer Säure
hergestellt wird, wobei das saure Mittel im Falle der in-situ-Freisetzung von Cyansäure aus Natriumcyanat in geringem Überschuss der für die Freisetzung der Cyansäure erforderlichen Säuremenge verwendet wird."
V. Der Beschwerdeführer hat zur erfinderischen Tätigkeit im wesentlichen vorgetragen, daß, ausgehend von dem allgemeinen Herstellungsverfahren der nächstliegenden Druckschrift (1), die beiden Entgegenhaltungen (2) und (3) lediglich einen Hinweis auf die Verwendung von Trifluoressigsäure in diesem Verfahren enthielten. Die nunmehr beanspruchte Lehre konkretisiere aber die eingesetzten Säuren und schließe dadurch den Einsatz von Trifluoressigsäure aus. Nachdem beide Entgegenhaltungen gerade auf die Verwendung von Trifluoressigsäure abhöben, könnten die beiden Druckschriften auch keine Anregung zur Verwendung der anspruchsgemäßen anderen Säuren in diesem Herstellungsverfahren geben.
Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer unter Hinweis auf sein Vorbringen in der Beschwerdebegründung hervorgehoben, daß das beanspruchte Herstellungsverfahren zu hohen Ausbeuten führe. Die Experimente Nr. 1 und Nr. 2 des am 11. Januar 2000 eingegangenen Versuchsberichtes Nr. 1 zeigten, daß für das streitgegenständliche Verfahren die Maßnahme kritisch sei, neben der Cyansäure zusätzlich ein saures Mittel einzusetzen, wie es auch im geltenden, geänderten Anspruch 1 klar zum Ausdruck gebracht werde. So werde ausschließlich bei einem Überschuß an Säure im Verhältnis zum Cyanat eine hohe Ausbeute an Carbamazepin erzielt, während bei einem äquivalenten Molverhältnis dieser beiden Reaktanden das Herstellungsverfahren versage. Auch wenn in der Druckschrift (6) ein Säureüberschuß eingesetzt werde, so enthalte diese Lehre dennoch keinen Hinweis auf den damit verbundenen Vorteil der hohen Ausbeute, so daß die anspruchsgemäße Lösung der patentgemäßen Aufgabe nicht nahe gelegen habe. Außerdem werde aus den Experimenten Nr. 3 und Nr. 4 des gleichzeitig eingegangenen Versuchsberichts Nr. 2 deutlich, daß unter den angegebenen Reaktionsbedingungen Kaliumcyanat keine geeignete Cyanatquelle darstelle, da die Umsetzung bei Verwendung von Kaliumcyanat, wenn überhaupt, nur mit äußerst geringen Ausbeuten gelinge.
Im Hinblick auf den vom Beschwerdegegner II gerügten Begriff "gering", der die Menge des einzusetzenden Säureüberschusses in Anspruch 1 näher bestimmt, hat der Beschwerdeführer vorgetragen, es handele sich hierbei zwar um eine relative Mengenangabe, die Beschreibung des Streitpatents enthalte jedoch zahlenmäßige Angaben, auf die sich der Fachmann im Einzelfall stützen könne, so daß aus jenem Begriff keine Unklarheit des Anspruchs resultiere. Eine zahlenmäßige Mengenangabe in Anspruch 1 aufzunehmen, lehnte er ab, da die konkrete Menge an Säureüberschuß jeweils vom Typ der verwendeten Säure abhängig sei, wie in der Streitpatentschrift näher ausgeführt. Im übrigen sei die Menge des Säureüberschusses erfindungsunwesentlich, so daß er dem Beschwerdegegner II anbiete, im Anspruch 1 den Begriff "gering" zu streichen und lediglich das Merkmal eines - beliebigen - Säureüberschusses beizubehalten.
VI. Der Beschwerdegegner I hat mit am 15. Februar 2000 eingegangenem Fax seinen Einspruch zurückgezogen, nachdem er sich in der Sache geäußert hatte.
VII. Der Beschwerdegegner II hat in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer die Neuheit des Gegenstandes des Streitpatents anerkannt.
Hingegen hat der Beschwerdegegner II den Anspruchsgegenstand wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit im Hinblick auf die Druckschriften (1), (2), (3) und (6) angegriffen. Die Entgegenhaltung (1) stelle den nächstliegenden Stand der Technik dar und skizziere den patentgemäßen Herstellungsweg. Die Lehre der Druckschriften (3) bzw. (2) fülle die Lücken der lediglich allgemein gehaltenen Angaben in der Druckschrift (1), wodurch der Fachmann zwanglos zur beanspruchten Lösung des Streitpatents gelange. Gestützt auf eine Erklärung von S. Sasson vom 13. Februar 2000 hat der Beschwerdegegner II betont, der Austausch der in den Druckschriften (2) und (3) offenbarten Trifluoressigsäure durch Trichloressigsäure im streitgegenständlichen Herstellungsverfahren sei im Hinblick auf deren ähnliche pKa-Werte naheliegend. Für die pKa-Werte hat er gleichzeitig auf die neue Druckschrift
(14) J. March, Advanced Organic Chemistry, 4. Auflage 1992, Seite 265 mit dem handschriftlichem Zusatz des pKa-Wertes von 0.3 für die Trifluoressigsäure
verwiesen. Gestützt auf eine weitere Erklärung von S. Bercovici vom 15. Februar 2000 hat er außerdem vorgetragen, es ergebe sich kein Ausbeuteunterschied aus dem Einsatz von entweder Natriumcyanat oder Kaliumcyanat bei Verwendung von Trichloressigsäure als saurem Mittel, im Gegensatz zu den Angaben des Beschwerdeführers bei Verwendung von Chlorwasserstoff.
Das Abstellen des Beschwerdeführers auf die notwendige Anwesenheit eines Säureüberschusses im streitgegenständlichen Herstellungsverfahren zur Stützung dessen erfinderischer Qualität gehe fehl, so der Beschwerdegegner II, da dieses Merkmal eine reine Routinemaßnahme für den Fachmann darstelle und in Druckschrift (6) bereits gelehrt werde. Folglich könne auch diese Verfahrensmaßnahme die erfinderische Tätigkeit nicht tragen.
Der Beschwerdegegner II hat den Begriff "gering", der die Menge des einzusetzenden Säureüberschusses in Anspruch 1 näher bestimmt, wegen mangelnder Klarheit gemäß Artikel 84 EPÜ beanstandet. Welche zahlenmäßige Mengen gerade noch und welche schon nicht mehr als "gering" anzusehen seien, sei unbestimmt. Der Fachmann wisse daher nicht genau, was unter Schutz gestellt werde. Das Angebot des Beschwerdeführers, den gerügten Begriff "gering" zu streichen, hat der Beschwerdegegner II indessen verworfen, da dieser unklare Begriff gleichwohl eine Einschränkung des Anspruchsgegenstandes bedeute. Kurz vor Ende der mündlichen Verhandlung hat der Beschwerdegegner II gefordert, ihm im Falle der Zurückverweisung der Angelegenheit an die erste Instanz die Gelegenheit zu geben, die Frage der Klarheit nochmals vor der Einspruchsabteilung aufzugreifen.
VIII. Der Beschwerdeführer hat beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent in geändertem Umfang auf Grundlage der in der mündlichen Verhandlung vom 17. Februar 2000 eingereichten Ansprüchen 1 bis 25 aufrechtzuerhalten.
Der Beschwerdegegner II hat beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
IX. Am Ende der mündlichen Verhandlung wurde die Entscheidung verkündet.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Parteistellung im Beschwerdeverfahren
Die Zurücknahme des Einspruchs durch den Beschwerdegegner I (siehe Punkt VI oben) ist als Rücknahme aller seiner anhängigen Anträge und als Rückzug aus dem Beschwerdeverfahren anzusehen. Der Beschwerdegegner I ist damit in bezug auf die Hauptsache nicht mehr am Beschwerdeverfahren beteiligt (siehe Entscheidung T 789/89, ABl. EPA 1994, 482, Punkte 2.3 und 2.6 der Entscheidungsgründe).
3. Verspätet eingereichte Beweismittel (Artikel 114 EPÜ)
Die Versuchsberichte Nr. 1 und Nr. 2 sind vom Beschwerdeführer erstmalig am 11. Januar 2000 eingereicht worden und stellen somit verspätet vorgebrachte Beweismittel im Sinne von Artikel 114 (2) EPÜ dar. Gleichwohl dienen sie dazu, den bereits in der Beschwerdebegründung herausgestellten Vorteil der hohen Ausbeute des patentgemäßen Herstellungsverfahrens zu untermauern, auf den der Beschwerdeführer hauptsächlich die erfinderische Tätigkeit stützt. Diese Beweismittel sind folglich prima facie relevant für die zu treffende Entscheidung (siehe auch Punkt 7 unten) und, ungeachtet der verspäteten Einreichung, im Beschwerdeverfahren zu berücksichtigen (Artikel 114 (1) EPÜ).
Die beiden Erklärungen von Sasson und Bercovici sowie die Druckschrift (14), die am 15. Februar 2000 vom Beschwerdegegner II eingereicht wurden, sind ebenfalls im Beschwerdeverfahren zuzulassen, da sie nicht als verspätete Beweismittel im Sinne von Artikel 114 (2) EPÜ anzusehen sind. Der Beschwerdegegner II hat diese Erklärungen und diese Druckschrift unverzüglich als direkte Antwort auf die kurz zuvor eingegangenen Versuchsberichte des Beschwerdeführers eingereicht.
4. Änderungen (Artikel 123 EPÜ)
Die Liste der Definitionen der sauren Mittel in Anspruch 1, Merkmal (ii), findet seine Stütze in den ursprünglichen Ansprüchen 8, 11 und 13. Die Herstellung der Cyansäure durch Pyrolyse von Cyanursäure oder durch Freisetzung mit einer Säure aus Natriumcyanat in den Ansprüchen 1, 4 und 5 ist auf Seite 2, Absätze 2 und 3 der ursprünglichen Unterlagen offenbart. Das Merkmal der Verwendung eines geringen Überschusses an Säure im Falle der in-situ Freisetzung von Cyansäure aus Natriumcyanat wird durch die ursprüngliche Offenbarung auf Seite 4, Absatz 2, Zeilen 6, 7, 10 und 11 getragen. In den Ansprüchen 18 bis 22 ist der offensichtlich fehlerhafte Begriff "Natriumisocyanat" in "Natriumcyanat" gemäß Regel 88 EPÜ ohne Beanstandungen seitens des Beschwerdegegners II berichtigt worden.
Diese Abänderung der erteilten Ansprüche beschränken den beanspruchten Gegenstand, wodurch der Schutzbereich des Streitpatents im Vergleich zur erteilten Fassung nicht erweitert wird.
Der geltende Anspruchssatz erfüllt demzufolge alle Voraussetzungen des Artikels 123 (2) und (3) EPÜ.
5. Deutlichkeit der Ansprüche (Artikel 84 EPÜ)
5.1. Wenn auch Artikel 84 EPÜ nicht als Einspruchsgrund im Sinne von Artikel 100 EPÜ geltend gemacht werden kann, so verlangt Artikel 102 (3) EPÜ im Falle von Änderungen am Patent im Einspruchsverfahren gleichwohl, daß das Patent und die Erfindung, die es zum Gegenstand hat, den Erfordernissen dieses Übereinkommens genügen. Gemäß ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern erfordert dies die Prüfung, ob es durch die Änderungen zu einem Verstoß gegen irgendein Erfordernis des EPÜ, also auch des Artikels 84 EPÜ kommt (siehe Entscheidung T 301/87, ABl. EPA 1990, 335, Punkt 3 der Entscheidungsgründe). Im vorliegenden Fall ist der Anspruch 1 des Streitpatents im Verlaufe des Einspruchs-Beschwerdeverfahrens dergestalt abgeändert worden, daß im Falle der in-situ Freisetzung von Cyansäure aus Natriumcyanat das saure Mittel in geringem Überschuß der für die Freisetzung der Cyansäure erforderlichen Säuremenge verwendet wird. Es ist daher zu prüfen, ob durch diese Änderung, insbesondere im Hinblick auf den Begriff "gering", das Erfordernis der Deutlichkeit des Anspruchs gemäß Artikel 84 EPÜ verletzt wird. Der Beschwerdeführer und der Beschwerdegegner II haben hierzu gegensätzliche Auffassungen vertreten.
5.2. Bei diesem anspruchsgemäßen Merkmal "gering" handelt es sich um einen relativen Ausdruck der Mengenangabe des zu verwendenden Säureüberschusses, der keine allgemein anerkannte Bedeutung besitzt und dem als solchem keine konkrete zahlenmäßige Begrenzung zu entnehmen ist. Derartige relative Begriffe ohne allgemein anerkannte Bedeutung sind in der Regel in einem Anspruch nicht zuzulassen, um dem Erfordernis der Deutlichkeit nach Artikel 84 EPÜ Genüge zu tun. Insoweit vermag die Kammer dem Vorbringen des Beschwerdegegners II beizutreten. Indessen kann nach Auffassung der Kammer von dieser Regel in eng umgrenzten Ausnahmefällen abgewichen werden, insbesondere dann, wenn ein erfindungsunwesentliches Merkmal nicht präziser gefaßt werden kann und die Beschreibung des Streitpatents hinreichend konkrete Angaben für den Fachmann enthält, um dieses Merkmal mit Leben zu erfüllen.
5.3. Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer ausgeführt, daß die Menge des Überschusses des sauren Mittels, der über die für die Freisetzung der Cyansäure erforderlichen Säuremenge hinaus verwendet wird, nicht durch Angabe eines für alle anspruchsgemäßen sauren Mittel durchgängig geltenden Zahlenbereichs präzisiert werden könne, da die zu verwendende Menge vom jeweiligen Typ des sauren Mittels abhänge. Im übrigen sei die konkrete Menge des Überschusses erfindungsunwesentlich, was der Beschwerdegegner II nicht bestritten hat.
5.4. Die Streitpatentschrift stützt das Vorbringen des Beschwerdeführers, indem sie den geringen Überschuß lediglich als "im allgemeinen" gering bezeichnet (Seite 3, Zeile 17), wodurch das Ausmaß des Überschusses kein notwendiges Merkmal der Erfindung verkörpert. Des weiteren stellt die Streitpatentschrift auf Seite 3, Zeilen 4 bis 8 heraus, daß das saure Mittel an der Reaktion nur katalytisch teilnimmt, weswegen im Prinzip katalytische Mengen genügen. Allerdings können bei Verwendung mehrbasiger Säuren saure Salze ausfallen, wodurch ein Teil der Säure blockiert wird. Aus diesem Grunde sieht die Streitpatentschrift auf Seite 3, Zeilen 18 und 19 bei der in-situ-Freisetzung der Cyansäure aus einem ihrer Salze auch die Verwendung unterschiedlicher Mengen des Überschusses in Abhängigkeit vom Typ des sauren Mittels vor; so wird am angegebenen Ort der Streitpatentschrift die Menge des Überschusses mit 0,5 % bis 10 %, bei Verwendung von z. B. Schwefelsäure - einer mehrbasigen Säure - indessen mit 5 % bis 40 % quantifiziert. Folglich kann für alle anspruchsgemäßen sauren Mittel kein einheitlicher Zahlenbereich für die Menge des Überschusses gebildet werden, so daß im vorliegenden Fall das nicht erfindungswesentliche Merkmal "gering" in Anspruch 1 nicht präziser gefaßt werden kann. Gleichwohl vermitteln diese konkreten Angaben in der Beschreibung des Streitpatents dem Fachmann hinreichend Informationen, um dieses anspruchsgemäße Merkmal zu interpretieren und mit Leben zu erfüllen.
5.5. Aus diesen Gründen ist die Kammer davon überzeugt, daß im vorliegenden Fall die oben genannten Bedingungen für die Anerkennung eines Ausnahmefalles erfüllt sind und somit die Verwendung des relativen Merkmals "gering" in Anspruch 1 keine Verletzung des Erfordernisses der Deutlichkeit im Sinne des Artikels 84 EPÜ zur Folge hat.
6. Neuheit (Artikel 54 EPÜ)
Die Kammer hat sich davon überzeugt, daß der Gegenstand des geltenden unabhängigen Anspruchs 1 in den entgegengehaltenen Druckschriften nicht beschrieben und somit neu ist. Da die Neuheit nicht mehr bestritten wurde, erübrigen sich weitere Ausführungen hierzu.
7. Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)
Es verbleibt daher zu prüfen, ob der beanspruchte Gegenstand des Streitpatents auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.
7.1. Das Streitpatent betrifft ein Verfahren zur Herstellung von Carbamazepin, d. h. von 5H-Dibenz[b,f]azepin-5-carboxamid, durch Umsetzung von 5H-Dibenz[b,f]azepin mit Cyansäure, die unter anderem durch Freisetzung aus Natriumcyanat mit einer Säure hergestellt wird. Die Druckschrift (1) beschreibt nun ein Verfahren zur Herstellung von Carbamazepin auf dem gleichen Syntheseweg. Die Kammer betrachtet daher diese Druckschrift, im Einklang mit der Vorinstanz, dem Beschwerdeführer und dem Beschwerdegegner II, als nächstliegenden Stand der Technik. So offenbart die Druckschrift (1) die Umsetzung von 5H-Dibenz[b,f]azepin mit Kaliumcyanat zum Carbamazepin, ohne daß konkrete Verfahrensmaßnahmen oder die Ausbeute der Umsetzung angegeben werden. Als notwendige Verfahrensmaßnahme impliziert diese Umsetzung für den Fachmann ohne weiteres Nachdenken höchstens die Zugabe von Säure zum Kaliumcyanat, um hieraus die tatsächlich reagierende Cyansäure freizusetzen.
7.2. Ausgehend von der Druckschrift (1) als nächstliegendem Stand der Technik liegt dem Streitpatent die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zur Herstellung von Carbamazepin mit hoher Ausbeute bereitzustellen. Der Beschwerdeführer hat in seinen Schriftsätzen vom 28. Mai 1997, Seite 3, Absatz 2 sowie vom 11. Januar 2000, Seite 3, Absatz 6 als auch in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer auf das erfindungsgemäße Ziel, überaus hohe Ausbeuten zu erreichen, abgehoben und diese in seinem Schriftsatz vom 28. Mai 1997, Seite 8, Absatz 2 und Seite 10, Punkt f auf überwiegend 80 % der Theorie quantifiziert.
Der Beschwerdegegner hat in seinem Schriftsatz vom 28. Mai 1997, Seite 3, Absatz 2 und in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer außerdem vorgetragen, die Einstufigkeit des bereitzustellenden Herstellungsverfahrens sei ebenfalls Bestandteil der patentgemäßen Aufgabe. Mit diesem zusätzlichen Bestandteil der patentgemäßen Aufgabe wird allerdings in unzulässiger Weise ein Teil der erfindungsgemäßen Lösung bereits in die Aufgabenstellung miteinbezogen, denn die Einstufigkeit des Herstellungsverfahren ist schon Teil der erfindungsgemäßen Lösung. Nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern ist die technische Aufgabe der Erfindung aber so zu formulieren, daß sie keine Lösungsansätze enthält, anderenfalls es zu einer retrospektiven Betrachtungsweise der erfinderischen Tätigkeit führt (siehe Entscheidungen T 99/85, ABl. EPA 1987, 413; T 229/85, ABl. EPA, 237). Aus diesem Grunde vermag die Kammer dem Vorbringen des Beschwerdeführers, die Einstufigkeit des Herstellungsverfahrens in die Festlegung der patentgemäßen Aufgabenstellung einzubeziehen, nicht beizutreten.
7.3. Zur Lösung der oben genannten Aufgabe schlägt das Streitpatent das Verfahren zur Herstellung von Carbamazepin gemäß Anspruch 1 vor, in welchem die Umsetzung von Cyansäure mit 5H-Dibenz[b,f]azepin in Gegenwart eines sauren Mittels, das anspruchsgemäß näher bestimmt ist, durchgeführt wird. Im Falle der in-situ-Freisetzung der Cyansäure aus Natriumcyanat mit einer Säure wird gemäß Anspruch 1 das saure Mittel in geringem Überschuß der für die Freisetzung erforderlichen Säuremenge verwendet, so daß auch bei dieser Ausführungsform des streitgegenständlichen Herstellungsverfahrens sichergestellt ist, daß saures Mittel bei der Umsetzung von Cyansäure mit 5H-Dibenz[b,f]azepin stets gegenwärtig ist.
7.4. Der Beschwerdegegner II hat die erfolgreiche Lösung der patentgemäßen Aufgabe durch die Bereitstellung des anspruchsgemäßen Herstellungsverfahrens nicht bestritten. Auch im Hinblick auf die Ausführungen in der Streitpatentschrift und den am 11. Januar 2000 eingegangenen Versuchsberichten Nr. 1 und Nr. 2 hat die Kammer keinen Anhaltspunkt, den Erfolg der Lösung von sich aus in Zweifel zu ziehen.
So zeigen die Beispiele 2 bis 10 der Streitpatentschrift, bei denen gemäß dem beanspruchten Herstellungsverfahren in Gegenwart eines sauren Mittels gearbeitet wird, hohe Ausbeuten von Carbamazepin, nämlich von 78,3 % der Theorie in Beispiel 4 bis zu 96,6 % der Theorie in Beispiel 2. Diese Ausbeuten hat der Beschwerdeführer aus den konkreten Angaben in diesen Beispielen der Streitpatentschrift rechnerisch ermittelt und in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer unwidersprochen vorgetragen.
Des weiteren zeigt das Experiment Nr. 1 des oben genannten Versuchsbericht Nr. 1 bei Verwendung eines 5%igen Überschusses des sauren Mittels bei der in-situ-Freisetzung von Cyansäure aus Natriumcyanat die hohe Ausbeute an Carbamazepin von 94,7 % der Theorie. Gleichzeitig zeigt das Experiment Nr. 2 desselben Versuchsberichtes, das sich von dem Experiment Nr. 1 ausschließlich durch die Verwendung keines Überschusses, d. h. einer stöchiometrischen Menge, des sauren Mittels unterscheidet, eine Ausbeute von "~0,1 %" der Theorie; dies bedeutet, daß hier keine Umsetzung zum Carbamazepin erfolgt. Der Vergleich der Ergebnisse der Experimente Nr. 1 und Nr. 2 veranschaulicht, daß bei der in-situ-Freisetzung von Cyansäure aus Natriumcyanat ein geringer Überschuß des sauren Mittels für den Erfolg des streitgegenständlichen Herstellungsverfahrens kritisch und wesentlich ist. Diese Verfahrensmaßnahme findet sich daher im geltenden Anspruch 1 wieder.
Darüber hinaus zeigen die Experimente Nr. 3 und Nr. 4 des oben genannten Versuchberichtes Nr. 2, daß bei der in-situ-Freisetzung von Cyansäure aus Kaliumcyanat mit dem sauren Mittel Chlorwasserstoff, unabhängig von einem etwaigen Überschuß des sauren Mittels, lediglich eine Ausbeute von 3,2 % der Theorie erzielt wird. Diese Ausführungsform ist vom geltenden Anspruch 1 nicht mehr umfaßt.
Aus diesen Gründen ist es dem Beschwerdeführer zur Überzeugung der Kammer gelungen glaubhaft zu machen, daß die patentgemäße Aufgabe im gesamten Umfang des Anspruchs 1 erfolgreich gelöst wird.
7.5. Es bleibt nun zu untersuchen, ob der Stand der Technik dem Fachmann Anregungen bot, die genannte Aufgabe durch die Bereitstellung des anspruchsgemäßen Verfahrens zu lösen.
7.5.1. Die nächstliegende Druckschrift (1) läßt jeglichen Hinweis auf konkrete Verfahrensmaßnahmen und auf deren Bedeutung für den Erfolg des Verfahrens zur Herstellung von Carbamazepin vermissen. Folglich enthält sie auch keinen Hinweis auf die Gegenwart eines sauren Mittels bei der Umsetzung von 5H-Dibenz[b,f]azepin mit der erzeugten Cyansäure und, im Falle der in-situ-Freisetzung von Cyansäure aus Natriumcyanat, auf die notwendige Verwendung eines Überschusses des sauren Mittels, um die patentgemäße Aufgabe, eine hohe Ausbeute von Carbamazepin zu erzielen, zu lösen. Diese Druckschrift allein vermag somit die anspruchsgemäße Lösung dieser Aufgabe nicht nahezulegen.
7.5.2. Die Druckschrift (3), ein allgemeines Handbuch der Methoden der organischen Chemie, beschreibt auf seiner Seite 362 die Umsetzung von Aminen mit aus Alkalicyanaten freigesetzter Cyansäure. Nach einer Modifikation des Verfahrens lassen sich auch schwach basische Diarylamine mit Natriumcyanat umsetzen. Dazu führt man die Umsetzung in Benzol in Gegenwart von Trifluoressigsäure durch. Die Umsetzung eines konkreten Diarylamins mit Cyansäure, die in-situ aus Natriumcyanat und Trifluoressigsäure erzeugt wird, führt die Druckschrift (3) in Form eines Beispieles an. In diesem Beispiel wird eine Ausbeute von 83 % der Theorie angegeben sowie Natriumcyanat und das saure Mittel Trifluoressigsäure in stöchiometrischer Menge verwendet. Hinsichtlich dieser Umsetzung nimmt die Druckschrift (3) in Fußnote 280 auf die Druckschrift (2) Bezug. Auf diese Lehre der Druckschriften (3) und (2) hat der Beschwerdegegner II insbesondere seinen Einwand abgestellt, nachdem seiner Auffassung nach die im streitgegenständlichen Herstellungsverfahren eingesetzte Ausgangsverbindung 5H-Dibenz[b,f]azepin ebenfalls ein Diarylamin darstellt; daher sei diese Lehre einschlägig.
Die Druckschrift (3) enthält zwar für den Fachmann einen Hinweis, wie Diarylamine, die wegen ihrer schwachen Basizität schwierig zur Reaktion zu bringen sind, dennoch die Umsetzung mit Cyansäure eingehen. Die patentgemäße Aufgabe, nämlich wie eine hohe Ausbeute bei der Herstellung von Carbamazepin zu erzielen ist, wird gleichwohl in der Druckschrift (3) nicht angesprochen. Daher vermag diese Druckschrift dem Fachmann auch keine Anregung zu deren Lösung geben.
Des weiteren lehrt die Druckschrift (3) in ihrem Beispiel, die Cyansäure in-situ aus stöchiometrischen Mengen Natriumcyanat und dem sauren Mittel Trifluoressigsäure freizusetzen, d. h. ohne daß das saure Mittel im Überschuß eingesetzt wird. Diese Druckschrift kann somit dem Fachmann die anspruchsgemäße, anders lautende Lösung, in diesem Falle das saure Mittel in Überschuß der für die Freisetzung der Cyansäure erforderlichen Säuremenge zu verwenden, nicht nahelegen.
Aus den oben genannten Gründen vermag die Lehre der Druckschrift (3) dem Fachmann keinen Hinweis auf die anspruchsgemäße Lösung der patentgemäßen Aufgabe zu geben. Gleiches gilt im Ergebnis auch für die Druckschrift (2), deren Lehre in der Druckschrift (3) zusammenfassend und zutreffend referiert wird. Die Druckschrift (2) enthält keine zusätzlichen Informationen in Hinsicht auf die patentgemäße Aufgabe und die anspruchsgemäße Lösung, die zu einer Veränderung der Beurteilung führen könnten.
Der Einwand des Beschwerdegegners II, der Austausch der Trifluoressigsäure in Druckschrift (3) bzw. (2), die als saures Mittel von Anspruch 1 nicht mehr umfaßt wird, durch die anspruchsgemäße Trichloressigsäure sei naheliegend, ist indessen in Anbetracht der obigen Ausführungen zur Lehre dieser Druckschriften und deren fehlender Anregung zur anspruchsgemäßen Lösung der patentgemäßen Aufgabe entscheidungsunerheblich und kann somit dahinstehen.
7.5.3. Der Beschwerdegegner II hat des weiteren eingewandt, daß die Verwendung eines Überschusses des sauren Mittels im Falle der in-situ-Freisetzung von Cyansäure aus Natriumcyanat eine routinemäßige Vorgehensweise des Fachmanns sei, der keine erfinderische Qualität zukomme. Im übrigen sei bereits aus dem Herstellungsbeispiel der Druckschrift (6) auf Seite 79 bekannt, bei einer anderen, aber ähnlichen Umsetzung, nämlich von einem Monoarylamin mit in situ freigesetzter Cyansäure, einen Überschuß des sauren Mittels einzusetzen.
Allerdings ist es die ständige Rechtsprechung der Beschwerdekammern, daß bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht zu fragen ist, ob der Fachmann zur Erfindung hätte gelangen können, im vorliegenden Fall die Umsetzung von 5H-Dibenz[b,f]azepin mit Cyansäure in Gegenwart eines sauren Mittels und, im Falle der in-situ-Freisetzung von Cyansäure aus Natriumcyanat, unter Verwendung eines Überschusses des sauren Mittels vorzunehmen, sondern ob der Fachmann mit der vernünftigen Erwartung auf eine hohe Ausbeute von Carbamazepin dies auch getan hätte (siehe z. B. Entscheidung T 2/83, ABl. EPA 1984, 265, Punkt 7 der Entscheidungsgründe).
Indessen ist die letztere Bedingung nicht erfüllt, nachdem die einzig entscheidungserhebliche Tatsache bleibt, daß der Fachmann von seinem routinemäßigen Fachwissen keinen Hinweis auf den ursächlichen Zusammenhang zwischen einem Überschuß des sauren Mittels und dem Erzielen einer hohen Ausbeute von Carbamazepin, d. h. keine Anregung zur Lösung der patentgemäßen Aufgabe, erhält. Auch die Lehre der Druckschrift (6) vermittelt ihm hierzu keine Anregung, ist ihr doch ebenfalls kein Hinweis zu entnehmen, wie die Lösung der patentgemäßen Aufgabe anzustreben ist, insbesondere keine Verknüpfung zwischen dem patentgemäßen Ziel, eine hohe Ausbeute von Carbamazepin zu erreichen, und der hierfür notwendigerweise einzuhaltenden Verfahrensmaßnahme eines Überschusses des sauren Mittels.
Darüber hinaus wird in der angezogenen Druckschrift (6) die Cyansäure in-situ aus Kaliumcyanat freigesetzt; diese Ausführungsform stellt gerade keine anspruchsgemäße Lösung dar, da sie im streitgegenständlichen Verfahren versagt (siehe Punkt 7.4 oben).
Der auf die Druckschrift (6) gestützte Einwand des Beschwerdegegners II kann daher nur das Ergebnis einer unzulässigen rückschauenden Betrachtung sein. Die Kammer ist aus diesen Gründen überzeugt, daß der Fachmann weder routinemäßig noch durch die Lehre der Druckschrift (6) eine Anregung zur anspruchsgemäßen Lösung der patentgemäßen Aufgabe erhält.
7.6. Die Kammer kommt daher zu dem Ergebnis, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents dem Fachmann durch den Stand der Technik nicht nahegelegt wird und damit auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 52 (1) und 56 EPÜ beruht.
Die abhängigen Ansprüche 2 bis 25 betreffen weitere Ausgestaltungen des Herstellungsverfahrens gemäß Anspruch 1 und werden von dessen Patentfähigkeit getragen.
8. Zurückverweisung (Artikel 111 EPÜ)
8.1. Die Kammer hat zwar die Patentfähigkeit des Gegenstandes der Ansprüche 1 bis 25 festgestellt, gleichwohl hat sie keine Entscheidung in der ganzen Angelegenheit getroffen, da erhebliche Änderungen in der Beschreibung notwendig sind, um diese mit dem im Beschwerdeverfahren wesentlich geänderten unabhängigen Anspruch 1 in Einklang zu bringen. So fällt neben zahlreichen notwendigen Änderungen der Beschreibung das Beispiel 1 nicht mehr unter die geltenden Ansprüche. Unter diesen Umständen hält es die Kammer für angezeigt, von ihrer Befugnis nach Artikel 111 (1) EPÜ Gebrauch zu machen, die Sache ausschließlich zur Anpassung der Beschreibung an die erste Instanz zurückzuverweisen. Durch diese Zurückverweisung wird weder dem Beschwerdeführer noch dem Beschwerdegegner II die Möglichkeit eröffnet, vor der ersten Instanz auf bereits von der Kammer entschiedene Fragen erneut zurückzukommen.
8.2. Diese Feststellung der Kammer erscheint notwendig, hat doch der Beschwerdegegner II gefordert, die Frage der Deutlichkeit des Anspruchs 1 gemäß Artikel 84 EPÜ im Hinblick auf den relativen Ausdruck "gering" vor der Einspruchsabteilung erneut aufzugreifen zu können. Nachdem die Frage der Deutlichkeit wie auch die der erfinderischen Tätigkeit zwischen den Parteien diskutiert worden war, hat der Beschwerdegegner II am Ende der mündlichen Verhandlung vor der Kammer diese Forderung als Notbehelf aufgestellt als die Patentfähigkeit des Gegenstandes des Anspruchs 1 erkennbar war.
In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer hat der Beschwerdegegner II zur Frage der Deutlichkeit im Hinblick auf den Ausdruck "gering" mehrmals ausführlich Stellung genommen und Argumente dagegen vorgebracht. Wenngleich sein Vorbringen die Kammer nicht überzeugen konnte, so hat er dennoch die Gelegenheit gehabt und auch ergriffen, sich zu den entscheidungserheblichen Gründen zu äußern. Sein Anspruch auf rechtliches Gehör gemäß Artikel 113 (1) EPÜ ist damit gewahrt. Die Sache der Deutlichkeit im Hinblick auf den Ausdruck "gering" ist folglich von der Kammer, wenn auch nicht im Sinne des Beschwerdegegners II, entschieden und die erste Instanz ist an diese rechtliche Beurteilung durch die Kammer gemäß Artikel 111 (2) EPÜ gebunden.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtenen Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz zurückverwiesen mit der Anordnung, das Patent auf Basis der Ansprüche 1 bis 25 des in der mündlichen Verhandlung vom 17. Februar 2000 eingereichten Antrages und einer anzupassenden Beschreibung aufrechtzuerhalten.