European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:1998:T092096.19980917 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 17 September 1998 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0920/96 | ||||||||
Anmeldenummer: | 91111826.3 | ||||||||
IPC-Klasse: | D21F 1/02 D21F 1/06 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Verfahren zur Regelung der Strömung in einem Stoffauflauf | ||||||||
Name des Anmelders: | Voith Sulzer Papiermaschinen GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Valmet Corporation | ||||||||
Kammer: | 3.2.03 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Neuheit und erfinderische Tätigkeit (anerkannt) | ||||||||
Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 28. August 1996, die den Einspruch gegen das europäische Patent Nr. 0471 194 zurückgewiesen hat. Gemäß dieser Entscheidung sind die Gegenstände der Ansprüche 1 und 2 dieses Patentes in seiner erteilten Fassung neu und beruhen auf einer erfinderischen Tätigkeit im Hinblick auf die von der Einsprechenden genannten Entgegenhaltungen D1 (DE-A-3 514 554 bzw. WO 86/01844) und D2 (GB-A-1 148 674).
II. Der erteilte Anspruch 1 lautet:
"Verfahren zur Regelung der Strömung in einem Stoffauflauf für eine Papiermaschine, wobei der Stoffauflauf mit einer an eine Zuführleitung (1) für eine Stoffsuspension angeschlossenen Verteileinrichtung (2), einem Turbulenzerzeuger (8) und einem Düsenraum (3) versehen ist, welcher zu einem über eine vorbestimmte Arbeitsbreite sich erstreckenden, zum Papiermaschinen-Sieb (10) weisenden Austrittsspalt (4) führt, aus dem infolge des während des Betriebes im Düsenraum herrschenden Druckes ein breiter Stoffsuspensionsstrahl austritt,
dadurch gekennzeichnet,
daß am Eintritt in den Düsenraum (3) die Geschwindigkeit der Stoffsuspension in den Randbereichen höher ist als in den dazwischenliegenden Bereichen (Geschwindigkeitsprofil 5) und daß an den seitlichen Rändern des Düsenraumes (3) ein Teil der im Düsenraum - insbesondere in Randnähe - vorhandenen Suspension abgeführt wird, und zwar in der Weise, daß sich am Austritt aus dem Düsenraum, also im Randbereich des Austrittsspaltes (4) ein gleichmäßiges Strömungsprofil ausbildet."
Der Anspruch 2 lautet:
"Stoffauflauf zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß sich zwischen der Verteileinrichtung (2) und vor dem Düsenraum (3) ein hydraulischer mit Strömungsöffnungen versehener Turbulenzerzeuger (8) befindet, und daß zur Erzeugung der im seitlichen Düsenrandbereich schnelleren Strömung die Strömungsquerschnitte des hydraulischen Turbulenzerzeugers im Randbereich einen geringeren Druckverlust bewirken."
III. Die Beschwerde wurde am 8. Oktober 1996 von der Einsprechenden (Beschwerdeführerin) eingelegt und am 10. Oktober 1996 die Beschwerdegebühr gezahlt. Die Beschwerdebegründung ging am 27. Dezember 1996 ein.
Die Patentinhaberin (Beschwerdegegnerin) hat am 20. Mai 1997 mit ihrer Beschwerdeerwiderung neue Patentansprüche 1 und 2 als Hilfsantrag eingereicht.
Diese neuen Ansprüche unterscheiden sich von den erteilten Ansprüchen lediglich durch das zusätzliche, folgende Merkmal:
"um einen den wandreibungsbedingten Geschwindigkeitsabfall übersteigenden Wert",
das die Erhöhung der Geschwindigkeit im Anspruch 1 bzw. die schnellere Strömung im Anspruch 2 präzisiert.
IV. Es wurde am 17. September 1998 mündlich verhandelt.
V. Die Beschwerdeführerin hat im wesentlichen folgendes vorgetragen:
Die dem angegriffenen Patent zugrunde liegende Aufgabe bestehe darin, eine gleichmäßige Verteilung der Faserschicht auf dem Sieb zu erzielen. Dieses Ziel werde auch bei dem aus der Entgegenhaltung D1 bekannten Verfahren zur Regelung der Strömung in einem Stoffauflauf für eine Papiermaschine erreicht, das die gleichen Maßnahmen durch dieselben Einrichtungen aufweise, wie sie in den Ansprüchen 1 und 2 des Streitpatents angegeben seien. Aus dieser Entgegenhaltung - siehe insbesondere Figur 7 - sei nämlich entnehmbar, daß der Querschnitt der Diffusoren des Turbulenzerzeugers in der Randzone an den Seitenwänden größer sei als in der anschließenden mittleren Zone, so daß die Fließgeschwindigkeit vergrößert werde und damit die durch Wandreibung verursachten Druckverluste in dieser Randzone kompensiert würden. Außerdem werde an verschiedenen Stellen dieser Patentschrift betont, daß die Regelung der Strömung durch die in diesem Dokument beschriebenen Maßnahmen, einzeln oder in Kombination miteinander, erfolgen könne, so daß das obengenannte Merkmal beispielweise mit den auch dargestellten, zusätzlichen Zu- und Abführleitungen (44) oder (42) kombiniert werden könne, die sich in der Nähe des Ausgangsspalts des Düsenraums befänden und über die Stoffsuspension bzw. Wasser beliebig zu- oder abgeführt werden könne. In der Praxis werde durch die Diffusoren des Turbulenzerzeugers zuviel oder zuwenig Stoffsuspension zugeführt, so daß die Suspensionsmenge vor Austritt aus dem Düsenraum in entsprechendem Umfang wieder abgezogen bzw. zugegeben werden müsse. Eine solche Regelung sei aber aufwendig. Für einen Durschnittsfachmann sei deshalb eine zwangsläufige Folge der größeren Diffusoren im Randbereich des Turbulenzerzeugers gemäß D1, daß mehr Stoffsuspension zugeführt werde. Daß diese zugegebene Stoffsuspensionsmenge zur Kompensation von Reibungsverlusten gerade ausreiche, d. h. daß der Wert der Geschwindigkeitserhöhung im Randbereich genau dem Wert des wandreibungsbedingten Geschwindigkeitsabfalls entsprechen müsse, sei nicht aus der Entgegenhaltung D1 zu entnehmen. Vielmehr sei gemäß dem Verfahren nach D1 selbstverständlich vorgesehen, daß diese Kompensation den Wert des Geschwindigkeitsabfalls übersteige. Die übermäßige Stoffsuspensionsmenge müsse aus den zusätzlichen, obengenannten Leitungen (44, 42) abgeführt werden, die sich in der Nähe der Seitenwände des Düsenraums befänden. Somit würden sämtliche Merkmale der Ansprüche 1 und 2 des Streitpatents durch das Verfahren und den Stoffauflauf gemäß Entgegenhaltung D1 vorweggenommen.
Das zusätzliche Merkmal der Ansprüche 1 und 2 gemäß dem Hilfsantrag, nämlich das Merkmal der höheren Geschwindigkeit, sei zwar in der Patentschrift D1 nicht explizit erwähnt, könne jedoch weder die Neuheit der Gegenstände dieser Ansprüche noch eine erfinderische Tätigkeit aufweisen. Wie bereits dargelegt, könnten Abführleitungen nur eine Bedeutung haben, wenn zuviel Stoffsuspension zugegeben werde. Für einen Fachmann gehe aus Figur 7 der Entgegenhaltung D1 eindeutig hervor, daß durch die größeren Diffusoren in der Randzone des Turbulenzerzeugers mehr Stoffsuspension mit höherer Geschwindigkeit zur Kompensation der Randverluste zugeführt werde, da die Wechselwirkung zwischen Druck und Geschwindigkeit einer Strömung jedem Fachmann bekannt sei. Deshalb müsse danach das Abführen von Stoffsuspension vor allem in den Randbereichen des Düsenraumes erfolgen. Die Kombinationsmöglichkeit, einen Überschuß an Stoffsuspension anschließend teilweise abzuführen, gehe somit aus D1 hervor, vgl. insbesondere Spalte 6, Zeilen 12 bis 21 ("ein Nachregeln wird erforderlich, wenn sich ... der Druck ... ändert"), Spalte 7, Zeilen 65 bis 69 ("Über dieser Leitungen kann ... zum Zwecke der Druckregelung ... Stoffsuspension zugegeben oder abgeführt werden"), und Spalte 8, Zeilen 14 bis 17 ("In Kombination mit anderen Verstell- und Regelmöglichkeiten ... kann zur Erzielung gleicher Strömungsgeschwindigkeiten ... eine Veränderung der Düsengeometrie notwendig sein"). Außerdem liege es im Ermessen des Fachmanns, zum Zwecke der Druckregelung Stoffsuspension ausschließlich abzuführen, wenn Leitungen hierfür vorhanden seien.
VI. Die Beschwerdegegnerin machte demgegenüber geltend, aus der Entgegenhaltung D1 ergebe sich gerade der Vorschlag, auf Leitungen zu verzichten, die sich im Stand der Technik an den seitlichen Rändern des Düsenraums befänden und der Kompensation der in der Randzone auftretenden Druckverluste dienten. Dagegen würden gemäß D1 diese Randverluste durch eine Veränderung des Turbulenzerzeugers kompensiert, nämlich durch eine Veränderung des Durschnittsquerschnitts der in der Randzone angeordneten Diffusoren dieses Turbulenzerzeugers. Daß die Geschwindigkeit der Stoffsuspension in den Randbereichen genau dem wandreibungsbedingten Geschwindigkeitsabfall entsprechen müsse, folge aus dem in D1 benutzten Begriff "Kompensation". Es wäre ein Widerspruch, einerseits auf jegliche der Kompensation der Randverluste dienenden, mit dem Düsenraum verbundenen Leitungen verzichten zu wollen und anderseits für dieselbe Funktion andere ähnliche Leitungen zu verwenden, die darüber hinaus anstatt an den seitlichen Rändern im beweglichen Teil der oberen Lippe des Ausgangsspalts des Düsenraums vorgesehen seien und damit im Hinblick auf die hier interessierenden Randverluste eben nicht "möglichst nahe am Entstehungsort" angeordnet seien (D1, Spalte 7, Zeilen 48, 49 und Zeile 63).
Die Entgegenhaltung D1 befasse sich tatsächlich mit zwei verschiedenen Problemen, nämlich den Auswirkungen der Spaltweitenverstellung des Austrittsspaltes des Düsenraumes einerseits und den Auswirkungen der Randverluste anderseits, die nach D1 ein "anderes Phänomen" darstellten. Jedes Problem werde mit unterschiedlichen Mitteln gelöst. Nach der Lehre der D1 dienten die Leitungen (44) oder (42) ausschließlich dazu, den Auswirkungen der Spaltweitenverstellungen zu begegnen, d. h. die Wirkungen einer geometrischen Änderung zu korrigieren. Deshalb seien sie als Zu- oder Abführleitungen vorgesehen und auch im Bereich des Austrittsspalts über die Breite des Stoffauslaufs verteilt angeordnet. Dort dienten sie der lokalen Kompensation von über die gesamte Maschinenbreite hinweg in diesem Spaltbereich auftretenden Änderungen des Druckverlaufs, die durch den einstellbaren Austrittsspalt bedingt seien, und nicht der Kompensation der durch Wandreibung an den Seitenwänden auftretenden Druckverluste.
VI. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patentes Nr. 471 194.
Die Beschwerdegegnerin beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen, hilfsweise mit der Maßgabe, das Patent mit den neuen Ansprüchen 1 und 2, eingereicht am 20. Mai 1997, aufrechtzuerhalten.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Auslegung der erteilten Ansprüche
2.1. Das erste Merkmal des kennzeichnenden Teiles des erteilten Anspruchs 1 gibt an, daß am Eintritt in den Düsenraum die Geschwindigkeit der Stoffsuspension in den Randbereichen höher ist als in den dazwischenliegenden Bereichen. Dieses Merkmal allein schließt nicht aus, daß die Geschwindigkeit der Stoffsuspension in den Randbereichen des Düsenraumes nur um so viel höher ist als in den dazwischenliegenden Bereichen, daß dadurch lediglich die Druckverluste an diesen Randbereichen kompensiert werden. Wenn jedoch nach dem folgenden Merkmal des Anspruchs zur Ausbildung eines gleichmäßigen Strömungsprofils am Austritt des Düsenraums vorgesehen ist, einen Teil der Stoffsuspension an den seitlichen Rändern des Düsenraums, d. h. unterhalb von dessen Eintritt, abzuführen, bedeutet dies zwangsläufig, daß ein Überschuß an Stoffsuspension am Eintritt des Düsenraumes in den beiden Randbereichen zugeführt wird, der über die Stoffsuspensionsmenge hinausgeht, die lediglich zur Kompensation der durch die Wandreibung bedingten Verluste erforderlich wäre. Würde dagegen die Strömungsgeschwindigkeit in den Randbereichen nicht ausreichend erhöht, müßte Stoffsuspension stromabwärts zu- und nicht abgeführt werden. Aus diesem Grund ergibt sich bereits implizit aus dem Wortlaut des erteilten Anspruchs 1, daß die Strömungsgeschwindigkeit in den Randbereichen "um einen den wandreibungsbedingten Geschwindigkeitsabfall übersteigenden Wert" höher ist als in den dazwischenliegenden Bereichen.
Darüber hinaus sind gemäß Artikel 69 (1) EPÜ die Beschreibung und die Zeichnungen zur Auslegung der Patentansprüche heranzuziehen. Aus der Beschreibung des Streitpatents, Spalte 3, Zeilen 24 bis 37, ist dieses Merkmal eindeutig offenbart.
Daraus folgt, daß die Ansprüche nach dem Hilfsantrag, in denen lediglich dieses Merkmal explizit hinzugefügt wird, keine tatsächliche Einschränkung darstellen.
2.2. Im Hinblick auf den gesamten Inhalt des Streitpatents - insbesondere auf Spalte 2, Zeilen 14 un 15 - ist es ferner für einen Fachmann ohne weiteres ersichtlich, daß in der letzten Zeile des Anspruchs 1 der Satzteil "also im Randbereich des Austrittsspaltes" einen Fehler enthält. Statt "Randbereich" soll das Wort "Bereich" gelesen werden, da das im Anspruch angegebene, gewünschte Ergebnis, nämlich "ein gleichmäßiges Strömungsprofil", nur für den gesamten Bereich des Austrittsspalts einen Sinn hat.
3. Aus Punkt 2.1 folgt, daß es sich bei der beanspruchten Lösung gemäß Anspruch 1 des Streitpatents um eine Kombination der beiden kennzeichnenden Merkmale dieses Anspruchs handelt. Denn die der Erfindung zugrunde liegende Aufgabe besteht darin, die bisher bekannten Verfahren dadurch zu verbessern, daß durch eine einfache Maßnahme eine gut handbare Regelmöglichkeit gegeben ist, um trotz der an sich schädlicher Einflüsse der Grenzschichten an den Seitenwänden des Düsenraums das Strömungsprofil am Austritt aus dem Düsenraum, also im Bereich des Düsenspalts in der gewünschten Weise einstellen zu können. Die Lösung nach dem Streitpatent besteht erstens aus einem am Eintritt des Düsenraums erzeugten Strömungsüberschuß, der über den Strömungszuwachs hinausgeht, der lediglich zur Kompensation der durch die Wandreibung bedingten Verluste erforderlich wäre, und zweitens aus einem anschließenden Abführen eines Suspensionsanteils. Das Abführen macht nur einen Sinn, wenn ein Überschuß an Suspensionsmaterial vorliegt. Weil ausschließlich ein Suspensionsanteil abgeführt wird, erreicht man eine wirksame und sensible Regelung der Faserorientierung und des Geschwindigkeitsprofils.
4. In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer hat die Beschwerdeführerin zur Stützung ihrer Ansicht ausschließlich auf die Entgegenhaltung D1 verwiesen. Sie beharrte darauf, daß bei dieser Druckschrift die Merkmalskombination des Anspruchs 1 bereits vorhanden sei.
5. In dieser Patentschrift wird eine Stoffauflauf-Vorrichtung für eine Papiermaschine beschrieben, die die drei gleichen Haupteinrichtungen aufweist wie bei dem erfindungsgemäßen Stoffauflauf, nämlich - in Richtung der Stoffsuspensionsströmung gesehen - zuerst eine Verteileinrichtung zur Verteilung der zugeführten Faserstoff-Suspension über die Bahnbreite der Papiermaschine, dann einen eine Vielzahl von Kanälen oder Stufendiffusoren aufweisenden Turbulenzerzeuger und schließlich einen Düsenraum mit einem Auslaufspalt, durch den die zur Blattbildung verwendbare Stoffmenge als Breitstrahl aus dem Düsenraum austritt und auf ein bewegtes Sieb auftrifft. Um eine Papierbahn mit gleichmäßigen Eigenschaften über die ganze Bahnbreite zu erzeugen soll - wie beim Streitpatent - aus diesem Auslaufspalt des Düsenraums eine Stoffsuspension mit einem gewünschten Flächengewichtsprofil und einer gleichmäßigen Faserorientierung austreten.
Um dieses Ziel zu erreichen, offenbart das Dokument D1 eine ganze Reihe von Einstellmöglichkeiten, die entweder durch lokale Änderung des Druckprofils bzw. der Stoffdichte wahlweise in einer beliebigen der drei Haupteinrichtungen des Stoffauflaufs z. B. mittels Zu- oder Abführens von Stoffsuspension bzw. Wasser, oder auch durch lokale Änderung der geometrischen Abmessungen einer dieser Einrichtungen z. B. mittels verstellbarer Vorrichtungen wirken.
Diese Verstell- und Regelmöglichkeiten können darüber hinaus einzeln oder in Kombination miteinander verwendet werden. Sollte z. B. die Spaltweite des Auslaufspaltes des Düsenraumes über Verstelleinrichtungen, die über die Breite dieses Spaltes verteilt sind, lokal verändert werden, können sich nach der Lehre dieser Schrift D1 lokale Strömungsverhaltnisse, wie Druck und Geschwindigkeit im Düsenraum ändern. Dadurch entstehen Querströmungen, die sich auf die Faserlagerung auswirken. Um dies zu verhindern, ist es erforderlich, an geeigneten Stellen, die individuell über die Breite verteilt sind, den Druck durch eine Ab- oder Zuführung von Stoffsuspension oder Wasser nachzustellen. Figuren 1 und 6 der D1 zeigen deshalb mehrere steuerbare Leitungen, welche diese Funktion erfüllen und über die Breite der Stoffsuspensionsbahn verteilt und an verschiedenen Stellen der Verteileinrichtung, des Turbulenzerzeugers oder des Düsenraums angeordnet sind. Z. B. sind die Leitungen (42) in der Nähe des Eintritts und die Leitungen (44) in der Nähe des Auslaufspalts des Düsenraums vorgesehen.
6. Des weiteren befaßt sich diese Entgegenhaltung D1 mit dem Problem der erhöhten Druckverluste, die infolge von Reibungverlusten an den Rändern der Papiermaschine auftreten. Dies ist in D1 als ein "anderes Phänomen" bezeichnet, das "sich ähnlich wie Spaltweitenverstellungen auswirkt". Das Problem stimmt mit der oben angegebenen Aufgabe des Streitpatents überein. D1 setzt als bekannt voraus, daß Leitungen zur Zuführung von Stoffsuspension an den Seitenwänden des Düsenraums vorgesehen sind. Da diese Maßnahme einen erheblichen maschinellen und steuerungstechnischen Aufwand bedingt, schlägt diese Druckschrift als neuen Ansatz vor, von den Diffusoren des Turbulenzerzeugers auszugehen; und zwar besteht die Lösung darin, den Querschnitt der Diffusoren in der Randzone an den Seitenwänden (Figur 7) größer vorzusehen. Es soll also nur eine Druckkompensation durchgeführt werden, die ausreicht, Druckverluste an den Seitenwänden zu kompensieren. Für einen Fachmann bedeutet der Begriff "Kompensation", daß "am Eintritt in den Düsenraum die Fließgeschwindigkeit der Stoffsuspension in den Randbereichen (infolge der größeren Diffusorenquerschnitte) zwar höher ist als in den dazwischenliegenden Bereichen" (erstes kennzeichnende Merkmal des erteilten Anspruchs 1 des Streitpatentes), aber nur um so viel, daß dadurch lediglich die Druckverluste ausgeglichen werden. Ein Überschuß an Stoffsuspension in der Randzone ist somit in dieser Entgegenhaltung nicht erwähnt, so daß die Merkmalskombination gemäß Anspruch 1 des Streitpatentes nicht unmittelbar und eindeutig offenbart ist.
7. Auch ergibt sich diese Lösung des Streitpatents auch nicht implizit oder zwangsläufig aus diesem Dokument. Die Beschwerdeführerin hat ihre Ansicht im wesentlichen damit begründet, daß die nach D1 für die Kompensation der Reibungsverluste vorgeschlagene Lösung mit dem Abführen der Stoffsuspension durch die zusätzlichen, kurz vor dem Auslaufspalt des Düsenraums angeordneten Leitungen (44) kombiniert werden könne, weil an verschiedenen Stellen dieser Patenschrift deutlich gemacht werde, daß die Regelung des Druckprofils durch Zu- bzw. Abführen von Stoffsuspension bzw. Wasser durch verschiedene Maßnahmen einzeln oder in Kombination miteinander erfolgen könne. Aus folgenden Gründen teilt die Kammer diese Auffassung nicht:
7.1. Aus dem gesamten Inhalt der Entgegenhaltung D1 geht ein Hauptgedanke hervor, wonach eine Druckkompensation bzw. eine Druckregelung nur bei lokalen Druckverlusten erfolgen soll, die entweder als Auswirkungen der Spaltweitenverstellungen oder als Auswirkungen der Reibungverluste an den Seitenwänden entstehen können. Dies wird in Spalte 4, Zeile 41 und Spalte 6, Zeilen 12 bis 21, durch die Begriffe "Nachregeln" und "Druckkorrektur" bestätigt. Die Druckkompensation erfolgt im Falle einer Spaltweitenverstellung durch die Verwendung von Abzweigleitungen oder Zu- bzw. Abführleitungen für die Stoffsuspension bzw. das Wasser, die an verschiedenen Stellen der Stoffauflauf-Vorrichtung vorgesehen seien, und zwar möglichst nahe am Entstehungsort der Druckunterschiede. Im Falle der Reibungsverluste an den Rändern erfolgt die Druckkompensation durch die Geometrie, insbesondere den Querschnitt der Diffusoren. Somit sind tatsächlich in D1 die Zu- oder Abführleitungen sowie der Querschnitt der Diffusoren für den jeweiligen Bereich als äquivalente Mittel dargestellt. Aus diesem Grund wäre es nicht logisch, diese beiden Mittel zur Druckkompensation zu kombinieren.
7.2. Darüber hinaus wird, obwohl in D1 bereits die Möglichkeit erkannt worden ist, Leitungen an den seitlichen Rändern des Düsenraums vorzusehen, um die Verluste durch Wandreibung zu kompensieren, in dieser Druckschrift ein völlig anderer Lösungsweg für dieselbe Aufgabe beschritten, da die Verwendung dieser Leitungen als zu schwierig angesehen wird. Es wäre somit ein Widerspruch, einerseits von einer Lösung mit Leitungen an den Seitenwänden abzuraten und gleichzeitig eine andere Lösung vorzuschlagen, die solche Leitungen verwendet. Deshalb kann eine Kombination des Merkmals, die Fließgeschwindigkeit in der Randzone durch die Diffusoren zu vergrößern, mit dem Vorsehen von Abführleitungen an den Seitenwänden nicht als eine implizite Offenbarung der Entgegenhaltung D1 angesehen werden.
8. Da sich die Merkmalskombination des Anspruchs 1 nicht unmittelbar und eindeutig und auch nicht implizit aus dem Inhalt des Dokuments D1 ergibt, ist die Neuheit des Verfahrens gemäß diesem Anspruch dem Verfahren nach D1 gegenüber anzuerkennen (vgl. Prüfungsrichtlinien C-IV, 7.5, sowie die Entscheidungen T 12/81, ABl. EPA 1982, 296, und T 124/87, ABl. EPA 1989, 491).
9. Da in D1 eine Druckkompensation, die durch größere Querschnitte der Diffusoren an der Randzone erfolgt, als eine Abkehr von der Verwendung von Leitungen an den Seitenwänden für dieselbe Funktion geschildert wird, ist der Fachmann nach Lektüre dieser Entgegenhaltung nicht bestrebt, auf die Verwendung derartiger Leitungen zurückzukommen. Außerdem bietet - wie oben im Punkt 6 ausgeführt - dieser Stand der Technik für die Lösung der dem Streitpatent zugrunde liegenden Aufgabe keine Anregung, einen Überschuß an Stoffsuspension im Sinne des Streitpatents in der Randzone am Eintritt des Düsenraums vorzusehen. Da die Erfindung im gleichzeitigen Einsatz dieser beiden Maßnahmen besteht, ist der Gegenstand des Anspruchs 1 im Hinblick auf diesen Stand der Technik als erfinderisch anzusehen.
10. Im schriftlichen Verfahren machte die Beschwerdeführerin ferner geltend, das Verfahren gemäß diesem Anspruch sei auch nicht erfinderisch im Hinblick auf die Entgegenhaltung D2, da der einzige Unterschied in der Bauart der Verteileinrichtung und des Turbulenzerzeugers bestehe. In der Stoffauflauf-Vorrichtung gemäß dieser Druckschrift ist nämlich der Turbulenzerzeuger durch in der Verteileinrichtung angeordnete, perforierte Rollen gebildet. Die Beschwerdeführerin selbst hat erkannt, daß bei der Verwendung solcher Rollen die Fließgeschwindigkeit im Randbereich nicht erhöht werden kann, so daß es bereits an einer Anregung in bezug auf das erste kennzeichnende Merkmal des erteilten Anspruchs 1 des Streitpatents mangelt. Außerdem ist in dieser Entgegenhaltung das Problem der Reibungsverluste in der Randzone des Düsenraums dadurch gelöst, daß die Druckkompensation bzw. die Geschwindigkeitserhöhung nur durch ein Abführen von Suspensionsmenge mittels Leitungen, die unmittelbar vor dem Auslaufspalt an den Seitenwänden angeordnet sind, erfolgt, und zwar nur mit dem Ziel, die Reibungsverluste zu kompensieren. Somit enthält D2 auch keine Anregung zur Erzeugung eines Strömungsüberschusses am Eintritt des Düsenraums. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin würde deshalb selbst eine Kombination der Lehre der beiden Entgegenhaltungen D1 und D2 nicht zum Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatentes führen.
11. Daraus folgt, daß der Stand der Technik dem Fachmann keinen Hinweis auf die Lösung gemäß dem Streitpatent vermittelt, so daß das Verfahren nach Anspruch 1 und infolgedessen der Stoffauflauf "zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1", Gegenstand des Anspruchs 2, auf erfinderischer Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ beruhen. Die abhängigen Ansprüche 3 bis 12, die auf besondere Ausführungsformen des Anspruchs 1 oder des Anspruchs 2 gerichtet sind, werden von der Patentfähigkeit dieser Ansprüche getragen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.