European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:1997:T065196.19971105 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 05 November 1997 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0651/96 | ||||||||
Anmeldenummer: | 91907892.3 | ||||||||
IPC-Klasse: | F02F 3/02 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Tauchkolben aus Leichtmetall für Ottomotoren | ||||||||
Name des Anmelders: | Mahle GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | AE Goetze Automotive Ltd | ||||||||
Kammer: | 3.2.04 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit - ja Inventive step (yes) |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Gegen das europäische Patent Nr. 0 549 582 (erteilt auf die europäische Patentanmeldung Nr. 91 907 892.3, internationale Anmeldenummer PCT/DE91/00354) hat die Beschwerdeführerin (Einsprechende) Einspruch eingelegt und den Widerruf des Patents beantragt.
In ihrer am 30. Mai 1996 zur Post gegebenen Entscheidung hat die Einspruchsabteilung die Neuheit und die erfinderische Tätigkeit des Patents anerkannt und hat den Einspruch zurückgewiesen.
II. Gegen diese Entscheidung hat die Beschwerdeführerin am 17. Juli 1996 Beschwerde eingelegt und gleichzeitig die Beschwerdegebühr entrichtet. Die Beschwerdebegründung wurde am 25. September 1996 eingereicht.
III. Am 5. November 1997 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt, in der die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) einen neuen Anspruchssatz im Rahmen eines Hilfsantrages einreichte.
Der erteilte Anspruch 1 (Hauptantrag) hat folgenden Wortlaut:
"Tauchkolben aus Leichtmetall für Ottomotoren, bei denen in den nachfolgenden Merkmalen bedeuten
D = Kolbendurchmesser
KH = Kompressionshöhe des Kolbens
M = Tiefe der Brennraummulde im Kolbenboden
dM = Durchmesser der Brennraummulde
A = radial äußerer Abstand der Kolbenbolzennaben des Kolbens
I = radial innerer Abstand der Kolbenbolzennaben des Kolbens in einem Bereich oberhalb der Kolbenbolzenachse
dB = Durchmesser des Kolbenbolzens
B = Länge des Kolbenbolzens
L = Länge des Kolbenschaftes unterhalb der untersten Kolbenringnut
F = Kolbenfeinkontur (Balligkeit; axiale Schaftmantellinie) in Kolbenlängsrichtung
DS = Druckseite des Kolbens
GDS = Gegendruckseite des Kolbens
mit den Merkmalen
a) KH = (0,27 - 0,35)D für einen Kolben mit je einem Kompressions- und Ölabstreifring und (0,32 - 0,4)D für einen Kolben mit zwei Kompressionsringen und einem Ölabstreifring,
b) dB = (0,16 - 0,25)D
c) in Bolzenrichtung ist der Kolbenschaft über die gesamte Höhe radial zurückgenommen, wobei der zurückgenommene Bereich auf jeder radialen Nabenaußenseite auf zur Bolzenrichtung etwa senkrechten Ebenen verläuft, wobei der Abstand dieser Ebenen voneinander A = (0,4 - 0,7)D ist,
d) zumindest die unterste Ringnut liegt in einem über der Bolzenachse verlaufenden Umfangsbereich in einem über eine Ausnehmung von der jeweiligen Kolbennabe beabstandeten Ringbandabschnitt,
und folgenden kennzeichnenden Merkmalen
e) in dem Boden des Kolbens liegt eine etwa zentrische Brennraummulde mit dM größer als 0,5D und einer Tiefe M = (0,03 - 0,08)D,
f) I = (0,08 - 0,20)D
g) der innere radiale Abstand der Naben des Kolbens beträgt in einem unterhalb der Bolzenachse liegenden unteren Nabenbereich mehr als der engste oberhalb der Bolzenachse liegende Abstand (I),
h) B = (0,4 - 0,6)D
i) L = (0,30 - 0,50)D auf der Druckseite des Kolbens (DS) und (0,15 - 0,30)D auf der Gegendruckseite (GDS)."
IV. Im Einspruchs- und im Beschwerdeverfahren wurden die folgenden Druckschriften herangezogen:
D1 WO-A-90/07642
D2 Technical Symposium 1990, T&N Technology for the 90's, Paper No. 14, Gasoline Piston and Pin Design for the 1990's
D3 Technical Symposium 1986, Paper No. 1, Development of Lightweight Pistons for future Automotive Engines, AE plc
D4 EP-A-0 209 006
D5 DE-A-3 820 473
D6 AE Technical Symposium 1986, Paper No. 4, The Design and Development of Pistons for High Speed Direct Injection Diesel Engines, AE plc
V. Im Verfahren vor der Beschwerdekammer hat die Beschwerdeführerin im wesentlichen vorgetragen, daß der Kolben gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags im Hinblick auf die aus den Druckschriften D1, D2, D5 und D6 bekannten Kolben naheliegend sei. In diesen genannten Druckschriften seien Werte für Kolben, die in den beanspruchten Bereichen oder in deren Nähe liegen, entweder explizit angegeben oder aus den Zeichnungen zu entnehmen. Da es sich bei den beanspruchten Merkmalen lediglich um eine Sammlung von einzelnen, an sich bekannten Konstruktionsrichtlinien ohne erfinderischen synergetischen Zusammenhang handele, könne in der Anwendung dieser Werte bei einem bekannten Tauchkolben gemäß dem Oberbegriff des Anspruches 1 keine erfinderische Tätigkeit gesehen werden.
VI. Die Beschwerdegegnerin hat die Druckschriften D2, D3 und D6 zwar als vorveröffentlichten Stand der Technik anerkannt, hat aber dem Vorbringen der Beschwerdeführerin widersprochen und vorgetragen, daß der Fachmann die in Anspruch 1 des Hauptantrages angegebenen Merkmale und Kolbenwerte nicht in naheliegender Weise aus diesen Druckschriften D2, D3 und D6 sowie den Druckschriften D1 und D5, die unterschiedliche Kolben beschreiben, herausgreifen und zusammen anwenden würde. Überdies würde auch die Kombination der daraus bekannten Lehren nicht zu einem Kolben gemäß Anspruch 1 des Hauptantrages führen.
VII. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.
Die Beschwerdegegnerin beantragte
1. die Beschwerde zurückzuweisen (Hauptantrag),
2. hilfsweise die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents auf der Grundlage der Ansprüche 1 und 2 des Hilfsantrags, eingereicht während der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
1. 1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Interpretation des Anspruches 1 (Hauptantrag)
Im Oberbegriff des Anspruches 1 ist bei der Erläuterung der Bemessungswerte unter dem Buchstaben F zwar die Kolbenfeinkontur (Balligkeit; axiale Schaftmantellinie) in Kolbenlängsrichtung angegeben, doch ist diese Feinkontur im weiteren Teil des Anspruches 1 nicht mehr näher definiert. Die Beschwerdegegnerin erklärte hierzu, daß beim beanspruchten Kolben, wie bei allen Kolben dieser Gattung, eine Balligkeit vorhanden ist.
3. Neuheit (Hauptantrag)
Keine der entgegengehaltenen Druckschriften des Standes der Technik offenbart einen Tauchkolben mit allen Merkmalen des Anspruchs 1.
Da weder im Einspruchsverfahren noch im Beschwerdeverfahren die Neuheit bestritten wurde, erübrigt sich ein weiteres Eingehen auf diese Frage.
Der Tauchkolben nach Anspruch 1 ist neu im Sinne des Artikels 54 EPÜ.
4. Nächstkommender Stand der Technik, Aufgabe und Lösung (Hauptantrag)
4.1. Der nächstkommende Stand der Technik (d. h. der Ausgangspunkt für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit) wird nach Ansicht der Kammer und der Parteien durch die Druckschrift D1 offenbart, aus der im wesentlichen die Merkmale des Oberbegriffs des erteilten Anspruches 1 bekannt sind.
4.2. Die Druckschrift D1 beschreibt einen leichten Tauchkolben für Ottomotoren, der eine ballige Ausbildung in Kolbenlängsrichtung aufweist (vgl. Figuren 4 und 5) sowie zwei Kompressionsringe und einen Ölabstreifring enthält, wie dies aus Figur 1 ersichtlich ist. Im Anspruch 1 dieser Druckschrift D1 ist für diesen Kolben das Verhältnis von Kompressionshöhe H zu Kolbendurchmesser D mit 0,25 - 0,5 angegeben, d. h. ein Wertebereich, in dem der beanspruchte Bereich KH/D von 0,32 - 0,4 für einen Kolben dieser Art liegt (vgl. zweiter Teil des Merkmales a) des angefochtenen Anspruches 1).
Das Verhältnis des Kolbenbolzendurchmessers zum Kolbendurchmesser (vgl. Merkmal b) des angefochtenen Anspruches 1) ist in der Druckschrift D1 zwar nicht explizit angegeben, doch wurde dieses Merkmal, ausgehend von dem in der Druckschrift D1 offenbarten Stand der Technik, als bekannt angesehen und im Oberbegriff des Anspruches 1 angeführt. In der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer wurde von der Patentinhaberin auch nicht bestritten, daß dieses Merkmal daraus bekannt ist. In diesem Zusammenhang ist festzustellen, daß die Druckschrift D1 auf die Patentinhaberin zurückgeht.
Wie die Figur 2a der Druckschrift D1 zeigt, ist der Kolbenschaft über die gesamte Höhe radial zurückgenommen. Dabei verläuft der zurückgenommene Bereich auf der Nabenaußenseite auf einer zur Bolzenrichtung etwa senkrechten Ebene. Der Abstand der Nabenaußenseiten ist im Anspruch 1 dieser Entgegenhaltung mit T/D = 0,45 - 0,8 angegeben, d. h. ein Wertebereich der den beanspruchten Bereich für diesen Abstand A = (0,4 - 0,7)D überschneidet (vgl. Merkmal c) des angefochtenen Anspruches 1).
Aus Figur 2b in Verbindung mit Figur 1 (vgl. Schnitt IIb) der Entgegenhaltung D1 ist ersichtlich, daß die unterste Ringnut in einem über der Bolzenachse verlaufenden Umfangsbereich in einem über eine Ausnehmung von der jeweiligen Kolbennabe beabstandeten Ringabschnitt liegt (vgl. Merkmal d) des angefochtenen Anspruches 1).
Hinsichtlich Merkmal i) des kennzeichenden Teils des erteilten Anspruches 1 ist festzustellen, daß im Anspruch 1 der Druckschrift D1 die Länge des Kolbenschaftes unterhalb der untersten Kolbenringnut auf der Druckseite des Kolbens mit A/D = 0,3 - 0,5 angegeben ist, d. h. der beanspruchte Wertebereich von L = (0,30 - 0,50)D für die Druckseite des Kolbens ist exakt aus der Druckschrift D1 bekannt. Werte für die Gegendruckseite sind darin jedoch nicht angegeben. Nach Anspruch 4 (ursprüngliche Fassung) der Druckschrift D1 ist jedoch der Schaft im Bereich der Druckseite länger als im Bereich der Gegendruckseite. Dies ist so auch aus Figur 1 ersichtlich.
Neben dem zweiten Teil des Merkmales i) sind auch die Merkmale e), f), g) und h) des erteilten Anspruches 1 aus der Druckschrift D1 nicht bekannt.
4.3. Die der Erfindung zugrundeliegende Aufgabe besteht darin, den bekannten Tauchkolben im Hinblick auf ein leichteres Gewicht sowie auf eine Verminderung von Geräusch und Reibung umzugestalten (vgl. Patentschrift, Seite 2, Zeilen 4 und 5).
4.4. Die Beschwerdekammer sieht die Lösung dieser Aufgabe (in Übereinstimmung mit der Entscheidung der Einspruchsabteilung, Abschnitt 3.4) in der Gesamtheit der Merkmale des erteilten Anspruches 1.
5. Erfinderische Tätigkeit (Hauptantrag)
5.1. In ihrer Stellungnahme zur erfinderischen Tätigkeit hat die Beschwerdeführerin vorgetragen, daß Werte, die in den beanspruchten Bereichen oder in deren Nähe liegen, in den zitierten Druckschriften entweder explizit angegeben oder aus den Zeichnungen zu entnehmen seien.
Die Beschwerdeführerin ist dabei davon ausgegangen, daß insbesondere die in der Druckschrift D1 gezeigten Abbildungen Maßzeichnungen seien.
Hierzu ist festzustellen, daß aus der Druckschrift D1 nicht explizit hervorgeht, daß es sich bei den dort gezeigten Darstellungen um Maßzeichnungen handelt. Auch sind in den Abbildungen keine konkreten Maße, sondern lediglich in allgemeiner Weise für Bemessungshinweise Buchstaben eingetragen, die in der Beschreibung und in den Patentansprüchen der Druckschrift D1 als Größen angegeben sind, die nur im Zusammenhang mit Verhältniswerten verwendet werden. Daraus kann nicht auf Maßzeichnungen geschlossen werden, vielmehr ist anzunehmen, daß es sich bei diesen Zeichnungen um Schemazeichnungen handelt. Dies gilt auch für die von der Beschwerdeführerin angeführte Figur 14.10 der Druckschrift D2. Auch hier sind weder in der Zeichnung konkrete Maße eingetragen noch läßt die dazugehörige Beschreibung auf eine Maßzeichnung schließen.
Nach der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern gehören Abmessungen, die sich aus einer Schemazeichnung nur durch Nachmessen ergeben, nicht zum Offenbarungsgehalt einer Druckschrift (vgl. T 0204/83, ABl. EPA, 1985, 310).
5.2. Zu den im kennzeichnenden Teil des Anspruches 1 angegebenen Merkmalen e) bis i) ist folgendes festzustellen:
5.2.1. Ausgehend von dem in Anspruch 1 der Druckschrift D1 angegebenen Bereich von T/D = 0,45 - 0,8 für den radialen äußeren Abstand der Kolbenbolzennaben, wird der Fachmann den Wertebereich der Kolbenbolzenlänge in naheliegender Weise ermitteln, da die Länge des Kolbenbolzens im allgemeinen in diesem Bereich oder etwas unterhalb davon liegt. Der Fachmann wird daher ohne erfinderisch tätig zu werden, zumindest einen Bereich festlegen, der den beanspruchten Wertebereich für die Kolbenbolzenlänge B = (0,4 - 0,6)D weitgehend überschneidet (vgl. Merkmal h) des angefochtenen Anspruches 1).
5.2.2. In der Druckschrift D1 ist zwar der Wertebereich für die Länge des Kolbenschaftes unterhalb der untersten Kolbenringnut für die Druckseite des Kolbens angegeben und stimmt mit dem hierfür im angefochtenen Anspruch 1 beanspruchten Bereich überein (vgl. Abschnitt 4.2 dieser Entscheidung), doch sind für die Gegendruckseite, außer dem Hinweis (vgl. ursprüngliche Fassung von Anspruch 4 der Druckschrift D1), daß der Schaft im Bereich der Druckseite länger ist als im Bereich der Gegendruckseite, keine genauen Angaben gemacht. Für die Bemessung des Bereiches der Gegendruckseite erhält der Fachmann jedoch aus der Druckschrift D5 Vorbild und Anregung, in der für diese Gegendruckseite ein Wertebereich von A/D = 0,15 bis 0,25 angegeben ist. Der Bereich für die Druckseite beträgt dort E/D = 0,25 - 0,45 und ist damit mit dem Wertebereich für die Druckseite A/D = 0,3 - 0,5 des Kolbens nach der Druckschrift D1 vergleichbar. Da sich die Druckschrift D5 mit der Verringerung der Geräuschbildung bei Kolben beschäftigt (vgl. Spalte 1, Zeilen 6 bis 8 der Druckschrift D5), einer Teilaufgabe vorliegender Erfindung, wird der Fachmann, der sich mit der Geräuschreduzierung befaßt, diese Druckschrift in Betracht ziehen. Bei der Anwendung dieses Wertebereiches bei dem Kolben nach der Druckschrift D1 wird der Fachmann daher zu Kolben gelangen, bei welchen der Wertebereich für die Gegendruckseite weitgehend im beanspruchten Wertebereich von L = (0,15 - 0,30)D des angefochtenen Anspruches 1 liegt.
5.2.3. Zum Merkmal e) des Anspruches 1 hat die Beschwerdeführerin auf die Figur 14.7 und die dazugehörige Beschreibung der Druckschrift D2 hingewiesen. Darin ist zur Reduzierung der Kolbenmasse eine Brennraummulde vorgeschlagen. Diese Brennraummulde liegt etwa zentrisch im Boden des Kolbens und hat einen Durchmesser dM der klar ersichtlich größer als 0,5D ist. Wenn die in der Figur 14.7 gezeigten Werte für die Tiefe der Brennraummulde (beispielsweise 4 - 6 mm) mit üblichen Werten für die Kolbendurchmesser in Relation gesetzt werden (beispielsweise 70 - 100 mm Kolbendurchmesser), so ergeben sich Werte, die die beanspruchten Bereiche überschneiden.
5.2.4. Im Hinblick auf das Merkmal g) des angefochtenen Anspruches 1 hat die Beschwerdeführerin die Figur 14.10 der Druckschrift D2 angeführt. Daraus ist es zwar bekannt, daß der innere radiale Abstand der Naben des Kolbens in einem unterhalb der Bolzenachse liegenden unteren Nabenbereich mehr als der engste oberhalb der Bolzenachse liegende Abstand beträgt, doch handelt es sich dabei um einen sogenannten X-Kolben. Dieser Kolben weist keine unterschiedlichen Kolbenschaftlängen auf der Druck- und Gegendruckseite des Kolbens auf.
5.2.5. Zur Druckschrift D2 hat die Beschwerdeführerin angeführt, daß sich diese Druckschrift mit der Gewichts- Reibungs- und Geräuschverminderung bei Kolben befaßt und der Fachmann, der eine entsprechende Reduzierung bei Kolben anstrebt, daher die daraus bekannten Lehren aufgreifen würde.
Dazu ist festzustellen, daß die Druckschrift D2 mehrere im Aufbau unterschiedliche Kolben in Betracht zieht. So ist in Zusammenhang mit Figur 14.7 zwar ein Kolben mit einer Brennraummulde zur Gewichtsreduzierung vorgeschlagen, doch läßt dieser Kolben weder den inneren Abstand im Bereich der Kolbenbolzennaben noch andere wesentliche Einzelheiten erkennen. Andererseits weist der X-Kolben nach der Figur 14.10 keine Brennraummulde auf, wie sie zuvor in der Figur 14.7 vorgeschlagen ist. Überdies sind in der Erläuterung zur Figur 14.10 keine genauen Angaben zum inneren Abstand im Nabenbereich gemacht, geschweige denn Maße angegeben. Dort spielt im Hinblick auf die Gewichtsreduzierung insbesondere die Verringerung der Kolbenbolzenlänge und des Kolbenbolzendurchmessers sowie eine Ausnehmung im Kolbenkopf im Bereich der Kolbenbolzennabe eine Rolle. Die Reduzierung der Kolbenbolzenlänge kann zwar zur Verringerung des Abstandes der Kolbenbolzenaugen führen, doch müßte bei der Übertragung dieses eine Verkürzung des Kolbenbolzens betreffenden Merkmales auf einen Kolben anderer Art mit weiteren notwendigen Änderungen gerechnet werden, um beispielsweise ein stabiles Laufverhalten zu gewährleisten.
Es kann nicht als naheliegend angesehen werden aus den verschiedenen Kolbenarten gezielt spezielle Merkmale herauszugreifen und in einem Kolben zu vereinigen, wenn für solche Verbindungen keine Veranlassung gegeben ist. Selbst wenn der Fachmann mit den zu Figur 14.7 der Druckschrift D2 gemachten Angaben dazu käme, bei dem Kolben nach der Druckschrift D1 zur Gewichtsreduzierung eine Brennraummulde vorzusehen, kann nicht davon ausgegangen werden, daß er dabei sämtliche anderen Merkmale eines vorhandenen Kolbens, wie beispielsweise die Kompressionshöhe, belassen würde. Aber auch bei einer direkten Übertragung dieses Merkmales auf den Kolben nach der Druckschrift D1 wäre der Kolben mit der im Anspruch 1 angegebenen Gesamtheit der Merkmale nicht erreicht.
5.2.6. Von der Beschwerdeführerin wird nicht bestritten, daß aus keiner der zum Stand der Technik angeführten Druckschriften der im angefochtenen Anspruch 1 angegebene Wertebereich I = (0,08 - 0,20)D bekannt ist. Die Beschwerdeführerin hat in diesem Zusammenhang auf die Druckschrift D1 (Figur 2) hingewiesen und angeführt, daß die Nachmessung der Zeichnung einen Wert für I ergebe, der mit 0,22D nur geringfügig über dem beanspruchten Bereich von (0.08 - 0,20)D liege.
Selbst wenn der Fachmann diesen Wert durch Nachmessung feststellen würde, käme er nicht in naheliegender Weise zu dem beanspruchten Wertebereich, da Angaben im Hinblick auf den inneren Abstand der Kolbenbolzenaugen in der Druckschrift D1 nicht gemacht sind und der Fachmann auch aus den anderen genannten Druckschriften keine Anregung erhält diesen Wert zu reduzieren. Im Gegenteil, die von der Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang angeführte Figur 4.2 der Druckschrift D6 würde zu einem Wert führen (boss gap-mm im vorgeschlagenen Schnittpunkt ca. 30 mm für einen Kolben von 80 mm Durchmesser würde zu einem Wert I = 0.37D führen), der beachtlich über dem beanspruchten Bereich liegt. Zu den aus dieser Figur 4.2 zu entnehmenden Werten ist auch festzustellen, daß der angegebene bevorzugte Durchmesser des Kolbenbolzens (dB = 26,5 mm im gezeigten Schnittpunkt), bei dem dort vorgeschlagenen Kolbendurchmesser von 80 mm zu einem Wert von dB/D = 0.33 führt, der deutlich außerhalb des dafür beanspruchten Wertebereichs liegt.
Die Beschwerdeführerin hat in diesem Zusammenhang angeführt, daß für den inneren Abstand der Kolbenbolzenaugen im Hinblick auf das Gewicht des Kolbens nicht die Relation zu dem Kolbendurchmesser, sondern die Relation zum Kolbenbolzendurchmesser, d. h. I/dB, wesentlich sei. Sie vergleicht dabei die entgegengesetzten Endwerte der zwei im angefochtenen Anspruch 1 angegebenen Wertebereiche I = (o,o8 - 0,20)D für den inneren Abstand der Kolbenbolzenaugen und dB = (0,16 - 0,25)D für den Kolbenbolzendurchmesser und kommt dabei auf einen Wertebereich für I/dB von 0,32 - 1,25. Sie weist darauf hin, daß das Verhältnis I/dB = 1,13 für den in der Zeichnung 4.2 der Druckschrift D6 gezeigten Optimalpunkt in diesem Bereich liege.
Dieser Argumentation kann jedoch nicht gefolgt werden, da im angefochtenen Patent der Wertebereich I/dB weder angegeben noch dafür ein Anhaltspunkt zu entnehmen ist. Da der Fachmann Werte aus den angegebenen Bereichen aufeinander abstimmen wird und nicht den höchsten Extremwert eines Elementes einerseits und den niedrigsten Extremwert eines dazugehörigen Elementes andererseits miteinander in Verbindung bringen würde, kann durch diese Überlegungen die erfinderische Tätigkeit nicht in Frage gestellt werden.
5.3. Die Beschwerdeführerin hat ihre Argumentation im wesentlichen auf die Druckschriften D1, D2, D5 und D6 gestützt, zu welchen oben Stellung genommen wurde. Die Druckschrift D3 kommt dem Kolben nach Anspruch 1 nicht näher als die Druckschrift D2 und kann auch in Verbindung mit dem genannten Stand der Technik nach den Druckschriften D1, D2, D5 und D6 nicht zum Kolben des Anspruches 1 führen. Die Druckschrift D4 befaßt sich im wesentlichen mit der Schaftkontur auf der Druck- und Gegendruckseite des Kolbens und ist im Hinblick auf Anspruch 1 nicht relevant.
5.4. Die Beschwerdeführerin hat die Meinung vertreten, daß die im Anspruch 1 angegebenen Merkmale lediglich eine Sammlung von einzelnen, an sich bekannten Konstruktionsrichtlinien seien, die keinen synergetischen Zusammenhang ergäben. Unter diesen Umständen sei es naheliegend, verschiedene Druckschiften für verschiedene Aspekte in Betracht zu ziehen.
Nach Auffassung der Kammer stehen die wesentlichen Merkmale des Anspruches 1 in Wechselwirkung zueinandander. So ist der Gesamtaufbau des Kolbens nicht nur unter dem Aspekt der Gewichtsreduzierung, der Lärm und Reibungsverringerung zu sehen, sondern auch unter dem Gesichtspunkt der Festigkeit, der Wärmestabilität und der Wärmeausdehnung, um die Funktionsfähigkeit des Kolbens zu gewährleisten. Die Abänderung einzelner Merkmale läßt die Notwendigkeit einer Abänderung von anderen Merkmalen des betreffenden Kolbens erwarten. Die Vielzahl der angeführten Kolben mit unterschiedlichen Merkmalen und Abmessungen zeigt, daß die Auswahl der im Anspruch 1 angegebenen Merkmale nicht in naheliegender Weise vorgenommen werden kann.
5.5. Nach Meinung der Kammer beruht die Argumentation der Beschwerdeführerin auf einer ex-post-facto-Analyse. Es kommt bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht darauf an, ob der Fachmann die Kombination der Druckschriften hätte vornehmen können, sondern darum, ob er dies in Erwartung einer Verbesserung auch getan hätte (vgl. T 0002/83, ABl. EPA, 1984, 265). Ein klarer Hinweis in Richtung der Kombination liegt jedoch nicht vor. Selbst bei einer Kombination der aus den genannten Druckschriften bekannten Merkmale, würde der Fachmann nicht zum Gegenstand nach Anspruch 1 gelangen, da er zusätzlich noch den radial inneren Abstand der Kolbenbolzennaben im Sinne des angefochtenen Patents bestimmen müßte, wozu er jedoch keine Anregung bekommt.
6. Der Tauchkolben nach dem erteilten Anspruch 1 (Hauptantrag) beruht daher auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ.
7. Das Patent kann daher in der erteilten Fassung aufrechterhalten werden. Es ist somit nicht erforderlich zu dem Hilfsantrag der Beschwerdegegnerin Stellung zu nehmen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.