T 0487/95 (Schutzhelm/SCHUBERTH) of 7.8.1997

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1997:T048795.19970807
Datum der Entscheidung: 07 August 1997
Aktenzeichen: T 0487/95
Anmeldenummer: 89119111.6
IPC-Klasse: A42B 3/14
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: B
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Militärischer Schutzhelm
Name des Anmelders: Schuberth-Werk GmbH & Co. KG
Name des Einsprechenden: Industrias y Confecciones S.A.
Kammer: 3.2.04
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Nächstkommender Stand der Technik
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
G 0010/91
T 0012/81
T 0332/87
T 0176/89
T 0666/89
T 0095/90
T 0570/91
T 0439/92
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 0149/00
T 0021/08
T 0053/08

Sachverhalt und Anträge

I. Auf den Gegenstand der europäischen Patentanmeldung Nr. 89 119 111.6 wurde das europäische Patent Nr. 423 379 erteilt. Gegen dieses Patent wurde ein auf Artikel 100 a) EPÜ gestützter Einspruch eingelegt mit dem Antrag, das Patent zu widerrufen. Die Einspruchsabteilung wies mit ihrer am 12. April 1995 zur Post gegebenen Entscheidung den Einspruch zurück.

Der erteilte unabhängige Anspruch 1 lautet wie folgt:

"Militärischer Schutzhelm mit einer Beschüssen widerstehenden Kalotte (1) und einer an mehreren Punkten (7, 8) fest mit der Helmkalotte (1) verbundenen Bänderanordnung (2) als Innenausstattung, die aus einem in normaler Tragposition eines stehenden Helmträgers etwa horizontal umlaufenden ringförmigen Tragband (3) und von einem zentralen Befestigungsstück (5) in der Helmkalotte (1) strahlenförmig ausgehenden Bändern (4), deren Enden fest mit dem Tragband (3) verbunden sind, besteht, wobei die Bänderanordnung (2) aus Kunststoff besteht und einen Tragkorb bildet und alle Bänder (3, 4) des Tragkorbes (2) zur Helmkalotte (1) zeigende angeformte Noppen (12) aufweisen, dadurch gekennzeichnet, daß von den Bändern (4, 5') oberhalb des Tragbandes (3) keine Noppen aufweisende Befestigungsstreifen (6, 9) ausgehen, deren Ende fest mit der Helmkalotte (1) so verbunden sind, daß der Tragkorb (2) über die Noppen (12) an der Innenseite der Helmkalotte (1) anliegt, daß zwei benachbarte strahlenförmig verlaufende Bänder (4) durch wenigstens ein Verbindungsband (5') miteinander verbunden sind und daß die strahlenförmig verlaufenden Bänder (4) etwa die Breite der hohl ausgebildeten Noppen (12) aufweisen."

II. Gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung hat die Beschwerdeführerin (Einsprechende) am 6. Juni 1995 unter gleichzeitiger Bezahlung der Gebühr Beschwerde eingelegt und diese am 26. Juli 1995 begründet.

III. Die Beschwerdeführerin hat sich während des Beschwerdeverfahrens auf folgende Druckschriften berufen:

D1: DE-U-7 623 197,

D4: DE-U-8 107 236,

D6: US-A-4035 847,

D7: US-A-3 633 214,

D8: US-A-4 307 471,

D9: "Development of a One Piece Infantry Helmet", Natick Report No. 76-30-Cemel, January 1976,

D10: US-A-4 766 614,

D11: Katalog der Firma Schuberth Helme GmbH, "Schuberth-Arbeitsschutzhelme-Spezialmodelle", Seite 8.

IV. Die Beschwerdeführerin hat im wesentlichen vorgetragen, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 - ausgehend vom einem Arbeitsschutzhelm gemäß entweder der Druckschrift D1 oder der Druckschrift D4 aufgrund einer Kombination von mehreren der oben genannten Druckschriften sowie ausgehend von einem bekannten militärischen Schutzhelm im Hinblick auf den Inhalt der Druckschrift D1 - nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

Darüber hinaus hat die Beschwerdeführerin in bezug auf ein im Anspruch 1 enthaltenes Merkmal den Einwand des Artikels 100 b) EPÜ erhoben.

Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) hat den Ausführungen der Beschwerdeführerin widersprochen.

V. Die Beschwerdeführerin beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.

Die Beschwerdegegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Der Gegenstand des Anspruchs 1 des erteilten Patentes

2.1. Der Anspruch 1 ist auf einen militärischen Schutzhelm gerichtet. Es ist davon auszugehen, daß Schutzhelme sich für den militärischen Einsatz eignen, wenn sie u. a. eine Beschüssen widerstehende Kalotte aufweisen und eine ausreichende Belüftung des Innenraumes der Kalotte auch ohne Wind ermöglichen.

Der militärische Schutzhelm nach dem Anspruch 1 besteht aus einer Kalotte (1) und einer einen Tragkorb bildenden Bänderanordnung (2), welche aus einem ringförmigen Tragband (3), strahlenförmig verlaufenden Bändern (4), einem zentralen Befestigungsstück (5), Verbindungsbändern (5') und Befestigungsstreifen (6, 9) besteht.

2.2. Es geht deutlich aus dem Anspruch 1 hervor, daß alle Bänder (d. h. Tragband, strahlenförmig verlaufende Bänder und Verbindungsbänder) mit zur Helmkalotte zeigenden angeformten Noppen versehen sind und daß demgegenüber die Befestigungsstreifen keine Noppen aufweisen.

2.3. Aus dem "zentralen Befestigungsstück" (5) gehen in der Helmkalotte die strahlenförmig verlaufenden Bänder (4) aus. Das "Befestigungsstück" (5) ist aber nicht als Mittel zum Befestigen des Tragkorbes an die Helmkalotte anzusehen.

Der Befestigung des Tragkorbes dienen die Befestigungsstreifen, deren Ende fest mit der Helmkalotte so verbunden sind, daß der Tragkorb über den Noppen an der Innenseite der Helmkalotte anliegt.

Das Merkmal, nach welchem "die Enden der Befestigungsstreifen fest mit der Helmkalotte so verbunden sind, daß der Tragkorb über die Noppen an der Innenseite der Helmkalotte anliegt", ist so auszulegen, daß die Verbindung der Befestigungstreifen mit der Helmkalotte es ermöglicht, daß der Tragkorb über die Noppen an der Innenseite der Helmkalotte anliegt.

2.3.1. Die Beschwerdeführerin hat vorgetragen, daß - im Hinblick auf die Beschreibung und Zeichnungen des Patentes - der Tragkorb mit seinen Noppen über die Befestigungsstreifen nicht in Anlage an der Innenseite der Helmkalotte gehalten werden könne. Dies erfolge allein beim Tragen des Helms durch das Gewicht der Helmkalotte (siehe Schreiben vom 27. März 1997, Seite 2, 3. Absatz).

In diesem Zusammenhang möchte die Kammer feststellen, daß in der Figur 2 des Patentes, die eine Ansicht der Innenseite eines Schutzhelms ohne Darstellung des Helmträgers zeigt, die Noppen (12) in Anlage an der Innenseite der Helmkalotte (1) dargestellt sind. Darüber hinaus geht aus der Beschreibung ausdrücklich hervor, daß der gesamte Tragkorb über die Noppen an der Innenseite der Helmkalotte anliegt (siehe Spalte 4, Zeilen 42 und 43). Die Frage, ob dies nur beim Tragen erfolgt, ist unerheblich. Auf jeden Fall ist - aufgrund der allgemeinen, sich auf die Stoßdämpfung beziehenden Problematik - davon auszugehen, daß die Verbindung der Befestigungstreifen mit der Helmkalotte es ermöglicht, daß der Tragkorb mindestens beim Tragen des Schutzhelms über die Noppen an der Innenseite der Helmkalotte anliegt.

2.4. Durch die Gestaltung gemäß dem Anspruch 1 bleiben die mit Noppen versehenen Bänder des Tragkorbes, welche in Kontakt mit dem Schädel des Helmträgers stehen, stets im Abstand von der Helmkalotte, und zwar selbst im Bereich der Befestigungspunkte. Es geht außerdem implizit aus dem Wortlaut des Anspruchs 1 hervor, daß die Befestigungsstreifen im Bereich der Befestigungspunkte im Abstand vom Schädel des Helmträgers bleiben, weil sie nicht mit Noppen versehen sind. Es ist somit davon auszugehen, daß durch diese spezifische Befestigung des Tragkorbes vermieden wird, daß das ringförmige Tragband unmittelbar an der Helmkalotte befestigt wird. Es wird somit verhindert, daß seitliche Schläge - sogar Schläge im Bereich der Befestigungspunkte - unmittelbar auf den Schädel des Helmträgers übertragen werden.

2.5. Nach dem Wortlaut des Anspruchs 1 gehen die Befestigungsstreifen von den Bändern oberhalb des Tragbandes aus. Unter diesen Befestigungsstreifen sind separate Befestigungselemente zu verstehen, die jeweils ein mit der Kalotte verbundenes Ende aufweisen, welches Ende sich vom Ende eines Noppen tragenden Bandes unterscheidet.

3. Einspruchsgründe

3.1. Im Schreiben vom 19. April 1996 hat die Beschwerdeführerin in bezug auf ein im Anspruch 1 enthaltenes Merkmal Einwände erhoben, die sich auf einen Einspruchsgrund beziehen, welcher nicht im ursprünglich eingereichten Einspruch erwähnt wurde. Insbesondere hat die Beschwerdeführerin das Merkmal, nach welchem "die Enden der Befestigungsstreifen fest mit der Helmkalotte so verbunden sind, daß der Tragkorb über die Noppen an der Innenseite der Helmkalotte anliegt", im Hinblick auf Artikel 100 b) EPC beanstandet.

Wie die Kammer bereits im Bescheid gemäß Artikel 110 (2) EPÜ vom 7. Februar 1997 ausgeführt hat, wäre die Einführung dieses neuen Einspruchsgrundes - im Hinblick auf die Stellungnahme der Großen Beschwerdekammer im Fall G 10/91, ABl. EPA 1993, 420 (vgl. Abschnitt 18, Stellungnahme, Abschnitt 3) nur dann zulässig gewesen, wenn die Patentinhaberin sich damit einverstanden erklärt hätte.

Da im vorliegenden Fall kein Einverständnis der Beschwerdegegnerin vorliegt, bleiben Einwände, die über den Einspruchsgrund nach Artikel 100 a) EPÜ hinaus gehen, unberücksichtigt.

3.2. In ihren Schreiben vom 27. März 1997 (siehe Seite 1) hat die Beschwerdeführerin vorgetragen, daß der Einwand, daß das oben genannte Merkmal "keine vollständige Lehre verkörpert" bereits in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung vorgebracht worden sei. Dies gehe insofern auch aus der angefochtenen Entscheidung hervor, als die Einspruchsabteilung dort (siehe Seite 8, 4. Absatz, letzter Satz) vorausgesetzt hat, daß durch die Befestigungsstreifen das Anliegen der Noppen an der Kalotte erzielt wird. Diese Voraussetzung widerspreche insofern der Beschreibung und Zeichnung des Patentes, als sich daraus eindeutig für den Fachmann ergebe, daß die Noppen allein beim Tragen des Helms durch das Gewicht der Helmschale in Anlage an die Kalotte gebracht werden können.

Abgesehen davon, daß der Einspruchsgrund nach Artikel 100 b) EPÜ weder im Protokoll der mündlichen Verhandlung noch in der angefochtenen Entscheidung irgendwo - sei es explizit, sei es implizit - in Erscheinung tritt, bezieht sich dieser Einwand der Beschwerdeführerin eher auf die Klarheit des Merkmals, nach welchem "die Enden der Befestigungsstreifen fest mit der Helmkalotte so verbunden sind, daß der Tragkorb über die Noppen an der Innenseite der Helmkalotte anliegt", als auf den Einspruchsgrund nach Artikel 100 b) EPÜ.

Dieser Einwand wird daher nur insofern berücksichtigt, als er eine Auslegung des oben genannten Merkmals erforderlich macht. Im Hinblick auf die Ausführung im vorstehenden Abschnitt 2.3.1 kann dieses Merkmals aufgrund des Gesamtinhalts der Patentschrift eindeutig ausgelegt werden.

4. Bemerkungen über die Beweismittel

4.1. Ein militärischer Schutzhelm bzw. eine Bänderanordnung für militärische Schutzhelme ist im angefochtenen Patent (Spalte 1, Zeilen 18 bis 40) und in der ursprünglichen Anmeldung (Seite 1, Zeilen 1 bis 24) beschrieben und als bekannt angegeben.

Aufgrund dieser Angaben ist davon auszugehen, daß ein militärischer Schutzhelm bekannt ist, welcher mit einer Beschüssen wiederstehenden Kalotte und einer an mehreren Punkten fest mit der Helmkalotte verbundenen Bänderanordnung als Innenausstattung versehen ist. Bei diesem Schutzhelm besteht die Bänderanordnung aus einem in normaler Tragposition eines stehenden Helmträgers etwa horizontal umlaufenden ringförmigen Tragband und von einem zentralem Befestigungsstück in der Helmkalotte strahlenförmig ausgehenden Bändern, deren Enden fest mit dem Tragband verbunden sind. Diese Bänderanordnung besteht aus Textilbändern, die im Bereich des Tragbandes mit der Helmkalotte durch Nietung verbunden sind.

4.2. In der Druckschrift D9 werden nicht nur Anforderungen für militärische Schutzhelme dargestellt, sondern wird auch eine Bänderanordnung ("cradle type suspension system") für einen militärischen Schutzhelm beschrieben (Seiten 24 und 26). Diese Bänderanordnung besteht offensichtlich aus einem in normaler Tragposition eines stehenden Helmträgers etwa horizontal umlaufenden ringförmigen Tragband ("circumferential band") und einem Kopfteil ("over the head portion") zur Aufhängung des Schutzhelmes im Abstand vom Kopf. Diese Bänderanordnung, die aus Nylon-Gewebe besteht und an mehreren Stellen mit der Helmkalotte mittels Schrauben verbunden ist, wird aber nicht näher beschrieben.

Der in der Druckschrift D9 beschriebene Schutzhelm entspricht im wesentlichen dem Schutzhelm, welcher im Patent bzw. in der ursprüngliche Patentanmeldung beschrieben ist (siehe den vorstehenden Abschnitt 4.1).

Der Druckschrift D9 ist außerdem die Anforderung zu entnehmen, nach welcher das Aufhängungssystem des Helmes so dimensioniert werden muß, daß ein Kontakt zwischen Helm und Schädel unter jeder Bedingung zu vermeiden ist.

Diese allgemeine Anforderung gilt nicht nur für Aufhängungssysteme der Art "Bänderanordnung" ("craddle type") sondern auch für Aufhängungen der Art "Styropor-Kalotte" ("padded type"). Diese Angabe stellt aber keinen Hinweis auf die Merkmale dar, nach welchen "von den Bändern oberhalb des Tragbandes keine Noppen aufweisende Befestigungsstreifen ausgehen, deren Ende fest mit der Helmkalotte so verbunden sind, daß der Tragkorb über die Noppen an der Innenseite der Helmkalotte anliegt".

4.3. Die Druckschrift D1 bezieht sich offensichtlich nicht auf einen militärischen Schutzhelm. Diese Druckschrift beschreibt einen Schutzhelm mit einer an mehreren Punkten fest (z. B. mittels Schrauben) mit der Helmkalotte verbundenen Bänderanordnung als Innenausstattung, die aus einem in normaler Tragposition eines stehenden Helmträgers etwa horizontal umlaufenden ringförmigen Tragband 2, von einem zentralem Befestigungsstück (Mittelabschnitt 3) in der Helmkalotte strahlenförmig ausgehenden, diagonalen Bändern (Schenkeln 4 bis 7) und einem hinteren Band (Schenkel 8) besteht, dessen Ende fest (mittels eines Schnappverschlusses) mit dem Tragband (2) verbunden ist. Demgegenüber sind die Schenkel (4 bis 7) aber an der Innenseite der Helmkalotte befestigt. Diese Bänderanordnung besteht aus Kunststoff und bildet einen Tragkorb. Alle Bänder, d. h. Tragband (2) und Schenkel (4 bis 8), weisen zur Helmkalotte zeigende angeformte Noppen auf.

4.4. Auch die Druckschrift D4 bezieht sich offensichtlich nicht auf einen militärischen Schutzhelm. Diese Druckschrift beschreibt einen Schutzhelm mit einer an mehreren Punkten (mittels Steckverschlüssen 4) mit der Helmkalotte verbundenen Bänderanordnung als Innenausstattung, bestehend aus einem in normaler Tragposition eines stehenden Helmträgers etwa horizontal umlaufenden ringförmigen Tragband (5) und von einem zentralem Befestigungsstück in der Helmkalotte strahlenförmig ausgehenden, diagonalen Bändern (Schenkel 3), die mit dem Tragband (5) verbunden sind (Verknüpfungen 6). Diese Bänderanordnung besteht aus Kunststoff und bildet einen Tragkorb. Die strahlenförmig verlaufenden Bänder (3) und das Befestigungsstück weisen zur Helmkalotte zeigende angeformte Noppen (7) auf.

4.5. Die Druckschrift D8 (Figur 10) beschreibt einen doppelschaligen Sporthelm der Art "Styropor-Kalotte", d. h. weder einen militärischen Schutzhelm noch einen Helm, dessen Aufhängung als Bänderanordnung ausgebildet ist. Dieser Sporthelm besteht aus einer äußeren Schale (21) und einer inneren Schale (22). Die innere Schale (22) ist auf der Innenseite mit einer Polsteranordnung (26) versehen und weist auf der Außenseite Noppen (25) auf, welche an der Innenseite der äußeren Schale anliegen. Die Befestigung der Innenschale an der Außenschale erfolgt mittels mit der Außenschale integrierten Elementen ("snap projections"), die nicht mit Befestigungsstreifen nach dem Anspruch 1 des angefochtenen Patentes verglichen werden können.

4.6. Die Druckschrift D7 beschreibt einen Sicherheitshelm mit einer Hauptaufhängung (30) und einer Hilfsaufhängung (20). Die Hauptaufhängung ist als Bänderanordnung ausgebildet, die aus einem Tragband (32), strahlenförmig verlaufenden Bändern (42) und einem Mittelstück (48) besteht. Die Befestigung der Hauptaufhängung mit der Kalotte erfolgt mittels U-förmiger Befestigungsstreifen (50), die mit dem Tragband (32) verbunden sind.

Durch diese Befestigungsstreifen wird das Tragband (32) gleichmäßig im Abstand von der Kalotte gehalten, so daß das Tragband bei der Anpassung an die Kopfgröße des Helmträgers zentriert bleibt. Es ist zu bemerken, daß das Tragband sowie alle Bänder dieses Helmes keine Noppen aufweisen.

4.7. Die Druckschrift D6 bezieht sich offensichtlich nicht auf einen militärischen Schutzhelm. Diese Druckschrift beschreibt einen Schutzhelm mit einer an mehreren Punkten (18) mit der Helmkalotte verbundenen Bänderanordnung als Innenausstattung, die aus einem in normaler Tragposition eines stehenden Helmträgers etwa horizontal umlaufenden ringförmigen Tragband (12) und aus von einem zentralem Befestigungsstück ("central portion" 23) in der Helmkalotte strahlenförmig ausgehenden Befestigungsbändern ("connection legs" 25, 26, 45, 46, 35, 36, 55, 56) besteht, deren Ende fest (mittels eines Schnappverschlusses) mit der Kalotte verbunden sind, wobei von den Befestigungsbändern V-förmige Verbindungsbänder ("connection legs" 65, 70 , 71. und 72) ausgehen, die mit dem Tragband verbunden sind. Diese Bänderanordnung besteht aus Kunststoff und bildet einen Tragkorb. Keines der Bänder des Tragkorbes weist Noppen auf.

4.8. Obwohl in der Druckschrift D10 militärische Schutzhelme erwähnt sind, bezieht sich diese Druckschrift auf einen Sporthelm für Radfahrer, "Skate boarders" oder Motorradfahrer (siehe Spalte 2, Zeilen 39 bis 43). Dieser Sporthelm ist mit einer Kalotte versehen, an deren Innenseite elastische Noppen angebracht sind. Die Noppen können als Einheit hergestellt und angebracht werden.

4.9. Die Druckschrift D11 wurde eingereicht um zu beweisen, daß die Beschwerdegegnerin nicht nur an militärischen Schutzhelmen interessiert ist, sondern auch Arbeitsschutzhelme herstellt. Diese Druckschrift ist in bezug auf die Merkmale, die den Gegenstand des Anspruchs 1 definieren, nicht relevant.

4.10. Die Kammer stellt fest, daß - abgesehen von der Druckschrift D9 - keine der oben genannten Druckschriften sich explizit auf einen militärischen Schutzhelm bezieht.

5. Neuheit

Der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 ist neu im Sinne von Artikel 54 EPÜ. Die Neuheit wurde während des Beschwerdeverfahrens nicht bestritten.

6. Der nächstkommende Stand der Technik

6.1. Es geht eindeutig aus der Beschreibung des angefochtenen Patents bzw. der ursprünglichen Anmeldung hervor, daß die Erfindung das Ergebnis der Weiterentwicklung eines militärischen Schutzhelms ist. Im vorliegenden Fall sollte daher zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit ein militärischer Schutzhelm als nächstkommender Stand der Technik gewählt werden (siehe hierzu die Entscheidung T 570/91, Abschnitt 4, insbesondere Abschnitt 4.4 und T 439/92, Abschnitt 6, insbesondere Abschnitt 6.2.4).

6.2. Die Wahl eines militärischen Schutzhelms als nächstkommender Stand der Technik bedeutet nicht, daß Druckschriften, die Schutzhelme anderer Art (z. B. Arbeitsschutzhelme) beschreiben, nicht dem Wissen des Fachmanns zuzuordnen sind.

Im vorliegenden Fall stellen die Angaben im Patent, die sich auf einen bekannten militärischen Schutzhelm beziehen (siehe den vorstehenden Abschnitt 4.1) - im Rahmen des Aufgabe-Lösung-Ansatzes, der bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit von den Beschwerdekammern angewendet wird - die primäre Informationsquelle dar, d. h. den meist versprechenden Ausgangspunkt, von welchem aus der Fachmann versucht, zu dem beanspruchten Gegenstand zu gelangen.

Die weiteren Druckschriften (z. B. die Druckschriften D1, D9) können wichtige sekundäre Informationsquellen darstellen, welchen der Fachmann im Hinblick auf die zu lösende Aufgabe Hinweise bzw. Anregung zur Lösung entnehmen könnte.

6.3. Die Kammer kann aber nicht dem Argument der Beschwerdeführerin folgen, nach welchem der Offenbarungsgehalt der Druckschriften D1 und D9 zusammengefaßt als nächstkommender Stand der Technik zu betrachten sei, weil es beim Vergleich des beanspruchten Gegenstands mit dem Stand der Technik sowohl zur Untersuchung der Neuheit als auch zur Bestimmung des nächstkommenden Stands der Technik grundsätzlich nicht zulässig ist, unterschiedliche Gegenstände des Stands der Technik zu kombinieren. Dieser Vergleich setzt voraus, daß als Stand der Technik ein bestimmter, einheitlicher Gegenstand aufgrund der vorhandenen, der Öffentlichkeit zugänglichen Informationen identifiziert wird.

Beim Vorbringen dieses Arguments hat sich die Beschwerdeführerin auf die Entscheidung T 176/89 (unveröffentlicht) gestützt. In dieser Entscheidung wurden zur Identifizierung des nächstkommenden Stands der Technik zwei Dokumente ausnahmsweise in Verbindung miteinander gelesen ("exceptionally read togehter"), weil sie demselben Patentinhaber gehörten, im wesentlichen dieselben Erfinder hatten und sich offenbar auf dieselben Untersuchungen bezogen (siehe Abschnitt 5.1). Die Entscheidungen T 12/81, T 332/87, T 666/89 und T 95/90, auf welche die Beschwerdeführerin auch hingewiesen hat, beziehen sich offensichtlich auf die Möglichkeit, verschiedene Teile desselben Dokuments zu kombinieren, um eine dort offenbarte technische Lehre zu identifizieren.

Da es sich aber im vorliegenden Fall um unterschiedliche Druckschriften (D1 und D9) handelt, die sich auf völlig unterschiedliche Gegenstände beziehen ohne irgendwelche explizite (Erwähnung) oder implizite (Erfinder, Patentinhaber, Erfindung) Verweise aufeinander sind die oben genannten Entscheidungen für den vorliegenden Fall nicht maßgebend, und kann daher, wie bereits angedeutet, in diesem spezifischen Fall einer solchen Zusammenfassung der Druckschriften zur Bestimmung eines nächstkommenden Stands der Technik nicht zugestimmt werden.

7. Aufgabe und Lösung

7.1. Von einem militärischen Schutzhelm nach dem nächstkommenden Stand der Technik (siehe den vorstehenden Abschnitt 4.1) unterscheidet sich der Gegenstand des Anspruchs 1 durch die folgenden Merkmale:

(a) Die Bänderanordnung besteht aus Kunststoff und bildet einen Tragkorb,

(b) alle Bänder des Tragkorbes weisen zur Helmkalotte zeigende angeformte Noppen auf,

(c) von den Bändern oberhalb des Tragbandes gehen Befestigungsstreifen aus, die keine Noppen aufweisen,

(d) die Enden der Befestigungsstreifen sind fest mit der Helmkalotte so verbunden, daß der Tragkorb über die Noppen an der Innenseite der Helmkalotte anliegt,

(e) zwei benachbarte strahlenförmige verlaufende Bänder sind durch wenigstens ein Verbindungsband miteinander verbunden,

(f) die strahlenförmig verlaufenden Bänder weisen etwa die Breite der hohl ausgebildeten Noppen auf.

7.2. Das Merkmal (a) bewirkt, daß die Bänderanordnung zu einer stabilen Einheit wird, so daß der Kontakt des Schädels mit der Kalotte - im Vergleich zu einer Bänderanordnung aus Textilbändern - unwahrscheinlicher ist.

Das Merkmal (b) bewirkt die Dämpfung der Schlagenergie.

Die Merkmale (c) und (d) bewirken, daß der Tragkorb stets im Abstand von der harten Helmkalotte bleibt, so daß die Schlagenergie - sogar die, die seitlich ausgeübt wird - nicht unmittelbar auf den Schädel des Helmträgers übertragen, sondern durch die Noppen gedämpft wird.

Das Merkmal (e) dient nicht nur zur Stabilität des Tragkorbes, sondern unterstützt auch die Dämpfungswirkung, insofern als die Verbindungsstreifen mit Noppen versehen sind (siehe Patent, Spalte 3, Zeilen 31 bis 39).

Durch das Merkmal (f) wird die Dämpfungswirkung optimiert, ohne das Gewicht des Tragkorbes stark zu erhöhen (siehe Spalte 3, Zeilen 40 bis 47).

7.3. Im vorliegenden Fall wirken die unterscheidenden Merkmale miteinander zusammen. Besonders die Merkmale (c) und (d) unterstützen sich zum Erzielen einer allseitigen Stoßdämpfung. Nämlich: da die Befestigungsstreifen nicht mit Noppen versehen sind, können die seitlichen Schläge im Bereich der Befestigungspunkte nicht unmittelbar auf den Schädel des Helmträgers übertragen werden, sondern werden durch die Noppen gedämpft, die am Tragkorb - oberhalb und unterhalb der Verbindungsstelle der Befestigungsstreifen an den Bändern - angebracht sind und an der Innenseite der Helmkalotte anliegen.

8. Erfinderische Tätigkeit

8.1. Es ist zuerst festzustellen, daß die im Abschnitt III genannten, den Stand der Technik darstellenden Druckschriften (siehe den vorstehenden Abschnitt 4) weder auf die Problematik der Energiedämpfung bei seitlicher Schußeinwirkung hinweisen noch separate Befestigungsstreifen beschreiben, die keine Noppen aufweisen und von einem mit an der Innenseite der Kalotte anliegenden Noppen versehenen Tragkorb ausgehen.

Daher findet der Fachmann im Stand der Technik keine Anregung bzw. keinen Hinweis, die bzw. der zu der Lösung der zu lösenden technischen Aufgabe führen kann.

8.2. Der Druckschrift D9 ist zwar die Anforderung zu entnehmen, nach welcher das Aufhängungssystem des Helmes so dimensioniert werden muß, daß ein Kontakt zwischen Helm und Schädel unter jeder Bedingung zu vermeiden ist (siehe insbesondere Seite 26, 3. Absatz).

Diese allgemein formulierte Anweisung stellt aber keinen konkreten Hinweis auf die Merkmale dar, nach welchen "von den Bändern oberhalb des Tragbandes keine Noppen aufweisende Befestigungsstreifen ausgehen, deren Ende fest mit der Helmkalotte so verbunden sind, daß der Tragkorb über die Noppen an der Innenseite der Helmkalotte anliegt".

8.3. In ihrem Schreiben vom 27. März 1997 hat die Beschwerdeführerin vorgetragen, daß bei dem in der Druckschrift D1 beschriebenen Schutzhelm "die als Befestigungsstreifen dienenden Enden der Schenkel (4 bis 7) des Tragkorbes ebenfalls keine Noppen tragen" und daß diese Anordnung ebenfalls die Wirkung des Patentgegenstands habe, da sie zur Aufnahme von seitlichen Stößen auch im Bereich der Befestigung des Tragkorbes geeignet sei (siehe insbesondere Seite 4 und 5). Sie hat außerdem vorgetragen, daß die Druckschrift D1 die Lösungsmittel für die Weiterentwicklung des militärischen Schutzhelms gemäß dem nächstkommenden Stand der Technik (siehe insbesondere den die Seiten 7 und 8 überbrückenden Absatz) vorgebe.

Die Kammer kann diesem Argument nicht folgen, denn der Endteil jedes der Schenkel (4 bis 7) des Schutzhelms gemäß der Druckschrift D1 - obwohl er der Befestigung des Tragkorbes mit der Kalotte dient - kann nicht als separater Befestigungsstreifen betrachtet werden, der ein mit der Kalotte verbundenes Ende aufweist, das von einem fest mit dem Tragband verbundenen und Noppen tragenden Band ausgeht und sich vom Ende dieses Bandes unterscheidet (siehe hierzu den vorstehenden Abschnitt 2.5). Daher basiert dieses Argument der Beschwerdeführerin offensichtlich auf einer ex post facto-Analyse der Druckschrift D1 in bezug auf das im Abschnitt 7.1 erwähnte Merkmal (c).

8.3.1. Darüber hinaus, selbst wenn der Fachmann den Schutzhelm nach der Druckschrift D1 als einen nicht nur mit den Merkmalen (a) und (b) sondern auch mit dem Merkmal (c) versehenen Schutzhelm betrachtete, würde er aufgrund der Kombination der Druckschrift D1 mit dem nächstkommenden Stand der Technik nicht zur beanspruchten Lösung kommen, welche voraussetzt, daß der Tragkorb über die Noppen an der Innenseite der Helmkalotte anliegt (Merkmal (d)).

Dem Argument, daß das Merkmal (d) zur Stützung der erfinderischen Tätigkeit nichts beitragen könne, weil die Beschreibung des Patents sich hinsichtlich der Ausführung der Befestigungsstreifen gemäß diesem Merkmal ausschweige, kann die Kammer nicht folgen. Nach Auffassung der Kammer stellt das Merkmal (d) eine klare technische Lehre dar. Dem gesamten Inhalt des Patents kann der Fachmann z. B. die Information entnehmen, daß die vorderen Befestigungsstreifen durch Nieten an der Helmkalotte befestigt werden können, sich schräg nach hinten zu den Befestigungspunkten zeigend erstrecken (siehe Spalte 4, Zeilen 17 bis 22) und es ermöglichen, daß die Noppen an den Innenseiten der Helmkalotte anliegen (siehe Spalte 4, Zeilen 42 bis 43).

8.4. In ihren Schreiben vom 26. Juli 1995 und 19. April 1996 hat die Beschwerdeführerin die erfinderische Tätigkeit des Gegenstands des Anspruchs 1 - ausgehend entweder von der Druckschrift D1 oder von der Druckschrift D4 - aufgrund einer mosaikartigen Betrachtung von mehreren der im Abschnitt III genannten Druckschriften beanstandet.

Eine solche Beanstandung ist unbegründet, und zwar nicht nur wegen der Wahl des Ausgangspunkts (siehe den vorstehenden Abschnitt 6.1), sondern auch wegen des Fehlens eines Hinweises auf die zu erzielende Wirkung (siehe den vorstehenden Abschnitt 8.1). Selbst wenn man bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit die Druckschrift D1 bzw. D4 als nächstkommenden Stand der Technik betrachtete, ergäbe sich für den Fachmann kein logischer Weg, der ihn in naheliegender Weise zur beanspruchten Lösung führen würde.

8.5. Der Gegenstand des Anspruchs 1 ergibt sich somit für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik (Artikel 56 EPÜ).

9. Das Patent hat daher Bestand und kann aufgrund des unabhängigen Anspruchs 1 und der abhängigen Ansprüche 2 bis 9, welche besondere Ausführungsarten der im Anspruch 1 definierten Erfindung darstellen, aufrechterhalten werden.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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