T 0467/93 () of 13.6.1995

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1995:T046793.19950613
Datum der Entscheidung: 13 Juni 1995
Aktenzeichen: T 0467/93
Anmeldenummer: 85116064.8
IPC-Klasse: B65D 1/24
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Flaschenkasten
Name des Anmelders: Schoeller-Plast AG, et al
Name des Einsprechenden: Stucki Kunststoffwerk und Werkzeugbau GmbH
NORKUN Norddeutsche Kunststoffverarbeitung GmbH
WAVIN B.V.
OBERLAND PLASTIC GMBH
Kammer: 3.2.04
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 105
European Patent Convention 1973 Art 107
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (bejaht)
Beitritt des vermeintlichen Patentverletzers
Beschwerdeberechtigung - Beschwer (bejaht)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
G 0001/94
T 0234/86
T 0392/91
T 0793/91
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 0886/96
T 0989/96
T 1001/97
T 1026/98
T 1007/01

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) hat gegen die am 28. April 1993 zur Post gegebene Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung über die Fassung, in der das Patent Nr. 0 208 020 in geändertem Umfang aufrechterhalten werden kann, die am 19. Mai 1993 eingegangene Beschwerde eingelegt und gleichzeitig die Beschwerdegebühr entrichtet. Die Beschwerdebegründung ist am 3. August 1993 eingegangen.

Am Einspruch waren drei Einsprechende (Einsprechende I, II, III) beteiligt. Mit dem Einspruch war das gesamte Patent im Hinblick auf Artikel 100 a) EPÜ angegriffen worden. Es wurden auch Einwände zu Artikel 100 c) EPÜ vorgebracht (Einsprechende II).

Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, daß die Einspruchsgründe der Aufrechterhaltung des Patents gemäß einem Hilfsantrag II der Patentinhaberin nicht entgegenstünden.

In ihrer Entscheidung hat die Einspruchsabteilung folgende Druckschriften zum Stand der Technik berücksichtigt:

(D1) US-A-2 830 729

(D2) Missets PAKBLAD 4 - April 1985 Seite 30, 31

(D3) BE-A-898 716

(D4) EP-B-15 097

(D5) DE-B-1 259 770

(D6) DE-U-7 819 399

II. Mit dem am 14. Juli 1993 eingegangenen Schriftsatz hat die Oberland Plastic GmbH (Einsprechende IV) ihren Beitritt zum Einspruchsverfahren erklärt und gleichzeitig die Einspruchsgebühr bezahlt. Sie legte die Ablichtung einer Klageschrift mit dem Datum 28. April 1993 (und einer mit 12. Mai 1993 datierten Postzustellung) vor, nach der sie von der Patentinhaberin vor dem Landgericht München I wegen unter anderem Verletzung des vorliegenden angefochtenen Patents verklagt worden ist.

III. Auf eine Mitteilung der Beschwerdekammer hat die Beschwerdeführerin neue Ansprüche 1 als Haupt- und Hilfsanträge eingereicht.

IV. Am 13. Juni 1995 fand eine mündliche Verhandlung statt, bei der für die Beschwerdegegnerinnen II und III trotz ordnungsgemäßer Ladung niemand anwesend war. Das Verfahren wurde gemäß Regel 71 (2) EPÜ ohne sie fortgesetzt.

Während der mündlichen Verhandlung hat die Beschwerdeführerin einen neuen Anspruch 1, neue Beschreibungsteile und neue Zeichnungen als Hauptantrag vorgelegt. Die Fassung des Anspruches 1 des Hauptantrages lautet wie folgt:

"Hochbord-Flaschenkasten aus Kunststoff mit einem Kastenboden (2), Kastenecken (12) und sich zwischen den Kastenecken (12) erstreckenden Seitenwänden (14), die Werbeflächen (16) bilden, mit einer im Kasteninneren befindlichen Facheinteilung (4) und in Seitenwänden ausgebildeten Grifföffnungen (20), deren oberer Griffrand (22) als L-artiges Profil mit nach innen weisendem Querflansch (26) ausgebildet ist, wobei die Seitenwand (14) gegenüber der Innenseite des Griffrandes (22) nach außen versetzt ist, dadurch gekennzeichnet, daß zur Bildung eines stapelbaren, stabilen Kastens mit minimal zerklüfteter Kastenaußenfläche der Kasten säulenartige Kastenecken (12) nach Art von doppelwandigen Eckausbildungen (8, 10) aufweist, am oberen Kastenrand derart ein Wulst (30) umlaufend vorgesehen ist, daß der Wulst (30) längs der gegenüber den äußeren Wänden (8) der Kastenecken etwas zurückgesetzten Werbefläche (16) der Seitenwände (14) verläuft und fluchtend in die äußeren Wände (8) der Kastenecken übergeht, und die Griffränder (22) seitlich von vertikalen, in das Kasteninnere gerichteten Stützstegen (28) begrenzt sind."

An diesen Anspruch 1 schließen sich gemäß dem Hauptantrag die Ansprüche 2 bis 5 in der erteilten Fassung an.

V. Die Beschwerdeführerin hat im Hinblick auf das Merkmal, das die minimal zerklüftete Kastenaußenfläche betrifft, vorgetragen, daß beim beanspruchten Flaschenkasten lediglich der am oberen Kastenrand umlaufende Wulst, wie er im Anspruch 1 definiert ist, die Außenwände der Kastenecken und Überstände am Kastenboden, gegenüber den die Werbeflächen bildenden Seitenwänden hervortreten. Ein nach außen hervortretender Wulst um die Grifföffnungen ist nicht beabsichtigt. Die Teile des erteilten Patents, die einen derartigen Wulst zeigten, führten zu einer Auslegung des im Anspruch 1 angegebenen L-artigen Profils, die mit dem Erfindungsgedanken vorliegenden Patents nicht zu vereinbaren sei und sollten daher gestrichen werden.

Die Beschwerdeführerin hat weiterhin vorgebracht, daß beim angefochtenen Patent lediglich die Kastenecken doppelwandig ausgebildet seien, nicht jedoch die dazwischen liegenden Seitenwände. Eine doppelwandige Ausbildung der Seitenwände sei im Patent weder angegeben noch beabsichtigt. Auch sei im Hinblick auf die Facheinteilung keine Besonderheit, die über die konventionelle Art hinausgeht, angegeben und beabsichtigt.

Nächstkommender Stand der Technik sei der Flaschenkasten nach der Druckschrift D1, der einwandig und mit einer minimal zerklüfteten Kastenaußenfläche ausgebildet ist, eine konventionelle Facheinteilung enthält und einen oberen Griffrand mit einem L-artigen Profil mit nach innen weisenden Querflansch aufweist.

Die Druckschriften D2 und D4 offenbarten einander ähnliche doppelwandig ausgebildete Flaschenkästen, bei welchen die Werbeflächen nicht gegenüber den äußeren Wänden der Kastenecken etwas zurückgesetzt seien. Die Druckschrift D3 zeige einen Flaschenkasten mit zerklüfteten Seitenwänden und der Flaschenkasten nach der Druckschrift D5 sei an den Ecken einwandig ausgebildet. Diese Druckschriften gäben keine Anregung, die zu dem Flaschenkasten nach Anspruch 1 des Hauptantrages führen könnten. Die Druckschrift D6 betreffe einen Minikasten mit einer speziell dafür vorgesehenen Facheinteilung und einem Handgriff in der Mitte des Flaschenkastens. Durch die Handgriffbefestigung und die spezielle Facheinteilung, sei eine im Inneren des Flaschenkastens angebrachte Verstrebung erforderlich, die gegenüber dem Flaschenkasten des angefochtenen Patents einen anderen Aufbau der Kastenaußenfläche erforderlich mache. So sei es bei diesem bekannten Flaschenkasten erforderlich den Griffrand mit einem nach außen weisenden Querflansch auszubilden und um die Grifföffnungen äußere Versteifungsrippen vorzusehen. Eine minimal zerklüftete Kastenaußenfläche sei daher nicht möglich. Auch diese Druckschrift D6 könne nicht zum Flaschenkasten nach Anspruch 1 des Hauptantrages führen.

Die Beschwerdeführerin hob hervor, daß es infolge der durch den Gesamtaufbau eines Kastens gegebenen Stabilität nicht naheliegend sei, wahlweise Merkmale aus bekannten Kästen herauszunehmen und sie in andere bekannte Kästen einzusetzen. Zu einer derartigen Kombination müßte eine Anregung erkennbar sein, die in den angeführten Druckschriften jedoch nicht angegeben sei.

VI. Die Beschwerdegegnerin I (Einsprechende I) hat zunächst angeführt, daß es nicht zulässig sei die Teile aus der Patentschrift zu streichen, die einen nach außen gerichteten Wulst um die Grifföffnungen zeigen, da diese Teile, insbesondere die Zeichnungen 1c und 1d, den beanspruchten Flaschenkasten betreffen würden. Sie wies hierzu auf die erteilte Beschreibung Spalte 3, Zeilen 32 bis 35 ("solchen") hin.

Als nächstkommenden Stand der Technik sieht die Beschwerdegegnerin I die Druckschrift D6 an. Der Flaschenkasten nach Anspruch 1 des Hauptantrages unterscheide sich von diesem bekannten Flaschenkasten nur durch den nach innen weisenden Querflansch des oberen Griffrandes. Wie in Figur 1 aus dem Verlauf der Rippe 58, die vor der Seitenwand ende, zu erkennen sei, weise der bekannte Kasten bereits Stützstege neben den Grifföffnungen auf, die in das Kasteninnere gerichtet seien. Auch in den Figuren 2 und 3 der Druckschrift D6 seien diese Stützstege zu sehen. Es spiele dabei keine Rolle ob diese Stützstege Teile der Eckausbildungen seien, da der Fachmann daraus erkennen könne, daß es erforderlich ist, neben den Handgriffen Stützstege vorzusehen. In diesem Zusammenhang wies die Beschwerdegegnerin I auch auf die Beschreibung der Druckschrift D6, Seite 9 unten bis Seite 10, Zeile 2, hin. Bei einer Anordnung der Grifföffnungen in einer längeren Seitenwand würde der Fachmann daher neben den Grifföffnungen zusätzlich nach innen ragende Rippen vorsehen. Dies sei auch durch die Ausbildung des Kastens nach der Druckschrift D5 bestätigt, bei dem ebenfalls neben den Grifföffnungen nach innen ragende Rippen vorgesehen sind.

Der innere Handgriff des Minikastens nach der Druckschrift D6 sei für die Ausbildung der Außenwände nicht von Bedeutung. Wenn der Fachmann beabsichtige einen Kasten mit glatter Außenfläche auszubilden, so würde er die nach außen ragenden Rippen des Kastens der Druckschrift D6 nach innen verlegen. Die Druckschrift D1, aus der ein Flaschenkasten mit glatten Außenwänden und einem nach innen gerichteten Querflansch am oberen Griffrand bekannt ist, würde hierzu eine Anregung geben. Die Verlegung des Griffrandes nach innen habe für die Stabilität des Kastens keinen Bedeutung, sondern diene lediglich dazu den Griffrand angenehmer in der Hand des Trägers liegen zu lassen.

Der Flaschenkasten des Anspruches 1 des Hauptantrages sei daher nicht erfinderisch.

VII. Die Beschwerdegegnerin III (Einsprechende III) hat im schriftlichen Verfahren zu den dort gültigen Ansprüchen vorgebracht, daß die Druckschrift D2 einen Flaschenkasten gemäß dem Oberbegriff des Anspruches 1 offenbare und zusätzlich säulenartige Kastenecken nach Art von doppelwandigen Eckausbildungen zeige. Sie sieht auch die Druckschrift D3 als wesentlich an. Im Hinblick auf die nach innen gerichteten Stützstege verweist sie auf die Druckschrift D5.

VIII. Die Beschwerdegegnerin IV (Beitretende) sieht als nächstkommenden Stand der Technik den Flaschenkasten nach der Druckschrift D2 an, der in der Druckschrift D4, die sich mit einer ähnlichen Kastenausbildung befasse, näher erläutert sei. Die Druckschriften D2 und D4 müßten gemeinsam betrachtet werden. Der gemäß der Druckschrift D2 nach innen gerichtete Querflansch am oberen Griffrand einerseits und der nach der Druckschrift D4 nach außen gerichtete Querflansch andererseits zeigten, daß eine Umkehrung der Richtung dieses Querflansches eine einfache bauliche Maßnahme betreffe. Eine doppelwandige Ausbildung der Seitenwände sei nur teilweise gegeben. So sei aus der Abbildung auf Seite 31 der Druckschrift D2 zu sehen, daß nur einzelne Teile der Seitenwand doppelwandig ausgebildet sind. Auch bei dem Kasten nach der Druckschrift D4 seien die Seitenwände in dem Bereich, wo die Flaschen eingesetzt werden, einwandig ausgebildet.

Aus der Druckschrift D2 seien sämtliche Merkmale des Oberbegriffes des angefochtenen Anspruches 1 bekannt. Daraus sei eindeutig zu erkennen, daß die Seitenwand gegenüber der Innenseite des Griffrandes nach außen versetzt ist. Die doppelwandige Ausbildung der Kastenecken sei in der Druckschrift D4 klar gezeigt. Zudem weise dieser bekannte Flaschenkasten, neben den Grifföffnungen nach innen weisende Rippen auf. Ein am oberen Kastenrand umlaufender Wulst sei aus der Druckschrift D4 zu sehen. Dieser Wulst sei in der Druckschrift D2 deshalb nicht zu erkennen, da der Übergang zu den Seitenflächen über einen großen Radius erfolge, wie die Figur 3 der Druckschrift D4 zeige. Damit seien sämtliche wesentliche Merkmale des angefochtenen Anspruches 1 aus den Druckschriften D2 und D4 bekannt. Die gegenüber den Außenwänden der Kastenecken zurückgesetzte Ausbildung der Seitenwände und die Ausbildung des Wulstes derart, daß er in die Außenwände der Kastenecken fluchtend übergeht, seien im Hinblick auf die Druckschrift D6 für den Fachmann naheliegend, da sie dort bereits gezeigt sind.

Der Flaschenkasten des Anspruches 1 des Hauptantrages sei daher nicht erfinderisch.

IX. Anträge

Die Beschwerdeführerin beantragte, die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents gemäß dem Hauptantrag wie überreicht während der mündlichen Verhandlung. Hilfsweise beantragte sie die Aufrechterhaltung des Patents gemäß Anspruch 1 (Hilfsantrag I), eingereicht mit Schreiben vom 17. Mai 1995.

Die Beschwerdegegnerinnen I und IV (Einsprechende I und IV) beantragten in der mündlichen Verhandlung die Zurückweisung der Beschwerde. Dies beantragte auch die Beschwerdegegnerin III (Einsprechende III) in dem der mündlichen Verhandlung vorangegangenen schriftlichen Verfahren.

Die Beschwerdegegnerin II (Einsprechende II) hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

1. Zulässigkeit

Die Beschwerde ist zulässig. Zu dem Einwand der Beschwerdegegnerin I, die Beschwerdeführerin sei nicht beschwert, da in der Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung dem Hilfsantrag II stattgegeben worden sei, ist festzustellen, daß den im Rang dem Hilfsantrag II vorangegangenen Anträgen nicht stattgegeben worden ist und die Patentinhaberin dadurch beschwert ist (vgl. T 234/86, ABl. EPA, 1989, 79; T 392/91 und T 793/91).

2. Beitritt

Der Beitritt zum Einspruchsverfahren wurde innerhalb der in Artikel 105 EPÜ festgesetzten Frist, nach dem Tag erklärt, an dem die Verletzungsklage erhoben worden ist. Der Beitritt wurde schriftlich erklärt und begründet. Die Einspruchsgebühr wurde entrichtet. Der Beitritt wurde erklärt nachdem die Beschwerdeführerin Beschwerde eingelegt hatte. Im Hinblick auf die Entscheidung G 1/94 (ABl. EPA, 1994, 787) ist der Beitritt zulässig.

3. Änderungen der Unterlagen (Artikel 123 (2) und (3) EPÜ)

3.1. Ansprüche 1 bis 5 (Hauptantrag)

Die Überprüfung durch die Kammer hat ergeben, daß die in den Ansprüchen 1 bis 5 angegebenen Merkmale in den ursprünglich eingereichten Unterlagen offenbart sind (Art. 123 (2) EPÜ). Die nach der Patenterteilung in den Anspruch 1 eingefügten Merkmale schränken den Schutzbereich des Anspruches 1 gegenüber der erteilten Fassung ein (Artikel 123 (3) EPÜ.

Dies wurde durch die Parteien nicht in Frage gestellt.

3.2. Beschreibung und Zeichnungen (Hauptantrag)

Der Inhalt der Beschreibung und die Zeichnungen sind in den ursprünglichen Unterlagen offenbart. Die Streichung der Zeichnungen und Beschreibungsteile des erteilten Patentes, die während der mündlichen Verhandlung vorgenommen wurde, ist zulässig. Dadurch wird eine eindeutige Auslegung des L-artigen Profils des Griffrandes erreicht sowie eine Beschränkung der durch die Beschreibung und den Figuren ermöglichten Auslegung. Dieses L-artige Profil, das sich auf den unteren Bereich des Griffrandes bezieht, soll nach Angabe der Beschwerdeführerin keinen nach außen gerichteten Wulst aufweisen. Ein derartiges Profil ist eindeutig in den Figuren 1a, 1b und 2b des erteilten Patentes gezeigt. Die Figuren 1c und 1d betreffen nicht "denselben Kasten" wie die Figuren 1a und 1b, sondern einen ähnlichen säulenartig stapelbaren Kasten, was durch die Angabe "eines solchen Kastens" in Spalte 3, Zeile 33, zum Ausdruck kommt. Durch die Streichung der Ausführungsbeispiele, die im Bereich des Griffrandes einen nach außen gerichteten Wulst erkennen lassen, ist die L-Form im unteren Bereich des Griffrandes eindeutig definiert und auf die in Figur 1a gezeigte Form beschränkt. Die Patentinhaberin hat das Recht den Schutzbereich auf eine spezifische, offenbarte Ausführungsform zu beschränken.

3.3. Die Unterlagen des Hauptantrages verstoßen daher nicht gegen Artikel 123 (2) und (3) EPÜ.

4. Neuheit (Hauptantrag)

Der Flaschenkasten nach Anspruch 1 des Hauptantrages ist gegenüber den Flaschenkästen nach den Druckschriften D2 und D4 schon deshalb neu, weil dort die Werbefläche der Seitenwände nicht gegenüber den äußeren Wänden der Kastenecken etwas zurückgesetzt ist. Auch geht der in den Figuren 2 und 3 der Druckschrift D4 gezeigte am oberen Kastenrand umlaufende Wulst nicht fluchtend in die äußeren Wände der Kastenecken über. Diese Merkmale sind auch nicht aus den Druckschriften D3 und D5 bekannt. Die Druckschrift D6 betrifft einen Minikasten für 10. Flaschen. Bei diesem Kasten ist der Querflansch des oberen Griffrandes nach außen gerichtet und unterscheidet sich schon dadurch vom Flaschenkasten nach Anspruch 1 des Hauptantrages. Bei dem Kasten nach der Druckschrift D1 fehlen die im kennzeichnenden Teil des angefochtenen Anspruches 1 angegebenen Merkmale.

Der Flaschenkasten nach dem Anspruch 1 des Hauptantrages ist daher neu im Sinne des Artikels 54 EPÜ.

5. Nächstkommender Stand der Technik

Die Kammer sieht in Übereinstimmung mit der Beschwerdeführerin den mit der Druckschrift D1 bekanntgewordenen Stand der Technik als nächstkommend an. Der von der Beschwerdegegnerin I als nächstkommend betrachtete, aus der Druckschrift D6 bekannte Stand der Technik, betrifft einen Minikasten mit einem inneren Handgriff. Dieser Stand der Technik befaßt sich im wesentlichen mit der Ausbildung einer speziellen Facheinteilung und nicht mit der Ausbildung der Außenwände. Die Weiterbildung eines derartigen Minikastens würde die mit einem Minikasten verbundene Problematik berücksichtigen und wiederum zu einem Minikasten mit einer speziellen Facheinteilung führen. Die von den Beschwerdegegnerinnen III und IV als nächstkommend angesehene Druckschrift D2 und die einen der Druckschrift D2 ähnlichen Kasten betreffende Druckschrift D4 offenbaren doppelwandige Flaschenkästen, die einen anderen strukturellen Aufbau aufweisen als ein Kasten, bei dem lediglich die Ecken doppelwandig ausgebildet sind. Um dort die zwischen den Ecken angeordneten Seitenwände einwandig auszubilden, wären im Hinblick auf die Stabilität der Kästen beachtliche Änderungen erforderlich, zu welchen bei diesen doppelwandigen Ausbildungen keine Veranlassung erkennbar ist.

6. Aufgabe und Lösung (Hauptantrag)

6.1. Aufgabe

Im Hinblick auf den aus der Druckschrift D1 bekanntgewordenen Stand der Technik ist die Aufgabe darin zu sehen, einen Kasten zu schaffen, der einfach, stabil und robust aufgebaut ist und somit, unter Beibehaltung einer minimal zerklüfteten Außenfläche, die Stapelbarkeit verbessert ist und bei dem die Gefahr einer Beschädigung der Werbeflächen herabgesetzt ist.

6.2. Lösung

Die verbesserte Stapelbarkeit wird bei dem Kasten nach dem Anspruch 1 des Hauptantrages durch die doppelwandigen Eckausbildung und dem am oberen Kastenrand verlaufenden Wulst erreicht. Die gegenüber den äußeren Wänden der Kastenecken etwas zurückgesetzten Werbeflächen der Seitenwände verringern die Gefahr einer Beschädigung der Werbeaufschrift, wenn Flaschenkästen aneinanderstoßen. Durch die nach innen gerichteten vertikalen Stützstege wird bei dem nach innen gerichteten Querflansch des oberen Griffrandes die Stabilität des Kastens erhöht.

7. Erfinderische Tätigkeit (Hauptantrag)

7.1. Die Druckschrift D1, die als nächstkommend betrachtet wird, zeigt zwar einen Flaschenkasten mit minimal zerklüfteten Kastenaußenflächen und einem nach innen weisenden Querflansch am oberen Griffrand, dieser Kasten weist jedoch weder doppelwandige Kastenecken noch einen am oberen Kastenwand verlaufenden Wulst auf, der längs von gegenüber den äußeren Wänden der Kastenecken etwas zurückgesetzten Werbeflächen der Seitenwände verläuft und fluchtend in die äußeren Kastenecken übergeht. Der Fachmann findet also keinen Hinweis in Richtung der beanspruchten Lösung.

7.2. Ein Flaschenkasten, der ähnliche Merkmale aufweist, wie sie im kennzeichnenden Teil des angefochtenen Anspruches 1 angegeben sind, ist zwar aus der Druckschrift D6 bekannt, doch befaßt sich diese Druckschrift D6 im wesentlichen mit der Facheinteilung und der inneren Verstrebung des Kastens sowie mit der Anordnung eines mittigen Traggriffes und zielt auf den Aufbau eines Minikastens ab. Der Fachmann erhält dadurch keine Anregung, Teile der Seitenwände dieses Minikastens auf einen Kasten mit üblicher Facheinteilung zu übertragen, wie er aus der Druckschrift D1 bekannt ist.

Selbst wenn er die Merkmale nach der Druckschrift D6 bei einem Kasten nach der Druckschrift D1 anwenden würde, so kann es nicht als naheliegend angesehen werden, nur die um die Grifföffnungen verlaufenden, nach außen vorstehenden Teile nach innen zu verlegen. Vielmehr wäre zu erwarten, daß er auch die vorstehenden äußeren Wände der Kastenecken bis zu den Werbeflächen zurückversetzt und den am oberen Kastenrand verlaufenden Wulst nach innen verlegt. Es kann auch im Hinblick auf die Stabilität eines Flaschenkastens und im Hinblick auf den Raumbedarf für die Flaschen nicht als naheliegend angesehen werden, insbesondere wenn keine konkreten Hinweise vorliegen, willkürlich Merkmale von Seitenwänden aus einem Flaschenkasten herauszugreifen, der mit speziellen Innenrippen für die Facheinteilung versehen ist, die unter Beachtung einer besonderen Raumeinteilung vorgesehen sind und zugleich als Versteifung für den Kasten und für einen mittigen Handgriff dienen, um diese Merkmale der Außenwände teilweise auf einen anders aufgebauten Kasten mit üblicher Facheinteilung zu übertragen.

7.3. Die Beschwerdekammer kann den Beschwerdegegnerinnen I und IV darin nicht folgen, wenn sie behaupten, die Abbildungen der Druckschrift D6 würden seitlich von den Griffrändern vertikal verlaufende, in das Kasteninnere gerichtete Stützstege zeigen. Die von der Beschwerdegegnerin I angegebene Rippe 58 in Figur 1 ist Teil der inneren Facheinteilung und verläuft nach der Figur 2 (wie dies nicht nur links an der langen Seitenwand, sondern auch links von der Mitte an der hinteren, kurzen Seitenwand zu sehen ist) bis zur Innenseite der äußeren Wand. Die neben den Grifföffnungen in Figur 3 zu sehenden Stege sind Teile der doppelwandigen Kastenecken und keine Stützstege im Sinne des angefochtenen Anspruches 1, die dort zusätzlich zu den Kastenecken angegeben sind, also nicht Teil der Kastenecken sind. Durch die im Anspruch 1 angeführte doppelwandige Eckausbildung einerseits, die selbstverständlich am Übergang zur einwandigen Seitenwand einen Abschlußsteg erfordert und die zusätzlich angegebenen Stützstege andererseits, geht eindeutig hervor, daß diese Stützstege nicht als Teile der Eckausbildung zu betrachten sind.

7.4. Wenn die Druckschrift D6 als Ausgangspunkt für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit genommen wird, müßte der Fachmann nicht nur den Querflansch der oberen Grifföffnung nach innen verlegen sondern auch die vertikalen Stützstege. Eine Anregung zu einer derartige Umbildung dieses Minikastens ist jedoch aus dem vorliegenden Stand der Technik nicht zu entnehmen und auch nicht naheliegend. So weist die Druckschrift D5 einen Weg, einerseits neben den Grifföffnungen nach innen gerichtete Stege vorzusehen, die zugleich als Begrenzung des Eckbereiches dienen (vgl. Patentanspruch 3 der Druckschrift D5), und andererseits einen nach außen gerichteten wulstartigen Griffrand anzuordnen. Die Druckschrift D2 zeigt zwar einen nach innen gerichteten Querflansch am oberen Griffrand, doch ist dort zu erkennen, daß zum Schutz der Werbeschrift um die Werbeflächen ein nach außen weisender Wulst vorgesehen ist. Es ist daher nicht naheliegend bei dem Kasten nach der Druckschrift D6 auf den nach außen weisenden Wulst entlang der Grifföffnung, der mit seinem unteren Teil entlang der Werbefläche verläuft, zu verzichten. Die Druckschrift D4 zeigt einen ähnlichen Kasten wie die Druckschrift D2, bei dem jedoch der Querflansch oberhalb der Grifföffnung nach außen weist und bei dem zudem ein am oberen Kastenrand umlaufender Wulst vorgesehen ist. Auch ist zu bedenken, daß bei dem Minikasten nach der Druckschrift D6 der Raumbedarf für die Flaschenanordnung eine wesentliche Rolle spielt (vgl. Seite 3 der Beschreibung, letzter Absatz und Seite 4 erster Absatz) und daher nach außen weisende Stege nicht einfach nach innen verlegt werden können, da anzunehmen ist, daß sie für die Raumeinteilung und die Flaschenzuführung hinderlich sind.

Der von der Beschwerdegegnerin I genannte Beschreibungsteil (Seite 9, unten bis Seite 10, Zeile 2) der Druckschrift D6 betrifft den außen verlaufenden vertikalen Versteifungssteg entlang der Grifföffnung der Seitenwand und sagt über eine Verlegung nach innen nichts aus.

7.5. Die von der Beschwerdegegnerin IV als nächstkommend angesehenen Druckschriften D2 und D4 betreffen doppelwandige Flaschenkästen, bei welchen lediglich die Doppelwandigkeit durch Öffnungsbereiche in der inneren Wand unterbrochen ist und lediglich in begrenzten Bereichen, vor allem im Bereich (23) oberhalb der Grifföffnung (22), in eine einwandige Ausbildung übergeht. Die Struktur eines derartigen Flaschenkastens ist speziell auf die Doppelwandigkeit ausgerichtet. Bei der Ausführung nach der Druckschrift D2, die auch von der Beschwerdegegnerin III als nächstkommend angesehen wurde, scheinen nach der auf Seite 31 gezeigten Abbildung auch unterhalb der Grifföffnung einteilige Wandabschnitte vorgesehen zu sein, doch betreffen auch diese Wandabschnitte begrenzte Bereiche, die von doppelwandigen Wandteilen umgeben sind. Diese doppelwandigen Wandteile scheinen für die tragende Funktion wesentlich zu sein, wie die Anfügung der Rippe der Facheinteilung an das offensichtlich doppelwandige Mittelteil der Seitenwand zeigt.

Die Behauptung, der Kasten nach der Druckschrift D4 sei im Bereich der Flaschen nicht doppelwandig, kann durch die Kammer nicht so übernommen werden, weil weder die Figuren noch die Beschreibung dafür eine Stütze liefert. Abgesehen davon, daß die Behauptung für den Eckbereich nicht zutrifft, ist sie auch für die lange Seitenwand nicht richtig, wo die Öffnungen (25) so angebracht sind, daß oben und unten immer eine Doppelwandigkeit vorhanden ist (vgl. Spalte 4, Zeilen 47 bis 53). Auch ist durch die eingezeichnete Flasche in Figur 1 (links unten) ersichtlich, daß entlang der Längsseite keine Notwendigkeit besteht in der Doppelwand Raum für die Flaschen zu schaffen.

Weiterhin gibt weder die Druckschrift D2 noch die Druckschrift D4 Vorbild und Anregung den am oberen Rand verlaufenden Wulst so vorzusehen, daß er längs der gegenüber den äußeren Wänden der Kastenecken etwas zurückversetzten Werbefläche der Seitenwände verläuft und fluchtend in die äußeren Wände der Kastenecken übergeht. Da die Werbeflächen bei dem Kasten nach der Druckschrift D2 durch einen umlaufenden Wulst geschützt sind, ist es dort nicht erforderlich sie gegenüber den äußeren Wänden etwas zurückzusetzen. Zu einer Übertragung dieses aus der Druckschrift D6 bekannten, die zurückgesetzte Werbefläche betreffenden Merkmales auf die Kästen nach den Druckschriften D2 und D4 ist keine Anregung gegeben.

7.6. Auch die Druckschrift D3 kann nicht zum Flaschenkasten nach Anspruch 1 des Hauptantrages führen. Der in der Druckschrift D3 beschriebene Kasten weist an den Seiten im wesentliche Quer- und Hochstege auf. Eine minimal zerklüftete Kastenaußenfläche ist nicht erkennbar. Bei diesem bekannten Kasten ist der Querflansch am oberen Griffrand zwar nach innen gerichtet, doch ragt dort auch der am oberen Rand verlaufende Wulst nach innen und verläuft nicht oberhalb der Werbeflächen. Es ist auch hier keine Anregung erkennbar nur Einzelmerkmale herauszugreifen und auf einen anderen Kasten zu übertragen. Bei der in der Druckschrift D3 vorgeschlagenen Griffanordnung könnte ein außen verlaufender Wulst am oberen Kastenrand als störend für ein bequemes Tragen empfunden werden.

7.7. Die Kammer möchte noch darauf hinweisen, daß die Anregung zur Lösung der angegebenen Problematik, die entscheidet, ob etwas im nächstkommenden Stand der Technik geändert werden soll, aus dem Stand der Technik oder aus dem Kenntnisstand des Fachmannes kommen muß, und nicht aus dem Wortlaut des angefochtenen Anspruches. Dieser Patentanspruch sollte also nicht als Leitfaden genutzt werden um festzustellen, daß Merkmale miteinander zusammengefügt werden sollten. Im vorliegenden Fall, zeigen die vorhandenen Druckschriften zwar die unterschiedlichen Teilmerkmale in unterschiedlich zusammengebauten spezifischen Ausführungsformen, die natürlich alle der Notwendigkeit der Stabilität, Tragbarkeit usw. Rechnung tragen. Es gibt aber keine konkreten Hinweise, bestimmte Merkmale gezielt aus einer bestimmten Konstruktion herauszugreifen und diese dann als solche in einer anderen Konstruktion so zu verwenden, daß daraus der beanspruchte Kasten entsteht.

7.8. Der Hochbord-Flaschenkasten nach Anspruch 1 des Hauptantrages erfüllt daher das Erfordernis des Artikels 56 EPÜ.

8. Der Patentanspruch 1 und die auf ihn bezogenen Patentansprüche 2 bis 5 des Hauptantrages sind daher patentfähig im Sinne des Artikels 52 EPÜ. Auf den Hilfsantrag der Beschwerdeführerin braucht daher nicht mehr eingegangen zu werden.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent mit folgender Fassung aufrechtzuerhalten:

Patentansprüche:

1. wie überreicht während der mündlichen Verhandlung am 13. Juni 1995,

2. bis 5 wie erteilt (Patentschrift Nr. 0 208 020);

Beschreibung:

Spalten 1 und 2 wie erteilt (Patentschrift Nr. 0 208 020),

Spalten 3 bis 5 wie überreicht während der mündlichen Verhandlung am 13. Juni 1995;

Figuren: 1a, 1b, 1f, 2a, 2b, wie überreicht während der mündlichen Verhandlung am 13. Juni 1995.

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