T 0044/92 () of 15.4.1994

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1994:T004492.19940415
Datum der Entscheidung: 15 April 1994
Aktenzeichen: T 0044/92
Anmeldenummer: 85905779.6
IPC-Klasse: A61M 29/02
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: B
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Dilatationskatheter
Name des Anmelders: BONZEL, Tassilo
Name des Einsprechenden: C.R. Bard, Inc.
Kammer: 3.2.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 100(c)
European Patent Convention 1973 Art 123
European Patent Convention 1973 R 2(1)
European Patent Convention 1973 R 2(5)
Schlagwörter: Einspruchsgründe - Erweiterung
Änderungen
Kosten für Übersetzung
Opposition grounds - extension of subject-matter
Amendments
Translation - costs
Orientierungssatz:

Wählt der Patentinhaber, der mehrere Vertreter bestellt hat, für eine mündliche Verhandlung zusätzlich zu der Verfahrenssprache eine andere Amtssprache, übernimmt das Europäische Patentamt nicht die Kosten für die Übersetzung (vgl. Ziffer III).

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 0131/07
T 2696/16

Sachverhalt und Anträge

I. Der Beschwerdeführer (Patentinhaber) hat gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit der das Patent Nr. 0 203 945 widerrufen wurde, Beschwerde eingelegt.

Die Einspruchsabteilung war zu der Auffassung gelangt, daß der in Artikel 100 c) EPÜ genannte Einspruchsgrund der Aufrechterhaltung des Patents entgegenstünde und die hilfsweise vorgelegten Patentansprüche im Hinblick auf Artikel 123 (2) EPÜ nicht zulässig seien.

II. Am 9. Februar 1994 erging zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung eine Mitteilung der Beschwerdekammer gemäß Artikel 11, Absatz 2 der Verfahrensordnung.

III. Vor der mündlichen Verhandlung teilte einer der drei Vertreter des Beschwerdeführers mit, daß er sich während der Verhandlung der englischen Sprache bedienen werde, und beantragte hierfür, daß das Europäische Patentamt auf seine Kosten für Übersetzung sorgen möge.

Mit Bescheid vom 24. März 1994 hat die Kammer den Beschwerdeführer unter Ablehnung seines Antrags darauf hingewiesen, daß er sich zusätzlich zu der von ihm gewählten Verfahrenssprache Deutsch nicht auf Kosten des Amtes einer zweiten Amtssprache bedienen könne (Regel 2 (1) und (5) EPÜ).

IV. Am 15. April 1994 wurde vor der Beschwerdekammer mündlich verhandelt. Während der Verhandlung reichte der Beschwerdeführer einen Satz neuer Patentansprüche sowie eine geänderte Beschreibungseinleitung ein.

V. Der geltende Anspruch 1 lautet wie folgt:

"Koronar-Dilatationskatheter mit einem aufweitbaren Ballon (2), durch den sich ein auf einem Führungselement (1) gehaltener Schlauchabschnitt (7) erstreckt, der mit dem distalen Ende (9) des Ballons (2) abgedichtet verbunden ist, und mit einem am proximalen Ende (11) des Ballons (2) abgedichtet ins Balloninnere (5) mündenden Tubus (3) zum Aufblähen des Ballons (2), wobei der Schlauchabschnitt (7) auf dem als flexiblen Führungsdraht (1) ausgebildeten Führungselement verschiebbar geführt ist,

dadurch gekennzeichnet, daß

die Längsachse des Tubus (3) gegenüber der Einführmündung am proximalen Ende des Schlauchabschnittes (7) seitlich versetzt ist, daß der Schlauchabschnitt (7) etwa die Länge des Ballons (2) aufweist, daß das proximale Ende (11) des Ballons (2) ebenfalls dichtend am Schlauchabschnitt (7) befestigt ist, und daß der Tubus (3) in Längsrichtung für die Übertragung von Schub- und Zugkräften ausreichend steif ist, so daß durch ein Vorschieben oder ein Zurückziehen des Tubus (3) ein Verschieben des Schlauchabschnittes (7) mit dem daran befestigten Ballon (2) in beiden Richtungen auf dem Führungsdraht (1) ermöglicht ist."

Die abhängigen Ansprüche 2 bis 6 sind mit denen der Patentschrift identisch.

VI. Der Beschwerdeführer hat vorgetragen, daß die Merkmale der geltenden Ansprüche und die Beschreibung im Hinblick auf Artikel 123 (2) und (3) EPÜ zulässig seien. Bezüglich des die Steifigkeit des Tubus betreffenden Merkmals hat er insbesondere auf Seite 7, Zeilen 1 bis 5 der ursprünglichen Beschreibung hingewiesen.

Der Beschwerdeführer beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent in geändertem Umfang mit folgenden Unterlagen aufrechtzuerhalten:

Beschreibung: Seiten 1 bis 3, überreicht in der mündlichen Verhandlung, Spalte 2, Zeile 15 bis Spalte 4, Zeile 49 der Patentschrift;

Ansprüche: Nr. 1 bis 6, überreicht in der mündlichen Verhandlung;

Zeichnungen: Blatt 1 der Patentschrift.

Hilfsweise beantragt er, die Angelegenheit an die Einspruchsabteilung zur Fortsetzung des Einspruchsverfahrens zurückzuverweisen.

VII. Der Beschwerdegegner (Einsprechender 02) beantragt die Zurückweisung der Beschwerde.

Er hat gegen den geltenden Anspruch 1 vorgebracht, daß im Hinblick auf Seite 4, Zeilen 2 bis 5 der ursprünglichen Beschreibung bei der Definition der Steifigkeit des Tubus im Anspruch 1 zusätzlich zu der Übertragbarkeit von Schub- und Zugkräften auch die Übertragbarkeit von Drehkräften auf den Ballon hätte herangezogen werden müssen. Bezüglich der anderen Merkmale der Ansprüche und der Beschreibung bestünden keine Bedenken.

VIII. Der Einsprechende 01 ist nach Rücknahme des Einspruchs nicht mehr am Verfahren beteiligt.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Die geltenden Unterlagen genügen der Vorschrift des Artikels 123 (2) EPÜ, denn der Gegenstand des Patents in der geänderten Fassung geht nicht über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus, wie nachfolgend dargelegt wird.

Die Merkmale des Oberbegriffs des Anspruchs 1, bei dessen Abgrenzung der Beschwerdeführer ebenso wie bei der ursprünglichen Fassung des Anspruchs 1 die Druckschrift "The American Journal of Cardiology, Vol. 49, April 1, 1982, Seiten 1216 bis 1222" herangezogen hat, ergeben sich unbestritten aus dem Oberbegriff des ursprünglichen Anspruchs 1 sowie aus der Figur 1 und der ursprünglichen Beschreibung, insb. Seite 6, Zeilen 1 und 10 bis 15. Die ersten drei kennzeichnenden Merkmale sind ursprünglich im kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 und auf Seite 2, Zeilen 18 bis 20 als erfindungswesentlich offenbart worden.

Das die Steifigkeit des Tubus betreffende Merkmal des Anspruchs 1 folgt aus Seite 7, Zeilen 1 bis 5 der ursprünglichen Beschreibung. Dort wird ausgeführt, daß die Dilatationskatheter je nach den medizinischen Erfordernissen mit Tuben unterschiedlicher Stärke und Biegsamkeit, die unterschiedliche Vorschübe gewährleisten, ausgerüstet sind. Hieraus entnimmt der Fachmann, daß der Tubus in Längsrichtung für die Übertragung von Schubkräften ausreichend steif sein muß. Die ursprüngliche Beschreibung offenbart somit isoliert die für den Schiebezweck erforderliche Steifheit des Tubus. Die auf Seite 4, Zeilen 2 bis 5 der ursprünglichen Beschreibung gestützte Auffassung des Beschwerdegegners, daß die Steifheit ursprünglich lediglich mit doppelter Zielsetzung, nämlich zum Schieben und Drehen, offenbart wurde, ist also nicht begründet.

Die geltenden Ansprüche 2 bis 5 entsprechen den ursprünglichen Ansprüchen gleicher Numerierung. Der Anspruch 6 basiert auf der ursprünglichen Beschreibung Seite 5, Zeilen 28 bis 34.

Die Beschreibung unterscheidet sich von der ursprünglichen Fassung außer durch Hinweise auf zusätzlichen Stand der Technik lediglich dadurch, daß sie in zulässiger Weise an den geltenden Anspruch 1 angepaßt worden ist und in der Aufgabenstellung die Beschränkung auf Dilatationskatheter zum Aufweiten von Koronararterien aufgenommen worden ist.

3. Die geänderten Patentansprüche erfüllen auch das Erfordernis des Artikels 123 (3) EPÜ, da der Schutzbereich gegenüber dem erteilten Patent nicht erweitert worden ist.

Die Aufnahme des Merkmals, daß der Dilatationskatheter ein Koronar-Dilatationskatheter ist, in den Anspruch 1 stellt eine Beschränkung des Schutzbereichs dar. Dies gilt auch für den Ersatz des im erteilten Anspruch 1 enthaltenen Merkmals, daß die Einführmündung am proximalen Ende des Schlauchabschnitts in der Nähe des proximalen Endes des Ballons angeordnet ist, durch das Merkmal des geänderten Anspruchs 1, daß der Schlauchabschnitt etwa die Länge des Ballons aufweist. Das wieder in den Anspruch 1 aufgenommene Merkmal, daß das proximale Ende des Ballons ebenfalls dichtend am Schlauchabschnitt befestigt ist, stellt eine technische Notwendigkeit für das Unter-Druck-Setzen des Ballons dar und war als solches, wenn auch nicht in dieser speziellen Form, implizit im erteilten Anspruch 1 enthalten.

4. Über den Einspruchsgrund gemäß Artikel 100 a) EPÜ ist bisher noch nicht von der Einspruchsabteilung entschieden worden. Deshalb sieht es die Kammer für zweckmäßig an, die Angelegenheit gemäß Artikel 111 (1) EPÜ zur Fortsetzung des Einspruchsverfahrens auf der Basis der geltenden Unterlagen an die Einspruchsabteilung zurückzuverweisen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird zur Fortsetzung des Einspruchsverfahrens auf der Basis der unter Punkt VI genannten Unterlagen an die Einspruchsabteilung zurückverwiesen.

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