T 0086/91 () of 26.8.1993

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1993:T008691.19930826
Datum der Entscheidung: 26 August 1993
Aktenzeichen: T 0086/91
Anmeldenummer: 86110721.7
IPC-Klasse: F16K 11/00
G05D 11/16
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Stellvorrichtung für ein thermostatisch geregeltes Mischventil
Name des Anmelders: FRIEDRICH GROHE AG
Name des Einsprechenden: Hansa Metallwerke AG
Kammer: 3.2.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 R 67
European Patent Convention 1973 R 68(2)
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (ja)
Rückzahlung der Beschwerdegebühr (nein)
Inventive step (yes)
Reimbursement of appeal fee (no)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0493/88
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Auf die am 2. August 1986 angemeldete und am 19. August 1987 veröffentlichte europäische Patentanmeldung Nr. 86 110 721.7 wurde am 15. März 1989 das europäische Patent Nr. 0 232 454 erteilt.

II. Der von der Beschwerdeführerin (Einsprechenden) am 6. Dezember 1989 eingelegte Einspruch stützte sich auf den Einspruchsgrund gemäß Artikel 100 a) EPÜ (fehlende erfinderische Tätigkeit) und nahm im wesentlichen auf die folgenden Druckschriften Bezug:

D1: DE-C-1 164 779

D2: DE-C-2 703 950

D3: DE-A-2 922 094

D4: DE-A-2 408 208.

Der Einspruch wurde mit Entscheidung vom 28. November 1990 zurückgewiesen.

III. Gegen diese Entscheidung hat die Beschwerdeführerin unter gleichzeitiger Bezahlung der Beschwerdegebühr am 25. Januar 1991 Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdebegründung wurde am 29. März 1991 eingereicht.

In der Beschwerdebegründung wurde erstmals eine offenkundige Vorbenutzung geltend gemacht, für die als Beweismittel eine Zeichnung Nr. 8270000 GA vom 16. Februar 1968 vorgelegt und ein Zeuge benannt wurde.

IV. In einer Mitteilung der Beschwerdekammer gemäß Artikel 11 (2) VOBK wurde den Beteiligten mitgeteilt, daß es auf den Nachweis der geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzung nicht ankomme und die erfinderische Tätigkeit im Hinblick auf die Druckschrift D2 zu erörtern sein werde.

V. Am 26. August 1993 fand, auf die hilfsweise gestellten Anträge der Beteiligten hin, eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt.

VI. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents sowie die Rückerstattung der Beschwerdegebühr.

Die Beschwerdegegnerin beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen und das Patent unverändert aufrechtzuerhalten (Hauptantrag) bzw. hilfsweise, das Patent mit dem Anspruch 1 vom 23. Juli 1993, ansonsten wie erteilt, aufrechtzuerhalten.

Der Anspruch 1 nach dem Hauptantrag hat folgenden Wortlaut:

"Sollwerteinstellvorrichtung an einem thermostatisch geregelten Mischventil für Kalt- und Warmwasser, bei der mit einem Drehgriff (5), der aus einer Stellmutter (51) und einer formschlüssig auf der Stellmutter (51) gehalterten Griffhaube (52) besteht, und einem Bewegungsgewinde (42) die Stellgröße erzeugt wird und der Drehgriff (5) mit einem feststehenden Anschlagring (57) zusammenwirkt, wobei ein von Hand lösbarer Anschlag als Drehbegrenzung am Drehgriff (5) ausgebildet ist, dadurch gekennzeichnet, daß die Stellmutter (51) topfartig ausgebildet und auf einem feststehenden Kopfstück (41) schraubbar ist, wobei an der dem Ventilgehäuse (1) zugekehrten Stirnseite des Drehgriffs (5) ein Ringspalt ausgebildet ist, in den der Anschlagring (57) hineinragt, und zwischen der Außenwandung der Stellmutter (51) und der Innenwandung des Anschlagrings (57) ein Reibmittel vorgesehen ist, so daß der Drehgriff (5) eine bestimmte Schwergängigkeit erhält, und daß der lösbare Anschlag als federgestrammte Wippe (53) ausgebildet ist."

Der Anspruch 1 nach dem Hilfsantrag hat folgenden Wortlaut:

"Sollwerteinstellvorrichtung an einem thermostatisch geregelten Mischventil für Kalt- und Warmwasser, bei der mit einem Drehgriff (5), der aus einer Stellmutter (51) und einer formschlüssig auf der Stellmutter (51) gehalterten Griffhaube (52) besteht, und einem Bewegungsgewinde (42) die Stellgröße erzeugt wird und der Drehgriff (5) mit einem feststehenden Anschlagring (57) zusammenwirkt, wobei ein von Hand lösbarer Anschlag als Drehbegrenzung am Drehgriff (5) ausgebildet ist, dadurch gekennzeichnet, daß die Stellmutter (51) topfartig mit einem Boden (511) ausgebildet und auf einem feststehenden Kopfstück (41) schraubbar ist, wobei an der dem Ventilgehäuse (1) zugekehrten Stirnseite des Drehgriffs (5) ein Ringspalt ausgebildet ist, in den der Anschlagring (57) hineinragt, und zwischen der Außenwandung der Stellmutter (51) und der Innenwandung des Anschlagrings (57) ein Reibmittel vorgesehen ist, so daß der Drehgriff (5) eine bestimmte Schwergängigkeit erhält, und daß der lösbare Anschlag als federgestrammte Wippe (53) ausgebildet ist, die am Außenbereich des Anschlagrings (57) die Drehung begrenzt."

VII. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin läßt sich wie folgt zusammenfassen:

Die zwei im Anspruch 1 enthaltenen Merkmalsgruppen betreffend die Anordnung einer durch die fehlende Selbsthemmung bei Steilgewinden nötigen Reibungsbremse und die Anschlagausbildung stünden in keinem funktionellen Zusammenhang und müßten bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit unabhängig voneinander betrachtet werden.

Der Ort, an dem der Reibring anzuordnen sei, ergebe sich zwangsläufig aus den konstruktiven Eigenheiten der Stellvorrichtung. Ein Reibring könne überall dort angeordnet werden, wo ein drehbares Teil einem stationären Teil der Einstellvorrichtung gegenübersteht. Die Ortswahl könne somit auf keiner erfinderischen Tätigkeit beruhen, zumal die Funktion des Reibringes unabhängig von seiner Anordnung und seinem Durchmesser sei. So hätte der Reibring nach der Druckschrift D2, der auf relativ kleinem Durchmesser angeordnet sei, sich millionenfach bewährt und zu keiner Beanstandung geführt. Eine allein durch eine andere Konstruktion und ein anders Design bedingte Verlegung des Reibrings könne nicht zu einer unerwarteten Wirkung führen.

Die Funktion der Wippe sei völlig unabhängig von der Lage des Reibringes; im übrigen sei die Anwendung einer Wippe im Sanitärwesen allgemein bekannt und ihre Verwendung als beweglicher Anschlag sei dem Fachmann allgemein geläufig. Die Verwendung einer Wippe als lösbarer Anschlag am Drehgriff eines Mischventils sei deswegen als naheliegend anzusehen. Das Merkmal, daß der lösbare Anschlag bei Verwendung einer Wippe die Drehung des Drehgriffes am Außenbereich des Anschlagrings begrenze, ergebe sich aus der Natur einer Wippenbetätigung, die grundsätzlich außen angreife.

Bei der Betrachtung des Standes der Technik nach der Druckschrift D2 müsse im übrigen davon ausgegangen werden, daß bei einer praktischen Ausführung des darin dargestellten Mischventils ein Drehgriff mit einem an ihm angeordneten, lösbaren Anschlag vorgesehen sein müsse.

Zu ihrem Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr führte die Beschwerdeführerin aus, daß in der angefochtenen Entscheidung ihre Argumentationsketten völlig unberücksichtigt und unbeschieden gelassen seien. Zur Beschlußbegründung gehöre auch insbesondere eine Auseinandersetzung mit allen von den Beteiligten schlüssig vorgetragenen Einwendungen. Eine solche fehle im vorliegenden Falle.

VIII. Die Beschwerdegegnerin argumentierte zur Stützung ihres Antrags wie folgt:

Die Reibringanordnung und der jeweilige Ringdurchmesser hätten sehr wohl einen Einfluß auf die Funktion des Reibmittels, denn bei einem größeren Durchmesser erhalte man aufgrund der in diesem Fall zur Erzeugung der nötigen Reibkraft geringeren Pressung eine größere Lebensdauer. Bei dem Mischventil nach der Druckschrift D2 wäre eine Verlegung des Reibringes nach außen an die in der Erfindung beanspruchte Stelle nicht möglich, selbst wenn man davon ausginge, daß dort in der Praxis eine Griffhaube auf der Stellmutter sowie ein lösbarer Anschlag angeordnet seien, denn an dieser Stelle sei ein Anschlagring mit einem Anschlagvorsprung zur Begrenzung des Verdrehwinkels vorgesehen.

Bei der Betrachtung der Aufgabenstellung in bezug auf eine gegenseitige technische Beeinflussung der beiden Merkmalsgruppen müsse auch der dort genannte Aspekt einer kostengünstigen Herstellung beachtet werden. Der Anschlag- ring sei im allgemeinen als Kunststoffpreßteil gefertigt, dessen glatte Oberfläche sich günstig auf die Lebensdauer eines mit ihm zusammenwirkenden Reibringes auswirke. Die Verwendung einer Griffhaube mit einem von außen angreifenden lösbaren Anschlag verringere den Griffdurchmesser gegenüber der aus der D2 bekannten Druckknopfbetätigung, die zum Lösen des Anschlags zusätzlichen Radialraum im Inneren der Griffhaube beanspruche. Im übrigen seien die im kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 angegebenen Merkmale durch den Erfindungsgedanken miteinander gekoppelt, für die Bremsfunktion einerseits und für die Anschlagfunktion andererseits einen gemeinsamen Anschlagring auf der Innen- bzw. Außenseite zu nutzen, der in einen Ringspalt zwischen Drehgriff und Stellmutter hineinragt.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 sowie den Regel 1 (1) und 64 EPÜ; sie ist zulässig.

2. Verfahrensrechtliche Fragen

Die Beschwerdeführerin beantragt Rückerstattung der Beschwerdegebühr gemäß Regel 67 EPÜ gestützt auf die Rüge, die Einspruchsabteilung hätte sich nicht mit ihren zur Stützung des Einspruchs vorgetragenen Argumenten auseinandergesetzt. Dies stelle einen wesentlichen Verfahrensfehler dar.

Entscheidungen der Einspruchsabteilung sind zu begründen (R. 68 (2) EPÜ), d. h. sie haben sich mit den seitens der Parteien vorgebrachten entscheidungswesentlichen Tatsachen und Argumenten auseinanderzusetzen (vgl. T 493/88, ABl. EPA 1991, 380). Daraus kann nicht gefolgert werden, daß jedes vorgebrachte Argument stets im einzelnen zu behandeln ist (vgl. Punkt 4.2).

Regel 67 EPÜ macht einen wesentlichen Verfahrensfehler zur Bedingung für die Rückzahlung. Vorliegendenfalls ist auch die Kammer der Auffassung, daß die Begründung der Vorinstanz summarisch ist und mehrheitlich nur implizit auf die Argumentation der Beschwerdeführerin (Einsprechen- den) eingeht. Aus folgenden Gründen kommt die Kammer jedoch zum Schluß, daß in den gerügten Begründungsmängeln kein Verfahrensfehler wesentlicher Art zu erblicken ist.

Die Beschwerdeführerin rügt im einzelnen (S. 3/4 der angefochtenen Entscheidung), die Vorinstanz sei nicht auf das Argument eingegangen, es lägen hier zwei unabhängige Teilaufgaben vor. Die angefochtene Entscheidung nimmt dazu in Punkt 3 konkret Stellung und kommt zum Schluß, daß die beiden vorhandenen Merkmalsgruppen auf die gleiche Aufgabe angelegt seien und die gute Handhabbarkeit eines Anschlags als Folge der geringen Platzverhältnisse "problematisch", d. h. der Lösung der gleichen Aufgabe zuzurechnen sei. Damit beantwortet sie die von der Beschwerdeführerin genannte "Kontrollüberlegung", zumindest implizit, negativ.

Die weiteren Punkte betreffend Topfartigkeit der Stellmutter und Vorhandensein einer Griffhaube bzw. eines Ringspaltes werden auf Seite 3, in Punkt 2, Absatz 3 angesprochen und beurteilt. Es geht daraus hervor, daß die Vorinstanz sich der Beurteilung der Beschwerdegegnerin nicht angeschlossen hat, ohne auf deren Argumentation im einzelnen einzugehen, was hier zweifellos angebracht gewesen wäre, jedoch wie aus den folgenden Erwägungen zur Neuheit und erfinderischen Tätigkeit ersichtlich, noch nicht zu einer anderen Beurteilung des Einspruchs hätte führen müssen.

3. Zulässigkeit der Änderungen in Hinblick auf Artikel 123 EPÜ

Die Fassung des Anspruchs 1 nach dem Hauptantrag unterscheidet sich nicht von der ursprünglichen Fassung und die beiden zusätzlich in den Anspruch 1 nach dem Hilfsantrag aufgenommenen Teilmerkmale (Boden 511 bzw. die am Außenbereich des Anschlagrings 57 die Drehung begrenzende Anordnung der Wippe 53) sind in der ursprünglichen Beschreibung genannt und in den Figuren dargestellt.

Durch die Aufnahme dieser zusätzlichen Merkmale in den Anspruch 1 nach dem Hilfsantrag wird der Schutzumfang des erteilten Anspruchs 1 offensichtlich nicht erweitert, sondern eingeschränkt.

Somit genügen beide Anspruchsfassungen den Erfordernissen von Artikel 123 (2) und (3) EPÜ.

4. Stand der Technik, Aufgabe

4.1. Die Druckschriften D1 und D2 befassen sich mit einer Sollwert-Einstellvorrichtung an einem thermostatisch geregelten Mischventil. In der Druckschrift D1 ist ein aus Stellmutter und Griffhaube bestehender Drehgriff mit einem an ihm angebrachten, von Hand lösbaren Anschlag vorgesehen, der mit einem feststehenden Anschlagring zusammenwirkt. Die im angefochtenen Patent formulierte Aufgabenstellung und der Oberbegriff des Anspruchs 1 (in beiden Fassungen) gehen von diesem Stand der Technik aus.

Bei Mischventilen dieser Gattung wird beim Anstreben einer möglichst großen Stellstrecke pro Drehgriffwinkel leicht die Grenze der Selbsthemmung im Stellgewinde unterschritten, wodurch das sichere Beibehalten einer gewählten Winkelstellung problematisch werden kann. Die Druckschrift D1 enthält nichts zur Lösung dieser Problematik.

Ausgehend hiervon wird gemäß der ersten Teilaufgabe im angefochtenen Patent verlangt, daß auch bei relativ großen Stellstrecken eine sichere Funktion über einen langen Gebrauchszeitraum gewährleistet wird. Die weitere im angefochenen Patent genannte Teilaufgabe betrifft die kostengünstige Herstellung.

Die Druckschrift D2 offenbart bereits grundsätzlich eine Lösung der ersten Teilaufgabe, nämlich die Anordnung eines Reibrings 45 zwischen der Einstellspindel 14 und einem stationären Halsfortsatz 12. Dabei ist jedoch die Sollwerteinstellvorrichtung des Mischventils, d. h. die aus Drehgriff und Bewegungsgewinde bestehende Teileinheit im Gegensatz zur Druckschrift D1 nicht vollständig dargestellt. Es fehlen nämlich eine auf den sog. Drehgriff 13 (Stellmutter) aufzusetzende Griffhaube mit einer zur Drehbegrenzung dienenden, von Hand lösbaren Anschlagvorrichtung, wie sie im allgemeinen bei solchen Mischventilen üblich sind. Es kann lediglich vermutet werden, daß bei einer praktischen Anwendung des Mischventils nach der Druckschrift D2 möglicherweise eine Griffhaube und eine lösbare Anschlagvorrichtung vorgesehen sind, was auch aus der zeichnerischen Darstellung der Umrisse des hülsenförmigen "Drehgriffes" 13 und dem Hinweis auf einen den Verdrehwinkel begrenzenden Ringkörpers 16 (Spalte 3, Zeilen 1-4) abgeleitet werden könnte. Jedoch sind irgendwelche Angaben bezüglich der konstruktiven Gestaltung der etwaigen Griffhaube und einer lösbaren Anschlagvorrichtung dieser Druckschrift nicht zu entnehmen. Darüber hinaus ergibt sich die absolute Notwendigkeit des Vorhandenseins einer Griffhaube und einer darauf angeordneten lösbaren Anschlagvorrichtung auch für einen Fachmann beim Lesen der Druckschrift D2 nicht zweifelsfrei, denn grundsätzlich ist die dort offenbarte Einstellvorrichtung auch ohne Griffhaube und einstellbare Anschlagvorrichtung funktionsfähig, wenn auf eine gefällige äußere Gestaltung und die Lösbarkeit des Anschlags verzichtet wird. Es kann nämlich nicht ausgeschlossen werden, daß der in der Figur der D2 gezeigte Ringkörper 16 zur Begrenzung des Drehwinkels mit einem festen Anschlagvorsprung des hülsenförmigen Drehgriffes 13 zusammenarbeitet. Nachdem sich somit das Vorhandensein der genannten Merkmale für einen Fachmann nicht unmittelbar und eindeutig aus dem Inhalt der Druckschrift D2 ergibt, sondern bei einer praktischen Ausführung nur sehr wahrscheinlich ist, sind diese Teilmerkmale nicht zur Offenbarung der Druckschrift D2 zu rechnen.

4.2. Bei einem Vergleich der Druckschriften D1 und D2 im Hinblick darauf, welche von beiden im vorliegenden Falle zur Aufteilung des Anspruchs 1 in Oberbegriff und Kennzeichen die günstigere ist, sind die vorstehenden Feststellungen zu berücksichtigen. Demnach offenbart die Druckschrift D2 zwar bereits ein Merkmal aus dem Kennzeichen des Anspruchs 1 des angefochtenen Patents (Reibmittel zwischen der Stellmutter und einer Innenwandung eines stationären Teils), jedoch sind weder eine Griffhaube noch eine lösbare Anschlagvorrichtung ihrem Offenbarungsgehalt unmittelbar zu entnehmen.

Somit ist die Druckschrift D2 zumindest nicht besser zur Abgrenzung des Anspruchs 1 geeignet als die dazu verwendete Druckschrift D1.

4.3. Im Zusammenhang mit dem Offenbarungsinhalt der D2 hat die Beschwerdeführerin noch eine angebliche offenkundige Vorbenutzung geltend gemacht, wobei die hierzu eingereichte Zeichnung Nr. 8270000 GA das in der Druckschrift D2 offenbarte Mischventil in identischer Ausführung zeigt. Zusätzlich ist jedoch noch eine Griffhaube mit einer darin integrierten lösbaren Anschlagvorrichtung in Form eines Arretierungsknopfes gezeigt. Nachdem auch diese Ausführung, wie unten in Punkt 7 dieser Entscheidung dargelegt, die Vorrichtung nach dem Hilfsantrag nicht nahezulegen vermag, ist die Kammer der Auffassung, daß der offenkundigen Vorbenutzung und dem dazu gemachten Zeugenangebot allein zum Zwecke einer geänderten Abgrenzung des Anspruchs 1 nicht nachzugehen ist.

4.4. Die weiteren Entgegenhaltungen D3 und D4 betreffen keine Einstellvorrichtungen im Sinne des Patents und sind damit gattungsfremd. Sie zeigen lediglich Wippen als Handbetätigungsorgane für Wegeventile.

5. Lösung der Aufgabe

Der Gegenstand nach dem Anspruch 1, zumindest in seiner Fassung nach dem Hilfsantrag, löst die gegenüber der Druckschrift D1 im angefochtenen Patent formulierte Aufgabenstellung. Dabei dient zur Lösung der ersten Teilaufgabe (sichere Funktion) das aus der Druckschrift D2 grundsätzlich bekannte Reibmittel. Da auch einsehbar ist, daß die Einstellvorrichtung mit der beanspruchten Griffhaube und Wippe bei bestimmten Herstellungsverfahren (z. B. Kunststoffausbildung) Vorteile haben könnte, hat die Kammer keine Bedenken dahingehend, daß die Vorrichtung gemäß Anspruch 1 die zweite Teilaufgabe löst, insbesondere wenn man bedenkt, daß zur Erzielung der Anschlagfunktion derselbe Anschlagring verwendet wird, an dem auch das Reibmittel angreift.

6. Neuheit

Die Neuheit der Einstellvorrichtung nach dem Anspruch 1 (Haupt- und Hilfsantrag) gegenüber den Vorrichtungen nach den Druckschriften D1 bis D4 folgt notwendig aus den Ausführungen im Abschnitt 4.

Dies gilt ganz offensichtlich auch für die zur angeblich "offenkundigen Vorbenutzung" vorgelegten Konstruktionszeichnung, in der weder die Ausbildung der lösbaren Anschlagvorrichtung als Wippe noch die beanspruchte Lage des Reibmittels dargestellt sind.

Die Neuheit wurde im übrigen von der Beschwerdeführerin nicht bestritten.

Der Gegenstand nach dem Anspruch 1 (Haupt- und Hilfsantrag) ist somit im Vergleich zum Stand der Technik neu (Art. 56 EPÜ).

7. Erfinderische Tätigkeit

7.1. Ausgehend vom Stand der Technik nach der Druckschrift D1 beinhaltet der Anspruch 1 zwei Merkmalsgruppen, von denen die eine

a) die Anwendung eines Reibmittels und den Ort angibt, an dem dieses Reibmittel in der Einstellvorrichtung angeordnet ist

und die andere

b) die Ausbildung der Anschlagvorrichtung betrifft und den lösbaren Anschlag als federgestrammte Wippe definiert und im Falle des Anspruchs 1 nach dem Hilfsantrag zusätzlich deren Anordnung festlegt.

7.2. Eine Zusammenfassung der aus den Druckschriften D1 und D2 bekannten Merkmale hinsichtlich des Anschlagrings, der Griffhaube und des lösbaren Anschlags würde ganz offensichtlich nicht zu einer Ausbildung gemäß der beanspruchten Vorrichtung führen. Es gäbe keinen ersichtlichen Anlaß, den allein in der D2 offenbarten Reibring an einer anderen Stelle als bei der D2 gezeigt anzubringen und die Griffhaube mit der lösbaren Anschlagvorrichtung in anderer Weise auszubilden, als es die Druckschrift D1 zeigt. Ein Beispiel für eine solche aus den zusammengesetzten Lehren der D1 und D2 sich ergebende Konstruktion gibt die zur "offenkundigen Vorbenutzung" eingereichte Konstruktionszeichnung, in der der Reibring im Sinne der D2 und die Griffhaube mit der lösbaren Anschlagvorrichtung im wesentlichen nach dem Wortlaut der D1 ausgebildet ist. Es verbleibt somit zu prüfen, ob es für einen Fachmann aus anderen Gründen naheliegend war, zur beanspruchten Ausgestaltung zu gelangen.

7.3. Die Beschwerdeführerin hat ihre Begründung der mangelnden erfinderischen Tätigkeit auf die Voraussetzung gestützt, daß die beiden beanspruchten Merkmalsgruppen a) und b) aus dem Anspruch 1 des angefochtenen Patents wirkungsmäßig voneinander völlig unabhängig seien.

7.4. Dies trifft nach Ansicht der Kammer aus folgendem Grund nicht zu. Sollte ein Fachmann aus irgendwelchen Gründen z. B., wie die Beschwerdegegnerin behauptet, zum Zwecke der Erhöhung der Lebensdauer der Reibvorrichtung bestrebt sein, den Reibring 45 bei der Vorrichtung nach der Druckschrift D2 an eine Stelle größeren Durchmessers zu verlegen, so stünde hierfür an sich der Raum zwischen dem stationären Ringkörper 16 und dem äußeren Teil des hülsenförmigen Drehgriffes 13 zur Verfügung. Dieser Raum ist jedoch bei der Druckschrift D2 als umlaufender Ringspalt dargestellt, in dem ein einseitig angeordneter Anschlag zur Begrenzung des Drehwinkels vorgesehen ist. Ein solcher Anschlag unterbricht die innere Zylinderfläche des Ringkörpers 16, so daß keine geschlossene konzentrische Anlagefläche für ein Reibmittel zur Verfügung steht. Außerdem ergäben sich bei der Bemessung des Reibmittels insofern Probleme, als der in der Druckschrift D2 zwischen Ringkörper 16 und Drehgriff 13 gezeigte Umfangsspalt relativ groß ist und von einem relativ groß zu dimensionierenden Reibglied zu überbrücken wäre. Dies ist auch nicht anders bei der zur "offenkundigen Vorbenutzung" eingereichten Konstruktionszeichnung. Die Verlagerung des Reibkörpers 45 bei der Druckschrift D2 in den genannten Ringspalt wäre somit mit zusätzlichem konstruktiven Aufwand verbunden, was zumindest eine kostengünstige Herstellung der zusammenwirkenden Teile beeinträchtigen würde. Ein Fachmann hätte somit unter dem Blickwinkel der Aufgabenstellung keinen Grund, die bekannte Anordnung des Ringkörpers zu ändern. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Durchmesser des Reibringes auf dessen Funktion keinen Einfluß haben sollte, wie die Beschwerdeführerin im Widerspruch zur diesbezüglichen Ansicht der Beschwerdegegnerin betont.

Bei dem Anspruch 1 nach dem Hilfsantrag wird die vorstehend ausgeführte Problematik dadurch beseitigt, daß die als Wippe ausgebildete lösbare Anschlagvorrichtung im Gegensatz zum Stand der Technik (D1) nicht mehr innerhalb des Skalenrings 22 bei D1 bzw. des Ringkörpers 16 bei D2, sondern an dessen Außenumfang zur Wirkung kommt. Erst durch diese Maßnahme steht der Umfangsspalt für die Anordnung eines Reibringes zur Verfügung, wobei der Umfangsspalt keinen Platz für die Anschlagvorrichtung mehr bieten muß und kleiner bemeßbar ist. Für die Verwendung einer Wippe und deren Anordnung bei einer gattungsgemäßen Vorrichtung gibt es beim Stand der Technik kein Vorbild, nachdem die Druckschriften D3 und D4 (vgl. Pkt. 4.4) lediglich Wippen in gattungsfremder Anwendung zeigen.

7.5. Aus dem Vorstehenden ergibt sich auch, daß die Anordnung des Reibringes und die Anordnung und Funktionsweise der Wippe, jedenfalls gemäß dem Hilfsantrag, im Hinblick auf die Aufgabenstellung in einem konstruktiven und funktionellen Zusammenhang stehen und gemeinsam im Sinne einer kostengünstigen Herstellung wirken.

Bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit sind somit die beiden Maßnahmen a) und b) nicht getrennt zu betrachten.

7.6. Bei dem Anspruch 1 nach dem Hauptantrag ist das beim Hilfsantrag angegebene Teilmerkmal, daß die Wippe "am Außenbereich des Anschlagrings 57 die Drehung begrenzt" nicht vorhanden. Bei einer praktischen Ausführung der Lösung nach dem Hauptantrag ist somit nicht gewährleistet, daß die lösbare Sperre der Wippe 53 am äußeren Umfang des Anschlagrings 57 zur Wirkung kommt und somit den Innenumfang des Anschlagrings 57 für die Anordnung des Bremsringes 56 frei macht.

Der Lösung nach dem Hauptantrag fehlt somit das unter Punkt 7.4 definierte, wesentliche Merkmal, welches das funktionelle Zusammenwirken der beiden Merkmalsgruppen a) und b) herbeiführt. Es ist hier somit eine getrennte Prüfung der erfinderischen Tätigkeit für die beiden Schritte a) und b) durchzuführen. Hierbei läßt sich das Vorliegen von erfinderischer Tätigkeit insgesamt nicht begründen. Es muß nämlich als im Fachkönnen eines durchschnittlichen Konstrukteurs liegend angesehen werden, für ein Reibmittel, das zwischen einem stationären und einem drehbaren Teil wirkt, die von der Gesamtanordnung der beiden Teile her möglichen Einbaustellen zu ermitteln. Somit beruht die Benennung einer dieser möglichen Einbaustellen, ohne dabei anzugeben, was mit einem anderen, an dieser Einbaustelle vorhandenen Bauelement, z. B. mit dem Anschlagring 16 nach der D2, geschehen soll, für sich allein nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Dies gilt auch für die isolierte Bewertung des Vorschlags, einen lösbaren Anschlag als federgestrammte Wippe auszubilden, ohne näher festzulegen, wo diese Vorrichtung zur Wirkung kommt.

Aus diesem Grund ist der Anspruch 1 nach dem Hauptantrag mangels erfinderischer Tätigkeit nicht patentfähig (Art. 56 EPÜ).

Der Hauptantrag ist somit zurückzuweisen.

7.7. Andererseits wird die Lösung nach dem Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag durch den verfügbaren Stand der Technik nicht nahegelegt, wie im einzelnen aus der obigen Betrachtung unter Punkt 7.4 und 7.5 hervorgeht. Es liegt somit erfinderische Tätigkeit vor (Art. 56 EPÜ) und der Gegenstand des Anspruchs 1 nach dem Hilfsantrag ist gemäß Artikel 52 (1) EPÜ patentfähig.

8. Die abhängigen Ansprüche 2 bis 5 sind formal nicht zu beanstanden; sie enthalten besondere Ausführungsarten der Erfindung nach Anspruch 1 (Hilfsantrag) und sind daher ebenfalls gewährbar. Gegen die in der erteilten Fassung aufrechterhaltene Beschreibung bestehen ebenfalls keine Bedenken.

9. Das Patent hat daher im Umfang des Hilfsantrags Bestand.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Der Hauptantrag der Beschwerdegegnerin wird zurückgewiesen.

3. Die Sache wird an die Vorinstanz zurückverwiesen mit der Anordnung, das Patent gemäß Hilfsantrag mit dem Anspruch 1 vom 23. Juli 1993 und ansonsten wie erteilt, aufrechtzuerhalten.

4. Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird zurückgewiesen.

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