T 0502/90 () of 12.1.1993

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1993:T050290.19930112
Datum der Entscheidung: 12 Januar 1993
Aktenzeichen: T 0502/90
Anmeldenummer: 83109368.7
IPC-Klasse: B21B 31/18
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zum Walzen von Metallbändern
Name des Anmelders: SMS SCHLOEMANN-SIEMAG AKTIENGESELLSCHAFT
Name des Einsprechenden: Mannesmann Aktiengesellschaft
Kammer: 3.2.05
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 111(1)
European Patent Convention 1973 Art 114(1)
European Patent Convention 1973 Art 114(2)
Schlagwörter: Verspätet vorgebrachter Einspruchsgrund im Hinblick auf Art. 100 c) nicht berücksichtigt - erst im Beschwerdeverfahren und daher verspätet zitierte Dokumente werden als relevant für die Prüfung auf erfinderische Tätigkeit angesehen - Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung mit der Auflage, die erfinderische Tätigkeit im Hinblick auf die erst im Beschwerdeverfahren genannten Dokumente zu prüfen
Late submitted material - argument admitted (no)
Late submitted material - document cited in appeal - admitted (yes)
Decision re appeals - remittal (yes)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 0027/94

Sachverhalt und Anträge

I. Auf die europäische Patentanmeldung Nr. 83 109 368.7 ist das europäische Patent Nr. 0 112 969 mit zwei Ansprüchen erteilt worden.

II. Die Beschwerdegegnerin hat gegen das europäische Patent Einspruch eingelegt. Sie hat den Widerruf des Patents beantragt aus den Gründen, daß der Gegenstand des Patents im Hinblick auf die Druckschriften

D1: DE-C-3 038 865

D2: DE-A-2 260 256 und

D3: DE-C-200 426

nach Artikel 52 (1) EPÜ nicht patentfähig sei.

III. Die Einspruchsabteilung hat das Patent im Hinblick auf Artikel 102 (1) EPÜ widerrufen.

IV. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) hat gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung Beschwerde eingelegt und beantragt, das Patent in der erteilten Fassung oder hilfsweise in geänderter Form mit neuen Ansprüchen aufrechtzuerhalten.

V. In einer Mitteilung gemäß Artikel 11 (2) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern hat die Kammer die vorläufige Meinung vertreten, daß das Verfahren des Anspruchs 1 des Patents im Hinblick auf den Stand der Technik gemäß den Druckschriften D2 und D3 neu sei und auf einer erfinderischen Tätigkeit zu beruhen scheine, wogegen der Anspruch 2 des Patents im Hinblick auf Artikel 123 (2) EPÜ und die Ansprüche des Hilfsantrags im Hinblick auf Artikel 123 (2) und (3) EPÜ nicht gewährbar zu sein scheinen.

VI. Auf diese Mitteilung der Kammer hat die Beschwerdeführerin schriftlich vor der mündlichen Verhandlung beantragt, das Patent in geändertem Umfang auf der Grundlage eines einzigen Patentanspruchs und einer daran angepaßten neuen Beschreibung und Zeichnungen zu erteilen.

VII. Die Beschwerdegegnerin hat auf die Mitteilung der Kammer schriftlich vor der mündlichen Verhandlung erstmals die Druckschriften

D4: DE-C-2 335 809 und

D5: US-A-2 047 883

zitiert und ausgeführt, daß der Gegenstand des Anspruchs im Hinblick auf die Lehren der Druckschriften D4 und D5 auf keiner erfinderischen Tätigkeit beruhe.

VIII. Am 12. Januar 1993 hat eine mündliche Verhandlung stattgefunden.

i) Während dieser mündlichen Verhandlung hat die Beschwerdeführerin einen neuen Anspruch vorgelegt, welcher wie folgt lautet:

"Verfahren zum Walzen von Metallbändern in einem Vier-Walzen-Gerüst unter Nutzung axial verschiebbarer sowie biegemomentbeaufschlagbarer Arbeitswalzen und axial verschiebbarer Stützwalzen, wobei die Stützwalzen in Abhängigkeit von der Breite des jeweiligen Walzgutes gegensinnig derartig verschiebbar sind, daß je ein Ballenende der oberen Stützwalze mit einer der Flanken des Walzbandes und das gegenüberliegende Ballenende der unteren Stützwalze mit der der ersten gegenüberliegenden Flanke des Walzbandes bündig stehen, und wobei die Arbeitswalzen beim Walzen von Metallbändern gleicher Breite nach dem Durchlauf eines oder mehrerer Bänder gegen diese axial um gegenläufige Verschiebewege verschoben werden."

ii) Die Beschwerdeführerin hat im wesentlichen folgendes vorgetragen:

Alle Merkmale des neuen Patentanspruchs seien in den ursprünglich eingereichten Unterlagen offenbart, so daß der neue Anspruch im Hinblick auf Artikel 123 (2) EPÜ zulässig sei.

Die verspätet vorgelegten Druckschriften D4 und D5 seien nicht geeignet, die Patentfähigkeit des Gegenstands des Anspruchs in Frage zu stellen, und sollten daher von der Kammer im Hinblick auf Artikel 114 (2) EPÜ nicht berücksichtigt werden.

Bei dem Verfahren gemäß der Druckschrift D2 erfolge zwar eine axiale Verschiebung der Arbeitswalzen, jedoch keine Verschiebung in dem Sinne, daß der Verschleiß vergleichmäßigt werde, sondern es werde eine Abstaffelung des Verschleißes derart vorgenommen, daß von einem Ballenende zum anderen immer nur tiefere Verschleißbereiche auftreten können. Der erhöhte, in die Walzen einfurchende Bandkantenverschleiß beim Walzen von Metallbändern stets gleicher Breite sei hier gar nicht berücksichtigt, denn ein solcher Bandkantenverschleiß trete bei dem Verfahren gemäß der Druckschrift D2 nicht in Erscheinung, da dort fortlaufend Bänder verringerter Breite gewalzt würden. Die Zonen des verstärkten Kantenverschleißes würden hierbei durch folgende schmälere Bänder jeweils verlassen. Die Schwierigkeiten, die sich beim Walzen einer größeren Anzahl aufeinanderfolgender Walzbänder gleicher Breite ergäben, könnten mit den Maßnahmen gemäß der Druckschrift D2 nicht beseitigt werden. Außerdem sei das Merkmal, "daß die Stützwalzen in Abhängigkeit von der Breite des jeweiligen Walzbandes gegensinnig derart verschiebbar sind, daß je ein Ballenende der oberen Stützwalze mit einer der Flanken des Walzbandes und das gegenüberliegende Ballenende der unteren Stützwalze mit der der ersten gegenüberliegenden Flanke des Walzbandes bündig stehen", in der Druckschrift D2 nicht offenbart. Daher könne diese Druckschrift den Fachmann nicht dazu anregen, zur Vergleichmäßigung des Verschleißes der Arbeitswalzen beim aufeinanderfolgenden Walzen gleicher Bänder ein Verfahren mit den Merkmalen des Patentanspruchs vorzusehen.

Das Prinzip des Walzens aufeinanderfolgender, jeweils schmälerer Bänder läge auch der Druckschrift D4, welche ein Zusatzpatent zu dem auf den Gegenstand der Druckschrift D2 erteilten Patent betreffe, zugrunde. Die Druckschrift D4 lehre, anstelle der Arbeitswalzen die Stützwalzen fortlaufend an die sich verringernde Breite des Walzguts anzupassen. Wie der Walzenverschleiß beherrscht werden könne, wenn fortwährend Walzbänder gleicher Breite verarbeitet würden, werde in der Druckschrift D4, ebenso wie in der Druckschrift D2, nicht angesprochen, so daß auch der Druckschrift D4 keine Anregung zum Verfahren gemäß dem Patentanspruch entnommen werden könne.

Bei dem Walzwerk gemäß der Druckschrift D5 seien die Stützwalzen nicht verschiebbar, würden die dünnen, überlangen Arbeitswalzen gemeinsam gegenüber dem Walzband verschoben und seien die Arbeitswalzen nicht mit einem Biegemoment beaufschlagbar.

Daher würde auch eine Kombination der aus den Druckschriften D4 und D5 bekannten Lehren nicht zum Verfahren gemäß dem Patentanspruch führen und die der Erfindung zugrundeliegende Aufgabe "Erzielung einer hohen Planheit des Walzgutes und eines gleichmäßigen Verschleißes der Arbeitswalzen" nicht lösen.

Auf die von der Kammer aufgeworfene Frage, ob der Fachmann durch die Zusammenschau der Lehren der Druckschriften D4 und D3 zu dem Verfahren gemäß dem Patentanspruch angeregt werden könne, hat die Beschwerdeführerin ausgeführt, daß die Druckschrift D3 zum einen sehr alt sei und zum anderen ein Duo- Walz-Gerüst mit starren, nicht mit einem Biegemoment beaufschlagbaren Arbeitswalzen betreffe. Der Fachmann, welcher sich mit einer Verbesserung eines Vier-Walzen-Gerüstes mit biegemomentbeaufschlagbaren Arbeitswalzen im Sinne einer Annäherung an die vorteilhaften Wirkungen eines Sechs-Walzen-Gerüstes befasse, würde die Druckschrift D3 daher nicht in Betracht ziehen.

Sämtliche Merkmale des Verfahrens gemäß dem Patentanspruch wirkten in dem Sinne einer Kombination derart zusammen, daß beim fortlaufenden Walzen von Walzbändern gleicher Breite der Verschleiß der Walzenoberfläche vergleichmäßigt und der Walzspalt möglichst parallel gehalten werde, so daß ein hohes Maß an Planheit des Walzgutes und eine lange Standzeit der Walzen erreicht werde. Die von der Beschwerdegegnerin in Betracht gezogenen Druckschriften legten weder einzeln noch in ihrer Zusammenschau die beanspruchte Merkmalskombination nahe.

iii) Die Beschwerdegegnerin hat im wesentlichen folgendes vorgetragen:

Der Patentanspruch sei im Hinblick auf Artikel 123 (2) EPÜ nicht zulässig, weil die Merkmale "nach dem Durchlauf eines oder mehrerer Bänder" und "Verschiebewege" in den ursprünglich eingereichten Unterlagen nicht offenbart seien.

Obwohl die Druckschriften D4 und D5 verspätet genannt worden seien, müßten sie in Betracht gezogen werden, da sie einen sehr relevanten Stand der Technik repräsentierten, welcher die Patentfähigkeit des Verfahrens gemäß dem Patentanspruch in Frage stelle. Zudem sei die Druckschrift D4 bereits im Recherchenbericht genannt und in das Prüfungsverfahren (Bescheid der Prüfungsabteilung vom 5.3.86) eingeführt worden.

Die Druckschrift D4 offenbare die Lehre, zum Vermeiden einer zu starken Durchbiegung der Arbeitswalzen die Stützwalzen in Abhängigkeit von der Breite des Walzbandes gegensinnig derart zu verschieben, daß sie mit ihren jeweiligen Walzenballenenden in etwa in Flucht zu einem der Walzgutränder ausgerichtet seien, wodurch eine hohe Planheit der Walzgutoberfläche erzielbar sei.

Ferner sei es durch die Druckschrift D5 bekannt, zum Zwecke einer gleichmäßigen Verteilung des Verschleißes auf den Oberflächen der Arbeitswalzen diese nach einem Walzbanddurchlauf axial gegen das Walzband zu verschieben.

Wenn der Fachmann die beiden Teilaufgaben "Erzielung möglichst hoher Planheit des Walzgutes" und "gleichmäßige Verteilung des Verschleißes auf der Walzenoberfläche" lösen wollte, sei es für ihn naheliegend, diese beiden Lehren der Druckschriften D4 und D5 zu kombinieren und somit zum Verfahren gemäß dem Patentanspruch zu gelangen.

Zum gleichen Ergebnis gelange der Fachmann auch dann, wenn er die Lehren der Druckschriften D4 und D3 miteinander kombiniere, weil auch die Druckschrift D3 die Lehre vermittle, beim Walzen von Metallbändern gleicher Breite zur Erzielung einer gleichmäßigen Verschleiß-Abnutzung der Walzenoberflächen der Arbeitswalzen diese von Zeit zu Zeit gegen die Metallbänder axial um gegenläufige Verschiebewege zu verschieben.

Das Verfahren gemäß dem Patentanspruch beruhe daher im Hinblick auf die Druckschriften D4 und D5 bzw. D3 auf keiner erfinderischen Tätigkeit.

iv) Die Beschwerdeführerin beantragte:

1. die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung,

2. die Aufrechterhaltung des Patents auf der Grundlage des in der mündlichen Verhandlung überreichten Anspruchs sowie der angepaßten neuen Beschreibung und Zeichnungen,

3. hilfsweise die Sache zur weiteren Entscheidung an die Einspruchsabteilung zurückzuverweisen.

v) Die Beschwerdegegnerin beantragte:

1. die Zurückweisung der Beschwerde,

2. hilfsweise die Sache an die Einspruchsabteilung zurückzuverweisen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerdegegnerin hat zum ersten Mal in der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer den Einspruchsgrund der unzulässigen Erweiterung gemäß Artikel 123 (2) EPÜ im Hinblick auf die Merkmale "nach dem Durchlauf eines oder mehrerer Bänder" und "Verschiebewege" vorgebracht.

Die erst jetzt beanstandeten Merkmale waren schon im Anspruch 1 des am 9. November 1988 erteilten Patents enthalten. Während der 3 1/2-jährigen Dauer des Einspruchsverfahrens hat weder die Beschwerdegegnerin noch die Einspruchsabteilung noch die Beschwerdekammer die Zulässigkeit der genannten Merkmale im Sinne des Artikels 123 (2) EPÜ bezweifelt. Im vorliegenden Fall liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, daß die beanstandeten Merkmale im Hinblick auf Artikel 123 (2) EPÜ nicht zulässig sein könnten, und daß der verspätet vorgebrachte Einspruchsgrund für die zu treffende Entscheidung von Bedeutung sein könnte.

Die Kammer übt daher ihr Ermessen gemäß Artikel 114 (2) EPÜ dahingehend aus, den von der Beschwerdegegnerin im Hinblick auf Artikel 100 c) EPÜ verspätet vorgebrachten Einspruchsgrund nicht zu berücksichtigen.

2. Die im Patentanspruch enthaltenen Merkmale sind in folgenden Stellen der ursprünglich eingereichten Unterlagen offenbart: Ansprüche 1 und 3; Seite 5, erster Absatz; Seite 7, zweiter Absatz; Seite 10, Zeilen 20 bis 35; Figuren 5 und 7.

Der neue Patentanspruch ist gegenüber dem erteilten Anspruch 1 nur durch einige Klarstellungen und durch Ersatz der zweiteiligen durch die einteilige Anspruchsform, welche im vorliegenden Fall als zweckdienlich angesehen wird, geändert worden, so daß sein Schutzbereich nicht erweitert worden ist.

Der neue Patentanspruch ist im Hinblick auf Artikel 123 (2) und (3) EPÜ zulässig.

3. Die Druckschrift D1 repräsentiert keinen Stand der Technik gemäß Artikel 54 (2) EPÜ, weil sie erst am 23. Dezember 1982, also nach dem Prioritätstag des angefochtenen Patents vom 6. Dezember 1982 veröffentlicht worden ist. Die Druckschrift D1 ist daher nicht in Betracht zu ziehen.

4. Die Druckschrift D4 offenbart ein Verfahren zum Walzen von Metallbändern in einem Vier-Walzen-Gerüst unter Nutzung biegemomentbeaufschlagbarer Arbeitswalzen und axial verschiebbarer Stützwalzen, bei dem die Stützwalzen in Abhängigkeit von der Breite des jeweiligen Walzguts gegensinnig derartig verschiebbar sind, daß je ein Ballenende der oberen Stützwalze mit einer der Flanken des Walzbands und das gegenüberliegende Ballenende der unteren Stützwalze mit der der ersten gegenüberliegenden Flanke des Walzbands bündig stehen. Durch diese Verschiebbarkeit der Stützwalzen soll eine gute Planheit der Walzgutoberfläche erzielbar sein (vgl. Anspruch 1, Spalte 2, Zeilen 11 bis 31 und Figur 3 der Druckschrift D4).

Die Druckschrift D4 repräsentiert einen Stand der Technik, der Merkmale der Erfindung offenbart, welche zur guten Planheit der gewalzten Bänder beitragen.

Die Druckschrift D5 offenbart ein Verfahren zum Walzen von Metallbändern in einem Vier-Walzen-Gerüst unter Nutzung axial verschiebbarer Arbeitswalzen und Stützwalzen, bei welchem die Arbeitswalzen während einer Walzenreise von Zeit zu Zeit axial gegen die Walzbänder verschoben werden, um einen ungleichen Verschleiß der Arbeitswalzenoberfläche zu vermeiden, welcher nachteilige Folgen auf die Standzeit der Walzen und die Planheit des Walzbands hat (vgl. Seite 1, linke Spalte, Zeilen 3 bis 33, Anspruch 1 und Figuren 1 und 4).

Aus diesen Gründen sind die verspätet genannten Druckschriften D4 und D5 im Hinblick auf Artikel 114 (1) EPÜ bei der Prüfung der erfinderischen Tätigkeit in Betracht zu ziehen.

5. Die Neuheit des Verfahrens gemäß dem Patentanspruch gegenüber den durch die Druckschriften D2 bis D5 bekannten Verfahren ist von der Beschwerdegegnerin nicht in Frage gestellt worden. Da auch die Kammer die Neuheit als gegeben ansieht, erübrigt sich ein weiteres Eingehen hierauf.

6. Das Verfahren gemäß dem Patentanspruch wird durch die Kombination der Lehren der Druckschriften D2 und D3 aus den nachstehend genannten Gründen nicht nahegelegt:

Von dem Verfahren gemäß der Druckschrift D2 unterscheidet sich das Verfahren gemäß dem Patentanspruch durch die Merkmale

a) die Stützwalzen sind in Abhängigkeit von der Breite des jeweiligen Walzguts gegensinnig derartig verschiebbar, daß je ein Ballenende der oberen Stützwalze mit einer der Flanken des Walzbandes und das gegenüberliegende Ballenende der unteren Stützwalze mit der der ersten gegenüberliegenden Flanke des Walzbands bündig stehen, und

b) die Arbeitswalzen werden beim Walzen von Metallbändern gleicher Breite nach dem Durchlauf eines oder mehrerer Bänder gegen diese axial um gegenläufige Verschiebewege verschoben.

Das Merkmal a) kompensiert eine Biegung der Arbeitswalzen durch die Versetzung der Stützwalzen, was eine bessere Planheit des Metallbands zur Folge hat (vgl. Spalte 4, Zeilen 40 bis 56 der Patentschrift).

Das Merkmal b) bewirkt, daß beim Walzen von Metallbändern gleicher Breite der durch die Bandkanten hervorgerufene Verschleiß der Arbeitswalzen gleichmäßig über deren Breite verteilt wird, wodurch die Standzeit der Arbeitswalzen verlängert werden kann (vgl. Spalte 3, Zeilen 48 bis 58 der Patentschrift).

Dagegen besteht das durch den Gegenstand des Anspruchs zu lösende technische Problem darin, ein Verfahren zum Walzen von Metallbändern bereitzustellen, das es erlaubt, in einem Vier-Walzen-Gerüst fortlaufend Metallbänder gleicher Breite zu walzen, wobei die gefertigten Metall bänder möglichst plan und die Standzeit der Arbeitswalzen möglichst lang sein sollen.

Dem Verfahren gemäß der Druckschrift D2 liegt die Aufgabe zugrunde, Walzgut hoher Planheit herzustellen, wobei der Verschleißeinfluß der Arbeitswalzen auf das Walzgut gering sein soll. Gemäß der Druckschrift D2 wird diese Aufgabe dadurch gelöst, daß in einem Vier-Walzen-Gerüst beim aufeinanderfolgenden Walzen von Walzgut abnehmender Breite die Arbeitswalzen gegeneinander in der Weise axial verschoben werden, daß sich die durch die Arbeitswalzen definierte Berührungslänge der Walzen von Mal zu Mal entsprechend der Breite des Walzguts verkürzt und diese Berührungslänge annähernd gleich der Plattenbreite des Walzguts ist (vgl. Anspruch 10 und Figur 3).

Im Zusammenhang mit einem Vier-Walzen-Gerüst ist in der Druckschrift D2 bezüglich der Verschiebbarkeit der Stützwalzen auf Seite 8, zweiter Absatz, lediglich ausgeführt, daß es vorteilhaft sei, zur Verringerung von Dickenunebenheiten in Richtung der Breite des Walzguts die wirksame Länge der Stützwalze auch gleich der Plattenbreite des Walzguts zu halten. Wegen der Druckeinrichtung sei es jedoch in der Praxis schwierig, die Stützwalze axial zu verschieben. In dieser Textstelle ist zwar die Möglichkeit angedeutet, die Stützwalzen axial zu verschieben, um die Planheit des Walzgutes zu verbessern. Jedoch hält die o. a. Textstelle den Fachmann eher von einer Axialverschiebung der Stützwalzen ab. Keineswegs kann aus dieser Textstelle die konkrete Vorschrift gemäß dem o. a. Merkmal a) des Patentanspruchs entnommen oder abgeleitet werden.

Gemäß der Druckschrift D2 erfolgt zwar auch eine axiale Verschiebung der Arbeitswalzen, jedoch nicht in dem Sinne, daß der Verschleiß vergleichmäßigt wird, sondern es wird eine Abstaffelung des Verschleißes derart vorgenommen, daß von einem Ballenende zum anderen immer nur tiefere Verschleißbereiche auftreten können. Der erhöhte, in die Walzen einfurchende Bandkantenverschleiß beim Walzen stets gleicher Metallbänder ist hier gar nicht berücksichtigt, denn ein solcher Bandkantenverschleiß tritt bei dem Verfahren gemäß der Druckschrift D2 nicht in Erscheinung, da dort fortlaufend Bänder verringerter Breite gewalzt werden. Die Zonen des verstärkten Kantenverschleißes werden hierbei durch schmälere folgende Bänder jeweils verlassen. Die Schwierigkeiten, die sich beim Walzen einer größeren Anzahl aufeinanderfolgender Walzbänder gleicher Breite ergeben, können daher mit den Maßnahmen gemäß der Druckschrift D2 nicht beseitigt werden.

Die Druckschrift D3 beschreibt ein Walzwerk mit zwei Walzen, welche axial gegeneinander verschiebbar sind, um beim Walzen von Metallbändern eine gleichmäßige Abnutzung der Walzen und damit eine längere Standzeit zu erreichen. Damit offenbart die Druckschrift D3 zwar das Merkmal b), jedoch sind gemäß der Druckschrift D3 die Walzen so kräftig dimensioniert, daß sie nicht mit einem Biegemoment beaufschlagbar sind. Ferner sind gemäß der Druckschrift D3 keine Stützwalzen vorhanden.

Daher führt auch eine Kombination der Lehren gemäß den Druckschriften D2 und D3 nicht zum Verfahren des Patentanspruchs, weil keine der beiden Druckschriften das Merkmal a) offenbart oder nahelegt.

7. Angesichts der Bedeutung der erst im Beschwerdeverfahren genannten Druckschriften D4 und D5 (siehe hierzu Punkt 4 dieser Entscheidung) sieht die Kammer beim derzeitigen Verfahrensstand davon ab, eine Entscheidung darüber zu treffen, ob das Verfahren gemäß dem Patentanspruch gegenüber den den Druckschriften D4, D3 und D5 zu entnehmenden Lehren auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, da den beteiligten Parteien nicht das Recht auf eine anfechtbare Entscheidung über diesen Punkt genommen werden soll. Zudem haben sowohl die Beschwerdeführerin als auch die Beschwerdegegnerin die Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung für den Fall beantragt, daß die Kammer die Druckschriften D4 und D5 für entscheidungserheblich ansieht.

Daher verweist die Kammer die Sache in Ausübung ihres Ermessens nach Artikel 111 (1) EPÜ an die Einspruchsabteilung zurück, mit der Auflage, die erfinderische Tätigkeit des beanspruchten Verfahrens im obigen Sinne zu prüfen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Sache wird an die Einspruchsabteilung zurückverwiesen mit der Auflage, die Prüfung der erfinderischen Tätigkeit des Gegenstandes des in der mündlichen Verhandlung überreichten, formal zulässigen Anspruchs anhand der Druckschriften D3, D4 und D5 durchzuführen.

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