European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:1991:T028989.19910130 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 30 Januar 1991 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0289/89 | ||||||||
Anmeldenummer: | 83111319.6 | ||||||||
IPC-Klasse: | B32B 27/36 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | |||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Polycarbonat-Kunststofftafel | ||||||||
Name des Anmelders: | Röhm | ||||||||
Name des Einsprechenden: | 1) Kaysersberg S.A. 2) Resart-Ihm AG 3) General Electric |
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Kammer: | 3.3.02 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Novelty (main request) - novelty destroying state of the art Inventive step (auxiliary requests) - closely related alternative Neuheit (Hauptantrag) -neuheitsschädlicher Stand der Technik Erfinderische Tätigkeit (Hilfsanträge) -naheliegende Alternative |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Auf die europäische Patentanmeldung 83 111 319.6 wurde am April 1987 das europäische Patent 0 110 221 auf der Grundlage von fünf Ansprüchen erteilt.
II. Gegen die Patenterteilung legten die drei Beschwerdegegnerinnen (Einsprechenden 0I, 0II und 0III) Einspruch ein. Sie bezogen sich während des Einspruchsverfahrens auf eine Reihe von Dokumenten, wovon für diese Entscheidung lediglich folgende von Bedeutung sind:
(1) US-A-4 264 680 (2) DE-A-1 694 273 III. Die Einspruchsabteilung widerrief das europäische Patent wegen mangelnder erfinderischen Tätigkeit gegenüber Dokument (D1).
Die unabhängigen Ansprüche 1 und 5 des Streitpatents hatten den folgenden Wortlaut:
1. Kunststofftafel, bestehend aus einer Kernschicht aus Polycarbonatkunststoff, die nicht mehr als 0,5 Gew.-% eines UV-Absorbers enthält, und auf wenigstens einer Seite der Kernschicht aus einer mit der Kernschicht koextrudierten Deckschicht aus Kunststoff, die wenigstens 3 Gew.-% eines UV-Absorbers enthält, dadurch gekennzeichnet, daß die Deckschicht aus Polycarbonatkunststoff besteht.
5. Verfahren zur Herstellung einer Kunststofftafel gemäß den Ansprüchen 1 bis 4, durch Koextrusion einer Kernschicht aus Polycarbonatkunststoff und einer Deckschicht aus einem Kunststoff, der wenigstens 3 Gew.-% eines UV-Absorbers enthält, auf wenigstens einer Seite der Kernschicht mittels einer Kunststoff-Schlitzdüse, in die aus zwei Extrudern plastifizierte Massen zur Bildung der Kern- und Deckschichten eingepreßt werden, dadurch gekennzeichnet, daß als Kunststoff zur Bildung der Deckschicht ein Polycarbonatkunststoff eingesetzt wird.
IV. Gegen diese Entscheidung hat die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) Beschwerde eingelegt.
i) Zusammen mit der Beschwerdebegründung hat die Beschwerdeführerin hilfsweise einen geänderten Anspruchssatz vorgelegt, der sich von der bisherigen Fassung der Ansprüche im wesentlichen dadurch unterscheidet, daß in den kennzeichnenden Teil der erteilten Ansprüchen 1 und 5 eine Aufzählung bestimmter UV-Absorber eingefügt wurde [siehe Punkt VII ii)].
ii) Mit Schreiben vom 2. März 1990 wurde, ebenfalls hilfsweise, ein weiterer Anspruchssatz vorgelegt dessen Ansprüche 1 und 5 sich von den erteilten im wesentlichen dadurch unterscheiden, daß ein Disclaimer in den Oberbegriff aufgenommen wurde der folgenden Wortlaut hat: "..... ausgenommen UV-Absorber nach US-Patent 4 264 680 ...." [siehe Punkt VII i)].
V. Eine mündliche Verhandlung fand am 30. Januar 1991 in Gegenwart aller betroffenen Parteien statt.
i) Zur Begründung ihrer Beschwerde machte die Beschwerdeführerin im wesentlichen folgendes geltend:
Die Neuheit der erteilten Ansprüche sei in der angefochtenen Entscheidung nicht in Frage gestellt worden. Die gemäß Streitpatent beanspruchte Kunststofftafel sei neu, da in Dokument (D1) die Deckschicht aus Polycarbonat nicht eindeutig und unmittelbar im Zusammenhang mit der Koextrusionstechnik offenbart werde. Vielmehr werde dort eine Anzahl an Wahlmöglichkeiten eröffnet, die nicht zwingend zu der neu beanspruchten Kunststofftafel führten. Aus Spalte 7, Zeilen 6 bis 15 werde außerdem deutlich, daß dieses Dokument nicht eine Deckschicht aus Polycarbonat (PC) offenbare, sondern lediglich eine Deckschicht aus einem harzartigen Medium, in dem der UV-Absorber dispergiert sei. In Beispiel 2 werde zwar eine Trägerschicht (PC) im Zusammenhang mit einer Auftragschicht [Polymethylmethacrylat (PMMA)] erwähnt, jedoch handle es sich hierbei nur um eine Lackschicht. Auf jeden Fall seien die beiden hilfsweise vorgelegten Anspruchsfassungen neu aufgrund der klaren Abgrenzung gegenüber Dokument (D1).
Für alle Anspruchsfassungen sei eine erfinderische Tätigkeit anzuerkennen, da in der angefochtenen Entscheidung nicht gebührend berücksichtigt worden sei, daß die in Dokument (D1) erwähnten Lösungen zum Schutz gegen UV-Strahlung mit besonderen Eigenschaften der dort verwendeten Dicyano-Absorber in Verbindung gebracht werden. Dies gelte insbesondere für deren Verarbeitbarkeit durch Koextrusion. Die Anwendungsmöglichkeiten der speziellen Dicyano-Absorber seien daher nicht ohne weiteres auf übliche UV-Absorber übertragbar gewesen. Wie im Streitpatent ausgeführt, habe es erhebliche Bedenken gegen Deckschichten aus Polycarbonat gegeben. Das deutsche Gebrauchsmuster G 8 113 747 (3) zeuge beispielsweise von den Schwierigkeiten denen der Fachmann bei der Herstellung koextrudierter Kunststofftafeln aus Polycarbonat gegenüberstehe. Auch sei es für den Fachmann überraschend gewesen, daß eine aus koextrudiertem Polycarbonat hergestellte Kunststofftafel weniger zur Rißbildung und somit zum Spannungsbruch (Spannungsrißkorrosion) neige als eine entsprechende Platte mit Polycarbonat-Lackschicht.
Insbesondere die Behebung dieses Nachteils sei bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit zu berücksichtigen, da gerade die Spannungsrißkorrosion in der Praxis eine erhebliche Bedeutung habe, weil ein großer Teil der extrudierten PC-Platten in kalt gebogener Form verlegt werde (z. B. im Gewächshausbau). Die Spannungsrißkorrosion führe zu verminderter Lichtdurchlässigkeit und nach längerer Bewitterung auch zur Bruchempfindlichkeit, insbesondere durch Hagelschlag. Es bestehe daher in der Praxis ein starkes Bedürfnis nach PC-Platten, die auch bei Verlegung unter Spannung eine hohe Beständigkeit gegen Spannungsrißkorrosion zeigten. Dem entgegengehaltenen Stand der Technik sei aber nicht zu entnehmen, daß gerade koextrudierte PC-Schutzschichten diesen besonderen Vorteil gegenüber PC-Lackbeschichtungen zeigten. Welcher UV-Absorber hierbei verwendet werde sei nicht kritisch; geeignet seien alle üblichen UV-Absorber. Die Erfindung liege nicht in der Auswahl des Absorbers.
ii) Die Beschwerdegegnerinnen haben diesem Vorbringen widersprochen und dabei im wesentlichen folgende Argumente vorgetragen:
Durch Dokument (D1) seien alle Merkmale des erteilten Anspruchs 1 neuheitsschädlich vorweggenommen, da dieses Dokument alle beanspruchten Maßnahmen in unmittelbarem Zusammenhang miteinander offenbare. Insbesondere habe der Fachmann die Verbindung von gegen UV-Strahlung stabilisierten Polycarbonatdeckschichten mit einem Polycarbonatkern durch Koextrusion dieser Druckschrift unmittelbar entnehmen können. Die dort beschriebenen Koextrudate hätten folglich zwangsläufig die gleichen Vorteile wie die Erzeugnisse des Streitpatents.
Auch wenn in Verbindung mit dem Koextrudieren in Spalte 7, Zeile 8 von einem harzartigen Medium (resinous Medium) die Rede sei, so nur deshalb, weil im vorausgehenden Satz für die Deckschicht sowohl Polymethacrylatharz als auch Polycarbonatharz genannt seien. Um diese Aufzählung nicht wiederholen zu müssen, werde deshalb anschließend von "dem harzartigen Medium, in den der UV-Absorber dispergiert ist", gesprochen. Außerdem sei dort ausgeführt, daß wegen der hohen Temperaturbeständigkeit und geringen Flüchtigkeit des UV-Stabilisators die PC-Schicht und die den Stabilisator enthaltende Harzschicht mit Vorteil bei erhöhten Temperaturen koextrudiert werden könnten, um die obere, den UV-Absorber enthaltende Deckschicht fest an die PC-Schicht zu binden (closed bond).
Auch könne eine Einschränkung auf andere UV-Absorber als die aus Dokument (D1) bekannten allenfalls die Neuheit des beanspruchten Gegenstands herstellen, da die gemäß Streitpatent in Frage kommenden UV-Absorber als solche für Polycarbonat bzw. für polymere Werkstoffe allgemein bekannt seien und es daher nicht erfinderisch sein konnte diese in dem aus Dokument (D1) bekannten Verfahren anstelle der dort beschriebenen zu benutzen. Es sei übrigens unbestritten, daß solch übliche UV-Absorber hinlänglich bekannt seien aus einer Reihe von Patentdokumenten, so z. B. aus den schon erwähnten Dokumenten (D2) und (D3) sowie auch aus Dokument (D4) DE-C-1 112 626. Da die Beschwerdeführerin außerdem selber betont habe, daß die Erfindung nicht im UV-Absorber liege, handle es sich bei der hier vorgenommenen Maßnahme eindeutig um einen nicht erfinderischen Materialaustausch.
VI. Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent in der erteilten Fassung aufrechtzuerhalten, hilfsweise mit den Ansprüchen 1 bis 5 vom 2. März 1990, weiter hilfsweise mit den Ansprüchen 1 bis 5 vom 21. April 1989.
Die Beschwerdegegnerinnen beantragten die Zurückweisung der Beschwerde.
VII. Der Hauptanspruch gemäß dem ersten bzw. zweiten Hilfsantrag hat den folgenden Wortlaut:
i) erster Hilfsantrag (Hervorhebungen verdeutlichen die Unterschiede gegenüber der erteilten Fassung).
1. Kunststofftafel, bestehend aus einer Kernschicht aus Polycarbonatkunststoff, die nicht mehr als 0,5 Gew.-% eines üblichen UV-Absorbers für Kunststoffe enthält, und auf wenigstens einer Seite der Kernschicht aus einer mit der Kernschicht koextrudierten Deckschicht aus Kunststoff, die wenigstens 3 Gew.-% eines üblichen UV-Absorbers für Kunststoffe, ausgenommen UV-Absorber nach US-Patent 4 264 680, enthält, dadurch gekennzeichnet, daß die Deckschicht aus Polycarbonatkunststoff besteht.
ii) zweiter Hilfsantrag (Hervorhebungen verdeutlichen die Unterschiede gegenüber der erteilten Fassung):
1. Kunststofftafel, bestehend aus einer Kernschicht aus Polycarbonatkunststoff, die nicht mehr als 0,5 Gew.-% eines üblichen UV-Absorber für Kunststoffe enthält, und auf wenigstens einer Seite der Kernschicht aus einer mit der Kernschicht koextrudierten Deckschicht aus Kunststoff, die wenigstens 3 Gew.-% eines üblichen UV-Absorbers für Kunststoffe enthält, dadurch gekennzeichnet, daß die Deckschicht aus Polycarbonatkunststoff besteht, und als UV-Absorber Abkömmlinge des 2-Hydroxy-benzophenons, oder des Benzotriazols oder 2,4-Dihydroxybenzoylfuran, Salicylsäurephenylester, Resorcindisalicylat, Resorcin-mono- und di-benzoat, Benzylbenzoat, Stilben, ß-Methylumbelliferon oder dessen Benzoat enthält.
Bei beiden Hilfsanträgen unterscheidet sich der unabhängige Anspruch 5 vom jeweiligen Hauptanspruch lediglich durch die Ausgestaltung als Verfahrensanspruch nach dem Vorbild der erteilten Fassung.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Wie im Streitpatent in Spalte 3, Zeilen 14 bis 16 ausgeführt enthält die Deckschicht in der erteilten Fassung des Patents wenigstens 3 Gew.-% eines üblichen UV-Absorbers für Kunststoffe d. h. daß nach der ursprünglichen Offenbarung irgendein bzw. alle üblichen Absorber in den angegebenen Mengen verwendet werden können. Aufgrund der in Dokument (D1) genannten Dicyano-Absorber für die Deckschicht hat die Beschwerdeführerin deshalb im vorliegenden Fall ein berechtigtes Interesse daran eine Abgrenzung gegenüber dieser Entgegenhaltung vorzunehmen um dadurch den seitens der Beschwerdegegnerinnen erhobenen Einwand der mangelnden Neuheit auszuräumen.
Gemäß der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern, ist es in Fällen einer Überschneidung des generell Beanspruchten mit dem Stand der Technik zulässig, einen speziellen Stand der Technik durch eine Ausnahmebestimmung (Disclaimer) von dem beanspruchten Gegenstand auszuschließen, auch wenn den ursprünglichen Unterlagen keine konkreten Anhaltspunkte für einen solchen Ausschluß zu entnehmen sind (T 433/86 vom 11. Dezember 1987 "Isocyanate" - nicht veröffentlicht im ABl. EPA), vorausgesetzt der verbleibende Gegenstand kann nicht klarer und knapper durch positive technische Merkmale definiert werden (T 4/80, ABl. EPA 1982, 149 "Polyätherpolyole"). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt, da die Aufzählung aller in Frage kommenden üblichen UV-Absorber (ausgenommen den aus Dokument (D1) bekannten) den Rahmen eines knappen und deutlichen Patentanspruches gewiß sprengen würde, wobei eine solche Aufzählung aber nicht mit Artikel 123 (2) EPÜ vereinbar sein dürfte. Außerdem könnte dies wegen einer möglicherweise unvollständigen Aufzählung zu einer ungerechtfertigten bzw. unbeabsichtigten Beschränkung des Anspruchs führen. Der gemäß dem ersten Hilfsantrag gewählte Wortlaut der Ansprüche stellt daher zweifelsohne die präziseste und knappste Form der Einschränkung gegenüber Dokument (D1) dar. Allerdings kann die Kammer die gewählte Formulierung "... ausgenommen UV-Absorber nach US-Patent 4 264 680 ..." nicht billigen, da ein Patentanspruch aus sich heraus verständlich sein muß, damit jeder Dritte anhand der Patentschrift den Schutzbereich des Patents feststellen kann. Dem entspricht ein Disclaimer, der zum Ausschluß eines Bereichs lediglich auf eine Druckschrift des Standes der Technik Bezug nimmt, nicht (T 11/89 vom 6.12.1990 "Naphthyridin-Derivate" - nicht veröffentlicht im ABl. EPA). Auf eine förmliche Richtigstellung des Wortlauts des Disclaimers hat die Kammer im vorliegenden Fall verzichtet, da das Patent aus anderen Gründen keinen Bestand haben kann.
Da alle weiteren Änderungen bzw. Präzisierungen in den beiden hilfsweise vorgelegten Anspruchsfassungen (siehe Punkt VII oben) ihre Stütze in der ursprünglich eingereichten Anmeldung haben (vgl. insbesondere Seite 4, letzter Absatz bis Seite 5, erster Absatz), ist davon auszugehen, daß beide Fassungen den Erfordernissen des Artikels 123 (2) und (3) EPÜ genügen. Dies wurde von den Beschwerdegegnerinnen auch nicht bestritten.
3. Der Gegenstand des Streitpatents betrifft eine mehrschichtige Polycarbonat-Kunststofftafel, bestehend aus einer Kernschicht aus PC-Kunststoff und, wenigstens auf einer Seite der Kernschicht, aus einer koextrudierten Deckschicht aus Kunststoff, die wenigstens 3 Gew.-% eines UV-Absorbers enthält, sowie ein Verfahren zu deren Herstellung.
4. Am nächsten kommender Stand der Technik ist Dokument (D1), welches in den Beispielen 2 und 3 PC-Tafeln beschreibt, die mit einer Lackschicht aus PMMA beschichtet sind, welche 5 Gew.-% eines Dicyano-Absorbers bzw. eines anderen bekannten UV-Absorbers als Vergleichssubstanz (Univul N-35, Univul N-539 oder Cyasorb 1988) enthalten.
Anschließend daran wird dann ausgeführt, daß als Alternative zum PMMA-Harz für das Dispergieren des UV-Stabilisators und die Aufbringung als dünne Deckschicht auf das PC-Harz, andere Harze als Dispersionsmedium für den UV-Stabilisator verwendet werden können, beispielsweise PC-Harz selbst, dessen Schichtdicke zwischen 0,1 bis 50 mils liegen kann, insbesondere bei der Verwendung als Wirkstoff für Verglasungen. Aufgrund der hohen Temperaturbeständigkeit des UV-Stabilisators und dessen geringer Flüchtigkeit können das PC-Substrat und das harzartige Medium, in welchem der UV-Stabilisator zum Zwecke der Aufbringung auf die Oberfläche des PC-Substrats dispergiert ist mit Vorteil bei erhöhten Temperaturen mittels einer herkömmlichen Vorrichtung koextrudiert werden, um zwischen der oberen, den UV-Absorber enthaltenden Deckschicht und dem PC-Substrat eine feste Bindung (close bond) herzustellen (siehe Spalte 5, Zeile 40 bis Spalte 7, Zeile 15).
Hauptantrag
5. Wie aus diesen Ausführungen ersichtlich, wird die allgemeine Aussage in Dokument (D1), daß anstelle von PMMA-Harz auch andere Harze als Dispersionsmedium für den UV-Stabilisator in Frage kommen unmittelbar danach konkretisiert, und zwar insofern als aus dem Gesamtzusammenhang eindeutig hervorgeht, daß insbesondere zum Zwecke der Verglasung vorgeschlagen wird, die in den Beispielen 2 und 3 beschriebenen PC-Tafeln mit einer 0,1 bis 50 mils (2,5 bis 1270 µm) starken Deckschicht aus PC-Harz zu überziehen unter Beibehaltung der gleichen Mengen an UV-Stabilisator wie für die PMMA-Deckschicht.
Wenn im Anschluß daran in Verbindung mit der Koextrusion von einem "harzartigen Medium" die Rede ist, dann nur deshalb, weil gerade vorher festgestellt wurde, daß neben PMMA auch andere Harze als Deckschicht geeignet sind, insbesondere Polycarbonat. Die hier gewählte Formulierung dient daher offensichtlich der Vermeidung einer wiederholten ausdrücklichen Nennung der Beschichtungsharze. Es ist daher völlig klar, daß die zur Herstellung einer festen Bindung an das PC-Substrat vorgeschlagene Koextrusion auch Deckschichten aus PC-Harz betrifft.
Dies zeigt jedoch, daß ausgehend von den Beispielen Dokument (D1) Informationen enthält, deren Beachtung unweigerlich zu der beanspruchten Kunststofftafel führt. Anders ausgedrückt beinhaltet die Lehre der Entgegenhaltung auch die genauen Anweisungen zur Abwandlung der in den Beispielen beschriebenen Schichtstoffe, deren zwangsläufiges Resultat eine zweischichtige koextrudierte Kunststofftafel ist, deren Substrat-und Deckschicht aus PC-Harz besteht, wobei die Substratschicht frei von Stabilisatoren ist und die Deckschicht die angegebene Menge an UV-Stabilisator (5 Gew.-%) enthält (vgl. T 12/81, "Diastereomere", ABl. EPA 1982, 296). Da auch im Streitpatent die Kern- oder Substratschicht völlig frei von UV-Absorbern sein kann (siehe Anspruch 1 in Verbindung mit Spalte 3, Zeilen 43 bis 48), ist der beanspruchte Gegenstand durch diese Vorveröffentlichung neuheitsschädlich getroffen.
Diese Ausführungen widerlegen die Auffassung der Beschwerdeführerin, daß Dokument (D1) nicht zwingend zum beanspruchten Gegenstand führe.
Erster und zweiter Hilfsantrag
6. Die Anspruchsfassung gemäß den Hilfsanträgen betreffen zwei unterschiedliche Weisen der Abgrenzung gegenüber Dokument (D1) (siehe Punkt VII oben). Der Disclaimer gemäß dem ersten Hilfsantrag bringt zum Ausdruck, daß die in Dokument (D1) genannten UV-Absorber vom Schutzbegehren ausgenommen sind, wogegen im zweiten Hilfsantrag eine noch weitergehende Einschränkung vorgenommen wurde, und zwar dadurch, daß bestimmte in Frage kommende UV-Absorber aufgelistet werden. Es handelt sich dabei um die Gruppe von üblichen UV-Absorbern die im Streitpatent besonders hervorgehoben wird (siehe Spalte 3, Zeilen 27 bis 36). Die in Dokument (D1) erwähnten Absorber fallen eindeutig nicht unter diese Aufzählung. Beide Anspruchsfassungen sind daher als neu anzusehen.
7. Gegenüber Dokument (D1) besteht die Aufgabe darin, eine Alternative für die dort genannten UV-Absorber zu finden.
Diese Aufgabe wird gemäß Streitpatent dadurch gelöst, daß irgendein üblicher UV-Absorber anstelle der aus Dokument (D1) bekannten eingesetzt wird bzw. ein Absorber aus der bereits erwähnten Gruppe verwendet wird. Die Kammer hat keinen Anlaß dies zu bezweifeln, zumal die Beschwerdegegnerinnen dies ebenfalls nicht substantiell bestreiten.
8.1. Aufgrund der weiter oben gemachten Ausführungen unterscheidet sich der nunmehr beanspruchte Gegenstand von demjenigen der Entgegenhaltung (D1) dadurch, daß zur Lösung der Aufgabe andere übliche UV-Absorber anstelle der bereits bekannten in die Deckschicht aufgenommen werden sollen. Es stellt sich daher die Frage, ob der Fachmann bei der Suche nach einer Lösung diese Maßnahme ins Auge gefaßt hätte. Nach Auffassung der Kammer wäre ihm dabei sicher nicht entgangen, daß in Dokument (D1) ausdrücklich darauf hingewiesen wird, daß aufgrund der hohen Temperaturbeständigkeit des UV-Stabilisators und dessen geringer Flüchtigkeit, mit Vorteil bei erhöhten Temperaturen mittels einer herkömmlichen Vorrichtung koextrudiert werden kann, um eine feste Bindung zwischen Deckschicht und Substrat herzustellen.
Die Kammer bestreitet nicht, daß diese Aussage sich auf den dort beanspruchten Dicyano-Absorber bezieht; sie enthält aber offensichtlich die Erklärung dafür, warum dieser Absorber besonders gut geeignet ist, bei erhöhten Temperaturen koextrudiert zu werden. Diese Information ist zweifelsohne von großer Bedeutung, da dadurch dem Fachmann offenbart wird, worauf es bei der Wahl eines für die Koextrusion geeigneten Absorbers ankommt, nämlich die Temperaturbeständigkeit und die geringe Flüchtigkeit. Aufgrund dieser Erkenntnis erscheint insbesondere Dokument (D3) von Bedeutung, weil dort gerade im Zusammenhang mit auf übliche Weise koextrudierten Kunststoffprofilen vorgeschlagen wird, die Deckschicht u. a. mit einem UV-Absorber auszurüsten, wobei insbesondere Diphenylacrylnitrilsäureester, Benzophenone, Benzotriazole wie 2-Hydroxy-5-methyl-phenyltriazol als geeignet dargestellt werden. Da außerdem wie in den Beispielen von Dokument (D1) die Deckschicht aus PMMA und nur die Kernschicht aus Polycarbonat besteht, drängt sich zwangsläufig die Frage auf, ob diese Absorber nicht ebenso für PC-Deckschichten geeignet sind wie die vorbeschriebenen Dicyano-Absorber (siehe Ansprüche 1, 2 und 4; Seite 4, Zeile 9 bis Seite 5, Zeile 21 und Beispiel).
Da aber aus Dokument (D2) bekannt ist, daß Benzophenone und Benzotriazole bevorzugt für die UV-Stabilisierung von sowohl PMMA- als auch Polycarbonat-Beschichtungen eingesetzt werden (siehe insbesondere Tabelle III und Seite 6, dritter Absatz), ist dem Fachmann deshalb sofort klar, daß diese Absorber alle Voraussetzungen erfüllen um im Rahmen eines üblichen Koextrusionsverfahrens als gleichwertiger Ersatz für die bekannten Dicyano-Absorber in Betracht zu kommen.
Die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Schwierigkeiten bei der Herstellung koextrudierter PC-Kunststofftafeln können in keiner Weise überzeugen, da im Streitpatent hierfür eine an sich bekannte Vorrichtung verwendet wird (siehe Spalte 4, Zeilen 3/4) und deshalb diesbezüglich nicht anders vorgegangen wird wie in Dokument (D1).
8.2. Aus Dokument (D2) geht außerdem hervor, daß die dort genannten Benzophenone und Benzotriazole eindeutig Mehrzweck-Absorber sind, die sehr unterschiedlichen Polymer-Deckschichten zugesetzt werden können, wie etwa Polycarbonat, Polymethyl(meth)acrylat, Polystyrol und Celluloseacetatbutyrat (siehe Seite 5, Zeilen 11 bis 13). Es lag daher auf der Hand, auch andere bekannte Mehrzweck-Absorber, die in hitzeintensiven Beschichtungsverfahren mit derartigen Polymeren eingesetzt werden für die Lösung der Aufgabe in Betracht zu ziehen.
Da die in Dokument (D4) genannten UV-Stabilisatoren u. a. für Schichtstoffe aus Polystyrol geeignet sind, die durch Vergießen einer Schmelze des polymeren Materials hergestellt werden können, hätte der Fachmann nicht nur die dort genannte Benzophenone, sondern auch die gleichzeitig erwähnten Salicylsäurephenylester, Resorcindisalicylat, Resorcinmono- und dibenzoat, Benzylbenzoat, Stilben, ß-Methylumbelliferon, 4-Methylumbelliferonbenzoat, als geeignete Ersatzstoffe für die bekannten UV-Absorber angesehen (siehe Spalte 3, Zeilen 3 bis 49).
Weitere Ausführungen hierzu erübrigen sich, da die Beschwerdeführerin ohnehin zugestanden hat, daß die Erfindung nicht in der Auswahl des UV-Stabilisators liege.
8.3. Die seitens der Beschwerdeführerin mit Nachdruck vertretene Auffassung die Überwindung des bekannten nachteiligen Problems der Spannungsrißkorrosion in PMMA-Deckschichten könne eine erfinderische Tätigkeit begründen, kann die Kammer nicht teilen. Wie in der mündlichen Verhandlung ausführlich dargelegt (siehe Punkt V i), letzter Absatz), geht es hierbei um eine Verwitterungserscheinung, die typisch ist für PMMA-Beschichtungen, die bei Polycarbonat jedoch nicht auftritt. Da aus Dokument (D1) schon eine koextrudierte PC/PC-Kunststofftafel bekannt ist, stellt sich im Zusammenhang mit dem nächstliegenden Stand der Technik dieses Problem nicht mehr. Dieses ist daher weder für die Bestimmung der Aufgabe, noch für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit von Belang; vielmehr ist vom objektiv gegebenen Stand der Technik, d. h. von Dokument (D1), auszugehen. Auf die subjektive Leistung des Erfinders kommt es nicht an (vgl. T 24/81, "Metallveredlung", ABl. EPA 1983, 133).
8.4. Aus alledem ergibt sich, daß die Ansprüche gemäß Hauptantrag bzw. Hilfsantrag 1 und 2 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.