T 0185/88 (Tenside) of 22.6.1989

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1989:T018588.19890622
Datum der Entscheidung: 22 Juni 1989
Aktenzeichen: T 0185/88
Anmeldenummer: 81103329.9
IPC-Klasse: C08G 65/32
Verfahrenssprache: DE
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Fassungen: OJ | Published
Bezeichnung der Anmeldung: -
Name des Anmelders: Henkel
Name des Einsprechenden: Hoechst
Kammer: 3.3.01
Leitsatz: Eine formgerechte Einspruchsbegründung liegt vor, wenn die einzige zum Beleg für das ausschließlich behauptete Fehlen erfinderischer Tätigkeit zitierte Entgegenhaltung (hier: deutsche Patentschrift) zwar nach dem Anmeldetag bzw. Prioritätstag veröffentlicht ist, jedoch einen Hinweis auf die vor dem Anmeldetag bzw. Prioritätstag bekanntgewordene Veröffentlichung (hier: deutsche Offenlegungsschrift) enthält.
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 99(1)
European Patent Convention 1973 R 55(c)
Schlagwörter: Zulässigkeit -Einspruch nur auf nachveröffentlichte Druckschrift gestützt
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 0019/89
T 0641/99
T 0864/04
T 0205/08
T 1225/08

Sachverhalt und Anträge

I. Auf die am 2. Mai 1981 unter Beanspruchung der Priorität einer Voranmeldung in der Bundesrepublik Deutschland vom 12. Mai 1980 eingereichte europäische Patentanmeldung 81 103 329.9 wurde das europäische Patent 39 859 auf der Grundlage von fünf Patentansprüchen erteilt. Patentanspruch 1 lautet wie folgt:

"1. Verfahren zur Herstellung von Polyglykolethermisch- formalen der Formeln I oder II, ..."

Der Hinweis auf die Patenterteilung wurde am 16. Juli 1986 im Patentblatt 86/29 bekanntgemacht.

II. Am 28. März 1987 wurde ein Einspruch eingelegt und unter ausschließlichem Hinweis auf die nachveröffentlichte DE-C- 2 523 588 der Widerruf des Patents in vollem Umfang wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit beantragt. Der relevante Inhalt dieser Druckschrift ist mit der vor dem Prioritätsdatum des angegriffenen Patents veröffentlichten DE-A gleicher Nummer, die im folgenden mit (1) bezeichnet wird, identisch.

III. Mit Entscheidung vom 16. März 1988 wurde der Einspruch, dessen Zulässigkeit trotz erheblicher Bedenken aus verfahrensökonomischen Gründen bejaht wurde, zurückgewiesen.....

V. Am 29. April 1988 wurde gegen diese Entscheidung unter gleichzeitiger Zahlung der vorgeschriebenen Gebühr Beschwerde erhoben. In der am 8. Juli 1988 eingegangenen Beschwerdebegründung wurde vorgetragen, ...

V. Die Beschwerdegegnerin bestritt die Zulässigkeit des Einspruchs mit dem Hinweis darauf, daß dieser ausschließlich auf eine nachveröffentlichte Druckschrift gestützt worden sei. ...

VI. Die Beschwerdeführerin beantragt die Aufhebung der ange- fochtenen Entscheidung und den Widerruf des angegriffenen Patents ...

Die Beschwerdegegnerin beantragt die Zurückweisung der Beschwerde.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde entspricht den Erfordernissen der Artikel 106 bis 108 und Regel 64 EPÜ. Sie ist daher zulässig.

2. Bevor geprüft werden kann, ob die Beschwerde Erfolg haben kann, d. h. ob der Aufrechterhaltung des angegriffenen Patents die geltend gemachten Einspruchsgründe entgegenstehen, ist im vorliegenden Falle zu entscheiden, ob der Einspruch zulässig war, da dies von der Beschwerdegegnerin bestritten wurde.

2.1. Nach Artikel 99 (1) Satz 2 EPÜ ist der Einspruch zu begründen. Dies erfordert die Angabe der patenthindernden Tatsachen für den geltend gemachten Einspruchsgrund, insbesondere das Nennen der Beweismittel. Beruft sich die Einsprechende auf fehlende erfinderische Tätigkeit gegenüber dem Stande der Technik, so eignen sich hierfür in aller Regel nachveröffentlichte Druckschriften nicht, da diese nicht zum Stande der Technik gehören und somit den behaupteten Einspruchsgrund nicht dartun können. Insoweit qualifiziert sich die einzige, innerhalb der Einspruchsfrist genannte nachveröffentlichte DE-C-2 523 588 selbst nicht als Beweismittel.

2.2. Indes enthält diese Druckschrift im Kopf der Frontseite den nicht zu übersehenden Hinweis auf den vor dem Prioritätszeitpunkt des Streitpatents liegenden Offenlegungstag der korrespondierenden Offenlegungsschrift. Es ist daher auf den ersten Blick erkennbar, daß es sich bei der Zitierung des Beweismittels um einen Mißgriff in der Wahl der Druckschrift handelt, und daß anstelle der nachveröffentlichten Patentschrift die darauf basierende Offenlegungsschrift genannt werden sollte.

Dieser Sachverhalt wird auch dadurch deutlich, daß im Einspruchsschriftsatz auf Seite 2 unten auf die "vorveröffentlichte DE-PS 2 523 588" Bezug genommen ist, die "im angegriffenen Patent abgehandelt" sei. Die diesbezügliche Überprüfung ergibt aber, daß im Streitpatent in Spalte 1 Zeile 9 die DE-OS gleicher Nummer, also tatsächlich die vorveröffentlichte Offenlegungsschrift erwähnt ist.

2.3. Es bedurfte auch für die Patentinhaberin und das Europäische Patentamt keiner unzumutbaren Mühe, anstelle der zitierten Passagen in der zweispaltigen Patentschrift diejenigen der nicht in Spalten gedruckten Offenlegungsschrift aufzufinden. Im übrigen stützt sich das Einspruchsvorbringen vorrangig auf das in beiden Druckschriften identische Beispiel 6.

2.4. Zusammenfassend ergibt sich, daß eine formgerechte Einspruchsbegründung jedenfalls dann vorliegt, wenn die einzige, zum Beleg für das ausschließlich behauptete Fehlen erfinderischer Tätigkeit zitierte Nachveröffentlichung einen Hinweis auf die entsprechende Vorveröffentlichung enthält.

Unter diesen Umständen ist der Einspruch ausreichend begründet und daher zulässig.

(...)

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird wie folgt entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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