European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:1989:T028187.19890912 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 12 September 1989 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0281/87 | ||||||||
Anmeldenummer: | 82111217.4 | ||||||||
IPC-Klasse: | - | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | |||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Automatische Korrektureinrichtung für Werkzeugrevolver an Drehmaschinen | ||||||||
Name des Anmelders: | Boehringer Werkzeugmaschinen G | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.5.01 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit (nein) inventive step (no) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die am 3. Dezember 1982 angemeldete europäische Patentanmeldung Nr. 82 111 217.4 wurde von der Prüfungsabteilung 062 mit Entscheidung vom 29. Januar 1987 zurückgewiesen. Dieser Entscheidung lagen die mit Schriftsatz vom 27. November 1985 eingereichten Patentansprüche 1 und 2 zugrunde. Diese Ansprüche lauten:
"1. Automatische Korrektureinrichtung für Werkzeugrevolver an Drehmaschinen, bei der die Kenndaten jedes Werkzeuges in Abhängigkeit von der Lage der Arbeitsspitze relativ zu einem Bezugspunkt festliegen und am Anfang eines Arbeitsvorganges die neue Werkzeugposition, die die Lage des Werkzeuges festlegt, eingegeben wird, dadurch gekennzeichnet, daß a) die Werkzeuge (T1 bis T6, T11 bis T16) auf unterschiedlichen Bezugsradien (I bis III) am Revolver angeordnet sind, b) der Bezugspunkt für die Werkzeugkenndaten auf dem Werkzeugrevolver liegt, c) der Abstand z. B. (XTN1) zwischen dem Revolverbezugspunkt (t) und einem Werkzeugbezugspunkt (z. B. N1) auf dem zugehörigen Bezugsradius (z. B. I) aus einem Speicher abgerufen wird, d) aus der Revolverausgangslage und dem entsprechenden Abstand (z. B. XTN3) des neuen Werkzeuges (z. B. T12) ein Korrekturwert ermittelt wird, der der Differenz der beiden Abstände des vorherigen (z. B. XTN1) und des neuen (z. B. XTN3) Werkzeuges entspricht, und e) aus dem Korrekturwert und dem Lagesollwert die Verstellgröße für den Bearbeitungsvorgang ermittelt wird.
2. Korrektureinrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Ausgangslage des Revolvers mindestens dem Abstand des Revolvers vom Werkstück gleich ist, der eine Drehung des Revolvers ohne Werkzeug- und Werkstückbeschädigung ermöglicht."
II. Die Zurückweisungsentscheidung wurde damit begründet, daß die Gegenstände der Patentansprüche nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhten. Als Stand der Techník wurde auf EP-A-0 019 654 (Druckschrift D1) und das allgemeine Fachwissen verwiesen.
III. Gegen diese Entscheidung legte die Beschwerdeführerin am 30. März 1987 Beschwerde ein. Die Beschwerdegebühr wurde am selben Tag entrichtet. Die Begründung ging erst am 12. August 1987 ein. Wiedereinsetzung in die versäumte Beschwerdebegründungsfrist wurde durch die Zwischenentscheidung vom 14. Juli 1988 gewährt.
IV. In einer Mitteilung der Kammer vom 3. Juli 1989 wurde unter anderem die Klarheit des Anspruchs 1 bemängelt. Um das allgemeine Fachwissen bezüglich Werkzeugkenndaten und Bezugspunkte zu belegen, wurde auf Seiten 365 und 370 des Fachbuches "Die numerische Steuerung von Werkzeugmaschinen", Carl Hanser Verlag, München 1971 (Druckschrift D2) verwiesen.
V. Mit Schreiben vom 1. September 1989 hat die Beschwerdeführerin ergänzend zum Stand der Technik Seiten 6/1 bis 6/3 von einem Prospekt der Firma INDEX- WERKE KG HAHN & TESKY aus dem Jahre 1978 "Rechnerunterstütztes Programmieren mit INDEX H 100" (Druckschrift D3) überreicht.
VI. Am 12. September 1989 wurde mündlich verhandelt. Der Vertreter der Beschwerdeführerin und der Erfinder haben im wesentlichen vorgebracht, daß Anspruch 1 gegenüber dem Stand der Technik gemäß DE-A-2 811 069 (Druckschrift D4) abgegrenzt sei. Dort werden die Abstände zwischen den Werkzeugkanten der Werkzeuge und einem im Spannfutter gelegenen Bezugspunkt abgespeichert. Die Ermittlung dieser Abstände sei schwierig und sollte zweckmäßigerweise herstellerseitig durchgeführt werden, was voraussetzen würde, daß die Bestückung mit Werkzeugen ebenfalls herstellerseitig erfolgen müßte. In der Regel werden jedoch Maschinen mit einem Revolver - aber ohne Werkzeuge - verkauft.
Wenn die Werkzeuge auf unterschiedlichen Bezugskreisen am Revolver angeordnet seien, um möglichst viele Werkzeuge unterzubringen, wie es z. B. aus D1 oder D3 bekannt sei, sei das Programmieren der Maschine für einen bestimmten Arbeitsvorgang dadurch erschwert, daß, um die Lage eines bestimmten, vom Bediener ausgewählten Werkzeuges festzulegen, nicht nur die entsprechende Revolverstation, sondern auch die Lage des Werkzeughalters auf dieser Station eingegeben werden müssen. Die vorliegende Erfindung vereinfache die Bedienung, so daß nur die Werkzeugposition (d. h. eine der Nummern 1 bis 6, 11 bis 16, bei dem in Fig. 1 der vorliegenden Patentanmeldung gezeigten Beispiel) vom Bediener eingegeben werden müsse, um ein gewünschtes Werkzeug abzurufen. Danach errechne die Maschine automatisch die Lage des Werkzeugbezugspunkts auf Grund des herstellerseitig abgespeicherten Abstands zwischen dem Revolverbezugspunkt und dem Bezugsradius, auf dem der Werkzeugbezugspunkt liege. Bei dem am nächsten kommenden Stand der Technik gemäß D3 sei das Programmieren durch einen Rechner unterstützt, der sich in einem Programmierbüro befinde, entfernt von der Maschine, was ungünstig sein könne, wenn verhältnismäßig einfache Werkstücke in kleinen Stückzahlen verarbeitet werden müßten. Die vorliegende Erfindung ermögliche Programmieren am Arbeitsplatz.
VII. Die Beschwerdeführerin beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage der am 27. November 1985 eingereichten Patentansprüche 1 und 2 zu erteilen.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 sowie Regel 64 EPÜ und ist somit zulässig.
2. Der am nächsten kommende Stand der Technik geht aus der von der Beschwerdeführerin eingereichten Druckschrift D3 hervor. Dort ist aus Bild 8 und Bild 11 ersichtlich, daß die Drehmaschine "INDEX G 30/150 NC" einen Werkzeugrevolver aufweist, an dem Werkzeuge mit unterschiedlichen Abständen zum Revolvermittelpunkt angeordnet sind. Dem Absatz unter Ziffer 6.2 ist zu entnehmen, daß das Transformieren vom Werkzeugträgerbezugspunkt T auf die Schneidenspitze P oder auf den Schneidenradiusmittelpunkt S des Werkzeugs vom Rechnerprogramm durchgeführt wird, und daß die dazu erforderlichen Daten anzugeben sind. Demzufolge müssen die Kenndaten jedes Werkzeugs in Abhängigkeit von der Lage der Arbeitsspitze relativ zu einem Bezugspunkt festliegen, wie es im Oberbegriff des Anspruchs 1 der vorliegenden Anmeldung steht. Weiter ist aus dem ersten Absatz unter Ziffer 6.2.1 in Verbindung mit Bild 11 zu entnehmen, daß die Werkzeugbezugspunkte (N1, N2, N3) auf unterschiedlichen Bezugsradien auf dem Revolver liegen. Der Platz eines Werkzeugs am Umfang des Revolvers ist durch die Station 1 bis 12 bezeichnet. Die Lage des Werkzeugs auf der Station ist durch den Index 1, 2 oder 3 bezeichnet. Nach Eingaben der zum Werkzeugabruf erforderlichen Daten, d. h. der Werkzeugkenndaten, der Station und dem Index, führt das Rechnerprogramm das oben genannte Transformieren durch. Für den Fachmann ist klar, daß dies nur möglich ist, wenn das Programm den Abstand zwischen dem Revolverbezugspunkt und dem Werkzeugbezugspunkt aus einem Speicher abrufen kann. Dieses Transformieren und sein Ergebnis können als "automatische Korrektur" und "Korrekturwert" im Sinne der vorliegenden Anmeldung betrachtet werden. Für den Fachmann ist es selbstverständlich, daß aus dem Korrekturwert und dem Lagesollwert die Verstellgröße für den Bearbeitungsvorgang ermittelt werden kann.
3. Zusammenfassend sind alle Merkmale der automatischen Korrektureinrichtung gemäß vorliegendem Anspruch 1 (insoweit er verstanden werden kann, nach Erläuterung in der mündlichen Verhandlung) bis auf eins vorweggenommen. Der Unterschied zwischen der Korrektureinrichtung gemäß Anspruch 1 und dem Stand der Technik gemäß D3 liegt nur darin, daß zum Abruf eines Werkzeugs lediglich die Werkzeugposition anzugeben ist, anstatt der Revolverstation und der Lage des Werkzeughalters auf der Station.
4. Die dadurch gelöste Aufgabe kann als die Vereinfachung des Progammierens eines Bearbeitungsvorgangs gesehen werden.
5. Nach Meinung der Kammer liegt diese Aufgabe im Rahmen dessen, was ein Fachmann stets zu tun pflegt. Sie trägt also nichts zur Patentfähigkeit bei.
6. Nach Meinung der Kammer ist es naheliegend, das Programmieren zu vereinfachen, durch die Zusammenlegung von Stationsnummer und Lage-Index in eine Positionsnummer.
7. Die Kammer ist daher der Meinung, daß der Gegenstand des Patentanspruchs 1 sich in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt, also nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ beruht.
8. Es ist selbstverständlich, daß der Abstand der Ausgangslage des Revolvers vom Werkstück eine Drehung des Revolvers ohne Werkzeug- und Werkstückbeschädigung ermöglichen muß. Daher ist die Kammer der Meinung, daß auch der Gegenstand des Patentanspruchs 2 sich in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt, also nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ beruht.
9. Die Beschreibung und Zeichnungen enthalten nichts, was herangezogen werden könnte, um einen gewährbaren Anspruch zu erstellen.
10. Bei dieser Sachlage ist die Beschwerde zurückzuweisen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.