T 0031/84 (Probevorrichtung) of 4.5.1985

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1985:T003184.19850504
Datum der Entscheidung: 04 Mai 1985
Aktenzeichen: T 0031/84
Anmeldenummer: 80102614.7
IPC-Klasse: C12Q 1/44
Verfahrenssprache: EN
Verteilung:
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE | EN | FR
Fassungen: OJ
Bezeichnung der Anmeldung: -
Name des Anmelders: Miles
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.3.01
Leitsatz: (ohne Leitsatz veröffentlicht)
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 54
Schlagwörter: Neuheit
Heranziehung eines weiteren Dokuments bei Bewertung einer Entgegenhaltung
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 0294/90
T 0851/91
T 0410/93
T 1053/03

Sachverhalt und Anträge

I. Auf die am 12.5.1980 eingereichte europäische Patentanmeldung Nr. 80 102 614.7, für die die Priorität einer US-Voranmeldung vom 21.5.1979 beansprucht wurde, wurde am 12.5.1982 das europäische Patent Nr. 19 253 erteilt, das neun Ansprüche umfaßt. Anspruch 1 lautete wie folgt:

"Enzymatisches Verfahren zur quantitativen Bestimmung von in einer wäßrigen Flüssigkeit enthaltenen Triglyceriden durch Hydrolyse der Triglyceride und anschließende quantitative Bestimmung anhand des freigesetzten Glyzerins, dadurch gekennzeichnet, daß die Flüssigkeit mit einer Mischung aus einer Lipase und einer Cholesterinesterase so lange in Berührung gebracht wird, bis die Triglyceride zu Glycerin und freien Fettsäuren hydrolysiert sind."

II. Am 11.2.1983 legte die Einsprechende (Beschwerdegegnerin) Einspruch gegen das erteilte Patent ein und beantragte unter Berufung auf die folgenden Entgegenhaltungen den Widerruf des Patents in vollem Umfang wegen mangelnder Neuheit und erfinderischer Tätigkeit:

(1) Biochim. Biophys. Acta 231 (1971), 15 - 22

(...)

(3) DE-C-2 229 849

(5) DE-C-2 315 501

(...)

III. Mit Entscheidung vom 1.12.1983 widerrief die Einspruchsabteilung das Patent. Sie beurteilte die in Anspruch 1 geltend gemachte Erfindung zwar als neu, weil keine der Entgegenhaltungen die Verwendung einer Mischung aus Lipase und Cholesterinesterase zur Triglyceridbestimmung beschreibe. Eine erfinderische Tätigkeit sprach sie dem Anspruch 1 jedoch ab, weil aus der Entgegenhaltung 5, in der es um die Bestimmung von Cholesterin gehe, bekannt sei, daß Candida cylindracea, die in der Industrie wegen ihrer Lipaseaktivität in großem Umfang zum Einsatz komme, nicht nur eine Lipase, sondern auch eine Cholesterinesterase enthalte. Nachdem der Fachmann also wisse, daß gerade die Enzymmischung diesen Mikroorganismus so nützlich macht, sei es für ihn naheliegend, eine solche Mischung zur Triglyceridbestimmung zu verwenden.(...)

IV. Die Beschwerdeführerin hat gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung am 26.1.1984 Beschwerde eingelegt und die Beschwerdegebühr entrichtet. In der am 31.3.1984 eingereichten Beschwerdebegründung argumentiert sie im wesentlichen wie folgt: Die Entgegenhaltung 5 beziehe sich nur auf ein Verfahren zur Cholesterinbestimmung und enthalte keinen Hinweis auf eine Anwendung dieses Verfahrens zur Analyse von Triglycerid. Hervorzuheben sei außerdem, daß diese Entgegenhaltung keine additive oder synergistische Wirkung der beiden in C. cylindracea enthaltenen Enzyme offenbare. Auf einen Bescheid der Beschwerdekammer, daß die Entgegenhaltung (1) die Neuheit des Patents offenbar vorwegnehme, wie die Entgegenhaltung (5) beweise, machte die Beschwerdeführerin geltend, daß die Entgegenhaltung (1) nichts über die Analyse von Triglyceriden lehre; vom Vorhandensein einer Cholesterinesterase sei nicht die Rede, dagegen werde die Gegenwart einer Isomerase angedeutet; für einen Fachmann, dem es auf ein schnelles und wirtschaftliches Verfahren zur Triglyceridbestimmung ankomme, sei diese Entgegenhaltung damit völlig wertlos.

Die Beschwerdegegnerin hat den Argumenten der Beschwerdeführerin widersprochen und darauf hingewiesen, daß die Entgegenhaltung (1), wie aus dem ersten Absatz des Teils "Quantitative Determination of Esters and Acids" hervorgehe, eine quantitative kolorimetrische Bestimmung des durch enzymatische Hydrolyse von Triglyceriden freigesetzten Glycerins beschreibe, wobei als Enzym das Handelserzeugnis "Lipase MY" verwendet werde, das ausdrücklich als nicht gereinigt bezeichnet werde (S. 16, Teil "Lipase Sources") und deshalb Cholesterinesterase enthalten haben müsse. In der Entgegenhaltung 5 werde dieselbe "Lipase MY" verwendet.

V. (...)

VI. In der mündlichen Verhandlung am 4.6.1985 hat die Beschwerdeführerin einen neuen Anspruchssatz (Ansprüche 1 bis 7) vorgelegt. Der neue Anspruch 1 lautet wie folgt:

"Enzymatisches Verfahren zur quantitativen Bestimmung von in einer wäßrigen Flüssigkeit enthaltenen Triglyceriden durch Hydrolyse der Triglyceride und anschließende quantitative Bestimmung anhand des freigesetzten Glyzerins, dadurch gekennzeichnet, daß die Flüssigkeit mit einer Mischung aus einer Lipase und einer Cholesterinesterase so lange in Berührung gebracht wird, bis die Triglyceride zu Glycerin und freien Fettsäuren hydrolysiert sind, wobei die Lipase aus einem Mikroorganismus der Gruppe Rhizopus delemar, Rhizopus arrhizus und Chromobacterium viscosum und die Cholesterinesterase aus dem Mikroorganismus Pseudomonas aeruginosa oder aus Rinderpankreas gewonnen wird und 0,01 bis 5,0 Einheiten Cholesterinesterase pro 10 Einheiten Lipase vorliegen."

Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang auf der Grundlage der neuen Ansprüche.

Die Beschwerdegegnerin beantragt die Zurückweisung der Beschwerde.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 sowie der Regel 64 EPÜ; sie ist somit zulässig.

2. Gegen die neuen Ansprüche ist formal nichts einzuwenden, da sie den Schutzbereich des erteilten Patents nicht erweitern (Art. 123 (3) EPÜ).

3. Während der erteilte Anspruch 1 als durch die Entgegenhaltung (1) vorweggenommen gelten könnte, wie die Entgegenhaltung (5) beweist, ist die Neuheit des neuen Anspruchs 1 unbestritten und bedarf deshalb keiner ausführlichen Erläuterung. Die Kombination von Lipase aus einer der darin genannten drei Quellen mit Cholesterinesterase aus einer der im neuen Anspruch 1 angegebenen beiden Quellen ist nämlich in den Entgegenhaltungen ebensowenig offenbart wie das im neuen Anspruch 1 definierte Mengenverhältnis zwischen Cholesterinesterase und Lipase.

4. Eine abschließende Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit ist ohne weitere Sachprüfung und eventuell auch ohne weitere Beweisaufnahme nicht möglich.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die Entscheidung der Einspruchsabteilung wird aufgehoben.

2. Der Fall wird zur weiteren Sachprüfung auf der Grundlage der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Ansprüche 1 bis 7 und der dazugehörigen Beschreibung an die Einspruchsabteilung zurückverwiesen.

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