European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:1983:T011382.19830622 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 22 Juni 1983 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0113/82 | ||||||||
Anmeldenummer: | 79102637.0 | ||||||||
IPC-Klasse: | - | ||||||||
Verfahrenssprache: | EN | ||||||||
Verteilung: | |||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | - | ||||||||
Name des Anmelders: | IBM | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.2.01 | ||||||||
Leitsatz: | Ist vom bekannten Stand der Technik bis zur Erfindung eine Reihe von Schritten erforderlich und ist der letzte Schritt, so einfach er auf den ersten Blick erscheinen mag, nicht nachweislich aus dem Stand der Technik bekannt oder daraus ableitbar, kann dem Anmelder in der Regel eine erfinderische Taetigkeit nicht abgesprochen werden. | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit Reihe von Schritten |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die am 25. Juli 1979 eingereichte und am 5. März 1980 unter der Nummer 0 008 378 veröffentlichte europäische Patentanmeldung Nummer 79 102 637.0, die die Priorität einer früheren Anmeldung in den Vereinigten Staaten vom 28. August 1978 in Anspruch nimmt, wurde am 31. März 1982 durch Entscheidung der Prüfungsabteilung des Europäischen Patentamts zurückgewiesen. Der Entscheidung lagen die am 6. Juni 1981 eingegangenen Ansprüche 1 bis 3 mit den mit Schreiben der Beschwerdeführerin vom 23. November 1981 eingereichten Änderungen zugrunde.
II. In der Entscheidung vertrat die Prüfungsabteilung die Auffassung, daß der Gegenstand des damaligen Anspruchs 1 keine erfinderische Tätigkeit aufweise. Zur Unterstützung ihrer Entscheidung führte sie die, Druckschriften DE-U-1 910 543 und DE-B-1 786 498 an und wies darauf hin, daß die Merkmale des Oberbegriffs des Anspruchs 1 aus der Druckschrift DE-U-1 910 543 bekannt seien und die Merkmale des kennzeichnenden Teils gegenüber den Druckschriften DE-U-1 910 543 und DE-B-1 786 498 keine erfinderische Tätigkeit aufwiesen.
III. Am 25. Mai 1982 legte die Beschwerdeführerin gegen diese Entscheidung Beschwerde ein; die Beschwerdegebühr wurde rechtzeitig entrichtet und die Beschwerdebegründung fristgerecht eingereicht. Die Beschwerdeführerin hielt an den Ansprüchen fest, die der Zurückweisung zugrunde lagen, und vertrat die Auffassung, daß sich der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht in naheliegender Weise aus den genannten Veröffentlichungen ergebe. Sie erklärte auch, daß sie erforderlichenfalls bereit sei, die Merkmale des Anspruchs 3 in den Anspruch 1 aufzunehmen oder Anspruch 1 so zu ändern, daß er die Anordnung der Tastatur umfasse.
IV. In einem Bescheid noch Artikel 110 (2) EPÜ vom 19. Januar 1983 wurde die Beschwerdeführerin darauf hingewiesen, daß die Ansprüche, die Beschreibung und die Zeichnungen eine Reihe von Mängeln aufwiesen.
V. Auf diesen Bescheid hin reichte die Beschwerdeführerin Änderungen, die handschriftlich in die Beschreibung zu übertragen waren, neue Seiten 2, 3, 4 und 5 der Beschreibung und neue Ansprüche 1 bis 3 ein. Anspruch 1 lautet nunmehr wie folgt:
1. Bedienergesteuertes Aufzeichnungsgerät zum Aufzeichnen von Daten auf einem vom Bediener eingegebenen Einzeldokument mit einem Dokumenttransportweg, auf dem das Dokument einer Aufzeichnungsstation zugeführt wird, wobei der Transportweg das Dokument aufnehmende und führende Flächen aufweist, nämlich eine erste von außen zugängliche und im wesentlichen horizontale und flache Aufnahmefläche (30 a), auf welche der Bediener das einzugebende Dokument legt, anschließend eine fortlaufende, nach oben gerichtete und gekrümmte Fläche (30 c) innerhalb des Gerätegehäuses, die sich über einen Winkel von fast 90° erstreckt und die Bewegungsrichtung des eingegebenen Dokuments von einer im allgemeinen horizontalen Richtung in eine im allgemeinen vertikale Richtung lenkt, und eine fortlaufende, im wesentlichen senkrechte Fläche, dadurch gekennzeichnet, daß das Aufzeichnungsgerät einen Einfachsatz von Zug- und Förderrollen (40, 42) aufweist, um das Dokument durch die Aufzeichnungsstation (20, 24) zu ziehen und es aus dem Aufzeichnungsgerät herauszubefördern, wobei die Rollen (20,24) innerhalb des Gerätegehäiuses uber der Aufzeichnungsstation (20, 24) angebracht sind und das vordere Ende des Dokumentes fassen, nachdem dieses Ende vom Bediener durch die Aufzeichnungsstation geschoben wurde, das Dokument bis zum hinteren Ende durch die Aufzeichnungsstation (20, 24) ziehen und es dann oben aus dem Gerätegehäuse herausbefördern, so daß es dem Bediener leicht zugänglich ist.
VI. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Erteilung des europäischen Patents auf der Grundlage der geänderten Beschreibung und der Zeichnungen sowie der nunmehr gültigen Ansprüche 1 bis 3.
VII. Für den Fall, daß die Beschwerdekammer beabsichtigt, die Zurückweisungsentscheidung nach Prüfung der Anträge der Beschwerdeführerin aufrechtzuerhalten, beantragte die Beschwerdeführerin eine mündliche Verhandlung.
VIII. Bezüglich der ursprünglichen Ansprüche, der Beschreibung und der Zeichnungen wurde auf die Veröffentlichung Nr.008 378 verwiesen.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 EPÜ und Regel 64 a) EPÜ.
In der Beschwerdeschrift gibt die Beschwerdeführerin nicht ausdrücklich an, inwieweit sie die Änderung oder Aufhebung der angefochtenen Entscheidung beantragt. Aus der Sachlage geht jedoch hervor, daß die Beschwerdeführerin die Aufhebung der Entscheidung wünscht. Deshalb kann davon ausgegangen werden, daß die Beschwerde Regel 64 b) EPÜ entspricht (vgl. Entscheidung der Technischen Beschwerdekammer 3.3.1 T07/81, ABl. EPA 3/1983, 98).
2. Die Merkmale des Oberbegriffs des Anspruchs 1 gehören in Verbindung miteinander zum Stand der Technik, wie er sich aus der Druckschrift DE-B-1 786 498 ergibt (R. 29 (1) a) EPÜ). Nach Ansicht der Kammer ist gegen den Oberbegriff des Anspruchs 1 nichts einzuwenden; dort ist ein bedienergesteuertes Aufzeichnungsgerät erwähnt, das in der als nächstliegender Stand der Technik bezeichneten Druckschrift offenbart ist. Dieses Gerät kommt nämlich dem anmeldungsgemäßen Gegenstand in den wichtigsten Merkmalen näher als das in der Druckschrift DE-U-1 910 543 offenbarte. Die Kammer hat auch keine Einwände gegen die von der Beschwudeführerin vorgenommene Änderung des kennzeichnenden Teils, durch die der horizontale Ausgabeschlitz im Gehäuse wegfällt; dieses Merkmal, das zunächst im kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 enthalten war, wurde von der Beschreibung nicht gestützt. Keine Einwände bestehen ferner gegen den Anspruch, der auf das Durchziehen des Dokuments bis zum hinteren Ende durch die Aufzeichnungsstation und seine Herausbeförderung an der Oberseite des Gerätegehäuses gerichtet ist, weil dieses letztere Merkmal von Seite 8, Zeilen 6 bis 10 der Beschreibung in der ursprünglich eingereichten Fassung gestützt ist.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist also von der Beschreibung hinreichend gestützt und geht nicht über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus. Die Änderungen sind daher nach Artikel 84 und 123(2) EPÜ zulässig.
3. Gemäß dem kennzeichnenden Teil unterscheidet sich der Gegenstand des Anspruchs 1 von der Druckschrift DE-B-1 786 498 durch eine Reihe von Merkmalen, die sich im großen und ganzen wie folgt zusammenfassen lassen: ein Einfachsatz von Zug- und Förderrollen, die über der Druckstation im Gerätegehäuse angebracht sind und das Dokument durch die Aufzeichnungsstation ziehen und aus dem Gerät herausbefördern; diese Rollen ergreifen das vordere Ende des Dokuments, nachdem dieses vom Bediener durch die Aufzeichnungsstation geschoben wurde, ziehen das Dokument bis zum hinteren Ende durch die Aufzeichnungsstation und befördern es dann oben aus dem Gerätegehäuse heraus.
Nachdem in keiner der anderen im Recherchenbericht aufgeführten Entgegenhaltungen ein Einfachsatz von Zug- und Förderrollen offenbart ist, ist der Gegenstand des Anspruchs 1 als neu anzusehen (Art. 54 EPÜ).
4. In dem aus der Druckschrift DE-B-1 786 498 bekannten Gerät ist das programmgesteuerte Zusammenwirken von drei verschiedenen Zuführungsvorrichtungen erforderlich, wobei das Programm bewirkt, daß die Karteneinlaufkupplung dem ersten in seiner Laufrichtung umkehrbaren Transportmittel eine bestimmte Karte zuführt, das diese an das zweite ebenfalls in seiner Laufrichtung umkehrbare Transportmittel weiterleitet; dieses wiederum transportiert sie an die Aufzeichnungsstation weiter, hält dabei aber das hintere Ende der Karte fest, so daß diese zurücktransportiert werden kann, wenn die Laufrichtung umgekehrt wird; das vordere Ende der Karte ragt freistehend in die Aufzeichnungsstation hinein. Es ist daher vom Bediener aus gesehen schwierig, die Karten einzeln aus dem Ablagebehälter zu holen; das Gerät ist von der mechanischen Konstruktion her kompliziert. Die Beschwerdeführerin hält dies für nachteilig.
5. Somit besteht nach Auffassung der Beschwerdeführerin die erfindungsgemäße technische Aufgabe darin, ein bedienergesteuertes Aufzeichnungsgerät bereitzustellen, das mechanisch unkompliziert ist und bei dem der Transportmechanismus nur in einer Richtung arbeitet, was den Steuermechanismus vereinfacht.
6. Die Lösung der anmeldungsgemäßen Aufgabe beruht darauf, den Einfachsatz von Zug- und Förderrollen über der Aufzeichnungsstation anzubringen, das Dokument vom Bediener durch die Aufzeichnungsstation hindurch in diese Rollen schieben zu lassen und es so herauszubefördern, daß das vordere Ende über das Gerätegehäuse hinausragt, so daß der Bediener den aufgezeichneten Text lesen kann.
7. Es ist nun zu prüfen, ob der Gegenstand des Anspruchs 1 eine erfinderische Tätigkeit aufweist; dabei erhebt sich die Frage, ob die angeführten Druckschriften dem Fachmann einen Hinweis dafür liefern, wie der Mechanismus des Geräts nach der Druckschrift DE-B-1 786 498 geändert werden könnte, damit man zu dem Gegenstand des Anspruchs 1 gelangt.
7.1. Die Druckschrift DE-U-1 910 543 beschreibt ein bedienergesteuertes Aufzeichnungsgerät (eine Schreibmaschine) mit einer nach unten gerichteten Papierzuführung aus zwei zusammenlaufenden Flächen, die zu dem Klemmpunkt des ersten Walzenpaares führen, durch die das Papier eingezogen und hinter den Drucker geführt wird, sowie einem zweiten, zunächst auseinanderstehenden Walzenpaar, das für den Papiereinzug unerheblich ist. Bei dem nachfolgenden Druckvorgang werden die letzteren Walzen gegeneinander gedrückt und etwas schneller angetrieben als das erste Walzenpaar, um das Papier in der Druckstation gespannt zu halten. Darüber hinaus sind beide Walzenpaare so angeordnet, daß das Papier in Druckrichtung gespannt bleibt und ein Schieflaufen beim Papiertransport verhindert wird. Die beiden Walzenpaare dienen daher im wesentlichen dazu, das Schreibpapier in der Druckstation in Längs- und Querrichtung ständig gespannt zu halten. Abgesehen davon, daß das zweite Walzenpaar das Papierblatt erst nach Beendigung des Druckvorgangs und nach Durchlaufen des ersten Walzenpaares freigibt, ist es faktisch unmöglich, daß der Fachmann durch die offenbarte Funktion dieses zweiten Walzenpaares auf den Gedanken gebracht wird, das erste, unter der Druckstation angeordnete Walzenpaar wegzulassen. Demnach wäre es aufgrund der Druckschrift DE-U-1 910 543 für den Fachmann nicht naheliegend, einen einzigen Satz von Zug- und Förderrollen zu verwenden, um das Dokument durch die Aufzeichnungsstation zu ziehen und aus dem Gerät herauszubefördern.
7.2. Außerdem würde es dem Fachmann wohl kaum sinnvoll erscheinen, die Lehre der Druckschrift DE-U-1 910 543 auf ein der Druckschrift DE-B-1 786 498 gemäßes Gerät anzuwenden; dieses Gerät ist nämlich für die Verarbeitung steifer Karten gedacht, so daß keine Notwendigkeit besteht, das vordere und das hintere Ende der Karten festzuhalten, um sie in der Druckstation gespannt zu halten. Aber selbst wenn dieser Schritt dem Fachmann sinnvoll erschiene, würde er nicht zu dem Gegenstand nach Anspruch 1 führen, weil der entscheidende Schritt, nämlich die Vereinfachung des Geräts durch Verwendung eines einzigen Rollensatzes über der Druckstation und der Verzicht auf das vor der Druckatation angebrachte Rollenpaar, nach wie vor fehlen würde. Um vom bekannten Stand der Technik zu der Erfindung zu gelangen, benötigt man eine Reihe von Schritten, was als deutliches Anzeichen für das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit gewertet werden kann; dies trifft zumal dann zu, wenn, wie im vorliegenden Fall, der entscheidende letzte Schritt, so einfach er auf den ersten Blick erscheinen mag, nicht nachweislich aus dem Stand der Technik bekannt oder daraus ableitbar ist.
7.3. Die Kammer ist daher der Auffassung, daß die beanspruchte Erfindung keine folgerichtige Weiterentwicklung des obengenannten Stands der Technik ist; sie zieht daraus den Schluß, daß sich der Gegenstand des Anspruchs 1 den beiden Entgegenhaltungen - einzeln oder in Verbindung miteinander - nicht in naheliegender Weise entnehmen läßt. Die erforderliche erfinderische Tätigkeit (Art. 56 EPÜ) ist also gegeben. Anspruch 1 ist somit gemäß Artikel 52(1)EPÜ gewährbar.
8. Die abhängigen Ansprüche 2 und 3 sind formal nicht zu beanstanden; sie enthalten besondere Ausführungsarten der Erfindung nach Anspruch 1 und sind daher ebenfalls gewährbar.
9. Die Kammer hat keinen Einwand dagegen, daß der einleitende Teil der Beschreibung in der jetzigen Fassung so geändert worden ist, daß der nächstliegende Stand der Technik hinreichend gewürdigt wird. Andere Teile der Beschreibung sind entsprechend dem Wunsch der Kammer berichtigt worden.
10. Es ist kein Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr nach Regel 67 EPÜ gestellt worden; eine Rückzahlung wäre nach Lage des Falles auch nicht gerechtfertigt.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird wie folgt entschieden:
1. Die Entscheidung der Prüfungsabteilung vom 31. März 1982 wird aufgehoben.
2. Die Sache wird an die erste Instanz mit der Auflage zurückverwiesen, aufgrund folgender Unterlagen ein europäisches Patent zu erteilen:
- der Seiten 2 bis 5 der Beschreibung (eingegangen am 12. März 1983), Seite 1 in der ursprünglich eingereichten Fassung sowie der neuen Seiten 6 bis 10 (alte Seiten 4 bis 8) mit den Änderungen, die in dem am 12. März 1983 eingegangenen Schreiben der Beschwerdeführerin vom 7. März 1983 enthalten sind;
- der am 12. März 1983 eingegangenen Ansprüche 1 bis 3;
- der drei Zeichnungsblätter 1/3, 2/3 und 3/3 in der ursprünglich eingereichten Fassung.