T 0052/82 (Aufwindvorrichtung) of 18.3.1983

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1983:T005282.19830318
Datum der Entscheidung: 18 März 1983
Aktenzeichen: T 0052/82
Anmeldenummer: 78300409.6
IPC-Klasse: -
Verfahrenssprache: EN
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Fassungen: OJ
Bezeichnung der Anmeldung: -
Name des Anmelders: Rieter
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.2.01
Leitsatz: Wird im Oberbegriff eines Anspruchs ein allgemeinerer Ausdruck zur Bezeichnung eines Merkmals, das sowohl in dem in der eingereichten Anmeldung beschriebenen nächstliegenden Stand der Technik als auch in der Erfindung selbst vorkommt, an die Stelle eines spezifischeren Ausdrucks gesetzt, der nicht zur Bezeichnung des im Stand der Technik vorkommenden Merkmals geeignet ist, so stellt diese Änderung keine Erweiterung des Offenbarungsgehalts der Anmeldung in der eingereichten Fassung dar.
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 123(2)
Schlagwörter: Änderung im Oberbegriff
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 0248/88
T 0118/89
T 0392/89
T 0688/90
T 0055/96
T 0285/07

Sachverhalt und Anträge

I. Die am 21. September 1978 eingereichte, unter der Nummer 0 001 359 veröffentlichte europäische Patentanmeldung Nr. 78 300 409.6, die die Priorität einer früheren Anmeldung vom 23. September 1977 beansprucht, wurde durch Entscheidung der Prüfungsabteilung vom 27. November 1981 zurückgewiesen. Der Entscheidung lagen die am 8. Dezember 1980 eingegangenen Ansprüche 1 bis 19 zugrunde.

II. In der Entscheidung der Prüfungsabteilung heißt es, der jetzige Anspruch 1 enthalte gegenüber dem ursprünglich eingereichten Anspruch 1 eine Verallgemeinerung von Merkmalen, die nicht durch die Offenbarung in den ursprünglichen Unterlagen gestützt werde. Der Anspruch sei daher aufgrund des Artikels 123(2) EPÜ nicht gewährbar. Der unabhängige Anspruch 13 sei aufgrund desselben Artikels ebenfalls nicht gewährbar.

III. Am 16. Januar 1982 legte die Beschwerdeführerin gegen diese Entscheidung Beschwerde ein und entrichtete die Beschwerdegebühr. Die Beschwerdebegründung ging am 19. März 1982 ein. Die Beschwerdeführerin hielt die Ansprüche 1 bis 19, die der Entscheidung zugrunde lagen, aufrecht. Sie vertrat die Auffassung, die weiter gefaßten Ansprüche seien durch die Beschreibung gestützt. Auf Wunsch der Kammer sei sie bereit, die Ansprüche 1 und 13 in dem in der Beschwerdebegründung angegebenen Umfang zu ändern.

IV. In einem Bescheid vom 21. Oktober 1982 wurde der Beschwerdeführerin mitgeteilt, daß nach Artikel 123(2) EPÜ keine der beiden Fassungen der Ansprüche 1 und 13 gewährbar sei.

V. Mit Schreiben vom 2. Dezember 1982, das am 4. Dezember 1982 einging, reichte die Anmelderin neue Ansprüche 1 bis 12 als Ersatz für alle vorher eingereichten Ansprüche ein. Anspruch 1 lautet wie folgt:

"1. Vorrichtung zum Aufwinden von Endlosfäden zu Spulen auf Hülsen (10, 11) mit einem Träger (2), der um eine Achse drehbar ist, mindestens zwei axial verschiebbaren Spanndornen (8, 9) zur Aufnahme der Hülsen (10, 11), wobei jeder Spanndorn in einer Halterung (12, 14, 16, 18, 20, 22; 13, 15, 17, 19, 21, 23) auf dem Träger befestigt ist, die die Drehung des Dorns um seine eigene Achse ermöglicht, einer in einem Abstand zur Achse des Trägers angebrachten treibenden Reibwalze (30), die die einzelnen Spanndorne (13) um ihre Achsen dreht, wenn sie in eine vorgegebene Position in bezug auf die Reibwalze gebracht werden, und einem Beschleunigungsring (28) zur Beschleunigung eines Spanndorns durch Kontakt mit dessen Oberfläche, bevor der Spanndorn in Aufwindstellung gebracht wird, dadurch gekennzeichnet, daß der Beschleunigungsring (28) im Zentrum des Trägers (2) angeordnet ist und jede Halterung (12, 14, 16, 18, 20, 22; 13, 15, 17, 19, 21, 23) ein steuerbares Mittel (22, 23) zum gesteuerten Schwenken des Spanndorns von einer radial inneren in eine radial äußere Stellung in bezug auf die Rotationsachse des Trägers aufweist, wobei der Dorn in der inneren Stellung durch den Beschleunigungsring angetrieben und in der äußeren Position durch Schwenken des Trägers um seine Rotationsachse in die Aufwindstellung gebracht werden kann."

VI. Hinsichtlich der Fassung der ursprünglichen Ansprüche und der Beschreibung wird auf die Veröffentlichung Nr. 0 001 359 verwiesen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 und Regel 64 EPÜ; sie ist somit zulässig.

2. Die Beschwerdeführerin hat auf den unabhängigen Anspruch 13 und alle davon abhängigen Ansprüche verzichtet. Deshalb braucht die Kammer nur noch zu prüfen, ob der Anspruch 1 in der am

4. Dezember 1982 eingegangenen Fassung durch die ursprünglichen Unterlagen gestützt wird.

3. Der jetzige Anspruch 1 unterscheidet sich von dem ursprünglichen Anspruch 1 sachlich wie folgt:

3.1. Oberbegriff

a) Die Wörter "zum automatischen Auswechseln" wurden gestrichen.

b) Das Merkmal "Drehscheibe" wurde in "Träger" geändert.

c) Der Ausdruck "am Umfang des Beschleunigungsrings" wurde in "an dessen Oberfläche", d.h. Oberfläche des Spanndorns, geändert.

3.2. Kennzeichnender Teil

d) Das Merkmal "Drehscheibe" wurde auch in diesem Teil des Anspruchs in "drehbarer Träger" geändert.

e) Die Wörter "um je eine Welle" wurden gestrichen.

f) Das Merkmal "im Bereich je einer Öffnung der Drehscheibe" wurde gestrichen.

4. Diese Änderungen sind aus folgenden Gründen zulässig:

a) Die Worte "zum automatischen Auswechseln" beschreiben kein Merkmal, sondern stellen eine Zusammenfassung der Funktion des im folgenden Satz des Anspruchs 1 genannten Mittels dar.

b) Der Fachmann entnimmt den Seiten 1 und 2 der Beschreibung, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 die Nachteile beseitigt, die die Aufwindvorrichtung der britischen Patentschrift 1 487 608 nach Meinung der Anmelderin aufweist. Daraus folgt, daß der Oberbegriff des Anspruchs 1 aus dieser Patentschrift abgeleitet ist. Die aus der britischen Patentschrift 1 487 608 bekannte Aufwindvorrichtung weist keine Drehscheibe, sondern einen Schwenkarm auf (vgl. Beschreibung, Seite 1, Zeile 16 und 17 und Anspruch 1 der britischen Patentschrift). Gemäß der Entscheidung T 06/81 "Siemens/Elektrodenschlitten" der Kammer (vgl. ABl. EPA 5/1982, 183 bis 187) kann es der Anmelderin deshalb nicht vorwehrt werden, den Oberbegriff dadurch zu berichtigen, daß sie das Merkmal "Drehscheibe" durch das Merkmal "Träger" als gemeinsames Merkmal der bekannten und der anmeldungsgemäßen Vorrichtung ersetzt.

c) Der neue Wortlaut "dessen Oberfläche" bedeutet im wesentlichen dasselbe wie die Formulierung "Umfang des Beschleunigungsrings" im ursprünglichen Anspruch.

d) Der Fachmann würde in den ursprünglichen Unterlagen keinen Hinweis darauf finden, daß es für die Lösung der in der Beschreibung genannten Aufgabe von Bedeutung ist, den Schwenkarm der bekannten Vorrichtung durch eine Drehscheibe zu ersetzen. Es wäre ihm daher sofort klar, daß die Ausgestaltung des Trägers unerheblich ist. Es ist deshalb zulässig, den Begriff "Drehscheibe" durch "drehbaren Träger" zu ersetzen.

e) Für eine schwenkbare Lagerung der Dorne sind Wellen unerläßlich. Es ist daher nicht erforderlich, diese ausdrücklich zu erwähnen.

f) Aus den obengenannten Gründen (vgl. Buchstabe d) ergibt sich, daß das Merkmal "im Bereich je einer Öffnung der Drehscheibe" entfallen kann, weil es nur notwendig ist, wenn der Träger aus einer Scheibe besteht. Der Gegenstand des jetzigen Anspruchs 1 geht deshalb nicht über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus. Der Anspruch 1 erfüllt daher in dieser Hinsicht die Formerfordernisse des Übereinkommens.

5. Die Prüfungsabteilung hat noch nicht geprüft, ob eine Vorrichtung nach Anspruch 1 patentfähig ist. Unter diesen Umständen hält es die Kammer für verfrüht, über die Patentfähigkeit zu entscheiden, und macht von der ihr nach Artikel 111(1) EPÜ übertragenen Befugnis Gebrauch, die Angelegenheit zur weiteren Entscheidung an die Prüfungsabteilung zurückzuverweisen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird wie folgt entschieden:

Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben; die Angelegenheit wird zur weiteren Entscheidung an die Prüfungsabteilung zurückverwiesen.

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