T 1024/19 () of 22.2.2022

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2022:T102419.20220222
Datum der Entscheidung: 22 Februar 2022
Aktenzeichen: T 1024/19
Anmeldenummer: 12737233.2
IPC-Klasse: C10L 1/2383
C10L 1/238
C10L 1/22
C10L 1/222
C10L 1/232
C10L 10/00
C10L 1/14
C10L 10/18
C10L 10/14
C10L 1/224
C10L 1/2387
C10L 1/223
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Alle Dokumente zum Beschwerdeverfahren finden Sie im Register
Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: QUATERNISIERTE STICKSTOFFVERBINDUNGEN UND DEREN VERWENDUNG ALS ADDITIVE IN KRAFT- UND SCHMIERSTOFFEN
Name des Anmelders: BASF SE
Name des Einsprechenden: INNOSPEC LIMITED
Kammer: 3.3.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 54
European Patent Convention Art 83
European Patent Convention Art 111(1)
European Patent Convention R 106
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 12(4)
Rules of procedure of the Boards of Appeal 2020 Art 011
Rules of procedure of the Boards of Appeal 2020 Art 013(2)
Schlagwörter: Neuheit - Product-by-process-Anspruch
Ausreichende Offenbarung
Zurückverweisung
Rügepflicht - Einwand zurückgewiesen
Spät eingereichter Antrag - eingereicht mit der Beschwerdebegründung
Spät eingereichter Antrag - eingereicht in der mündlichen Verhandlung
Spät eingereichter Antrag - keine Änderung des Beschwerdevorbringens
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
G 0001/03
T 0179/03
T 0936/09
T 0023/10
T 1538/10
T 1513/12
T 1480/16
T 0032/17
T 0981/17
T 0995/18
T 1151/18
T 2243/18
T 1792/19
T 1857/19
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die vorliegende Entscheidung betrifft die Beschwerde der Patentinhaberin (Beschwerdeführerin) gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung (angefochtene Entscheidung), das europäische Patent Nr. 2 726 580 (Patent) zu widerrufen.

II. Die folgenden, im Verfahren vor der Einspruchsabteilung eingereichten Dokumente, sind für diese Entscheidung relevant.

D1 WO 2011/141731 A1

D2 WO 2011/095819 A1

D4 WO 2006/135881 A2

D5 US 4,171,959

D6 EP 0 629 638 A1

D7 WO 87/03003 A1

D8 WO 2011/110860 A1

D12 Versuchsbericht (14 Seiten)

D15 Experimenteller Bericht der Einsprechenden

(7 Seiten)

D15a korrigierte Version von D15 (mit kenntlich

gemachten Änderungen)

D15b korrigierte Version von D15 (Reinschrift)

III. Der unabhängige Anspruch 1 des erteilten Patents hat folgenden Wortlaut:

"Kraftstoffzusammensetzung, enthaltend in einer Hauptmenge eines üblichen Kraftstoffs einen Anteil wenigstens eines eine quaternisierte Stickstoffverbindung umfassenden Reaktionsprodukts, oder eine aus dem Reaktionsprodukt durch Aufreinigung erhaltene, eine quaternisierte Stickstoffverbindung enthaltende Teilfraktion davon, wobei das Reaktionsprodukt erhältlich ist durch

a1) Umsetzung einer hydrocarbyl-substituierten Polycarbonsäureverbindung, mit einer Verbindung umfassend wenigstens eine mit der Polycarbonsäure reaktiven, insbesondere addierbaren oder kondensierbaren, Sauerstoff- oder Stickstoffgruppe sowie enthaltend wenigstens eine quaternisierbare Aminogruppe, wobei man eine quaternisierbaren [sic] hydrocarbyl-substituierten [sic] Polycarbonsäureverbindung erhält, und

a2) deren anschließende Umsetzung mit einem Quaternisierungsmittel, das die wenigstens eine quaternisierbare Aminogruppe in eine quaternäre Ammoniumgruppe überführt, wobei das Quaternisierungsmittel der Alkylester einer cycloaromatischen oder cycloaliphatischen Mono- oder Polycarbonsäure, insbesondere einer Mono- oder Dicarbonsäure, oder einer aliphatischen Polycarbonsäure ist; oder

b) Umsetzung einer quaternisierbaren hydrocarbyl-substituierten Polycarbonsäureverbindung, enthaltend wenigstens eine quaternisierbare Aminogruppe mit einem Quaternisierungsmittel, das die wenigstens eine quaternisierbare Aminogruppe in eine quaternäre Ammoniumgruppe überführt, wobei das Quaternisierungsmittel der Alkylester einer cycloaromatischen oder cycloaliphatischen Mono- oder Polycarbonsäure, insbesondere einer Mono- oder Dicarbonsäure, oder einer aliphatischen Polycarbonsäure ist. [sic]

wobei pro Äquivalent an quaternisierbarem tertiären Stickstoffatom etwa 1,1 bis etwa 2,0 oder etwa 1,25 bis etwa 2,0 Äquivalente an Quaternisierungsmittel eingesetzt werden; und/oder

die hydrocarbyl-substituierte Polycarbonsäureverbindung eine Polyisobutenylbersteinsäure [sic] oder ein Anhydrid davon ist, wobei diese einen Bismaleinierungsgrad von 2 bis 20 Gew.-% oder 2 bis 15 Gew.-%, jeweils bezogen auf das Umsetzungsprodukt, aufweist."

Das Verhältnis der Äquivalente an Quaternisierungsmittel pro Äquivalent an quaternisierbaren tertiären Stickstoffatomen (vgl. vorletzter Absatz im obigen Anspruch 1) wird in dieser Entscheidung mit "EQA" abgekürzt, der Bismaleinierungsgrad (vgl. letzter Absatz im obigen Anspruch 1) mit "BMG".

IV. Die angefochtene Entscheidung basiert auf einem Hauptantrag und den Hilfsanträgen 1 bis 17. Die Hilfsanträge 16 und 17 wurden erst in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung eingereicht. Die Entscheidung kann folgendermaßen zusammengefasst werden:

- Weder der Versuchbericht D15 noch eines seiner Teile A bis E oder korrigierte Fassungen von D15 (D15a, D15b) wurden zum Verfahren zugelassen.

- Über den Antrag der Beschwerdeführerin, D4 bis D7 nicht zum Verfahren zuzulassen, brauchte nicht entschieden zu werden, da diese Dokumente für die Entscheidung nicht relevant seien.

- Zumindest einige der in den Ansprüchen des Hauptantrags vorgenommenen Änderungen seien entgegen Regel 80 EPÜ nicht durch einen Einspruchsgrund veranlasst.

- Aufgrund des den BMG betreffenden Merkmals gehe der Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 entgegen Artikel 123 (2) EPÜ über den Inhalt der Anmeldung in ihrer ursprünglich eingereichten Fassung hinaus. Die gleiche Begründung gelte für Anspruch 1 der Hilfsanträge 2 bis 15.

- Hilfsantrag 16 wurde nicht zum Verfahren zugelassen.

- Hilfsantrag 17 wurde zum Verfahren zugelassen. In ihm war das den BMG betreffende Merkmal gestrichen. Das in Anspruch 1 beschriebene Verfahren sei im Vergleich zu Beispiel 16 von D1 und D2 durch ein geringeres EQA gekennzeichnet. Die Beschwerdeführerin habe jedoch nicht darlegen können, dass dieses Verfahrensmerkmal notwendigerweise zu einem anderen Produkt führe. In D1 und D2 würden die vom überschüssigen Quaternisierungsmittel befreiten, d. h. aufgereinigten, quaternisierten Stickstoffverbindungen dem Kraftstoff zugesetzt. Dies werde durch Anspruch 1, der vorsehe, dass dem Kraftstoff "eine aus dem Reaktionsprodukt durch Aufreinigung erhaltene, eine quaternisierte Stickstoffverbindung enthaltene Teilfraktion davon" zugesetzt werde, nicht ausgeschlossen. Der Gegenstand von Anspruch 1 sei daher nicht neu gegenüber D1 und D2.

V. Mit ihrer Beschwerbegründung reichte die Beschwerdeführerin die der Entscheidung zugrunde liegenden Anträge (Hauptantrag sowie Hilfsanträge 1 bis 17) sowie die zusätzlichen Hilfsanträge 18 bis 31 ein.

VI. Mit ihrer Beschwerdeerwiderung reichte die Beschwerdegegnerin die Teile A bis E von D15/D15a/D15b als separate Dokumente (A017 bis A021) sowie eine Erklärung von Herrn Burgess (A022) ein.

VII. In Vorbereitung der auf Antrag der Parteien anberaumten mündlichen Verhandlung erließ die Kammer eine Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) VOBK 2020.

VIII. In ihrem Schriftsatz vom 14. Januar 2022 (irrtümlich datiert auf den 14. Januar 2021) nahm die Beschwerdegegnerin Stellung zur vorläufigen Auffassung der Kammer.

IX. Die mündliche Verhandlung vor der Kammer fand am 22. Februar 2022 in Gegenwart beider Parteien als Videokonferenz statt.

Die Beschwerdeführerin nahm den Hauptantrag sowie die Hilfsanträge 1 bis 16, 18 und 20 bis 27, jeweils eingereicht mit ihrer Beschwerdebegründung, zurück. Die Hilfsanträge 17 und 19, jeweils eingereicht mit ihrer Beschwerdebegründung, reichte sie erneut ein als Hauptantrag bzw. Hilfsantrag 1. Ferner reichte die Beschwerdeführerin die neuen Hilfsanträge 2 bis 6 ein. Die Beschwerdegegnerin erhob eine Rüge unter Regel 106 EPÜ.

In der mündlichen Verhandlung entschied die Kammer

- die Entscheidung der Einspruchsabteilung, den Hilfsantrag 17, d. h. den Hauptantrag in der Beschwerde, zum Verfahren zuzulassen, nicht aufzuheben,

- die Hilfsanträge 1 und 6 zum Verfahren zuzulassen,

- die Hilfsanträge 2 bis 5 nicht zum Verfahren zuzulassen, und

- die Rüge der Beschwerdegegnerin zurückzuweisen.

Am Ende der mündlichen Verhandlung verkündete der Vorsitzende den Tenor der vorliegenden Entscheidung.

X. Die Anträge der Parteien am Ende der mündlichen Verhandlung lauteten wie folgt.

Die Beschwerdeführerin beantragte

- die Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Fassung basierend auf dem Hauptantrag, hilfsweise basierend auf einem der Hilfsanträge 1 bis 6, alle eingereicht in der mündlichen Verhandlung,

- die Nichtberücksichtigung von D4 bis D7

- die Nichtzulassung von D15, D15a, D15b, sowie A017 bis A021.

Die Beschwerdegegnerin beantragte,

- den vollständigen Widerruf des Patents,

- die Nichtzulassung des Hauptantrags sowie der Hilfsanträge 1 bis 6, jeweils eingereicht in der mündlichen Verhandlung,

- die Zulassung von D4 bis D7,

- die Zulassung von D15, D15a und D15b, hilfsweise von A017, A018, A019, A020 und/oder A021,

- die Zulassung von A022,

- die Zurückverweisung der Angelegenheit an die Einspruchsabteilung zur weiteren Entscheidung.

XI. Das für die vorliegende Entscheidung relevante Beschwerdevorbringen der Beschwerdeführerin kann wie folgt zusammengefasst werden.

Hauptantrag - Neuheit

- Anspruch 1 vom Hauptantrag sei neu gegenüber Beispiel 16 von D2.

Hilfsantrag 1 - Zulassung

- Die Einspruchsschrift sei sehr umfangreich. Von der Beschwerdeführerin habe nicht erwartet werden können, in Reaktion darauf Anträge einzureichen, die jeden dieser Einwände sowie alle Kombinationen dieser Einwände adressieren. Am Ende der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung habe die Beschwerdeführerin nicht wissen können, weshalb die Einspruchsabteilung die Neuheit von Hilfsantrag 17 nicht anerkannt habe. Die Einreichung von Hilfsantrag 1 vor der Einspruchsabteilung habe daher vernünftigerweise nicht erwartet werden können. Hilfsantrag 1 sei daher zuzulassen.

Hilfsantrag 1 - Neuheit

- In Anspruch 1 von Hilfsantrag 1 sei im Vergleich zu Anspruch 1 vom Hauptantrag der Aspekt der Teilfraktion gestrichen worden. Der Wortlaut von Anspruch 1 sei mithin so auszulegen, dass das Reaktionsprodukt nur die durch die anspruchsgemäßen Verfahrensschritte direkt erhaltene rohe Reaktionsmischung sein könne. Der Kammer sei dahingehend zuzustimmen, dass diese Auslegung im Patent bzw. der ursprünglichen Anmeldung erwähnt werde. Da Anspruch 9 auf Anspruch 1 zurückbezogen sei, würden für Anspruch 9 die gleichen Überlegungen gelten. Der Gegenstand der Ansprüche 1 und 9 sei daher neu gegenüber D2.

Hilfsanträge 2 bis 5 - Zulassung

- Im Vergleich zu den mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hilfsanträgen 28 bis 31 sei in den Hilfsanträgen 2 bis 5 nur ein offensichtlicher Fehler korrigiert worden. Die Hilfsanträge seien zuzulassen.

Hilfsantrag 6 - Zulassung

- Im Vergleich zu Hilfsantrag 1 seien in Hilfsantrag 6 lediglich die Verwendungsansprüche gestrichen worden. Dies stelle keine Änderung des Beschwerdevorbringens dar. Hilfsantrag 6 sei zuzulassen.

Hilfsantrag 6 - Neuheit

- Für die Ansprüche von Hilfsantrag 6 würden die gleichen Argumente gelten wie für die Ansprüche 1 bis 8 von Hilfsantrag 1. Der in Hilfsantrag 6 beanspruchte Gegenstand sei daher neu gegenüber D2.

Hilfsantrag 6 - Ausreichende Offenbarung

- Dass ein Fachmann eine anspruchsgemäße Kraftstoffzusammensetzung nicht herstellen könne nur weil die Ansprüche breit formuliert seien, sei eine bloße Behauptung der die Beweislast tragenden Beschwerdeführerin. Ein Fachmann könne das in Anspruch 1 genannte Reaktionsprodukt ohne weiteres herstellen und einem Kraftstoff zusetzen. Die in den Ansprüchen von Hilfsantrag 6 definierte Erfindung sei mithin ausreichend offenbart.

XII. Das für die vorliegende Entscheidung relevante Beschwerdevorbringen der Beschwerdegegnerin kann wie folgt zusammengefasst werden.

Hauptantrag - Neuheit

- Die Beschwerdeführerin habe nicht gezeigt, dass das im Vergleich zu Beispiel 16 von D2 geringere EQA in Anspruch 1 zu einem anderen Reaktionsprodukt führe. Anspruch 1 vom Hauptantrag sei nicht neu zumindest gegenüber Beispiel 16 von D2.

Hilfsantrag 1 - Zulassung

- Mit den in Hilfsantrag 1 vorgenommenen Änderungen versuche die Beschwerdeführerin Einwände auszuräumen, die die Beschwerdegegnerin schon in ihrer Einspruchsschrift vorgetragen habe. Die Einreichung von Hilfsantrag 1 sei daher vor der Einspruchsabteilung veranlasst gewesen. Seine Einreichung erst in der Beschwerde sei verspätet. Der der Entscheidung T 23/10 zugrunde liegende Sachverhalt sei mit dem vorliegenden Fall vergleichbar. Hilfsantrag 1 sei nicht zuzulassen.

Hilfsantrag 1 - Neuheit

- Bei dem Reaktionsprodukt gemäß Anspruch 9 könne es sich um die quaternisierte Stickstoffverbindung selbst handeln. Anspruch 9 sei daher nicht neu gegenüber Beispiel 16 von D2. Der Wortlaut von Anspruch 1 sei nicht so auszulegen wie von der Beschwerdeführerin vorgetragen. Der Wortlaut von Anspruch 1 stelle klar, dass das Reaktionsprodukt die quaternisierte Stickstoffverbindung umfasse. Mithin könne das Reaktionsprodukt auch aus der quaternisierten Stickstoffverbindung bestehen. Alternativ könne auch das Merkmal "Anteil" so verstanden werden, dass sich dieses auf die in D2 beschriebene quaternisierte Stickstoffverbindung beziehe. Der Gegenstand der Ansprüche 1 und 9 sei daher nicht neu gegenüber den Beispielen 2 und 16 von D2.

Hilfsanträge 2 bis 5 - Zulassung

- Die Zulassung der Hilfsansprüche 2 bis 5 würde die Erörterung bestimmter Patentierbarkeitsvoraus-setzungen erstmalig in der mündlichen Verhandlung erforderlich machen. Dies stelle eine Änderung des Beschwerdevorbringens der Beschwerdeführerin da und die Hilfsanträge 2 bis 5 seien basierend auf Artikel 13 (2) VOBK 2020 nicht zuzulassen.

Hilfsantrag 6 - Zulassung

- Im Vergleich zu Hilfsantrag 1 seien in Hilfsantrag 6 die Verwendungsansprüche gestrichen. Die Beschwerdeführerin habe keine stichhaltige Gründe dafür aufgezeigt, dass außergewöhnliche Umstände vorliegen würden. Hilfsantrag 6 sei daher basierend auf Artikel 13 (2) VOBK 2020 nicht zuzulassen.

Hilfsantrag 6 - Neuheit

- Im Hinblick auf Hilfsantrag 6 würden die gleichen Neuheitseinwände gelten wie für Hilfsantrag 1.

Hilfsantrag 6 - Ausreichende Offenbarung

- Der Gegenstand der Ansprüche sei extrem breit. Die Herstellung einer anspruchsgemäßen Kraftstoffzusammensetzung bedeute daher einen unzumutbaren Aufwand für den Fachmann. Für die von der Kammer vertretene Auslegung von Anspruch 1 gebe es keine Stütze im Patent. Würde man von der Korrektheit dieser Auslegung ausgehen, so sei keines der Beispiele des Patents gemäß der Anspruch 1. Auch dies zeige, dass die anspruchsgemäße Erfindung nicht ausreichend offenbart sein könne.

Rüge unter Regel 106 EPÜ

- Die Beschwerdegegnerin sei durch die erstmalige Einreichung der neuen Hilfsanträge 1 und 6 in der mündlichen Verhandlung und die unübliche Auslegung von Anspruch 1 überrascht worden. Sie habe nicht die Möglichkeit gehabt, diese Auslegung durch zwei Instanzen überprüfen zu lassen.

Entscheidungsgründe

Hauptantrag

1. Der Hauptantrag entspricht dem mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hilfsantrag 17. Dieser Hilfsantrag wurde von der Einspruchsabteilung zum Verfahren zugelassen. Entgegen dem Antrag der Beschwerdegegnerin entschied die Kammer in der mündlichen Verhandlung, diese Zulassungsentscheidung nicht aufzuheben. In Anbetracht der Nichtgewährbarkeit des Hauptantrags (siehe unten) kann an dieser Stelle auf eine Begründung verzichtet werden.

2. Anspruch 1 hat den folgenden Wortlaut:

"Kraftstoffzusammensetzung, enthaltend in einer Hauptmenge eines üblichen Kraftstoffs einen Anteil wenigstens eines eine quaternisierte Stickstoffverbindung umfassenden Reaktionsprodukts, oder eine aus dem Reaktionsprodukt durch Aufreinigung erhaltene, eine quaternisierte Stickstoffverbindung enthaltende Teilfraktion davon, wobei das Reaktionsprodukt erhältlich ist durch

a1) Umsetzung einer hydrocarbyl-substituierten Polycarbonsäureverbindung, mit einer Verbindung umfassend wenigstens eine mit der Polycarbonsäure reaktiven, insbesondere addierbaren oder kondensierbaren, Sauerstoff- oder Stickstoffgruppe sowie enthaltend wenigstens eine quaternisierbare Aminogruppe, wobei man eine quaternisierbaren [sic] hydrocarbyl-substituierten [sic] Polycarbonsäureverbindung erhält, und

a2) deren anschließende Umsetzung mit einem Quaternisierungsmittel, das die wenigstens eine quaternisierbare Aminogruppe in eine quaternäre Ammoniumgruppe überführt, wobei das Quaternisierungsmittel der Alkylester einer cycloaromatischen oder cycloaliphatischen Mono- oder Polycarbonsäure, insbesondere einer Mono- oder Dicarbonsäure, oder einer aliphatischen Polycarbonsäure ist; oder

b) Umsetzung einer quaternisierbaren hydrocarbyl-substituierten Polycarbonsäureverbindung, enthaltend wenigstens eine quaternisierbare Aminogruppe mit einem Quaternisierungsmittel, das die wenigstens eine quaternisierbare Aminogruppe in eine quaternäre Ammoniumgruppe überführt, wobei das Quaternisierungsmittel der Alkylester einer cycloaromatischen oder cycloaliphatischen Mono- oder Polycarbonsäure, insbesondere einer Mono- oder Dicarbonsäure, oder einer aliphatischen Polycarbonsäure ist;

wobei pro Äquivalent an quaternisierbarem tertiären Stickstoffatom 1,25 bis etwa 2,0 Äquivalente an Quaternisierungsmittel eingesetzt werden."

Anspruch 1 betrifft somit im Wesentlichen eine Kraftstoffzusammensetzung, welche neben dem eigentlichen Kraftstoff auch ein Reaktionsprodukt enthält. Das Reaktionsprodukt ist dabei dadurch charakterisiert, dass es eine quaternisierte Stickstoffverbindung umfasst. Ferner ist das Reaktionsprodukt durch das Verfahren zu seiner Herstellung definiert, genauer gesagt anhand zweier möglicher Verfahrensalternativen, nämlich ein Verfahren gemäß der Schritte a1) und a2) bzw. ein Verfahren gemäß Schritt b). Beide Alternativen werden durch das den EQA betreffende Merkmal zusätzlich eingeschränkt. Bei Anspruch 1 handelt es sich also um einen Product-by-process-Anspruch.

3. Neuheit

3.1 Die Beschwerdegegnerin verwies insbesondere auf das Beispiel 16 von D2.

Zwischen den Parteien bestand Einigkeit darüber, dass es sich bei D2 um Stand der Technik gemäß Artikel 54 (3) EPÜ handelt.

3.2 Beispiel 16 von D2 offenbart die Umsetzung eines Additivs A mit Dimethyloxalat unter Bildung eines quaternären Ammoniumsalzes. Der nach der Reaktion verbleibende Überschuss von Dimethyloxalat wird unter Vakuum entfernt und das verbleibende Produkt einem Dieselkraftstoff zugesetzt.

Additiv A stellt ein Polyisobutenylsuccinimid dar und wird in Beispiel 1 von D2 aus Polyisobutenylbernstein-säureanhydrid und Dimethylaminopropylamin hergestellt. Additiv A weist somit an das Polyisobutylen-Polymer gebundene N-Dimethylaminopropylsuccinimid-Gruppen auf und enthält mithin tertiäre Aminogruppen.

3.3 Vor dem Hintergrund der Offenbarung von D2 bestand Einigkeit zwischen den Parteien über die folgenden Punkte:

- Aufgrund der Anwesenheit tertiärer Aminogruppen im Additiv A kann dieses quaternisiert werden. Es entspricht der "quaternisierbaren hydrocarbyl-substituierten Polycarbonsäureverbindung, enthaltend wenigstens eine quaternisierbare Aminogruppe" von Anspruch 1, Verfahrensalternative b).

- Bei Dimethyloxalat handelt es sich um einen Alkylester einer aliphatischen Polycarbonsäure. Es erfüllt mithin die in Anspruch 1, Verfahrensalternative b), aufgeführte strukturelle Definition für das Quaternisierungsmittel ("wobei das Quaternisierungsmittel der Alkylester einer cycloaromatischen oder cycloaliphatischen Mono- oder Polycarbonsäure, insbesondere einer Mono- oder Dicarbonsäure, oder einer aliphatischen Polycarbonsäure ist").

- Dimethyloxalat überführt die im Additiv A enthaltenen tertiären Aminogruppen in quaternäre Ammoniumgruppen. Es erfüllt mithin auch die in Anspruch 1, Verfahrensalternative b), aufgeführte funktionelle Definition für das Quaternisierungsmittel ("Umsetzung ... mit einem Quaternisierungsmittel, das die wenigstens eine quaternisierbare Aminogruppe in eine quaternäre Ammoniumgruppe überführt").

- Das in Beispiel 16 von D2 hergestellte quaternäre Ammoniumsalz entspricht der quaternisierten Stickstoffverbindung von Anspruch 1. Da diese erst nach vorhergehender Abtrennung des überschüssigen Quaternisierungsmittels Dimethyloxalat dem Dieselkraftstoff zugesetzt wird, enthält die resultierende Dieselkraftstoffzusammensetzung mithin "eine aus dem Reaktionsprodukt durch Aufreinigung erhaltene, eine quaternisierte Stickstoffverbindung enthaltende Teilfraktion davon" wie in Anspruch 1 gefordert.

Ebenso herrschte Einigkeit zwischen den Parteien darüber, dass das EQA in Beispiel 16 von D2, d. h. also die Äquivalente an Dimethyloxalat pro Äquivalent an quaternisierbaren tertiären Stickstoffatomen im Additiv A, 3,5 beträgt.

3.4 Somit unterscheidet sich der Wortlaut des Anspruchs 1 von der Offenbarung des Beispiels 16 von D2 nur hinsichtlich eines einzigen Verfahrensmerkmals, welches die Herstellung des im Kraftstoff enthaltenden Reaktionsprodukts betrifft. Während Anspruch 1 für die Herstellung des anspruchsgemäßen Produktes einen EQA von 1,25 bis 2,0 vorsieht, beträgt dieser bei Beispiel 16 von D2 3,5.

3.5 Anspruch 1 ist wie oben ausgeführt ein Product-by process-Anspruch. Der für die Herstellung des anspruchsgemäßen Reaktionsproduktes vorgesehene und sich von dem EQA des Beispiels 16 der D2 unterscheidende EQA stellt ein Merkmal des in diesem Anspruch definierten Verfahrens dar. Zwischen den Parteien war strittig, ob dieser Verfahrensunterschied zu einem anderen Reaktionsprodukt führt, welches die Neuheit der in Anspruch 1 definierten Kraftstoffzusammensetzung begründen kann.

3.6 In Fällen wie dem vorliegenden, in dem ein Verfahrensmerkmal das einzige Merkmal ist, das einem Erzeugnis Neuheit verleihen kann, trägt die Patentinhaberin, d. h. vorliegend die Beschwerdeführerin, die Beweislast für die Tatsache, dass das Verfahrensmerkmal zu einem unterscheidbaren und identifizierbaren Merkmal des Erzeugnisses führt - d. h. im vorliegenden Fall der Kraftstoffzusammensetzung (T 32/17, Nr. 15 der Gründe; T 179/03, Nr. 3.9 und 3.14 der Gründe).

3.7 Die Beschwerdeführerin verwies in diesem Zusammenhang auf D12 (Teil B auf den Seiten 4 bis 6).

3.7.1 In D12 wird die Umsetzung eines aus Polyisobutenylbernsteinsäureanhydrid und Dimethylaminopropylamin gebildeten Polyisobutenylsuccinimids mit Methylsalicylat unter Bildung der entsprechenden quaternisierten Stickstoffverbindung untersucht. Zugunsten der Beschwerdeführerin akzeptiert die Kammer, dass diese Umsetzung vergleichbar ist mit der in Beispiel 16 von D2 beschriebenen, welche Dimethyloxalat als Quaternisierungsmittel einsetzt. Bei verschiedenen EQA's in einem Bereich von 1,00 bis 2,25 wurden nach 2, 4 und 6 Stunden die erzielten Quaternisierungsgrade ermittelt, d. h. der stoffmengenmäßige Anteil der quaternären Ammoniumgruppen an den insgesamt quaternisierbaren Stickstoffatomen.

3.7.2 Die Beschwerdeführerin trug vor, dass im anspruchsgemäßen Bereich ein Optimum zu sehen sei. So ermögliche die Verwendung einer möglichst geringen Menge an Quaternisierungsmittel einen möglichst hohen Quaternisierungsgrad. Somit weise eine gemäß Anspruch 1 hergestellte quaternisierte Stickstoffverbindung einen anderen Quaternisierungsgrad auf als eine gemäß Beispiel 16 von D2.

3.7.3 Die Kammer kann dem nicht folgen. Aus der Tabelle auf Seite 5 unten in D12 ist ersichtlich, dass der Quaternisierungsgrad abhängig ist von der Reaktionszeit. Bei gegebenem EQA nimmt der Quaternisierungsgrad mit fortschreitender Reaktionszeit zu. Die in Anspruch 1 genannten Verfahrensalternativen und damit auch die Verfahrensalternative b) sind aber hinsichtlich der Reaktionszeit nicht beschränkt. Somit umfasst der Gegenstand von Anspruch 1 nicht nur Kraftstoffe enthaltend quaternisierte Stickstoffverbindungen mit äußerst geringen Quaternisierungsgraden (erhalten nach sehr kurzer Reaktionszeit mit einem EQA von beispielsweise 1,25), sondern auch solche mit äußerst hohen (erzielt nach sehr langer Reaktionszeit mit einem EQA von beispielsweise 2,0). Vor diesem Hintergrund ist die Kammer davon überzeugt, dass sich auch der in Beispiel 16 von D2 erhaltene Quaternisierungsgrad mit einem anspruchsgemäßen EQA erreichen lässt, wenn nur die Reaktionszeit entsprechend lang gewählt wird. Somit fällt also die Kraftstoffzusammensetzung des Beispiels 16 von D2 in den Gegenstand von Anspruch 1, welcher damit neuheitsschädlich vorbeschrieben ist.

3.8 Zusammengefasst ist also der Gegenstand von Anspruch 1 zumindest gegenüber Beispiel 16 von D2 nicht neu. Der Hauptantrag ist daher nicht gewährbar. Die Kammer folgt diesbezüglich der angefochtenen Entscheidung.

Hilfsantrag 1

4. Zulassung (Artikel 12 (4) VOBK 2007)

4.1 Hilfsantrag 1 entspricht dem Hilfsantrag 19, welcher erstmals mit der Beschwerdebegründung eingereicht wurde.

4.2 Die Beschwerdegegnerin beantragte, Hilfsantrag 1 nicht zum Verfahren zuzulassen. Hierbei bezog sich ihr Zulassungseinwand auf die zwei in Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 gegenüber dem erteilten Anspruch 1 vorgenommenen Änderungen.

4.3 Anspruch 1 lautet (mit Änderungen im Vergleich zum erteilten Anspruch 1):

"Kraftstoffzusammensetzung, enthaltend in einer Hauptmenge eines üblichen Kraftstoffs einen Anteil wenigstens eines eine quaternisierte Stickstoffverbindung umfassenden Reaktionsprodukts, [deleted: oder eine aus dem Reaktionsprodukt durch Aufreinigung erhaltene, eine quaternisierte Stickstoffverbindung enthaltende Teilfraktion davon,] wobei das Reaktionsprodukt erhältlich ist durch

a1) Umsetzung einer hydrocarbyl-substituierten Polycarbonsäureverbindung, mit einer Verbindung umfassend wenigstens eine mit der Polycarbonsäure reaktiven, insbesondere addierbaren oder kondensierbaren, Sauerstoff- oder Stickstoffgruppe sowie enthaltend wenigstens eine quaternisierbare Aminogruppe, wobei man eine quaternisierbaren [sic] hydrocarbyl-substituierten [sic] Polycarbonsäureverbindung erhält, und

a2) deren anschließende Umsetzung mit einem Quaternisierungsmittel, das die wenigstens eine quaternisierbare Aminogruppe in eine quaternäre Ammoniumgruppe überführt, wobei das Quaternisierungsmittel der Alkylester einer cycloaromatischen oder cycloaliphatischen Mono- oder Polycarbonsäure, insbesondere einer Mono- oder Dicarbonsäure, oder einer aliphatischen Polycarbonsäure ist; oder

b) Umsetzung einer quaternisierbaren hydrocarbyl-substituierten Polycarbonsäureverbindung, enthaltend wenigstens eine quaternisierbare Aminogruppe mit einem Quaternisierungsmittel, das die wenigstens eine quaternisierbare Aminogruppe in eine quaternäre Ammoniumgruppe überführt, wobei das Quaternisierungsmittel der Alkylester einer cycloaromatischen oder cycloaliphatischen Mono- oder Polycarbonsäure, insbesondere einer Mono- oder Dicarbonsäure, oder einer aliphatischen Polycarbonsäure ist;

wobei pro Äquivalent an quaternisierbarem tertiären Stickstoffatom [deleted: etwa 1,1 bis etwa 2,0 oder etwa] 1,25 bis [deleted: etwa] 2,0 Äquivalente an Quaternisierungsmittel eingesetzt werden[deleted: ; und/oder]

[deleted: die hydrocarbyl-substituierte Polycarbonsäureverbindung eine Polyisobutenylbernsteinsäure oder ein Anhydrid davon ist, wobei diese einen Bismaleinierungsgrad von ][deleted: 2 bis][deleted: 20 ][deleted: Gew.-%][deleted: oder ][deleted: 2 bis][deleted: 15 ][deleted: Gew.-%, jeweils bezogen auf das Umsetzungsprodukt,][deleted: aufweist]."

Anspruch 1 von Hilfsantrag 1 unterscheidet sich also im Wesentlichen durch zwei Änderungen vom erteilten Anspruch 1:

a) Das den BMG betreffende Merkmal wurde gestrichen (vgl. letzter Absatz vom Wortlaut oben). Aufgrund dieses Merkmals war die Einspruchsabteilung zu dem Schluss gekommen, dass die Hilfsanträge 1 bis 15 nicht die Erfordernisse von Artikel 123 (2) EPÜ erfüllen (siehe Punkt IV).

b) Das Merkmal "oder eine aus dem Reaktionsprodukt durch Aufreinigung erhaltene, eine quaternisierte Stickstoffverbindung enthaltende Teilfraktion davon" wurde gestrichen. Weil dieses Merkmal in Anspruch 1 von Hilfsantrag 17 enthalten war, hatte die Einspruchsabteilung die Neuheit dieses Antrags verneint (siehe Punkt IV). Wie oben dargelegt, schließt sich die Kammer der Einspruchsabteilung diesbezüglich an.

4.4 Die Beschwerdegegnerin trug vor, dass sie schon in ihrer Einspruchsschrift Einwände gegen das den BMG betreffende Merkmal unter Artikel 100 c) EPÜ vorgebracht habe. Auch habe ihr Neuheitseinwand in ihrer Einspruchsschrift wesentlich darauf basiert, dass der Wortlaut des erteilten Anspruchs 1 nicht nur die unmittelbar nach dem letzten Verfahrensschritt anfallende rohe Reaktionsmischung betreffe, sondern auch das eigentliche Wunschprodukt des Verfahrens in aufgereinigter Form, d. h. die aufgereinigte quaternisierte Stickstoffverbindung.

In Hilfsantrag 1 sei nun das den BMG betreffende Merkmal nicht mehr enthalten. Ferner sei die Möglichkeit gestrichen worden, wonach es sich bei dem Reaktionsprodukt um eine durch Aufreinigung erhaltene, eine quaternisierte Stickstoffverbindung enthaltende Teilfraktion handeln könne. Diese Änderungen seien daher gegen Einwände aus der Einspruchsschrift gerichtet und auf diese habe die Beschwerdeführerin früher reagieren können und sollen - nämlich mit ihrer Antwort auf die Einspruchsschrift. Stattdessen habe die Beschwerdeführerin in den bis zur Verhandlung eingereichten Anträgen das den BMG betreffende Merkmal immer unverändert gelassen und auch den Aspekt der Teilfraktion nicht gestrichen. Zwar habe die Einspruchsabteilung in ihrer vorläufigen Stellungnahme das den BMG betreffende Merkmal nicht beanstandet und auch die Neuheit anerkannt. Dass die Einspruchsabteilung in der mündlichen Verhandlung von dieser vorläufigen Meinung abgerückt sei, könne jedoch nicht überraschend sein und könne insbesondere nicht die Einreichung von Hilfsantrag 1 erst in der Beschwerde begründen. Auch habe die Beschwerdeführerin am Ende der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung nicht von der ihr eingeräumten Möglichkeit Gebrauch gemacht, weitere Anträge einzureichen. Der vorliegende Fall sei mit dem vergleichbar, der der Entscheidung T 23/10 zugrunde lag. Hilfsantrag 1 sei daher basierend auf Artikel 12(4) VOBK 2007 nicht zuzulassen.

4.5 Die Kammer erkennt an, das die Beschwerdegegnerin ihre obengenannten Einwände schon in der Einspruchsschrift vorgetragen hatte. Dies lässt aber zumindest vorliegend nicht den Schluss zu, dass die Einreichung von Hilfsantrag 1 vor der Einspruchsabteilung veranlasst gewesen wäre. So setzt sich die Einspruchsschrift auf 31 Seiten ausführlich mit einer Auslegung der erteilten Ansprüche, der Gültigkeit des Prioritätsanspruchs und mit Einwänden unter den Artikeln 100 a), b) und c) EPÜ auseinander. Vor diesem Hintergrund hält es die Kammer für legitim, dass die Beschwerdeführerin mit den von ihr zunächst eingereichten Anträgen diejenigen Einwände auszuräumen versuchte, die sie für potentiell relevant hielt und die oben aufgelisteten in Hilfsantrag 1 durchgeführten Änderungen im Vergleich zu den erteilten Ansprüchen, nämlich die Streichung des den BMG betreffenden Merkmals und die Streichung des Aspekts der Teilfraktion, nicht vorgenommen hat. Ihre Annahme, dass diese Änderungen nicht nötig seien, um die Einwände der Beschwerdegegnerin auszuräumen, wurde von der Einspruchabteilung bestätigt. So konnte die Einspruchsabteilung in ihrer vorläufigen Stellungnahme keinen Verstoß des den BMG betreffenden Merkmals gegen Artikel 100 c) EPÜ erkennen und erkannte auch die Neuheit des ihr vorliegenden Hauptantrags an. Bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung bestand daher keine Veranlassung für die Beschwerdeführerin, Hilfsantrag 1 einzureichen.

In der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchabteilung scheiterte der Hauptantrag an den Erfordernissen von Regel 80 EPÜ. Nachdem die Einspruchsabteilung entgegen ihrer vorläufigen Meinung zum Schluss gekommen war, dass das den BMG betreffende Merkmal in den Hilfsanträgen 1 bis 15 den Erfordernissen von Artikel 123 (2) EPÜ nicht genügte, legte die Beschwerdeführerin die Hilfsanträge 16 (nicht zugelassen) und 17 vor. In Hilfsantrag 17 war das den BMG betreffende Merkmal gänzlich gestrichen. Am Ende der mündlichen Verhandlung verkündete die Einspruchsabteilung, dass der beanspruchte Gegenstand von Hilfsantrag 17 nicht neu sei. Wie von der Beschwerdeführerin vorgetragen und von der Beschwerdegegnerin nicht bestritten, unterblieb dabei jedoch ein Hinweis auf den für die Einspruchsabteilung letztlich entscheidungserheblichen Umstand (vgl. die angefochtene Entscheidung: Seite 20, Zeilen 12 bis 18), dass der Aspekt der Teilfraktion in Hilfsantrag 17 noch in Anspruch 1 dieses Hilfsantrags vorhanden war. Auch der Niederschrift über die mündliche Verhandlung kann kein Hinweis entnommen werden, der die Aussage der Beschwerdeführerin hinsichtlich eines fehlenden Hinweises der Einspruchsabteilung in Zweifel ziehen könnte. Die Kammer akzeptiert daher das Vorbringen der Beschwerdeführerin, wonach diese am Ende der mündlichen Verhandlung gänzlich im Ungewissen darüber gewesen sein muss, welcher Einwand der Beschwerdegegnerin letztlich zur Aberkennung der Neuheit geführt hatte und wie sie diesen Neuheitseinwand hätte ausräumen können. Die Beschwerdeführerin hätte Hilfsantrag 1 daher vernünftigerweise nicht schon in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung einreichen sollen.

Die Entscheidung T 23/10, auf die sich die Beschwerdegegnerin in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer berief, steht obiger Schlussfolgerung nicht entgegen. In dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Fall wies die Einspruchsabteilung die Patentinhaberin in der mündlichen Verhandlung explizit darauf hin, dass ihre anhängigen Anträge nicht gewährbar waren, weil der abhängige Anspruch 11 nicht den Erfordernissen der Artikel 123 (2) bzw. 76 (1) EPÜ genügte. Trotz dieses Hinweises verzichtete die Inhaberin darauf, einen entsprechenden Antrag einzureichen, der den abhängigen Anspruch 11 nicht mehr enthielt. Dies tat sie erst mit ihrer Beschwerdebegründung. Vorliegend war der Beschwerdeführerin aus dem Verlauf der Verhandlung vor der Einspruchsabteilung klar, dass das den BMG betreffende Merkmal ein Problem unter Artikel 123 (2) EPÜ darstellt. Dieses Problem wurde von ihr durch die Einreichung von Hilfsantrag 17 beseitigt. Die Tatsache jedoch, dass es letztlich der von Anspruch 1 umfasste Aspekt der Teilfraktion war, der zum Schluss einer fehlenden Neuheit führte, war ihr wie oben ausgeführt am Ende der mündlichen Verhandlung nicht bekannt. Die Einreichung von Hilfsantrag 1 hätte daher vernünftigerweise nicht von ihr erwartet werden können.

In ihrer Beschwerdeerwiderung (Seite 9, Absatz 1) berief sich die Beschwerdegegnerin auch auf zwei weitere Entscheidungen, T 1538/10 und T 936/09. In ersterer wurde der betreffende Antrag der Patentinhaberin unter Artikel 12 (4) VOBK 2007 zugelassen. Diese Entscheidung kann daher vorliegend das Vorbringen der Beschwerdegegnerin nicht stützen. In dem der zweiten Entscheidung zugrundeliegenden Fall verhielt sich die Patentinhaberin im gesamten Einspruchsverfahren äußerst passiv. Sie trug keine Argumente vor, reichte keine geänderten Patentansprüche ein und stellte auch keinen Antrag auf mündliche Verhandlung (Gründe, Punkt 7). Der dieser Entscheidung zugrunde liegende Fall ist nach Auffassung der Kammer nicht mit dem vorliegenden zu vergleichen, bei dem sich die Beschwerdeführerin von Beginn an aktiv eingebracht hat.

4.6 In der mündlichen Verhandlung entschied die Kammer daher, Hilfsantrag 1 zum Verfahren zuzulassen.

5. Neuheit

5.1 Die Beschwerdegegnerin trug vor, dass der Gegenstand der Ansprüche 1 und 9 nicht neu sei gegenüber den Beispielen 2 (in Verbindung mit Beispiel 5) und 16 von D2.

Der Wortlaut von Anspruch 1 ist oben wiedergegeben (Punkt 4.3).

Anspruch 9 hat folgenden Wortlaut:

"Verwendung eines Reaktionsproduktes erhältlich nach einem Verfahren gemäß der Definition in einem der vorhergehenden Ansprüche als Kraftstoff- additiv."

Zur Beurteilung der Neuheitseinwände ist die Auslegung der Ansprüche entscheidend.

5.2 Auslegung von Anspruch 9

5.2.1 Anspruch 9 ist ein Verwendungsanspruch, der auf die Verwendung eines Reaktionsproduktes erhältlich nach einem Verfahren gemäß der Definition in einem der vorhergehenden Ansprüche abstellt. Durch seinen Rückbezug auf die Definition in den vorhergehenden Ansprüchen betrifft Anspruch 9 dasselbe Herstellungsverfahren wie das in Anspruch 1 genannte. Wie oben ausgeführt, bezieht sich Anspruch 1 auf ein Verfahren mit den Schritten a1)/a2) bzw. dem Schritt b).

5.2.2 Das Reaktionsprodukt wird in Anspruch 9 durch Rückbezug auf den genannten Anspruch 1 als erhältlich nach einem Verfahren mit den Reaktionsschritten a1)/a2) bzw. dem Reaktionsschritt b) definiert. Diese Reaktionsschritte enthalten keinen Aufreinigungsschritt, was für den Fachmann impliziert, dass unter dem "Reaktionsprodukt" die durch die Verfahrensschritte direkt erhaltene rohe Reaktionsmischung zu verstehen ist. Diese enthält neben der quaternisierten Stickstoffverbindung noch unumgesetztes Quaternisierungsmittel und zwar ungefähr 0,25 Äquivalente pro Äquivalente an quaternisierbaren tertiären Stickstoffatomen. Dies liegt darin begründet, dass letzteres in einem entsprechendem Überschuss (EQA = 1,25 bis 2,0) eingesetzt wird im Verhältnis zur Anzahl der quaternisierbaren tertiären Stickstoffatome.

Der Ausdruck Reaktionsprodukt für sich genommen impliziert jedoch, dass Ausgangsmaterialien, die in dieser rohen Reaktionsmischung enthalten sind, und die Edukte und damit kein Produkt darstellen, nicht mitumfasst sind. Auf der Grundlage dieser zweiten Auslegung würde das Reaktionsprodukt der quaternisierten Stickstoffverbindung ohne Anwesenheit weiterer Verbindungen entsprechen. Dass diese Stickstoffverbindung das Wunschprodukt des Verfahrens ist, ergibt sich dabei nicht nur unmittelbar aus dem Wortlaut des anspruchsgemäßen Verfahrens, sondern auch vor dem Hintergrund der Gesamtoffenbarung des Patents (vgl. beispielsweise Absatz [0001]: "Die vorliegende Erfindung betrifft neuartige quaternisierte Stickstoffverbindungen, deren Herstellung und Verwendung als Kraftstoffadditiv ...").

5.2.3 Eine weitergehende, d. h. eine über den bloßen Verweis auf das Herstellungsverfahren hinausgehende Beschränkung des Reaktionsproduktes fehlt in Anspruch 9. Somit ist in Anspruch 9 unklar, ob mit dem dort genannten Reaktionsprodukt die die quaternisierte Stickstoffverbindung umfassende rohe Reaktionsmischung, oder die quaternisierte Stickstoffverbindung selbst ohne weitere Verbindungen gemeint ist. Eine solche Unklarheit kann nur zu Lasten der Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) gehen. Dies hat zur Folge, dass es sich bei dem Reaktionsprodukt von Anspruch 9 sowohl um ein Reaktionsprodukt gemäß der obigen ersten Auslegungsart im Sinne einer rohen die quaternisierte Stickstoffverbindung umfassenden Reaktionsmischung handeln kann, als auch um ein Reaktionsprodukt gemäß der obigen zweiten Auslegungsart im Sinne der quaternisierten Stickstoffverbindung selbst.

5.3 Auslegung von Anspruch 1

5.3.1 Anspruch 1 unterscheidet sich insbesondere dadurch von Anspruch 9, dass die Kraftstoffzusammensetzung "einen Anteil wenigstens eines eine quaternisierte Stickstoffverbindung umfassenden Reaktionsprodukts" enthält. Zwischen den Parteien war strittig, ob dieser Zusatz zu einer anderen Auslegung hinsichtlich des Reaktionsproduktes führt als bei Anspruch 9.

Die Kammer stimmt mit der Beschwerdegegnerin dahingehend überein, dass die Formulierung "eine Verbindung umfassend" normalerweise zwei mögliche Bedeutungen zulässt, nämlich die Auslegung, dass neben der genannten Verbindung, vorliegend, die quaternisierte Stickstoffverbindung, noch weitere Verbindungen enthalten sind, sowie die engere Auslegung, dass ausschließlich die genannte Verbindung im Sinne eines "bestehend aus" vorhanden ist. Vorliegend hält die Kammer die von der Beschwerdegegnerin vorgesehene Auslegung, dass "das Reaktionsprodukt aus der quaternisierten Stickstoffverbindung besteht", jedoch nicht für angezeigt, da der Fachmann vor dem Hintergrund des genauen Anspruchswortlauts von einer anderen Auslegung ausgeht. Wie oben schon erläutert, geht aus dem Anspruchswortlaut klar hervor, dass ein Überschuss an Quaternisierungsmittel eingesetzt wird, denn der EQA ist deutlich höher als 1. Der Fachmann entnimmt der anspruchsgemäßen Verfahrensdefinition also unmittelbar, dass die nach dem letzten Verfahrensschritt erhaltene rohe Reaktionsmischung neben der quaternisierten Stickstoffverbindung auch noch nicht umgesetztes Quaternisierungsmittel enthalten muss. Diese rohe Reaktionsmischung stellt ein "eine quaternisierte Stickstoffverbindung umfassendes Reaktionsprodukt [...]" dar, wie im oben angesprochenen Zusatz gefordert. Vor diesem Hintergrund würde der Fachmann das in Anspruch 1 genannte Reaktionsprodukt daher nicht so auslegen, dass es aus der quaternisierten Stickstoffverbindung bestehen kann, sondern vielmehr so, dass es sich auf die unmittelbar nach dem letzten Verfahrensschritt erhaltene rohe Reaktionsmischung bezieht. Diese enthält neben der quaternisierten Stickstoffverbindung noch überschüssiges Quaternisierungsmittel. Entgegen der von der Beschwerdegegnerin vertretenen Auffassung findet diese Auslegung auch eine Stütze in der Beschreibung des erteilten Patents (Absatz [0061]). So wird hier festgestellt, dass das gebildete Reaktionsprodukt weiter aufgereinigt oder das Lösungsmittel entfernt werden kann und ferner, dass dies aber nicht zwingend notwendig ist und das Reaktionsprodukt ohne weitere Aufreinigung als Additiv eingesetzt werden kann. Dies impliziert klar, dass das Reaktionsprodukt nicht aus der quaternisierten Stickstoffverbindung besteht, sondern noch weitere durch Aufreinigung entfernbare Verbindungen sowie Lösungsmittel enthält. Zu keinem anderen Ergebnis gelangt man bei Betrachtung der ursprünglich eingereichten Anmeldung (vgl. die Ansprüche 1 und 2 und Seite 27, Zeilen 18 bis 24).

5.3.2 Die Beschwerdegegnerin argumentierte noch, dass das Wort "Anteil" im besagten Zusatz des Anspruchs 1 so verstanden werden könne, dass es sich auf eine Komponente des Reaktionsproduktes beziehe, wie beispielsweise der quaternisierten Stickstoffverbindung. Der Wortlaut von Anspruch 1 sei daher mindestens so auszulegen, dass das Reaktionsprodukt neben der quaternisierten Stickstoffverbindung nicht zwingend weitere Komponenten enthalten müsse.

Die Kammer kann sich dem nicht anschließen. Neben einer Hauptmenge eines Kraftstoffs enthält die Kraftstoffzusammensetzung von Anspruch 1 auch einen Anteil eines Zusatzes. Dieser Zusatz ist das genannte Reaktionsprodukt. Entgegen dem Argument der Beschwerdegegnerin betrifft das Wort "Anteil" daher das in der Kraftstoffzusammensetzung enthaltene Reaktionsprodukt in seiner Gesamtheit und nicht etwa nur eine Komponente davon. Der "Anteil" ist also keineswegs so auszulegen, als ob er auch die quaternisierte Stickstoffverbindung alleine darstellen kann.

5.4 Neuheit von Anspruch 1

5.4.1 Beispiel 16 von D2

In Beispiel 16 von D2 wird das überschüssige Quaternisierungsmittel von dem quaternären Ammoniumsalz entfernt, bevor letzteres dem Kraftstoff zugesetzt wird. Dem Kraftstoff wird also nicht die unmittelbar nach dem letzten Verfahrensschritt erhältliche Reaktionsmischung zugesetzt und diese enthält auch kein überschüssiges Quaternisierungsmittel. Im Lichte der obigen Auslegung ist der Gegenstand von Anspruch 1 daher gegenüber Beispiel 16 von D2 neu.

5.4.2 Beispiel 2 von D2 (in Verbindung mit Beispiel 5)

Die Beschwerdegegnerin basierte einen weiteren Neuheitseinwand auf Beispiel 2 von D2.

Dieses Beispiel offenbart die Umsetzung des Additivs A (vgl. oben) mit Methylsalicylat unter Bildung eines quaternären Ammoniumsalzes. Wie von der Beschwerdegegnerin vorgetragen, wird Methylsalicylat dabei mit einem EQA von 1,0 eingesetzt. Das unmittelbar aus der Umsetzung resultierende Produkt wird ohne weitere Aufreinigung einem Dieselkraftstoff zugesetzt (Beispiel 5, Zusammensetzungen 2 und 3).

Dem Kraftstoff wird in diesem Falle also die unmittelbar nach dem letzten Verfahrensschritt erhältliche Reaktionsmischung zugesetzt. In diesem Falle ist jedoch der Überschuss an noch enthaltenem Quaternisierungsmittel, so denn überhaupt vorhanden, notgedrungen geringer als bei Anspruch 1, da die Quaternisierung mit einem äquimolaren Verhältnis und nicht mit einem deutlichen Überschuss an Quaternisierungsmittel durchgeführt wird. Der Gegenstand von Anspruch 1 daher auch gegenüber Beispiel 2 von D2 neu.

5.4.3 Schriftlich trug die Beschwerdegegnerin auch vor, dass der anspruchsgemäße Bereich für das EQA keine Auswahl aus der Offenbarung der D2 darstellen und der Gegenstand der Ansprüche daher nicht neu sein könne (Beschwerdeerwiderung, Punkt 9.5). In ihrem Bescheid gemäß Artikel 15 (1) VOBK 2020 führte die Kammer diesbezüglich aus, dass dies nicht überzeugend ist, da in D2 kein entsprechender Zahlenbereich offenbart wird, demgegenüber der anspruchsgemäße EQA-Bereich als Auswahl aufzufassen ist. Dies wurde von der Beschwerdegegnerin weder in ihrem Schriftsatz vom 14. Januar 2022 noch während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer bestritten. Auch dies kann daher nicht eine fehlende Neuheit von Anspruch 1 begründen.

5.5 Neuheit von Anspruch 9

Es wurde oben festgestellt, dass es sich bei dem Reaktionsprodukt gemäß Anspruch 9 um die quaternisierte Stickstoffverbindung selbst handeln kann, also mithin auch um das in Beispiel 16 von D2 erhaltene und vom Überschuss an Quaternisierungsmittel befreite quaternäre Ammoniumsalz.

Da oben schon festgestellt wurde,

- dass die Verfahrensmerkmale von Anspruch 1 des Hauptantrags und damit auch die von Anspruch 1 und über den Rückbezug auch die von Anspruch 9 des Hilfsantrags 1 keine Neuheit begründen können gegenüber dem vom Überschuss an Quaternisierungsmittel befreiten Produkt von Beispiel 16

- dass das Produkt von Beispiel 16 einem Dieselkraftstoff zugesetzt wird und damit als Kraftstoffadditiv verwendet wird,

ist der Gegenstand von Anspruch 9 nicht neu gegenüber Beispiel 16 von D2.

5.6 In ihrer Beschwerdeerwiderung hatte die Beschwerdegegnerin im Hinblick auf D2 ausgeführt, dass ähnliche Überlegungen hinsichtlich D1 und D8 gelten könnten. Die Kammer hatte sich dementsprechend in ihrem Bescheid gemäß Artikel 15 (1) VOBK 2020 mit den auf D2 basierenden Neuheitseinwänden auseinandergesetzt und ausgeführt, dass sie davon ausgeht, dass auf D1 und D8 gestütztes Vorbringen nicht über das auf D2 gestützte hinausgeht. Dies wurde von der Beschwerdegegnerin weder in ihrem Schriftsatz vom 14. Januar 2022 noch während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer bestritten. Gegenüber D1 und D8 müssen daher die gleichen Schlussfolgerungen gelten wie gegenüber D2.

5.7 Zusammengefasst ergibt sich:

- Der Gegenstand von Anspruch 9 ist nicht neu gegenüber D2 und Hilfsantrag 1 nicht gewährbar.

- Der Gegenstand von Anspruch 1 und damit auch der Gegenstand seiner abhängigen Ansprüche 2 bis 8 ist neu gegenüber D1, D2 und D8.

Hilfsanträge 2 bis 5

6. Die Hilfsanträge 2 bis 5 wurden erstmals in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer eingereicht. Die Beschwerdegegnerin beantragte, diese Hilfsanträge nicht zum Verfahren zuzulassen.

7. Zulassung (Artikel 13 (2) VOBK 2020)

7.1 Die Beschwerdeführerin argumentierte im Wesentlichen, dass sich die Hilfsanträge 2 bis 5 nur dadurch von den mit ihrer Beschwerdebegründung eingereichten Hilfsanträgen 28 bis 31 unterscheiden würden, dass in ihnen ein offensichtlicher Fehler korrigiert worden sei. Die Hilfsanträge 2 bis 5 seien daher zuzulassen.

7.2 Von der Beschwerdegegnerin wurde in ihrer Erwiderung auf die Beschwerdebegründung die Auffassung vertreten, dass der Schutzbereich der von der Beschwerdeführerin mit ihrer Beschwerdebegründung eingereichten Hilfsanträge 28 bis 31 entgegen Artikel 123 (3) EPÜ gegenüber dem des erteilten Patents erweitert ist. Um diesen Einwand durch Korrektur der Ansprüche auszuräumen, reichte die Beschwerdeführerin in der Verhandlung vor der Kammer die Hilfsanträge 2 bis 5 ein.

7.3 Diese Einreichung stellt eine Änderung des Beschwerdevorbringens dar. Insbesondere wäre es infolge des Ausräumens des Einwandes gemäß Artikels 123 (3) EPÜ, im Falle einer Zulassung der Anträge erstmals in der mündlichen Verhandlung nötig geworden, weitere Patentierbarkeitserfordernisse zu diskutieren (T 1480/16, Punkt 2.3 der Gründe; T 995/18, Punkt 2 der Gründe; T 981/17, Punkt 3 der Gründe; T 2243/18, Punkt 2 der Gründe; T 1792/19, Punkt 2 der Gründe; T 1151/18, Punkt 2.1 der Gründe; T 1857/19, Punkt 1.1 der Gründe).

7.4 Gemäß Artikel 13 (2) VOBK 2020 bleibt eine Änderung des Beschwerdevorbringens grundsätzlich unberücksichtigt, es sei denn, der Beschwerdeführer hat stichhaltige Gründe dafür aufgezeigt, dass außergewöhnliche Umstände vorliegen. Solche Gründe sind vorliegend jedoch nicht ersichtlich. Insbesondere kann die vermeintliche Korrektur offensichtlicher Fehler in den mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hilfsanträgen 28 bis 31 nicht die Einreichung der Hilfsanträge 2 bis 5 erst in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer rechtfertigen, da die Beschwerdeführerin auf die Nichtgewährbarkeit der Hilfsanträge 28 bis 31 schon mehr als zwei Jahre vor der mündlichen Verhandlung von der Beschwerdegegnerin in ihrer Erwiderung aufmerksam gemacht wurde.

7.5 In der mündlichen Verhandlung entschied die Kammer daher, die Hilfsanträge 2 bis 5 nicht zum Verfahren zuzulassen.

Hilfsantrag 6

8. Hilfsantrag 6 wurde erstmals in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer eingereicht. Der betreffende Anspruchssatz umfasst nur 8 Ansprüche. Diese sind identisch zu den Ansprüchen 1 bis 8 von Hilfsantrag 1. Hilfsantrag 6 unterscheidet sich nur dadurch von Hilfsantrag 1, dass die Verwendungsansprüche 9 bis 12 gestrichen sind.

9. Zulassung (Artikel 12 (4) VOBK 2007, Artikel 13 (2) VOBK 2020)

9.1 Die Beschwerdegegnerin beantragte, Hilfsantrag 6 nicht zum Verfahren zuzulassen.

Die bei Hilfsantrag 1 unter Artikel 12 (4) VOBK 2007 vorgebrachten Argumente seien auch für Hilfsantrag 6 relevant.

Ferner unterscheide sich Hilfsantrag 6 dadurch von Hilfsantrag 1, dass die Verwendungsansprüche gestrichen worden seien. Dies stelle eine Änderung des Beschwerdevorbringens der Beschwerdeführerin dar. Sie habe aber keine stichhaltigen Gründe dafür aufgezeigt, dass außergewöhnliche Umstände vorliegen, die die Einreichung von Hilfsantrag 6 erst in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer rechtfertigen könnten. Hilfsantrag 6 sei daher im Hinblick auf Artikel 13 (2) VOBK 2020 nicht zuzulassen.

9.2 Die Zulassung von Hilfsantrag 1 unter Artikel 12 (4) VOBK 2007 wurde oben begründet. Die gleiche Begründung gilt mutatis mutandis auch für Hilfsantrag 6.

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Die Frage, ob die Streichung eines unabhängigen Anspruchs stets eine Änderung des Beschwerdevorbringens bedeutet, braucht im vorliegenden Verfahren nicht entschieden zu werden. Denn nach Ansicht der Kammer liegen in diesem Fall außergewöhnliche Umstände im Sinne von Artikel 13(2) VOBK 2020 vor, die eine Zulassung des betreffenden Hilfsantrags rechtfertigen. In ihrer Erwiderung auf die Beschwerdebegründung hatte die Beschwerdegegnerin den Standpunkt vertreten, dass Anspruch 1 von Hilfsantrag 1 nicht neu sei. Eine Auseinandersetzung mit einer möglichen unterschiedlichen Auslegung des Begriffes des Reaktionsproduktes zwischen den Ansprüchen 1 und 9 erfolgte indes nicht. Dies geschah erst in der mündlichen Verhandlung und führte zu dem Schluss, dass zwar der Gegenstand von Anspruch 9, nicht jedoch der von Anspruch 1 neuheitsschädlich getroffen ist. Darauf musste die Beschwerdeführerin reagieren können.

Die Kammer entschied daher in der mündlichen Verhandlung, Hilfsantrag 6 zum Verfahren zuzulassen.

10. Neuheit

Die Ansprüche des Hilfsantrags 6 sind identisch zu den Ansprüchen 1 bis 8 des Hilfsantrags 1. Wie oben schon ausgeführt, ist der Gegenstand dieser Ansprüche neu.

11. Ausführbarkeit

11.1 Die Beschwerdegegnerin trug im Wesentlichen vor, dass die Ansprüche im Hinblick auf die umzusetzenden Reaktanten extrem breit seien. Dies habe einen unzumutbaren Aufwand zur Folge. Auch sei nicht glaubhaft, dass sich die gemäß dem in Anspruch 1 definierten Verfahren erhaltenen Reaktionsprodukte durch eine bessere Löslichkeit auszeichnen würden.

11.2 Dies ist nicht überzeugend. Anspruch 1 ist ein Product-by-process-Anspruch, gerichtet auf eine Kraftstoffzusammensetzung enthaltend einen Kraftstoff und einen Anteil eines eine quaternisierte Stickstoffverbindung umfassenden Reaktionsprodukts, wobei das Reaktionsprodukt erhältlich ist nach den Verfahren gemäß der Schritte a1)/a2) oder dem Schritt b). Für die Ausführbarkeit ist mithin entscheidend, ob der Fachmann eine solche Kraftstoffzusammensetzung herstellen kann. Kraftstoffe sind allseits bekannt. Ebenso ist die Herstellung einer zweikomponentigen Zusammensetzung, beispielweise durch simples Zusammenfügen beider Komponenten, allseits bekannt. Dies wurde von der Beschwerdegegnerin auch nicht bestritten. Somit ist der Fachmann in der Lage, die beanspruchte Erfindung auszuführen.

Der Verweis auf die schiere Breite der Ansprüche und der damit verbundene Einwand, dass die Herstellung des genannten Reaktionsprodukts nur mit einem unzumutbarem Aufwand möglich sei, ändert diese Schlussfolgerung nicht. Dieser Einwand ist eine bloße Behauptung der die Beweislast tragenden Beschwerdegegnerin. Wie von der Beschwerdeführerin richtigerweise angemerkt, ist ein solcher Einwand jedoch nur begründet, wenn ernsthafte, durch nachprüfbare Fakten erhärtete Zweifel gegen die Ausführbarkeit der Erfindung bestehen. Für die Ausführbarkeit ist vorliegend auch irrelevant, ob ein Effekt, wie beispielsweise die Löslichkeit des Reaktionsprodukts oder der in ihm enthaltenen quaternisierten Stickstoffverbindung, über die gesamte Anspruchsbreite erzielt wird, denn ein solcher Effekt wird in den Ansprüchen nicht genannt (G 1/03, Nr. 2.5.2 der Gründe).

11.3 Darüber hinaus trug die Beschwerdegegnerin vor, es gebe im Patent keine Offenbarung, die die in der Verhandlung festgestellte Anspruchsauslegung stütze. Wenn man von der Korrektheit dieser Auslegung ausgehe, so sei keines der erfindungsgemäßen Beispiele des Patents gemäß Anspruch 1. Dies treffe insbesondere auf das einzige erfindungsgemäße Beispiel mit einem anspruchsgemäßen EQA zu, d. h. Beispiel 3. Die in Anspruch 1 von Hilfsantrag 6 beanspruchte Erfindung sei daher nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen könne.

Das Erfordernis der ausreichenden Offenbarung bedingt, dass das Patent die Erfindung so deutlich und vollständig offenbart, dass der Fachmann sie ausführen kann. Von der Beschwerdegegnerin wurde nicht vorgetragen, weshalb die von ihr angeführte vermeintlich fehlende Stütze der festgestellten Anspruchsauslegung eine solche fehlende ausreichende Offenbarung bedingt. Hinzu kommt, dass sich entgegen dem Vorbringen der Beschwerdegegnerin im Patent (Absatz [0061]) und der ursprünglichen Anmeldung (Seite 27, Zeilen 18 bis 24) sehr wohl eine Stütze für die oben festgestellte Auslegung von Anspruch 1 findet (siehe oben). Auch wurde von der Beschwerdegegnerin nicht vorgetragen, weshalb die Tatsache, dass das Streitpatent keine "Stütze" im Sinne anspruchsgemäßer Beispiele enthält, eine fehlende Ausführbarkeit zur Folge hat. Wie oben bereits festgestellt wurde, sind Kraftstoffe und die Herstellung einer zweikomponentigen Zusammensetzung, beispielweise durch simples Zusammenfügen beider Komponenten, allseits bekannt. Selbst wenn die im erfindungsgemäßen Beispiel 3 mit einem anspruchsgemäßen EQA von 1,9 hergestellte quaternisierte Stickstoffverbindung deswegen nicht mehr unter das Reaktionsprodukt von Anspruch 1 zu subsumieren ist, weil das überschüssige Quaternisierungsmittel vor der Zugabe zum Kraftstoff entfernt wird, so sieht die Kammer vor dem Hintergrund der Lehre des Patents/der ursprünglichen Anmeldung keinen Grund, weshalb der Fachmann ohne erfinderisches Zutun nicht auch das in Beispiel 3 erhaltene Rohprodukt einem Kraftstoff zusetzen sollte. Somit kann der Fachmann auch ohne anspruchsgemäße Beispiele im Streitpatent die Erfindung ausführen.

11.4 Die in den Ansprüchen von Hilfsantrag 6 beanspruchte Erfindung ist mithin ausreichend offenbart.

Zurückverweisung (Artikel 111 (1) EPÜ und Artikel 11 VOBK 2020)

12. Die Beschwerdegegnerin hat für den vorliegenden Fall ausdrücklich die Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung beantragt. Die Beschwerdeführerin erklärte, keine Einwände gegen eine Zurückverweisung zu haben. Nach Ansicht der Kammer sprechen vorliegend daher besondere Gründe für eine Zurückverweisung der Angelegenheit an die Einspruchsabteilung zur weiteren Entscheidung.

Rüge gemäß Regel 106 EPÜ

13. In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer formulierte die Beschwerdegegnerin eine Rüge gemäß Regel 106 EPÜ mit folgendem Wortlaut:

"We have been surprised by new auxiliary requests 1 and 6 filed during the appeal for the first time at the hearing and we are surprised by an usual interpretation of claim 1 which we had no chance to discuss in two instances."

(Übersetzung der Kammer in die Verfahrensprache: "Wir wurden durch die neuen Hilfsanträge 1 und 6, eingereicht in der Beschwerde erstmals in der mündlichen Verhandlung überrascht und wir sind überrascht durch die unübliche Auslegung von Anspruch 1, für die wir keine Möglichkeit hatten, diese in zwei Instanzen zu erörtern.")

14. Die Rüge gliedert sich somit in zwei Teile.

14.1 Im ersten Teil wird eine Überraschung infolge der Einreichung der Hilfsanträge 1 und 6 und damit verbunden eine Verletzung des rechtlichen Gehörs der Beschwerdeführerin geltend gemacht (siehe Protokoll zur mündlichen Verhandlung, Absatz 3 auf Seite 5). Eine Einreichung von Anspruchsanträgen kann nach Ansicht der vorliegenden Kammer nur dann verfahrensrelevant und damit potentiell zu einer Verletzung des rechtlichen Gehörs führen, wenn diese Anträge, wie vorliegend der Fall, in das Verfahren zugelassen werden. Daher scheint sich der Einwand der Beschwerdegegnerin der Verletzung ihres rechtlichen Gehörs auf die Zulassung der Hilfsanträge 1 und 6 zu gründen.

Dieser Einwand der Beschwerdegegnerin kann jedoch nicht durchgreifen. Die Zulassung der Hilfsanträge 1 und 6 wurde während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer ausführlich diskutiert. Die Beschwerdegegnerin hatte entsprechend ausreichend Gelegenheit, sich zu dieser Frage zu äußern und hat von dieser Gelegenheit auch Gebrauch gemacht (siehe Seite 4, Absatz 4 und Seite 5, Absatz 2 des Protokolls zur mündlichen Verhandlung). Daher wurde das rechtliche Gehör der Beschwerdegegnerin durch die während der mündlichen Verhandlung getroffene Entscheidung der Kammer, die Hilfsanträge zuzulassen, nicht verletzt.

14.2 In dem zweiten Teil der Rüge macht die Beschwerdegegnerin eine Überraschung und damit verbunden eine Verletzung ihres rechtlichen Gehörs durch die vermeintlich unübliche Auslegung von Anspruch 1 geltend, für die sie keine Möglichkeit gehabt habe, diese in zwei Instanzen zu erörtern.

Auch dieser Einwand kann nicht durchgreifen. Ein Patentanspruch hat Rechtsnormcharakter und seine Auslegung, d. h. die Beurteilung des von ihm geschützten Gegenstands, ist eine Rechtsfrage. Diese ist vom Spruchkörper vorzunehmen und zwar unabhängig von dem Vortrag der Parteien. Eine Konsequenz daraus ist beispielsweise, dass eine Kammer nicht an eine zwischen den beteiligten Parteien unstrittige Auslegung gebunden ist, wenn sie der Überzeugung ist, dass diese Auslegung falsch ist (T 1513/12, Nr. 4.2.2 der Gründe). In der mündlichen Verhandlung wurde die Auslegung des Anspruchs 1 der Hilfsanträge 1 und 6 ausführlich mit den Parteien diskutiert. Nach dieser Diskussion erklärte die Kammer ihre Auslegung von Anspruch 1 der Hilfsanträge 1 und 6 und die Beschwerdegegnerin hatte im Anschluss nochmals Gelegenheit, sich zu dieser Frage zu äußern. Somit wurde durch die Anspruchsauslegung der Kammer das rechtliche Gehör der Beschwerdegegnerin nicht verletzt.

Weiterhin besteht nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern kein grundsätzliches Recht der Parteien auf die Prüfung jeder einzelnen entscheidungserheblichen Frage in zwei Instanzen (Rechtsprechung der Beschwerdekammern des EPA, neunte Auflage, 2019, V.A.7.2.1), denn Artikel 111 (1) Satz 2 EPÜ stellt es in das Ermessen der Kammer, bei ihrer Entscheidung über die Beschwerde entweder im Rahmen der Zuständigkeit des erstinstanzlichen Organs tätig zu werden oder die Angelegenheit an dieses Organ zurückzuverweisen. Im vorliegenden Fall hatte die Einspruchsabteilung über den Einspruchsgrund der Neuheit schon entschieden. Die Auslegung von Anspruch 1 der Hilfsanträge 1 und 6 wurde bei der Prüfung dieses Einspruchsgrunds relevant. Eine Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung mit der Auflage, eine Auslegung des strittigen Anspruchs vorzunehmen und auf dieser Basis eine nochmalige Neuheitsprüfung durchzuführen, erachtet die Kammer weder für sachdienlich noch verfahrensökonomisch. Daher bedingt auch die Vornahme der Anspruchsauslegung durch die Kammer selbst ohne Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung keine Verletzung des rechtlichen Gehörs der Beschwerdegegnerin.

Aus den oben genannten Gründen entschied die Kammer in der mündlichen Verhandlung, die Rüge der Beschwerdegegnerin als unbegründet zurückzuweisen.

Zu den weiteren Anträgen der Parteien

15. Weder D4 bis D7, D15/D15a/D15b noch A017 bis A022 sind für die vorliegende Entscheidung relevant. Über ihre Berücksichtung bzw. Zulassung brauchte daher nicht entschieden zu werden.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die Einspruchsabteilung zur weiteren Entscheidung zurückverwiesen.

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