T 2035/14 () of 9.11.2016

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2016:T203514.20161109
Datum der Entscheidung: 09 November 2016
Aktenzeichen: T 2035/14
Anmeldenummer: 10174896.0
IPC-Klasse: B60T 13/58
B60T 8/17
B60T 13/68
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zum Betrieb einer Bremseinrichtung für ein hydraulisch gebremstes Zugfahrzeug
Name des Anmelders: Haldex Brake Products GmbH
Name des Einsprechenden: Knorr-Bremse
Systeme für Nutzfahrzeuge GmbH
Kammer: 3.2.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 128(4)
European Patent Convention R 144(d)
Schlagwörter: Eindeutigkeit eines mangelhaften Abbuchungsauftrags (ja)
Rückzahlung der Wiedereinsetzungsgebühr (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0152/82
T 0451/90
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 1474/19

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) hat am 8. Oktober 2014 gegen die am 1. August 2014 zur Post gegebene Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung über die Aufrechterhaltung des europäischen Patents Nr. 2 305 524 in geändertem Umfang Beschwerde eingelegt und gleichzeitig Abbuchung der Beschwerdegebühr in Höhe von 1.240,00 EUR vom beim EPA geführten laufenden Konto Nr. 28001227 beantragt.

II. Mit Schreiben vom 29. Oktober 2014 wurde der Beschwerdeführerin die Feststellung eines Rechtsverlusts gemäß Regel 112 (1) EPÜ wegen einer nicht vollständig entrichteten Beschwerdegebühr (angegebener Betrag in EUR: 1.240,00) mitgeteilt. Die Beschwerdegebühr war zum 1. April 2014 auf 1.860 ¤ erhöht worden.

III. Die Beschwerdeführerin beantragte mit Schreiben vom 14. November 2014, die Feststellung eines Rechtsverlusts in Anwendung von Artikel 8 S. 4 GebO und der erfolgten Nachzahlung des geringfügigen Fehlbetrags aufzuheben. Hilfsweise wurde ein Antrag auf Wiedereinsetzung gemäß Artikel 122 EPÜ gestellt und die Wiedereinsetzungsgebühr entrichtet.

Mit der beim EPA am 10. Dezember 2014 eingegangenen Beschwerdebegründung reichte die Beschwerdeführerin Unterlagen gemäß Hauptantrag sowie Hilfsanträgen 1 bis 4 ein.

IV. Mit Schreiben vom 29. Dezember 2014 beantragte die Beschwerdegegnerin unter anderem, den Antrag der Patentinhaberin auf Aufhebung der Feststellung des Rechtsverlusts zurückzuweisen und die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.

Mit der Beschwerdeerwiderung vom 15. April 2015 beantragte die Beschwerdegegnerin hilfsweise, die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.

V. In einer Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammer vom 17. Oktober 2016 erläuterte die Kammer ihre vorläufige Meinung nach Aktenlage. Nach Auffassung der Kammer war insbesondere die Anwendung des Artikels 8 Satz 4 GebO im vorliegenden Fall ausgeschlossen.

VI. Mit Schreiben vom 4. November 2016 wies die Beschwerdeführerin auf die Entscheidung T 152/82 hin, wonach bei eindeutig feststellbarem Willen des Auftraggebers in einem Abbuchungsauftrag eine Beschwerdegebühr fristgemäß und in der richtigen Höhe entrichtet sei, auch wenn ein nicht zutreffender Gebührenbetrag in dem Abbuchungsauftrag enthalten sei.

VII. Am 9. November 2016 wurde vor der Beschwerdekammer mündlich verhandelt. Zusätzlich zu den bereits schriftlich gestellten Anträgen (siehe Punkt III.) beantragte die Beschwerdeführerin, die Wiedereinsetzungsgebühr zurückzuzahlen und die Seiten 4 bis 7 und die Anlage II des Schreibens vom 14. November 2014 von der Akteneinsicht auszuschließen.

Der Vorsitzende teilte die vorläufige Meinung der Kammer mit, dass die Kammer der Entscheidung T 152/82 folgend die Beschwerde als eingelegt und zulässig ansehe.

Die Beschwerdegegnerin machte keine Einwände mehr geltend gegen die Zulässigkeit der Beschwerde und hatte keine Einwände gegen die Anträge der Beschwerdeführerin auf Rückzahlung der Wiedereinsetzungsgebühr und Ausschluss von Akteneinsicht der Seiten 4 bis 7 und Anlage II des Schreibens vom 14. November 2014.

Der Vorsitzende verkündete, dass die Rückzahlung der Wiedereinsetzungsgebühr angeordnet wird. Dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Ausschluss von Aktenteilen (Seiten 4 bis 7 und Anlage II des Schreibens vom 14. November 2014) von der Akteneinsicht wurde stattgegeben.

Daraufhin nahm die Beschwerdeführerin die Beschwerde zurück.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin gilt als eingelegt und ist zulässig.

Die Kammer folgt der Entscheidung T 152/82 (ABl. EPA 1984, 301; siehe auch z. B. T 451/90) darin, dass trotz des vorliegenden Mangels (falsch angegebener Betrags der im Rahmen eines Abbuchungsauftrags abzubuchenden Beschwerdegebühr auf dem mit der Beschwerde eingereichten EPA Formular 1010) der Wille der Beschwerdeführerin nicht anders verstanden werden kann, als dass die Beschwerdeführerin die Abbuchung der Beschwerdegebühr in der gültigen Höhe wünscht. Ein Abbuchungsauftrag ist ungeachtet der in ihm enthaltenen unrichtigen Angaben zu vollziehen, wenn das vom Auftraggeber Gewollte eindeutig erkennbar ist (siehe dazu 2. Leitsatz der T 152/82). Dies entspricht auch der gängigen Praxis des Europäischen Patentamtes (siehe Richtlinien für die Prüfung im EPA, Teil A, Kap. X-4.2.3 in der aktuellen und auch in der zum Zeitpunkt der Einlegung der Beschwerde gültigen Fassung).

Da der ursprüngliche Abbuchungsauftrag trotz der fehlerhaft bezifferten Gebührenhöhe eindeutig war, wird die Zahlung der Beschwerdeführerin als rechtzeitig angesehen.| |

2. Da der hilfsweise gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung gemäß Artikel 122 EPÜ nicht zum Tragen kommt, ist die Rückzahlung der Wiedereinsetzungsgebühr gerechtfertigt.

3. Gemäß Artikel 128 (4) EPÜ und Regel 144 (d) EPÜ in Verbindung mit Artikel 2(a) des Beschlusses der Präsidentin vom 12. Juli 2007 über von der Akteneinsicht ausgeschlossene Unterlagen (ABl. EPA Sonderausgabe 3/2007, S. 125) werden Schriftstücke oder Teile hiervon "auf begründeten Antrag eines Beteiligten oder seines Vertreters von der Akteneinsicht ausgeschlossen, wenn die Akteneinsicht schutzwürdige persönliche oder wirtschaftliche Interessen von natürlichen oder juristischen Personen beeinträchtigen würde".| |

Vorliegend sieht die Kammer diese Voraussetzungen für die Seiten 4 bis 7 sowie Anlage II des Schreibens der Beschwerdeführerin vom 14. November 2014 als erfüllt an. Diese Aktenteile sind demzufolge von der Akteneinsicht auszunehmen.

4. Infolge der nachfolgenden Rücknahme der Beschwerde durch die Beschwerdeführerin ist die Begründetheit der Beschwerde nicht mehr zu prüfen.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die Rückzahlung der Wiedereinsetzungsgebühr wird angeordnet.

2. Dem Antrag auf Ausschluss der genannten Aktenteile von der Akteneinsicht wird stattgegeben.

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