European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2019:T001614.20190125 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 25 Januar 2019 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0016/14 | ||||||||
Anmeldenummer: | 07819312.5 | ||||||||
IPC-Klasse: | B60L 7/10 B60L 7/16 B60L 7/24 B60T 8/1761 H02P 3/26 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Antriebs- und Bremssystem eines Schienenfahrzeugs mit generatorischer Bremse und zusätzlicher Reibungsbremse | ||||||||
Name des Anmelders: | Knorr-Bremse Systeme für Schienenfahrzeuge GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Siemens Aktiengesellschaft | ||||||||
Kammer: | 3.5.02 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Zulässigkeit des Einspruchs - rechtlicher Rahmen des Einspruchs Beschwerdebegründung - vollständiger Sachvortrag eines Beteiligten Erfinderische Tätigkeit - Hauptantrag (ja) |
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Orientierungssatz: |
Siehe Punkte 2. und 3. |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) hat Beschwerde gegen die am 25. Oktober 2013 zur Post gegebene Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung über die Aufrechterhaltung des europäischen Patents Nr. 2 086 787 in geändertem Umfang gemäß Hauptantrag eingelegt.
II. In der angefochtenen Entscheidung kam die Einspruchsabteilung zu dem Ergebnis, dass der geltend gemachte Einspruchsgrund nach Artikel 100 a) EPÜ in der Einspruchsbegründung nicht ausreichend substantiiert vorgetragen worden sei, da innerhalb der Einspruchsfrist entgegen den Erfordernissen der Regel 76 (2) c) EPÜ keine Beweismittel rechtswirksam angegeben worden seien.
III. Eine mündliche Verhandlung fand am 25. Januar 2019 in Anwesenheit der Parteien vor der Kammer statt.
Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents Nr. 2 086 787.
Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde, oder hilfsweise die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Fassung gemäß einem der mit Schreiben vom 23. August 2013 eingereichten Hilfsanträge 1 oder 2.
IV. Die folgenden im Einspruchsverfahren und im Beschwerdeverfahren genannten Dokumente sind für diese Entscheidung relevant:
E1/E1a: "Syntegra® - Innovatives Triebfahrwerk mit Direktantrieben", Artikel in der Zeitschrift "ZEVrail, Glasers Annalen", 130. Jahrgang, Heft Nr. 9, September 2006; Seiten 2-12
E2/E2a: "Syntegra - Innovativer Prototyp einer nächsten Triebfahrwerk-Generation", Artikel in der Zeitschrift "Elektrische Eisenbahn", Heft 8-9, Seiten 360-369
E3: WO 03/050940 A1
E4: DE 103 01 947 A1
E5: DE 103 59 030 B3
E6: DE 1 438 812
V. Anspruch 1 des Patents in der der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegenden Fassung, lautet wie folgt:
"Antriebs- und Bremssystem eines Schienenfahrzeugs oder eines Schienenfahrzeugzuges beinhaltend einen Traktionsantrieb (1) zum Antreiben und zum generatorischen Bremsen, wobei wenigstens einer Achse des Schienenfahrzeugs oder des Schienenfahrzeugzuges wenigstens ein permanenterregter Synchronmotor (6) und ein Traktionsstromrichter (4) zugeordnet ist und wobei der Traktionsstromrichter (4) wenigstens einen maschinenseitigen Pulsstromrichter (22) aufweist und der permanenterregte Synchronmotor (6) an seinen Klemmen mit einem Umschalter (30) derart verbunden ist, dass der permanenterregte Synchronmotor (6) zum Antreiben dem Pulsstromrichter (22) oder zum generatorischen Bremsen einer Lastschaltung (32) beinhaltend wenigstens ein Lastelement (28) zugeschaltet wird, wobei
beim generatorischen Bremsen abhängig vom Wert wenigstens einer auf der Drehzahl (n) des permanent erregten Synchronmotors (6) basierenden Größe (U, I) zusätzlich wenigstens eine Reibungsbremse (36) aktiviert oder deaktiviert wird, dadurch gekennzeichnet, dass
a) die generatorische Bremse durch den permanent erregten Synchronmotor (6) und erforderlichenfalls durch die zugeschaltete Reibungsbremse (36) eine Sicherheits- oder Notbremse bildet, die einer Betriebsbremse als Sicherungsebene unterlegt ist,
b) die generatorische Bremse (8) und die Reibungsbremse (36) mit einer Sicherheitsschleife (40) des Schienenfahrzeugs oder des Schienenfahrzeugzuges derart zusammenwirken, dass nach Über- oder Unterschreiten eines Grenzwerts durch eine entlang der Sicherheitsschleife (40) geführten Größe (Us) der permanent erregte Synchronmotor (6) der Lastschaltung (32) zugeschaltet und erforderlichenfalls die Reibungsbremse (36) aktiviert wird, wobei
c) die zusätzliche Reibungsbremse (36) zuschaltbar ist, wenn der Wert der auf der Drehzahl (n) des permanent erregten Synchronmotors (6) basierenden Größe (U, I) einen vorbestimmten Grenzwert unterschreitet, wobei
d) die auf der Drehzahl (n) des permanent erregten Synchronmotors (6) basierende Größe der die Lastschaltung (32) durchfließende elektrische Strom (I) und/oder die an den Klemmen des permanent erregten Synchronmotors (6) induzierte Spannung (U) ist, und wobei
e) Mittel (42, 44, 46) vorgesehen sind, durch welche eine vom Wert der wenigstens einen auf der Drehzahl (n) des permanent erregten Synchronmotors (6) basierenden Größe (U, I) abhängige Zuschaltung der wenigstens einen Reibungsbremse (36) zu der Bremswirkung des permanent erregten Synchronmotors (6) erst dann erfolgen kann, wenn wenigstens eine zum Aufbau eines in Bezug zur jeweiligen Drehzahl (n) maximal möglichen Bremsmoments (M) durch den permanent erregten Synchronmotor (6) notwendige Zeitdauer (DELTAt) vergangen ist."
Die unabhängigen Ansprüche 2 und 4 unterscheiden sich lediglich in dem Merkmal c) von Anspruch 1. Anspruch 3 ist abhängig von Anspruch 2. Anspruch 5 ist von den vorhergehenden Ansprüchen abhängig.
VI. Die Argumente der Beschwerdeführerin, sofern sie wesentlich für diese Entscheidung sind, waren wie folgt:
Die in Bezug auf die Dokumente E1 und E2 in der Einspruchsschrift angegebenen Daten seien ausreichend gewesen, um diese Veröffentlichung der Fachzeitschriftliteratur eindeutig zu bezeichnen. Die Beschwerdeführerin habe in der Einspruchsschrift zusätzlich zu dem eingereichten Autorenexemplar explizit angeboten, die Dokumente E1 und E2 jederzeit auf Aufforderung der Einspruchsabteilung im Original (Dokumente E1a und E2a) vorzulegen (siehe Seite 3 der Einspruchsbegründung unten). Der relevante Inhalt der E1 und der E2 sei auf den kurzen Text in Kapitel 6 ("Bremstechnologie") beschränkt, sodass eine inhaltliche Prüfung auch keinen unzumutbaren Aufwand dargestellt habe und im Rahmen des Amtsermittlungsgrundsatzes nach Artikel 114 (1) EPÜ hätte durchgeführt werden müssen.
Bei den Dokumenten E1 bzw. E1a und E2 bzw. E2a handele es sich ferner um vorveröffentlichten Stand der Technik im Sinne des Artikels 54 EPÜ. Die in der Einspruchsschrift erfolgten Angaben zur Identifikation des Zeitschriftartikels seien bezüglich der Frage des Veröffentlichungsdatums ausreichend. Wie dem Dokument E1 zu entnehmen sei, handele es sich um einen Artikel in der September-Ausgabe der Zeitschrift "ZEVrail - Glasers Annalen". Diese Zeitschrift erscheine einmal im Monat, sodass von einem Veröffentlichungsdatum spätestens im Laufe des jeweiligen Monats auszugehen sei. Eine systematische Verzögerung der Veröffentlichung von mehreren Wochen nach der Ausgabebezeichnung (im vorliegenden Fall "September") entspreche nicht der in der Fachwelt gängigen Erfahrung und daher nicht der Realität. Die zahlreichen Werbeinserate von Ausstellern der vor dem Prioritätstag stattfindenden Messe "InnoTrans" seien weitere Belege für eine Vorveröffentlichung der Dokumente E1a und E2a.
Das Dokument E6 sei zum Verfahren zuzulassen. Der für die Nichtzulassung des entsprechenden Dokuments in der mündlichen Verhandlung von der Einspruchsabteilung genannte Grund, wonach dieses Dokument als "nicht in das Verfahren eingeführt" gelte, sei nicht nachvollziehbar. Die Nennung des Dokuments in der Ladung zur mündlichen Verhandlung habe ferner eine darauf gerichtete schriftliche Auseinandersetzung mit diesem Dokument ausgelöst, sodass dieses Dokument jedenfalls Gegenstand des Verfahrens geworden sei.
Zwar enthalte die Beschwerdebegründung hinsichtlich der Frage der erfinderischen Tätigkeit im Hinblick auf E1/E1a und E2/E2a lediglich einen Verweis auf die Einspruchsbegründung sowie die erstinstanzlichen Schriftsätze der Beschwerdeführerin vom 9. August 2013 und 11. September 2013. Artikel 12 (2) VOBK erfordere jedoch lediglich, dass deutlich und knapp angegeben werden, aus welchen Gründen die angefochtene Entscheidung aufzuheben sei. Dieses Erfordernis habe die Beschwerdeführerin in der Beschwerdebegründung erfüllt, denn die angefochtene Entscheidung betreffe in erster Linie die Frage, ob die Dokumente E1 und E2 als Stand der Technik anzusehen sind, sodass ein Verweis auf den erstinstanzlichen Vortrag bezüglich der Relevanz dieser Dokumente möglich war, ohne gegen Artikel 12 (2) VOBK zu verstoßen. Dies ergebe sich auch aus der Rechtsprechung der Beschwerdekammern, insbesondere aus R 8/16, Punkt 38 der Entscheidungsgründe ("...to the extent necessary..."), und aus T 95/10, Punkt 5 der Entscheidungsgründe ("...dann nicht zu erfüllen, wenn die Entscheidung der Einspruchsabteilung ihrerseits nicht auf die durch die Beschwerdeführerin im Einspruchsverfahren vorgebrachten Tatsachen und Argumente eingeht..."). Im Übrigen seien alle Argumente bezüglich der Relevanz der Dokumente E1/E1a und E2/E2a im Hinblick auf die erfinderische Tätigkeit des Hauptantrages in den genannten erstinstanzlichen Schriftsätzen ohne Weiteres auffindbar und die dort dargelegten Argumente klar nachvollziehbar.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 werde durch die Dokumente D3 bis D6 nahegelegt. Bis auf die Merkmale 2, 3, 4, 4.1 (betreffend die Ausführung des Motors als permanenterregter Synchronmotor) und b) (betreffend die Sicherheitsschleife) seien sämtliche Merkmale des Anspruchs 1 durch das Dokument E6 offenbart. Das Merkmal e) umfasse ferner den Fall einer Zuschaltung der Reibungsbremse auch dann, wenn die Bremswirkung des permanent erregten Synchronmotors null ist, die generatorische Bremse also nicht angelaufen ist. Dem Dokument E6 sei auf Seite 6, 1. Absatz zu entnehmen, dass eine Zuschaltung der Reibungsbremse nur dann möglich ist, wenn eine zum Aufbau eines Bremsmoments durch die generatorische Bremse notwendige Zeitdauer vergangen ist. Das Merkmal e) des Anspruchs 1 sei somit in dem Dokument E6 offenbart.
VII. Die Argumente der Beschwerdegegnerin, sofern sie wesentlich für diese Entscheidung sind, waren wie folgt:
Das ursprünglich eingereichte Dokument E1 und das im späteren Verfahren nachgereichte Dokument E1a wiesen Diskrepanzen auf. Bezüglich der Dokumente E1 und E1a seien ferner Nachforschungen notwendig gewesen, um festzustellen, ob diese Dokumente vorveröffentlicht seien. Erst zu einem späten Zeitpunkt im Verfahren habe die Beschwerdeführerin vorgetragen, dass es sich bei dem Dokument E1 um einen Autorenabzug handele. Dieser sei jedoch lediglich dem zuständigen Redakteur und den Autoren bekannt gewesen, was jedenfalls keinen unbegrenzten Personenkreis darstelle.
Es fehle im Übrigen das konkrete Veröffentlichungsdatum des Dokuments E1a. Das Dokument E1a enthalte lediglich einen Hinweis auf Heft Nr. 9, d.h. September 2006. Es sei aber nicht auszuschließen, dass das Heft Nr.9 September 2006 zwar im September 2006 gedruckt, aber erst später auf dem Fachzeitschriftenmarkt erhältlich war. Laufende Heftnummern von Fachzeitschriften könnten regelmäßig nicht auf deren Erscheinungsdatum bzw. Erscheinungsmonat hinweisen.
Die Beschwerdeführerin habe in ihrer Beschwerdebegründung lediglich pauschal auf ihre erstinstanzlichen Schriftsätze vom 09. August 2013 und vom 11. September 2013 sowie auf die Einspruchsschrift verwiesen. Dies entspreche nicht den Erfordernissen des Artikels 12 (2) VOBK. Die Argumente bezüglich der Dokumente E1/E1a und E2/E2a seien daher im Beschwerdeverfahren nicht zu berücksichtigen.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag beruhe im Übrigen auf einer erfinderischen Tätigkeit gegenüber den Dokumenten E3 bis E6. Das Merkmal e) betreffe explizit die verzögerte Zuschaltung einer Reibungsbremse "zu der Bremswirkung" der generatorischen Bremse. Der Fall der Aktivierung der Reibungsbremse bei einer ausgeschalteten generatorischen Bremse sei somit eindeutig nicht von Merkmal e) umfasst. Das Dokument E6 hingegen offenbare auf Seite 6, 1. Absatz in Verbindung mit der einzigen Figur lediglich eine verzögerte Zuschaltung für den Fall, dass die generatorische Bremse nicht anläuft und der mittels des Gleichstrommessglieds 23 erfasste Strom nach Ablauf der Anlaufzeit folglich null ist. Eine Zuschaltung erfolge somit nicht zu einer (vorhandenen) Bremswirkung der generatorischen Bremse. Weiterhin sei kein Komparator zwischen dem Gleichstrommessglied 23 und dem Und-Gatter 9 vorgesehen, sodass entgegen dem Wortlaut des Merkmals e) auch keine Abhängigkeit der Zuschaltung der Reibungsbremse von der Drehzahl des permanent erregten Synchronmotors bestehe.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Dokumente E1/E1a und E2/E2a - Regel 76 (2) c) EPÜ und Artikel 54 (2) EPÜ
2.1 Die Einspruchsabteilung hat in der angefochtenen Entscheidung die Substantiiertheit des Einspruchsgrundes nach Artikel 100 a) EPÜ verneint und dies damit begründet, dass eine Veröffentlichung des einzigen diesbezüglich angeführten Dokuments E1 nicht nachgewiesen worden sei (siehe Punkt 4.6 der Entscheidungsgründe).
2.2 Die Beschwerdegegnerin hat nicht bestritten, dass es sich bei dem mit der Einspruchsschrift eingereichten Dokument E1 um einen Autorenabzug (Autorenexemplar, Freiexemplar) handelt. Die Kammer merkt in diesem Zusammenhang an, dass die Bereitstellung eines solchen Autorenabzugs für den oder die Autoren eines Fachzeitschriftenartikels der üblichen Praxis entspricht. Die Autorenabzüge sind dabei inhaltlich identisch mit dem veröffentlichten Artikel. Wie von der Beschwerdeführerin vorgetragen wurde, hat die Beschwerdegegnerin keine inhaltliche Diskrepanz zwischen dem Autorenabzug und dem tatsächlich veröffentlichten Artikel geltend gemacht, sondern sie hat lediglich auf die äußerlichen Unterschiede abgestellt, die zwangsläufig aus der Einbettung des Artikels in den Rahmen der Fachzeitschrift resultieren.
2.3 Die Beschwerdegegnerin hat geltend gemacht, dass zum Zeitpunkt der Einspruchseinlegung noch nicht bekannt war, dass es sich bei dem Dokument E1 um einen Autorenabzug handele. Eine etwaige inhaltliche Diskrepanz zwischen dem eingereichten Autorenabzug und dem tatsächlich veröffentlichten Artikel wäre aber auch ohne diese Kenntnis ohne Weiteres überprüfbar gewesen, sodass das Argument der Beschwerdegegnerin nicht überzeugen kann. Die Bezeichnung der Veröffentlichungsstelle des Dokuments E1 war nämlich jedenfalls dergestalt, dass eine Überprüfung ohne unzumutbaren Aufwand möglich war. Überdies hat die Beschwerdeführerin bereits in der Einspruchsschrift die Vorlage des Originals, d.h. des tatsächlich veröffentlichten Artikels, angeboten (siehe Seite 3, letzter Satz der Einspruchsschrift). Der angebotene Beweis wurde von der Beschwerdeführerin durch Einreichung des Dokuments E1a am 11. September 2013 auch angetreten. Es kann somit keine Rede davon sein, dass die Dokumente E1a und E2a verspätet waren, was der Einspruchsabteilung einen Ermessensspielraum hinsichtlich ihrer Zulassung zum Verfahren eingeräumt hätte.
2.4 Das Dokument E1/E1a wurde darüber hinaus vor dem Prioritätstag (31. Oktober 2006) des Streitpatents der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Wie von der Beschwerdeführerin vorgetragen wurde, lässt darauf insbesondere die Tatsache schließen, dass E1a ausweislich des Titelblattes einen Hinweis auf, und insbesondere einen "Vorbericht" über die im Zeitraum 19. - 22. September 2006 stattfindende Fachmesse "InnoTrans 2006" enthält. Die Kammer kann der Beschwerdegegnerin nicht darin folgen, dass eine Veröffentlichung der September-Ausgabe nach dem Prioritätstag, d.h. erst im November erfolgt sein könnte. Dies widerspricht der Lebenserfahrung und die Beschwerdegegnerin wäre, wie von der Beschwerdeführerin vorgetragen wurde, in der Beweispflicht für das Vorliegen des gegenteiligen Sachverhalts gewesen. Die vorhergehenden von der Kammer getroffenen Feststellungen gelten auch für das Dokument E2 bzw. E2a.
2.5 Die Kammer ist daher zu dem Schluss gelangt, dass die Dokumente E1/E1a und E2/E2a Stand der Technik im Sinne des Artikels 54 (2) EPÜ bilden und damit nicht nur die Tatsachen, sondern auch die Beweismittel in Übereinstimmung mit Regel 76 (2) c) EPÜ im Hinblick auf den geltend gemachten Einspruchsgrund nach Artikel 100 a) EPÜ in der Einspruchsschrift angegeben waren. Der Einspruchsgrund nach Artikel 100 a) EPÜ wurde im Ergebnis ausreichend substantiiert in der Einspruchsschrift vorgetragen.
3. Berücksichtigung des Vorbringens hinsichtlich der Dokumente E1/E1a und E2/E2a im Beschwerdeverfahren
3.1 Hinsichtlich der Relevanz der Dokumente E1/E1a bzw. E2/E2a bezüglich der Patentfähigkeit des Gegenstands des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag enthält die Beschwerdebegründung lediglich einen Verweis auf die Einspruchsschrift sowie auf die erstinstanzlichen Schriftsätze der Beschwerdeführerin vom 9. August 2013 und vom 11. September 2013, d.h. auf das ganze schriftliche Vorbringen der Einsprechenden im erstinstanzlichen Verfahren.
3.2 Gemäß Artikel 12 (2) VOBK muss die Beschwerdebegründung den vollständigen Sachvortrag eines Beteiligten enthalten. Ferner sollen alle Tatsachen, Argumente und Beweismittel ausdrücklich und spezifisch angegeben werden. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern, dass eine Begründung, die pauschal auf ein in der ersten Instanz vorgelegtes Vorbringen verweist, prinzipiell nicht ausreichend ist (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 8. Auflage, Abschnitt IV.E.2.6.4.a)). Die von der Beschwerdeführerin zitierte Entscheidung T 95/10 lässt sich auf den vorliegenden Fall nicht übertragen, denn ihr liegt ein anderer Sachverhalt zugrunde. Dieser bezieht sich auf die Nichtauseinandersetzung der Beschwerdeführerin mit den die angefochtene Entscheidung tragenden Gründen, was vorliegend nicht in Frage gestellt wird. Punkt 5 der Entscheidungsgründe betrifft insbesondere den Fall, dass die Entscheidung der Einspruchsabteilung nicht auf die durch die Beschwerdeführerin im Einspruchsverfahren vorgebrachten Tatsachen und Argumente in der angefochtenen Entscheidung eingeht, und damit einen wesentlichen Verfahrensfehler begeht. Dieser Sachverhalt unterscheidet sich somit grundlegend von dem vorliegenden Fall, denn die in der Beschwerdebegründung genannten Schriftsätze sowie die in diesen dargelegten Argumente beziehen sich nicht auf die in der angefochtenen Entscheidung genannten Gründe, sondern sie legen die Relevanz der Dokumente E1/E1a und E2/E2a hinsichtlich der Patentfähigkeit des beanspruchten Gegenstands dar.
3.3 Auch aus den Worten "...to the extent necessary"... in Punkt 38 der Entscheidungsgründe der R 8/16 kann nicht abgeleitet werden, dass die Kammer die Schriftsätze der ersten Instanz zu berücksichtigen hat. Die Kammer versteht diese Worte so, dass Vorbringen, das für die in der Beschwerde zu behandelnden Fragen nicht relevant ist, nicht erneut vorgebracht werden muss.
3.4 Die Kammer stellt in diesem Zusammenhang fest, dass die Beschwerdeführerin zu keinem Zeitpunkt eine Zurückverweisung an die erste Instanz beantragt hat. Sie hätte daher zumindest damit rechnen müssen, dass die Beschwerdekammer selber in der Sache entscheidet, zumal die Einspruchsabteilung bereits in der angefochtenen Entscheidung den Dokumenten E1/E1a bzw. E2/E2a eine prima facie Relevanz abgesprochen hatte. Eine ausdrückliche substantielle Auseinandersetzung seitens der Beschwerdeführerin mit den Dokumente E1/E1a und E2/E2a wäre somit in der Beschwerdebegründung angebracht gewesen.
3.5 Die Kammer stellt darüber hinaus fest, dass die im erstinstanzlichen Verfahren in Bezug auf E1/E1a und E2/E2a vorgetragenen Argumente entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin auch nicht klar nachvollziehbar waren. So enthält die Einspruchsschrift naturgemäß keinerlei Bezugnahme auf den im späteren Verfahren geänderten Hauptantrag. Die weiteren Schriftsätze vom 9. August 2013 und 11. September 2013 beziehen sich zwar auf den geänderten Hauptantrag, die in diesen Schriftsätzen vorgetragenen Argumente sind jedoch nicht ohne Weiteres nachvollziehbar. So erfolgt im erstgenannten Schriftsatz die Diskussion der erfinderischen Tätigkeit des Gegenstands des Anspruchs 1 in den Abschnitten 4.1.1 bis 4.1.5 im Hinblick auf die Dokumente E1 und E5 sowie in Abschnitt 4.1 unter Bezugnahme auf weitere Ausführungen in dem Einspruchsschriftsatz (siehe Seite 6, 3. Absatz des Schreibens vom 9. August 2013). In Abschnitt 3 wird das Merkmal e) im Hinblick auf E1 erörtert, wohingegen dasselbe Merkmal in Abschnitt 4.1.6 im Hinblick auf E6 erörtert und festgestellt wird, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 im Hinblick auf E1, E5 und E6 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht. Zudem wird in dem besagten Schriftsatz vom 9. August 2013 eine Interpretation des Merkmals e) zugrunde gelegt, welche die Beschwerdeführerin im Beschwerdeverfahren ausdrücklich nicht weiterverfolgt hat (siehe Abschnitt 3 des Schreibens vom 9. August 2013). Die im Schriftsatz vom 11. September 2013 enthaltenen Argumente beziehen sich hingegen auf das Merkmal b) im Hinblick auf E5 sowie auf das Merkmal e) im Hinblick auf E6. Der Tatsachenvortrag bezüglich E1/E1a bzw. E2/E2a ist somit in den betreffenden erstinstanzlichen Schriftsätzen nicht dergestalt, dass die Argumente der Beschwerdeführerin in ihrer Gesamtheit ohne das Anstellen von Vermutungen nachvollzogen werden konnten.
3.6 Die Kammer ist daher zu dem Schluss gelangt, dass die Erfordernisse des Artikels 12 (2) VOBK durch den bloßen Verweis auf den erstinstanzlichen Vortrag im vorliegenden Fall nicht erfüllt sind, und das Vorbringen hinsichtlich der Dokumente E1/E1a und E2/E2a gemäß Artikel 12 (4) VOBK daher nicht im Beschwerdeverfahren zu berücksichtigen ist.
4. Berücksichtigung des Dokuments E6 im Beschwerdeverfahren
4.1 Die Beschwerdeführerin hat die Berücksichtigung des Dokuments E6 im Beschwerdeverfahren beantragt. Dem ist die Beschwerdegegnerin entgegengetreten. Die Einspruchsabteilung hatte in ihrer vorläufigen Meinung die Parteien um Stellungnahme zu dem Dokument E6 gebeten. Ausweislich der Niederschrift hat die Einspruchsabteilung in der mündliche Verhandlung in Reaktion auf die Bezugnahme der Einsprechenden auf das Dokument E6 verkündet, dass E6 nicht in das Verfahren eingeführt worden sei, sondern sie habe lediglich um die Stellungnahme der Parteien gebeten. Im Übrigen scheine dieses Dokument technisch nicht von Bedeutung zu sein.
4.2 Die Kammer teilt die Auffassung der Beschwerdeführerin, wonach das Dokument E6 bereits durch seine Nennung in der Ladung zur mündlichen Verhandlung zum Zwecke der Einholung von Stellungnahmen hinsichtlich dieses Dokuments zwangsläufig in das Verfahren eingeführt wurde. Unbeschadet der Möglichkeit einer Einspruchsabteilung, ein eingeführtes Dokument für technisch nicht relevant zu erachten, bietet das EPÜ keine Rechtsgrundlage für einen nachträglichen Ausschluss eines gemäß Artikel 114 (1) EPÜ von Amts wegen eingeführten Dokuments aus dem Verfahren, aufgrund einer im Laufe des Verfahrens festgestellten mangelnden technischen Relevanz dieses Dokuments.
4.3 Die Beschwerdegegnerin hat sich im Übrigen zu keinem Zeitpunkt gegen die Einführung des Dokuments E6 gewendet, sondern hat hierzu vielmehr sachlich Stellung genommen. Das Argument der Beschwerdegegnerin, wonach sie lediglich zu E6 vorgetragen hätte, um die Relevanz im Hinblick auf eine mögliche Einführung dieses Dokuments in das Verfahren zu erörtern, hält die Kammer für nicht überzeugend. Wie oben dargelegt, erfolgte die Einführung des Dokuments in das Verfahren bereits durch seine Nennung und Aufforderung zur Abgabe von Stellungnahmen an die Parteien in der Ladung zur mündlichen Verhandlung.
4.4 Die Kammer ist daher zu dem Schluss gelangt, dass das Dokument E6 im Beschwerdeverfahren zu berücksichtigen ist.
5. Hauptantrag - erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)
5.1 Die Neuheit des Gegenstands des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag wurde von der Beschwerdeführerin nicht bestritten. Sie machte jedoch eine mangelnde erfinderische Tätigkeit gegenüber den Dokumenten E3 bis E6 geltend. Streitig zwischen den Parteien war insbesondere die Frage, wie das Merkmal e) des Anspruchs 1 zu interpretieren ist und ob das Dokument E6 dieses Merkmal offenbart.
5.2 Die Kammer folgt der Beschwerdegegnerin in ihrer Auffassung, dass das Merkmal e) nur im Sinne eines Zuschaltens einer Reibungsbremse zu einer vorhandenen Bremswirkung eines permanent erregten Synchronmotors (generatorische Bremse) verstanden werden kann, sodass also die vorhandene (generatorische) Bremswirkung in diesem Fall nicht null ist. Die gegenteilige Behauptung der Beschwerdeführerin, wonach auch ein Zuschalten einer Reibungsbremse zu einem nicht im Bremsbetrieb befindlichen permanent erregten Synchronmotors von dem Anspruch 1 mitumfasst sei, hält die Kammer für nicht überzeugend, da der Wortlaut des Merkmals e) in dieser Hinsicht eindeutig ist ("...Zuschaltung...zu der Bremswirkung...").
5.3 In dem Dokument E6 ist das zeitverzögerte Zuschalten einer Reibungsbremse zu einer vorhandenen Bremswirkung einer generatorischen Bremse nicht offenbart. Vielmehr erfolgt ausweislich der Offenbarung auf Seite 6, 1. Absatz und der einzigen Figur, eine Aktivierung der Reibungsbremse nach einer mittels des Verzögerungsgliedes 25 festgelegten Verzögerungszeit (Anlaufzeit) ausschließlich in dem Fall, dass nach der Verzögerungszeit kein Strom an der generatorischen Bremse auftritt und sich folglich kein Bremsmoment entwickelt (Gleichstrommessglied 23, Und-Gatter 9). Eine Zuschaltung der Reibungsbremse zu einem vorhandenen Bremsmoment der generatorischen Bremse erfolgt in E6 hingegen über den Pfad des Grenzwertmelders 14 ohne Zwischenschaltung eines Verzögerungsgliedes und damit in unverzögerter Weise. Die Beschwerdeführerin hat dieses grundlegende technische Verständnis der E6 nicht bestritten.
5.4 Zudem ist die Kammer überzeugt von dem Argument der Beschwerdegegnerin, dass die Aktivierung der Reibungsbremse in dem in Rede stehenden Entscheidungspfad (Und-Gatter 9, Oder-Gatter 17) unabhängig von dem Wert wenigstens einer auf der Drehzahl der generatorischen Bremse basierenden Größe erfolgt. Eine zeitverzögerte Aktivierung der Reibungsbremse ist in E6 somit ausschließlich davon abhängig, ob der generatorische Strom nach der Verzögerungszeit null ist und die generatorische Bremse folglich nicht angelaufen ist.
5.5 Das Dokument E6 offenbart somit keine Mittel, durch welche eine vom Wert der wenigstens einen auf der Drehzahl des permanent erregten Synchronmotors basierenden Größe abhängige Zuschaltung der wenigstens einen Reibungsbremse zu der Bremswirkung des permanent erregten Synchronmotors erst dann erfolgen kann, wenn wenigstens eine zum Aufbau eines in Bezug zur jeweiligen Drehzahl maximal möglichen Bremsmoments durch den permanent erregten Synchronmotor notwendige Zeitdauer vergangen ist. Die Beschwerdeführerin hat keine weiteren Argumente oder Belege für das Naheliegen des Merkmals e) erbracht. Die Kammer ist daher zu dem Schluss gelangt, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht durch die im Verfahren zu berücksichtigenden Dokumente E3 bis E6 nahegelegt ist und folglich auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ beruht.
5.6 Die unabhängigen Ansprüche 2 und 4 enthalten jeweils ebenfalls das Merkmal e). Weitere Einwände im Hinblick auf diese Ansprüche wurden seitens der Beschwerdeführerin nicht vorgetragen. Auch der Gegenstand der unabhängigen Ansprüche 2 und 4 beruht folglich auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ. Das gleiche gilt für die abhängigen Ansprüche 3 und 5.
6. Angesichts des für diese Entscheidung in Betracht zu ziehenden Standes der Technik beruhen daher die Gegenstände sämtlicher Ansprüche des Hauptantrags der Beschwerdegegnerin auf einer erfinderischen Tätigkeit. Da die Beschwerdeführerin keine weiteren Einwände gegen diesen Antrag erhoben hat, war dem Hauptantrag der Beschwerdegegnerin stattzugeben.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.