T 1820/13 () of 9.2.2018

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2018:T182013.20180209
Datum der Entscheidung: 09 Februar 2018
Aktenzeichen: T 1820/13
Anmeldenummer: 06807657.9
IPC-Klasse: A62C 35/02
A62C 35/68
E03B 7/10
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: FROSTSICHERER BEHÄLTER FÜR LÖSCHFLUID
Name des Anmelders: Fogtec Brandschutz GmbH & Co. KG
Name des Einsprechenden: Minimax GmbH & Co. KG
Kammer: 3.2.04
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 54
European Patent Convention Art 56
European Patent Convention Art 114(2)
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 12(4)
Schlagwörter: Zulässigkeit des Einspruchs - (ja)
Spät eingereichte Beweismittel - Rechtfertigung für späte Vorlage (nein)
Spät eingereichte Beweismittel - zugelassen (nein)
Neuheit - Hauptantrag (ja)
Erfinderische Tätigkeit - Hauptantrag (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
G 0007/92
T 0222/85
T 0431/03
T 1816/11
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin-Einsprechende hat gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung über die Aufrechterhaltung des europäischen Patents Nr. 2015851 in geändertem Umfang, zur Post gegeben am 27. Juni 2013, am 27. August 2013 Beschwerde eingelegt und gleichzeitig die Beschwerdegebühr entrichtet. Die Beschwerdebegründung ging am 25. Oktober 2013 ein.

II. Die Beschwerdeführerin-Patentinhaberin hat am 6 September 2013 gegen die oben genannte Entscheidung ebenfalls Beschwerde eingelegt und gleichzeitig die Beschwerdegebühr entrichtet und am 6. November 2013 die Beschwerde schriftlich begründet.

III. Im Einspruchsverfahren war das gesamte Patent wegen fehlender Neuheit und erfinderischer Tätigkeit, Artikel 100(a) mit 54, 56 und 52 EPÜ, angegriffen worden. Die Einspruchsabteilung war unter anderem der Auffassung, dass der Einspruchsgrund der Neuheit der Aufrechterhaltung des Patents wie erteilt entgegenstehe und dass die obigen Einspruchsgründe der Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang gemäß einem Hilfsantrag nicht entgegenstünden. Sie hatte dabei unter anderem die folgenden Entgegenhaltungen berücksichtigt:

E3 : DE 558627

E4 : US2620038

Ein weiteres Dokument, D5: US6510901 B2, wurde nach der Einspruchsfrist eingereicht. Die Einspruchsabteilung hat es für nicht prima facie relevant gehalten und es daher nicht in das Verfahren zugelassen.

Mit der Beschwerdebegründung reichte die Beschwerdeführerin-Einsprechende unter anderem die folgenden Dokumenten ein:

E6 : CH 138447

E7 : GB 1548143 A

IV. Am 9. Februar 2018 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.

V. Die Beschwerdeführerin-Patentinhaberin beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent wie erteilt aufrecht zu erhalten (Hauptantrag) oder das Patent im geänderten Umfang gemäß einem der Hilfsanträge 1 bis 11 aufrecht zu erhalten, eingereicht mit ihrer Beschwerdebegründung am 6. November 2013.

Die Beschwerdeführerin-Einsprechende beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.

VI. Der unabhängige Anspruch 1 wie erteilt (Hauptantrag) hat folgenden Wortlaut:

"Verschlussvorrichtung (2) für Löschfluid (4) speichernde Druckflaschen (6) mit

- einer Druckflasche (6), und

- einem Adapterstück (8) zum Anschluss eines in der Druckflasche (6) angeordneten Tauchrohres (10) mit einem außerhalb der Druckflasche (6) angeordneten Anschlussstück (12),

dadurch gekennzeichnet, dass

- das Tauchrohr (10) und das Anschlussstück (12) derart geformt sind, dass das Anschlussstück (12) im Ruhezustand teilweise mit Löschfluid (4) gefüllt ist,

- das Anschlussstück (12) ein Steigrohr (14) aufweist, derart, dass das Steigrohr (14) zumindest teilweise oberhalb des Pegels (16) des Löschfluids (4) liegt, und

- dass das Steigrohr (14) Verschlussmittel (18) aufweist, derart, dass zwischen den Verschlussmitteln (18) und dem Löschfluid (4) ein Gasraum (20) gebildet ist".

VII. Die Beschwerdeführerin-Patentinhaberin hat folgende Argumente vorgetragen:

Der Einspruch sei nicht zulässig, da er nicht ausreichend substantiiert sei.

Der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 umfasse unter anderem eine Verschlussvorrichtung und eine Druckflasche. Dies sei direkt und eindeutig aus der Syntax des Anspruchs Ableitbar. Das Löschfluid sei eine Löschflüssigkeit.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 wie erteilt sei neu gegenüber D3 und D4. Die Einspruchsabteilung habe ihr Ermessen richtig ausgeübt indem sie E5 nicht ins Verfahren zugelassen habe, da E5 für Anspruch 1 prima facie nicht neuheitsschädlich sei.

Verspätete Entgegenhaltungen E6 und E7 seien nicht ins Verfahren zuzulassen, da sie keine Lösung zur Aufgabe der Erfindung, die eine Erhöhung der Frostsicherheit sei, liefern. Außerdem offenbare weder E6 noch E7 ein erfindungsgemäßes Anschlussstück. Daher wären sie als Kombinationsdokumente nicht relevanter als z.B. E4.

Ausgehend von E3 käme der Fachmann nicht auf naheliegende Weise zum Gegenstand des Anspruchs 1, da er unter anderem die Dichtungsscheibe m der D3 nicht als Steigrohr umformen würde.

VIII. Die Beschwerdeführerin-Einsprechende hat folgende Argumente vorgetragen:

Der Einspruch sei zulässig, da er verständliche Argumente im Bezug auf Neuheit und erfinderische Tätigkeit enthalte und dadurch ausreichend substantiiert sei.

Der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 sei eine Verschlussvorrichtung ohne Druckflasche. Die Verschlussvorrichtung 2 sei in Figur 1 gezeigt, wo sie die Druckflasche nicht umfasse. Löschfluid sei als Löschflüssigkeit oder Löschgas zu interpretieren.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 wie erteilt sei nicht neu gegenüber D3, D4 oder D5. Die Einspruchsabteilung hätte D5 zulassen müssen, da es für Anspruch 1 prima facie neuheitsschädlich sei.

E6 und E7 seien auf Grund ihrer prima facie Relevanz für der Prüfung der erfinderischen Tätigkeit ins Verfahren zuzulassen, insbesondere als Kombinationsdokumente. Wenn E3 kein Steigrohr offenbaren würde, wäre der Gegenstand des Anspruchs 1 ausgehend von E3 nicht erfinderisch, da der Fachmann ein Steigrohr aus seinem allgemeinen Fachwissen bzw. aus der E4 kenne. Um die Frostsicherheit der Feuerlöscheinrichtung der E3 zu erhöhen, würde er die Dichtungsscheibe m als Steigrohr umformen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerden sind zulässig.

2. Zulässigkeit des Einspruchs

2.1 Die Beschwerdeführerin-Patentinhaberin beantragt die Zurückweisung des Einspruchs als unzulässig wegen mangelnder Substantiierung. Die Einspruchsabteilung hat die Zulässigkeit des Einspruchs geprüft und ihn für zulässig erachtet (siehe Entscheidungsgründe, Seite 4, Punkt 10).

2.2 Die Kammer ist der Auffassung, dass der Einspruch ausreichend substantiiert ist. Nach Regel 76(2)c) EPÜ muss die Einspruchsschrift u. a. die Angabe der zur Begründung vorgebrachten Tatsachen und Beweismittel enthalten. Hierfür ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass das Vorbringen objektiv verständlich ist (Entscheidung T 222/85 (ABl 1988, 128)). Nicht erforderlich ist hingegen für die Zulässigkeit, dass die Einspruchsschrift stichhaltig oder das Vorbringen schlüssig ist, siehe auch Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 8. Auflage, 2016 (RdBK), IV.D.2.2.8.

2.3 Im vorliegenden Fall sind in der Einspruchsschrift vom 20. Juni 2011 u. a. verständliche Ausführungen zur Neuheit in Bezug auf eine offenkundige Vorbenutzung (die angeblich durch Dokumente E1/1 bis E1/3 bewiesen worden war, Punkt 2) und zur erfinderischen Tätigkeit in Bezug auf D3 mit allgemeinem Fachwissen bzw. D2 vorgebracht worden.

2.4 Es mag sein, dass der Einspruchsschriftsatz wenige Hinweise auf Passagen und Figuren des Standes der Technik enthält. Allerdings ist die Kammer der Auffassung, dass dies keine wesentliche Beeinträchtigung für das Verständnis der Argumente darstellt, da viele der Dokumente kurz sind. Zum Beispiel haben E1/1, E1/2 und E1/3 jeweils nur eine Seite und D3 hat nur eine Figur. Insbesondere ist nicht erforderlich, dass ein bestimmtes Argument zum Erfolg führt (vgl. Entscheidung, Punkt 12, offenkundige Vorbenutzung).

2.5 Folglich kommt die Kammer zum Schluss, dass die Einspruchsabteilung in ihrer Entscheidung (siehe Entscheidungsgründe, Punkt 10) die Zulässigkeit des Einspruchs richtig beurteilt hat. Mit anderen Worten ist der Einspruch zulässig.

3. Hintergrund

Das Patent betrifft unter anderem eine Verschlussvorrichtung für Löschfluid speichernde Druckflaschen (Patentschrift, Absatz [0001]). Es ist unter anderem Aufgabe der Erfindung, eine Feuerlöscheinrichtung mit einer hohen Frostsicherheit bereitzustellen (Patentschrift, Absatz [0006]).

4. Auslegung des Anspruchs 1 wie erteilt (Hauptantrag)

Bei den Einwänden unter Artikel 54 und 56 EPÜ kommt der Auslegung des Anspruchswortlauts zentrale Bedeutung zu.

4.1 Die Beschwerdeführerin-Einsprechende hat vorgetragen, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 eine Verschlussvorrichtung für Löschfluid speichernde Druckflaschen und nicht die Kombination aus einer Verschlussvorrichtung und einer solchen Druckflasche sei.

4.1.1 Die Kammer vermag sich dieser Auffassung nicht anzuschließen.

Nach Ansicht der Kammer vermittelt die linguistische Syntax des Oberbegriffs dem Fachmann eindeutig, dass die beanspruchte Vorrichtung mit den beiden nach dem Wort "mit" stehenden Merkmalen ausgestattet ist.

4.2 Auf Deutsch wird der Spiegelstrich als Aufzählungszeichen benutzt. Mit anderen Worten legt er die Syntax eines Satzes fest, indem er eine Aufzählung gliedert und stellt nicht, wie die Beschwerdeführerin-Einsprechende vorgetragen hat, nur eine bedeutungslose optische Trennung von Satzbauteilen dar.

Im vorliegenden Fall fängt der Anspruch mit dem Wortlaut "Verschlussvorrichtung für Löschfluid speichernde Druckflaschen" an. Danach kommt das Wort "mit" gefolgt von zwei Merkmalen die jeweils vorgesetzte Spiegelstriche aufweisen (- einer Druckflasche, und - einem Adapterstück...). Daher liest der Fachmann hier, rein aus der Syntax des Anspruchs, dass Druckflasche und Adapterstück eindeutig zu der beanspruchten Verschlussvorrichtung zählen.

4.2.1 Allerdings erkennt die Kammer an, dass der Anspruch nicht ideal formuliert ist: Die beanspruchte Verschlussvorrichtung ist für Druckflaschen geeignet und gleichzeitig (von der klaren Syntax des Anspruchs) umfasst sie eine solche Druckflasche. Insofern sieht der Fachmann, dass das Merkmal "Druckflasche" eine manifeste Inkonsistenz enthält.

4.2.2 Dennoch ist das Patent mit der Bereitschaft auszulegen, es technisch sinnvoll zu verstehen. Bei der Prüfung eines Anspruchs sollte der Fachmann unlogische oder technisch unsinnige Auslegungen ausschließen (siehe die Rechtsprechung der Beschwerdekammern des EPA 8. Auflage 2016, (RdBK) II.A.6.1).

Angesichts der Syntax des Anspruchs würde der Fachmann eine Auslegung des Anspruchs, wonach der Gegenstand des Anspruchs 1 eine Verschlussvorrichtung ohne Druckflasche und Adapterstück enthält, als unlogisch verwerfen. Dies gilt um so mehr, da die im Anspruch angegebenen Wechselwirkungen zwischen Flasche, Tauchrohr und Anschlussstück sonst unsinnigerweise ohne jeglichen Zusammenhang zum einzigen übrigen Anspruchsmerkmal (Verschlussvorrichtung) stehen würden. Es geht somit im Anspruch auch im Hinblick auf die zu lösende Aufgabe, nämlich Schaden durch Frieren des Löschfluids zu vermeiden, um die Gesamtheit aller Merkmale und ihre Wechselwirkung. Daher geht für den Fachmann aus dem Wortlaut des Anspruchs selber klar und unmissverständlich hervor, dass der Gegenstand des Anspruchs eine Verschlussvorrichtung "mit", im Sinne von "umfassend", eine Druckflasche und ein Adapterstück ist.

4.2.3 In dieser Hinsicht stellt die Kammer fest, dass nach gängiger Rechtsprechung eine Diskrepanz zwischen den Ansprüchen und der Beschreibung kein hinreichender Grund ist, die eindeutige linguistische Struktur eines Anspruchs zu ignorieren und ihn anders auszulegen (siehe RdBK, II.A.6.3.1, insbesondere T 431/03, Punkt 2.2.2). Im vorliegenden Fall ist daher die Feststellung, dass gemäß der Beschreibung einer detaillierten Ausführungsform der Erfindung (vgl. Patentschrift Absatz [0022] mit Figur 1 gestrichelte Linie 2) ein als Verschlussvorrichtung 2 bezeichnetes Teil keine Druckflasche umfasst, nicht maßgebend.

4.2.4 Auch wenn sich durch den Rückbezug von Systemanspruch 8 auf Anspruch 1 ein Inkonsistenz (Löschfluidspeicher anstatt Druckflasche und als gesondertes Merkmal) ergeben mag, wird im Anspruch 8 wiederum die Gesamtheit der Merkmale und ihre Zusammenwirkung beansprucht.

4.2.5 Zusammengefasst stellt die Kammer fest, dass der Anspruch so auszulegen ist, dass er eine Verschlussvorrichtung definiert, die unter anderem eine Druckflasche (mit Tauchrohr) und ein Adapterstück (mit Anschlussstück) umfasst.

4.3 Ein weiterer Anspruchsbegriff, der eine Auslegung erfordert, ist das Wort "Löschfluid". Im weitesten Sinne kann "Fluid" eine Flüssigkeit oder ein Gas bedeuten. Die Kammer bemerkt, dass ein Gas sich ausdehnt, bis es den gesamten verfügbaren Raum ausgefüllt hat und daher keinen Pegelstand zeigt, wohingegen eine Flüssigkeit einen Raum nur bis zu einem gewissen Pegel ausfüllt. Anspruchsgemäß weist das Löschfluid einen solchen Pegel auf, daher ist es eine Löschflüssigkeit und kein Löschgas.

Daher ist "Löschfluid" im Anspruch als "Löschflüssigkeit" auszulegen.

4.4 Schließlich ist es unstrittig, dass das Wort "Ruhezustand" anspruchsgemäß den Gegensatz zum Brandfallzustand darstellt (vgl. Patentschrift, Absatz [0011]).

5. Neuheit des Anspruch 1 gemäß Hauptantrag (wie erteilt)

5.1 Nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern ist ein Dokument des Stands der Technik für einen beanspruchten Gegenstand nur neuheitsschädlich, wenn dieser Gegenstand sich unmittelbar und eindeutig aus dem Stand der Technik ergibt.

5.2 Die Beschwerdeführerin-Einsprechende hat die Neuheit gegenüber D3, D4 und D5 bestritten.

5.3 Verspätetes Vorbringen von D5 im Einspruchsverfahren

5.3.1 D5 war bereits im Einspruchsverfahren verspätet vorgelegt und von der Einspruchsabteilung als prima-facie nicht relevant nicht in das Verfahren zugelassen worden. Zur Begründung hat die Einspruchsabteilung ausgeführt, dass die Figuren, insbesondere Figur 7, keine detaillierten Merkmale enthalten, welche mit den beanspruchten Merkmalen verglichen werden könnten (Entscheidung Seite 5, Punkt 11). Damit hat sie offensichtlich die Relevanz von D5 in Bezug auf die Neuheit betrachtet.

5.3.2 Im Beschwerdeverfahren beanstandet die Beschwerdeführerin-Einsprechende diese Entscheidung und vertritt die Auffassung, Anspruch 1 sei prima facie nicht neu gegenüber E5.

5.3.3 Die Kammer vermag sich dieser Auffassung nicht anzuschließen.

Die Nichtzulassung der E5 durch die Einspruchsabteilung beruht auf einer Ermessensentscheidung. Als solche ist sie grundsätzlich nur eingeschränkt - das heißt nur auf Ermessensfehler - zu überprüfen (vgl.: G 7/92, Punkt 2.6). Allerdings darf dies nicht dazu führen, dass in die Ermessensentscheidung eingeflossene materiell-rechtliche Fragen auf diesem Weg der Überprüfung durch die Beschwerdekammern entzogen werden. Hinsichtlich dieser Fragen, die den Kernbereich der Überprüfungskompetenz der Kammern ausmachen, haben diese vielmehr das ihnen durch Artikel 12(4) VOBK eingeräumte Ermessen selbst auszuüben (vgl.: T 1816/11 Ziffern 2.6 bis 2.8 der Entscheidungsgründe). Somit ist auch eine prima facie Bewertung bei der Überprüfung einer Ermessensentscheidung z.B. auf offensichtliche Fehler zu prüfen.

5.3.4 In dem vorliegenden Fall geht es um die Frage, ob E5 eine anspruchsgemäße Verschlussvorrichtung offenbart (mit unter anderem einem Adapterstück, das ein außerhalb der Druckflasche angeordnetes Anschlussstück, das ein Verschlussmittel aufweisendes Steigrohr hat, zu einem in der Flasche angeordneten Tauchrohr anschließt, wobei im Ruhezustand das Anschlussstück teilweise mit Löschfluid gefüllt ist).

Dies kann auch nach Auffassung der Kammer prima facie nicht festgestellt werden. Denn (vgl. Spalte 3, Zeilen 24 bis 42, Spalte 4, Zeilen 46 bis 55 mit Figuren 1 und 7) das einzig erkennbare Verschlussmittel (Ventil 114a, 214a) ist direkt am Ausgang der Druckflasche 110, 210 angeordnet. Ein Schlauch 116, 216und ein Rohr 117, 217 sind an dieses Verschlussmittel 114 angeschlossen (siehe Figuren 1 und 7). Daher weist weder der Schlauch 116, 216 noch das Rohr 117, 217 Verschlussmittel auf, sondern sie sind daran angeschlossen.

Selbst wenn der Schlauch und/oder das Rohr als Steigrohr angesehen würde, würde dieser dann kein Verschlussmittel umfassen, sondern daran angeschlossen sein.

Außerdem ist im Ruhezustand (d.h. nicht im Brandfallzustand) das Ventil 114a, 214a geschlossen, damit das Löschfluid in der Druckflasche bleibt. Daher kann das nach dem Ventil (außerhalb der Flasche) angeordnete Anschlussstück (Schlauch 116, 216) nicht teilweise mit Löschfluid gefüllt sein, sondern muss leer sein.

Folglich offenbart E5 prima facie kein anspruchsgemäßes Anschlussstück bzw. Steigrohr. Die Kammer gelangt daher in Ausübung des ihr nach Artikel 12(4) VOBK eingeräumten Ermessens zu der Überzeugung, dass das Dokument E5 prima facie nicht neuheitsschädlich ist. Deshalb bestätigt sie die Ermessungsentscheidung der Einspruchsabteilung, dass das Dokument D5 nicht in das Verfahren zuzulassen ist.

5.4 Neuheit gegenüber E3

5.4.1 E3 (siehe Figur 1) offenbart eine Verschlussvorrichtung mit einer Druckflasche a für Löschflüssigkeit (siehe Seite 1, Zeilen 23 bis 30), in der sich ein Tauchrohr c befindet. Eine Übergangsmutter f und Nippel b schließen das Tauchrohr c mit einem außerhalb der Flasche angeordneten Ventil mit Ventilgehäuse e an.

5.4.2 Nach dem Vortrag der Beschwerdeführerin-Einsprechenden in der mündlichen Verhandlung bilde das Ventilgehäuse e zusammen mit der Dichtungsscheibe m ein Anschlussstück mit einem Steigrohr, das wiederum Verschlussmittel in Form von Stempel g aufweise. Ventilgehäuse e und Scheibe m als Anschlussstück sind dann über die Mutter f mit Nippel b als Adapterstück mit dem Tauchrohr c verbunden.

5.4.3 Diese Sichtweise entspricht nach Ansicht der Kammer nicht dem Offenbarungsgehalt der E3, wie der Fachmann diese bei Hinzunahme seiner normalen Fachkenntnisse und bei normalem Verständnis der Begrifflichkeiten auslegen würde. Erstens ist die normale Bedeutung von "Rohr" ein langer zylindrischer Hohlkörper [mit größerem Durchmesser], der vor allem dazu dient, Gase, Flüssigkeiten oder feste Körper weiterzuleiten (siehe Duden). Daher wird mit dem Anspruchswort "Steigrohr" ein länglicher Hohlkörper definiert.

Auch würde er das Ventilgehäuse e nicht als Steigrohr (Englisch: "standpipe" oder "riser") bezeichnen, sondern er sieht es als integralen Teil eines Ventils. Gleiches gilt für die Dichtungsscheibe m, die er sofort als wesentlichen Teil eines Ventils erkennt, nicht aber als gesondertes Anschlussstück, das das Ventilgehäuse e als Steigrohr aufweist.

Zudem sind Dichtungsscheibe m und Gehäuse e separate Teile des Ventils. Die Dichtungsscheibe m liegt unter dem Gehäuse e und hat einen viel schmaleren Hohlraum (vgl. Seite 2, Zeilen 24 bis 31, Figuren 1 und 2). Daher ist sie keine Fortsetzung des Gehäuses e, sondern trennt es von dem Nippel b der Flasche ab. Zudem ist sie dünn und kein langer zylindrischer Hohlkörper, der für den Fachmann ein Rohr wäre. Daher ist die Dichtungsscheibe m weder ein Steigrohr noch Teil eines Steigrohrs, noch bildet sie mit diesen zusammen ein Teil, das der Fachmann als Anschlussstück erkennen würde.

5.4.4 Bei normaler Auslegung der Beschreibung und der Figuren der E3 sieht der Fachmann dort lediglich offenbart: ein Ventil e,g,h,k,l mit Dichtung m, das über ein Anschlussstück (Mutter f und Nippel b) an dem Tauchrohr c angeschlossen ist. Das Ventil weist eine (Ausgangs)düse i auf.

Im Ruhezustand ist das Anschlussstück mit seinem Steigrohr e vollständig durch die Dichtungsscheibe m und Stempel g von dem im Inneren der Flasche befindlichen Löschfluid getrennt (vgl. Figur 1). Folglich ist das Anschlussstück nicht anspruchsgemäß teilweise mit Löschfluid gefüllt, sondern komplett leer. In Abwesenheit von Löschfluid in dem Anschlussstück bildet sich auch kein anspruchsgemäßer Gasraum im Anschlussstück, da dieser an das Löschfluid angrenzen muss.

5.4.5 Zusammengefasst unterscheidet sich der Gegenstand des Anspruchs 1 von E3 dadurch, dass das Tauchrohr und das Anschlussstück derart geformt sind, dass das Anschlussstück im Ruhezustand teilweise mit Löschfluid gefüllt ist und dass zwischen den Verschlussmitteln und dem Löschfluid ein Gasraum gebildet ist. Deshalb ist E3 nicht neuheitschädlich für Anspruch 1.

5.5 Neuheit gegenüber E4

5.5.1 Wie oben erklärt (siehe Punkte 4.1 und 4.2) gehört eine Druckflasche, die zum Speichern von Löschfluid (d.h. hier Löschflüssigkeit) geeignet ist, zum Gegenstand des Anspruchs 1. Die Beschwerdeführerin-Einsprechende hat vorgetragen, dass E4 eine solche Druckflasche offenbare.

5.5.2 Die Kammer ist anderer Meinung. E4 offenbart einen Feuerlöscher (Titel), der eine Flasche umfasst (siehe Figur 1). Dort wird durchgängig offenbart, dass das Löschmittel ein trockenes chemisches Löschmittel ist (siehe Spalte 1, Zeilen 1 bis 6, Spalte 1, Zeile 54 bis Spalte 2, Zeile 2 und alle Ansprüche , Zeilen 1 bis 3) in Form eines Pulvers (Spalte 5, Zeilen 15 bis 17).

5.5.3 Die Kammer ist auch nicht davon überzeugt, dass die Flasche für Löschflüssigkeit geeignet wäre. Im Ruhezustand steht die Flasche nicht unter Druck und ist mit Trockenlöschmittel gefüllt. Der Feuerlöscher wird aktiviert, indem ein Antriebsgas von einem Kanister 50 über ein Rohr 64 in die Flasche freigesetzt wird. Das Rohr 64 mündet am Boden der Flasche, sodass während des Anstiegs des Treibgases durch die Flasche das Trockenlöschmittel aufgewühlt wird (Spalte 1, Zeilen 23 bis 33, Spalte 5, Zeilen 22 bis 28).

Das Tauchrohr 45 der Flasche, über welches Pulver und Treibgas die Flasche verlassen, mündet ebenfalls im Bodenbereich der Flasche. Der gewölbte Boden 11, um den das Trockenlöschmittel 105 herumgepackt ist, dient dazu, einen Kurzschluss zwischen den beiden Rohren verhindern (vgl. Spalte 5, Zeilen 35 bis 44).

Jedoch wäre dies nach Ansicht der Kammer nicht der Fall, wenn Flüssigkeit den Flaschenboden füllen würde. Das Anordnen des Treibgaseinlasses und des Löschfluidausgangs am Boden der Flasche würde (je nach Neigung der Flasche beim Einsatz) leicht zum Kurzschluss der beiden führen, sodass Treibgas anstatt Löschfluid aus dem Feuerlöscher ausgestoßen würde. Außerdem muss ein anspruchsgemäßes Löschfluid (eine Flüssigkeit) nicht aufgewühlt werden, sondern vielmehr durch Treibgasdruck von oberhalb des Löschfluidpegels in das Tauchrohr hineingedrückt werden.

Daher geht es nicht unmittelbar und eindeutig aus E4 hervor, dass die dort offenbarte Flasche anspruchsgemäß als Druckflasche für flüssiges Löschfluid geeignet ist.

5.5.4 Aus alldem folgt, dass E4 für Anspruch 1 nicht neuheitsschädlich ist.

5.6 Daher kommt die Kammer zum Schluss, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag gegenüber E3 und E4 neu im Sinne des Artikels 54 EPÜ ist.

6. Erfinderische Tätigkeit des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag

6.1 Mit der Beschwerdebegründung reicht die Beschwerdeführerin-Einsprechende unter anderem neue Dokumente E6 und E7 ein. Dieses Vorbringen erfolgte nach Ablauf der Einspruchsfrist und ist somit verspätet im Sinne von Artikel 114(2) EPÜ.

Nach Artikel 12(4) VOBK liegt es im Ermessen der Kammer, Beweismittel, die bereits im erstinstanzlichen Verfahren hätten eingereicht werden können, zuzulassen. Bei der Ausübung dieses Ermessens sind insbesondere die Rechtfertigung des verspäteten Vorbringens sowie die prima facie Relevanz der neu vorgelegten Druckschriften zu berücksichtigen.

6.1.1 Im vorliegenden Fall scheint die verspätete Einreichung der E6 und E7 nicht gerechtfertigt zu sein, da in Bezug auf den Hauptantrag die Sachlage unverändert ist (Patent wie erteilt). Die Beschwerdeführerin-Einsprechende hat die verspätete Einreichung der E6 und E7 in Bezug auf die erfinderische Tätigkeit gegenüber dem Hauptantrag auch nicht im schriftlichen Verfahren begründet. Vielmehr hat sie in ihrer Stellungnahme zur Beschwerdebegründung der Patentinhaberin (siehe Schriftsatz der Beschwerdeführerin-Einsprechenden vom 14. März 2014, Seite 9, Punkt 2.3) explizit auf eine Diskussion der erfinderischen Tätigkeit bezogen auf den Hauptantrag verzichtet. Erst in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer hat die Beschwerdeführerin-Einsprechende die erfinderische Tätigkeit des Hauptantrags gerügt, u.a. gestützt auf E6 und E7.

6.1.2 Nach Ansicht der Kammer sind E6 und E7 aber prima facie nicht relevanter als die Entgegenhaltungen, die schon im Verfahren sind.

6.1.3 Zuerst stellt die Kammer fest, dass die Beschwerdeführerin-Einsprechende die erfinderische Tätigkeit ausgehend von E3 als nächsten Stand der Technik angreift und E6 und E7 als Kombinationsdokumente vorlegt. In dieser Hinsicht bemerkt die Kammer, dass die Hauptaufgabe der Erfindung darin besteht, ein frostsicheres Feuerlöschsystem bereitzustellen (siehe Patentschrift, Absatz [0006]).

Weder E6 noch E7 scheint dieses Problem zu erwähnen.

E6 offenbart einen Feuerlöscher, der in jeder Lage zuverlässig funktioniert (siehe Seite 1, erster Absatz), dennoch werden temperaturbedingte Effekt nicht erwähnt.

E7 offenbart einen Feuerlöscher, der sich unter anderem mit dem Problem von Änderungen der Umgebungstemperatur befasst, jedoch nicht im Zusammenhang mit der Frostsicherheit, sondern mit dem Verlust von Feuerlöschmittel bei heißem Wetter (siehe Seite 2, Zeile 104 bis Seite 3, Zeile 6). Schon aus diesem Grund scheinen E6 und E7 für die erfinderische Tätigkeit prima facie nicht relevant zu sein.

6.1.4 Darüber hinaus scheint weder E6 noch E7 die zum Lösen dieser Aufgabe zentralen Merkmale (vgl. Patentschrift Absatz [0006] und Anspruch 1, u.a. Anschlussstück mit Steigrohr in Zusammenhang mit einem bestimmten Löschfluidpegel) zu offenbaren und daher nicht relevanter als die bereits vorliegende Dokumente zu sein.

6.1.5 Das Dokument E6 offenbart (siehe Seite 1 und Figur 1) einen Feuerlöscher mit Druckflasche 1, die mit Löschfluid 11 gefüllt ist, sowie ein Verschlussmittel 9. Die Beschwerdeführerin-Einsprechende hat vorgetragen, dass E6 unter anderem ein anspruchsgemäßes Tauchrohr, Adapterstück, Anschlussstuck und Steigrohr offenbare. Insbesondere hat sie vorgetragen, dass das Tauchrohr das flexible Rohr 4, das Adapterstück die Fassung 2, und das Anschlussstück mit Steigrohr das Rohr 3 sei.

Die Kammer sieht es anders. Nach dem Anspruch schließt das Adapterstück eines in der Druckflasche angeordneten Tauchrohrs mit einem außerhalb der Flasche angeordneten Anschlussstück an. Bei E6 ist ein solches Adapterstück nicht vorhanden. Das starre Rohr 3 liegt teilweise innerhalb und teilweise außerhalb der Druckflasche 1. Die zwei Teile werden nicht durch die Fassung 2 miteinander angeschlossen, vielmehr durchquert das Rohr 3 die Fassung 2.

Daher hat die Fassung 2 keine Anschlussfunktion, sondern stellt lediglich einen Durchgang für das Rohr 3 bereit. Daher offenbart E6 kein anspruchsgemäßes Adapterstück. Da das Rohr 3 durchgehend ist und lediglich die Fassung 2 durchquert, kann die Kammer auf Anhieb auch kein anspruchsgemäßes Anschlussstück erkennen. Vielmehr sieht die Kammer das Rohr 3 als Teil eines Tauchrohres, wobei sich ein Teil davon außerhalb der Flasche erstreckt. Die Beschreibung von D6 scheint dies zu bestätigen (siehe Seite 1, rechte Spalte, Zeilen 3 bis 7) "Der nach außen ragende und hier mit Hahn 9 versehende Spritzdüse tragende Teil 3 des Tauchrohrs ist starr....".

Zusammengefasst scheint E6 weder ein Anspruchsgemäßes Adapterstück noch Anschlussstück zu offenbaren.

6.1.6 E7 offenbart (siehe Figur 1) einen Feuerlöscher mit einer Druckflasche 33 und einem Adapterstück (schraffierter Teil an der oberen rechten Seite der Druckflasche), das ein in der Druckflasche angeordnetes Tauchrohr 34a mit einem außerhalb der Druckflasche angeordneten Anschlussstück (Schlauch 34b) verbindet. In der Flasche befindet sich ein Löschfluid (Wasser).

Nach Ansicht der Kammer offenbart E7 nicht unmittelbar und eindeutig, dass das Anschlussstück (Schlauch 34b) anspruchsgemäß im Ruhezustand teilweise mit Löschfluid gefüllt ist, noch dass es ein Steigrohr umfasst.

Figur 1 zeigt den Verlauf des Schlauchs 34b als um die Druckflasche gedreht, nicht als ein steigendes Rohr. Es ist auch nicht bekannt, bis zu welchem Füllstand die Flasche mit Löschfluid gefüllt ist. Ob eine der horizontalen Linien direkt unter der gewölbten Oberseite der Flasche einen Flüssigkeitsstand anzeigt oder nicht, ist nicht angegeben. Die Beschreibung besagt lediglich, dass die Flasche mit Löschfluid "bis zu einer vorbestimmten Höhe" gefüllt ist (Seite 2, Zeilen 55 bis 61). Daher scheint die Überlegung der Beschwerdeführerin-Einsprechenden, ob bei einer auf der Seite liegenden Druckflasche der E7 der Schlauch 34b teilweise mit Löschfluid gefüllt wäre und der Schlauch so gebogen werden könnte, dass er ein Steigrohr aufweise, sodass ein Gasraum zwischen dem Verschlussmittel (Auslöser am Ende des Schlauchs) und dem Löschfluidpegel gebildet wäre als bestenfalls spekulativ. Folglich offenbart E7 auch kein anspruchsgemäßes Steigrohr mit Anschlussstück.

6.1.7 Zusammengefasst stellt die Kammer fest, dass keine Rechtfertigung für die verspätete Einreichung der Dokumente E6 und E7 besteht. Außerdem scheinen sie prima facie nicht relevanter zu sein, als die Dokumente, die schon im Verfahren sind.

6.1.8 Folglich beschlisst die Kammer, von ihrem Ermessen unter Artikel 114(2) EPÜ mit Artikel 12(4) VOBK Gebrauch zu machen, die verspätet eingereichten E6 und E7 nicht in das Verfahren zuzulassen.

6.2 Die Beschwerdeführerin-Einsprechende rügte mangelnde erfinderische Tätigkeit ausgehend von E3 mit allgemeinem Fachwissen bzw. mit E4.

6.2.1 Wie oben dargelegt, sind die Anspruchsunterschiedsmerkmale gegenüber E3, dass das Anschlussstück im Ruhezustand teilweise mit Löschfluid gefüllt ist und dass zwischen den Verschlussmitteln und dem Löschfluid ein Gasraum gebildet ist.

6.2.2 Nach ständiger Rechtsprechung der

Beschwerdekammern ist bei der objektiven Ermittlung der erfindungsgemäß gelösten Aufgabe zunächst von der im Streitpatent formulierten Aufgabe auszugehen (siehe RdBK, I.D.4.3.2).

6.2.3 Im vorliegenden Fall ist nach dem Streitpatent (siehe Patentschrift Absatz [0006]) die mit den gegenüber E3 identifizierten Unterschiedsmerkmalen (Anschlussstück im Ruhezustand teilweise mit Löschfluid gefüllt und Gasraum zwischen den Verschlussmitteln und dem Löschfluid) verbundene Aufgabe, eine erhöhte Frostsicherheit zu gewährleisten.

Die zu lösende Aufgabe kann daher darin gesehen werden,

die Frostsicherheit der Verschlussvorrichtung mit Druckflasche der D3 zu verbessern. Die von der Beschwerdeführerin-Einsprechenden vorgeschlagene Aufgabe, Treibgas in der Druckflasche der E3 außerhalb der Druckflasche zu verlagern, um den Füllungsgrad des Löschfluids zu erhöhen, ohne die Frostsicherheit der Druckflasche zu gefährden, wird nirgendwo im Patent erwähnt oder wäre anderweitig daraus ableitbar.

6.2.4 Die Beschwerdeführerin-Einsprechende hat vorgetragen, dass der Fachmann aus seinem Fachwissen wisse, dass sich Löschfluid ausdehne, wenn es einfriere und dass er dies bei der Entwicklung eines Feuerlöschers berücksichtigte. Ausgehend von E3 sehe der Fachmann, dass sich ein kleiner Gasraum in der Dichtungsscheibe m befinde. Bei der Lösung der objektiven technischen Aufgabe (Frostsicherheit erhöhen) erkenne der Fachmann, dass, um den Stempel g vor eingefrorenem Löschmittel zu schützen, er diesen Gasraum vergrößern müsse. Aufgrund dieser Erkenntnis würde er die Dichtungsscheibe m als ein Steigrohr umformen und dadurch einen noch größeren frostschützenden Gasraum zwischen Löschfluid und Verschlussmittel (Stempel g) schaffen. An sich gehöre ein Steigrohr zu seinem allgemeinen technischen Wissen, siehe E4. So komme er von E3 ausgehend zusammen mit allgemeinem Fachwissen oder E4 in naheliegender Weise zu einer anspruchsgemäßen Feuerlöscheinrichtung.

6.3 Die Kammer dagegen ist der Meinung, dass von E3 ausgehend, auch unter Heranziehung des obigen Fachwissens oder E4, die beanspruchte Feuerlöscheinrichtung für den Fachmann nicht naheliegend ist.

6.3.1 Es ist nicht strittig, dass der Fachmann aus seinem Fachwissen weiß, dass sich Löschfluid ausdehnt, wenn es einfriert und dass er Steigröhre als solche kennt.

Dennoch ist die Kammer der Meinung, dass angesichts der technischen Aufgabe der Fachmann nicht auf naheliegender Weise die Dichtungsscheibe m als Steigrohr umformen würde.

6.3.2 Beim Befüllen der Druckflasche der D3 (siehe Seite 1, Zeilen 1 bis 13 und 23 bis 47, Seite 2, Zeilen 33 bis 63 mit Figuren 1 und 4) kann Löschfluid nur bis zu einer bestimmten Höhe eingefüllt werden. Somit ergibt sich ein vorbestimmter Gasraum für Treibgas oberhalb des Löschfluids. Danach (siehe Seite 2, Zeilen 65 bis 78) wird das Treibgas über das Tauchrohr c (in E3 Steigrohr genannt) zugegeben. Beim Erreichen des Betriebsdrucks wird der Stempel g gegen die Druckscheibe m geschraubt, um die Druckflasche abzudichten. Daher ist dies nach den Vorträgen der Parteien ein geschlossenes System.

Damit entsteht ein Gasraum in dem Tauchrohr c. Wo kein Löschfluid ist, kann kein Frostschaden entstehen. Aus Sicht der Kammer wäre es daher für den mit der obigen Aufgabe betrauten Fachmann nicht naheliegend, die bestehende Anordnung von u.a. Dichtungsscheibe m und Stempel g oberhalb des Tauchrohrs zu ändern. Schon aus diesem Grund würde der Fachmann die Dichtungsscheibe m nicht modifizieren, geschweige denn, sie in ein (dichtendes) Steigrohr umformen.

6.3.3 Außerdem würde eine solche Umformung, die Dichtungsscheibe eines Ventils als Dichtungsrohr zu gestalten, weit über die Routinefähigkeiten des Fachmanns hinaus gehen.

6.4 Zusammenfassend kommt die Kammer zum Schluss, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag ausgehend von E3 im Lichte der E4 oder allgemeinem Fachwissen für den Fachmann nicht naheliegt.

7. Die Kammer schließt aus den obengenannten Gründen, dass der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 gegenüber dem zitierten Stand der Technik neu ist, Artikel 100(a) und 54 EPÜ, und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, Artikel 100(a) und 56 EPÜ. Da es sich dabei um die einzig umstrittenen materiellen Fragen handelt, kann das Patent wie erteilt aufrechterhalten werden.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das Patent wird in unveränderter Fassung aufrechterhalten.

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