European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2008:T003207.20081031 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 31 October 2008 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0032/07 | ||||||||
Anmeldenummer: | 00910611.3 | ||||||||
IPC-Klasse: | F02B 23/10 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Luftansaugsystem für eine Brennkraftmaschine | ||||||||
Name des Anmelders: | Volkswagen Aktiengesellschaft | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Pierburg GmbH | ||||||||
Kammer: | 3.2.04 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Verzicht auf Teilnahme an der mündlichen Verhandlung - Rücknahme des Antrags auf die mündliche Verhandlung Neuheit - erfinderische Tätigkeit (verneint) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Patentinhaberin hat gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 14. November 2006 das europäische Patent Nr. EP-B-1 157 200 zu widerrufen, am 22. Dezember 2006 Beschwerde eingelegt und am gleichen Tag die Beschwerdegebühr entrichtet. Die Beschwerdebegründung ist am 13. März 2007 eingegangen.
II. Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, dass der in Artikel 100 (a) EPÜ 1973 genannte Einspruchsgrund der Aufrechterhaltung des Patents unter anderem im Hinblick auf die folgenden Druckschriften entgegenstehe:
D2: US-A-4 323 038,
D5: DE-A-4 017 066,
D9: JP-A-63-25317,
D9': Patent Abstracts of Japan 630253917.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei im Hinblick auf die Druckschriften D9 bzw. D9' nicht neu. Der Gegenstand der abhängigen Ansprüche beruhe aus den im Schreiben der Einsprechenden vom 5. April 2006 aufgeführten Gründen nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Dort wurden unter anderem die folgenden Druckschriften entgegengehalten:
D10: DE-A-9505763 und
D13: DE-A-3522991.
III. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) beantragte
- die Entscheidung der Einspruchsabteilung aufzuheben (Hauptantrag) oder das Patent im Umfang der mit den mit Schreiben vom 13. März 2007 eingereichten Hilfsanträgen 1 oder 2 aufrechtzuerhalten,
- die Sache zur weiteren Bearbeitung an die Einspruchsabteilung zurückzuverweisen, falls die Kammer die Neuheit des Gegenstandes des Anspruchs 1 feststellen sollte,
- hilfsweise einen Termin zur mündlichen Verhandlung anzuberaumen.
IV. Anspruch 1 gemäß dem Hauptantrag entspricht demjenigen des Patents in der erteilten Fassung und hat folgenden Wortlaut:
"Luftansaugsystem für eine Brennkraftmaschine, insbesondere für einen Otto-Motor mit Direkteinspritzung, mit einem wenigstens einen Zylinder begrenzenden Zylinderkopf (14), einem Saugrohr (10), welches wenigstens einen Luftkanal (20) pro Zylinder aufweist, und pro Zylinder wenigstens einem in dem Zylinderkopf (14) angeordneten Einlaßkanal (22) mit in einen zugeordneten Zylinder mündender Einlaßöffnung (24), wobei das Saugrohr (10) und der Zylinderkopf (14) über einen Zylinderkopfflansch (12) derart miteinander verbunden sind, daß jeweils ein Luftkanal (20) des Saugrohres (10) mit einem entsprechenden Einlaßkanal (22) im Zylinderkopf (14) in fluidleitender Verbindung steht, wobei im Luftkanal (20) des Saugrohres (10) eine wahlweise den Querschnitt des Luftkanals (20) verengende Schaltklappe (32) angeordnet ist, dadurch gekennzeichnet, daß im Einlaßkanal (22) eine Trennwand (26) angeordnet ist, welches den Einlaßkanal (22) über einen vorbestimmten Abschnitt zwischen dem Zylinderkopfflansch (12) und der Einlaßäffnung (24) teilt, und daß die Schaltklappe (32) derart ausgebildet und über den Zylinderkopfflansch (12) hinausragend angeordnet ist, daß sie in den Querschnitt des Luftkanals (20) verengender Stellung an der Trennwand (26) anschlägt".
In Anspruch 1 des Hilfsantrages 1 wurde das folgende Merkmal hinzugefügt: "wobei jede Schaltklappe (32) als Federblech ausgebildet ist".
In Anspruch 1 des Hilfsantrages 2 wurde im Vergleich mit dem Hauptantrag das folgende Merkmal hinzugefügt: "wobei in einer Wandung des Luftkanals (20) und/oder in einer Wandung des Einlasskanals (22) eine Ausnehmung (38)
derart ausgebildet ist, dass diese Ausnehmung (38) die Schaltklappe (32) wenigstens teilweise aufnimmt, wenn sich diese in einem den Luftkanal (20) und Einlasskanal (22) vollständig freigebenden Zustand befindet".
V. Die Beschwerdeführerin argumentierte im Wesentlichen, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 sämtlicher Anträge aus den folgenden Gründen neu sei und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe:
a) Das Merkmal, dass die Trennwand den Einlasskanal über einen vorbestimmten Abschnitt zwischen dem Zylinderkopfflansch 12 und der Einlassöffnung 24 teilt, enthalte nach dem herkömmlichen deutschen Sprachgebrauch, dass der vorbestimmte Abschnitt nicht direkt an die Endstellen des Zylinderkopfflansches und die Einlassöffnung angrenze. Die "Trennwand sei ausschließlich im Einlasskanal und beabstandet von Zylinderkopfflansch sowie Einlassöffnung angeordnet". Dies sei aber gerade bei D9 bzw. D9' nicht erfüllt, weil sich dort die Trennwand 23 über den Zylinderkopfflansch hinaus in das Saugrohr hinein erstrecke. Deshalb nehme diese Druckschrift den Gegenstand von Anspruch 1 nicht neuheitsschädlich vorweg.
b) Außerdem sei die Offenbarung der Druckschriften D9 und D9' in höchstem Maße fragwürdig, weil sich die Figur 1 der Druckschrift D9 und der Abstract D9' eklatant widersprächen.
Im Abstract D9' sei nämlich beschrieben, dass das Einspritzventil 13 stromabwärts ("downstream") von der Schaltklappe 26 säße. Gemäß der Figur 1 der Druckschrift D9, säße das Einspritzventil 13 jedoch eindeutig stromaufwärts der Klappe 26.
Die im Vergleich zum Hauptantrag zusätzlichen Merkmale des Anspruchs 1 nach den Hilfsanträgen 1 und 2 seien nicht aus den entgegengehaltenen Druckschriften bekannt. So würde aus Anspruch 5 der Druckschrift D10 keine als Federblech ausgebildete Schaltklappe gemäß Hilfsantrag 1 hervorgehen. Weder Druckschrift D2 noch Druckschrift D5 würden eine Anregung für eine Ausnehmung gemäß Hilfsantrag 2 geben, da in diesen Druckschriften keine an einer Trennwand anschlagende Schaltklappe offenbart sei.
VII. Demgegenüber argumentierte die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) folgendermaßen:
Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach dem Hauptantrag sei im Hinblick auf das aus Druckschrift D9 bekannte Luftansaugsystem nicht neu. Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, weil dessen zusätzliche Merkmale aus Druckschrift D10 bekannt seien, derjenige des Hilfsantrags 2, weil er sich aus Druckschrift D9 in Kombination mit den Lehren der Druckschrift D2 oder D5 ergebe.
VI. Sie beantragte sinngemäß die Beschwerde zurückzuweisen, hilfsweise eine mündliche Verhandlung.
V. Darauf hat die Beschwerdekammer die Beteiligten zu einer mündlichen Verhandlung geladen und in der Anlage dazu unter anderem die folgenden Feststellungen gemacht:
"2. Neuheit
2.1 Hinsichtlich des Offenbarungsgehaltes der Druckschrift D9 bzw. D9' ist zwischen den Parteien umstritten, ob die daraus bekannte Trennwand den Einlasskanal "über einen vorbestimmten Abschnitt zwischen dem Zylinderkopfflansch ... und der Einlassöffnung ... teilt".
Gemäß dem Duden, Deutsches Universalwörterbuch A-Z, 1989, Seite 1813 hat das Wort "zwischen" auch eine räumliche Bedeutung zur Kennzeichnung einer Erstreckung von etwas innerhalb von zwei begrenzenden Punkten: die Entfernung, der Abstand zwischen den Häusern, den Punkten A und B". Nach dieser Definition liegt die Trennwand selbst dann zwischen dem Zylinderkopfflansch und der Einlassöffnung, wenn das eine Ende der Trennwand in der Ebene des Zylinderkopfflansches liegt.
2.2 Die Kammer teilt zwar die Auffassung der Beschwerdeführerin, dass Druckschrift D9' eine Unrichtigkeit enthält, nämlich dass das Einspritzventil 13 stromabwärts der Schaltklappe vorgesehen wäre. Da ein Fachmann Patentschriften aber mit seinem Fachwissen liest, dürfte diese Unrichtigkeit auch von ihm erkannt werden. Denn aus der verbleibenden Beschreibung ergibt sich in Verbindung mit der Figur eindeutig, dass das Einspritzventil 13 in einem Einlasskanal 21 sitzt, sich also stromaufwärts der Schaltklappe 26 befindet. Die Gesamtoffenbarung dieser Druckschriften D9 bzw. D9' scheint deshalb nicht in Frage gestellt zu werden.
Nichtsdestotrotz wird aber auch darauf hingewiesen, dass die Beweislast bzgl. des Offenbarungsgehaltes der Druckschrift D9 bei der einsprechenden Beschwerdegegnerin liegt. Sollten in der mündlichen Verhandlung noch Bedenken in dieser Hinsicht bestehen, so würde dies zu Lasten der Beschwerdegegnerin gehen. Es sei der Beschwerdegegnerin deshalb anheim gestellt, eine Übersetzung der Druckschrift D9 einzureichen.
2.3 In Hinblick auf diese Ausführungen scheint der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag nicht neu zu sein.
3. Erfinderische Tätigkeit
3.1 Hilfsantrag 1
Sollte es erforderlich sein die erfinderische Tätigkeit für den beanspruchten Gegenstand zu erörtern, so wird zu klären sein, wie der Fachmann mit Hilfe seines Fachwissens und im Hinblick auf zu erfüllende Toleranzen, die Schaltklappe ausführen würde.
Diesbezüglich scheint Druckschrift D10 von Bedeutung zu sein, die zwar eine Schaltklappe für ein Lüftungssystem betrifft, aber das allgemeine Fachwissen zum Ausdruck zu bringen scheint, dass Schaltklappen aus Blech gefertigt sein können.
Der Kammer scheinen deshalb keine erfinderischen Überlegungen erforderlich zu sein, um von dem aus den Druckschriften D9 oder D9' bekannten Luftansaugsystem zum Gegenstand des Anspruchs 1 zu gelangen.
3.2 Hilfsantrag 2
Bei den zusätzlich in den Anspruch 1 dieses Hilfsantrages aufgenommenen Merkmalen ist es von Bedeutung, dass er mehrere Alternativen beansprucht, und die Ausnehmung nur so auszubilden ist, dass die Schaltklappe wenigstens teilweise aufgenommen wird.
Diese Merkmale scheinen sich in naheliegender Weise aus den Druckschriften D2 (siehe insbesondere Spalte 3, Zeilen 24-27), D5 (siehe insbesondere Spalte 3, Zeilen 62-68 und Figur 4) und D13 (Figur 2) zu ergeben.
4. Zurückverweisung
Anspruch 1 der Hilfsanträge 1 und 2 wurde aus den erteilten Ansprüchen 1 und 4 bzw. 1 und 5 gebildet.
Wie sich aus der Entscheidung der Einspruchsabteilung, Seite 10, letzter Absatz ergibt, sind diese beanspruchten Gegenstände bereits im Einspruchsverfahren geprüft worden. Deshalb sieht die Kammer derzeit keine Veranlassung für eine Zurückverweisung des Falles an die erste Instanz."
V. Mit Schreiben vom 23. September 2008 teilte die Patentinhaberin mit, dass sie an der mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen werde. Darauf wurde der Termin zur mündlichen Verhandlung am 15. Oktober 2008 aufgehoben.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Zurücknahme des Hilfsantrags auf mündliche Verhandlung
2.1 Nach Artikel 116 (1) EPÜ 1973 hat eine mündliche Verhandlung auf Antrag eines Beteiligten stattzufinden.
2.2 Nach der geltenden Praxis ist eine hilfsweise beantragte mündliche Verhandlung nur dann durchzuführen, wenn die Beschwerdekammer aufgrund und trotz des schriftlichen Vorbringens des beantragenden Beteiligten zu seinen Ungunsten entscheiden würde. Sie hat also den Zweck, ihm die Möglichkeit zu geben, seinen Fall mündlich vorzutragen, um die Kammer von seinem Standpunkt zu überzeugen.
2.3 Im vorliegenden Fall hat die vorläufige Prüfung der Sache durch die Beschwerdekammer zu einem für die Beschwerdeführerin ungünstigen Ergebnis geführt. Deshalb wurde gemäß dem Hilfsantrag der Beschwerdeführerin ein Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt. Mit der Anlage zur Ladung hat die Kammer den Beteiligten ihre vorläufige Auffassung zur Kenntnis gebracht.
Die daraufhin abgegebene Erklärung der Beschwerdeführerin, sie werde nicht an der mündlichen Verhandlung teilnehmen, erfolgte deshalb in Kenntnis der für sie ungünstigen Auffassung der Beschwerdekammer. Damit hat die Beschwerdeführerin eindeutig zum Ausdruck gebracht, ihren Fall nicht mündlich vortragen zu wollen.
Unter diesen Umständen kommt eine solche Erklärung der Rücknahme des Hilfsantrags auf mündliche Verhandlung gleich (so auch T 3/90, ABl. 1992, 737; und T 1027/03 vom 10. Januar 2005, nicht im ABl. veröffentlicht). Da die Kammer fernerhin beabsichtigte, dem Hauptantrag der Beschwerdegegnerin auf Zurückweisung der Beschwerde stattzugeben, und eine mündliche Verhandlung nur hilfsweise beantragt worden war, bedurfte es auch in dieser Hinsicht nicht der Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Deshalb hielt es die Kammer für sachdienlich, eine Entscheidung zu fällen, ohne eine mündliche Verhandlung durchzuführen.
3. Neuheit - erfinderische Tätigkeit
Da die Beschwerdeführerin zu den vorstehend genannten Feststellungen der Beschwerdekammer in der Anlage zur Ladung keine Ausführungen gemacht hat, sieht die Kammer keine Veranlassung, von diesen abzurücken. Aus diesen Gründen wird deshalb festgestellt, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem Hauptantrag nicht neu ist und der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß den Hilfsanträgen 1 und 2 auf keiner erfinderischen Tätigkeit beruht.
4. Aus diesen Gründen konnte weder dem Haupt- noch den Hilfsanträgen der Beschwerdeführerin stattgegeben werden.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.