T 1586/06 (Trockenpulver zur Inhalation/JAGO REASEARCH AG) of 23.1.2009

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2009:T158606.20090123
Datum der Entscheidung: 23 Januar 2009
Aktenzeichen: T 1586/06
Anmeldenummer: 99952212.1
IPC-Klasse: A61K 9/72
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Trockenpulver zur Inhalation
Name des Anmelders: JAGO RESEARCH AG
Name des Einsprechenden: Chiesi Farmaceutici S.p.A.
Vectura Limited
Innovata Biomed Limited
Arakis Ltd
Kammer: 3.3.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Hauptantrag und Hilfsanträge I-VI
Erfinderische Tätigkeit - (nein): Feuchtigkeitsschützende Wirkung von Magnesiumstearat naheliegend
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
G 0002/88
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 2145/11

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdegegnerin ist Inhaberin des auf der Grundlage der europäischen Patentanmeldung Nr. 99 952 212.1 erteilten europäischen Patents Nr. 1 131 059. Das Patent in der erteilten Form enthielt 21 Ansprüche.

Die unabhängigen Ansprüche 1 und 2 lauten wie folgt:

"1. Verwendung von Magnesiumstearat in Trockenpulver-Formulierungen zur Inhalation, umfassend einen pharmazeutisch nicht wirksamen Träger in nicht inhalierbarer Teilchengrösse und einen fein verteilten pharmazeutischen Wirkstoff in inhalierbarer Teilchengrösse, zwecks Verbesserung der Feuchtigkeitsbeständigkeit.

2. Verwendung von Magnesiumstearat in Trockenpulver-Formulierungen zur Inhalation, umfassend einen pharmazeutisch nicht wirksamen Träger in nicht inhalierbarer Teilchengrösse und einen fein verteilten pharmazeutischen Wirkstoff in inhalierbarer Teilchengrösse, zwecks Verringerung des Einflusses von eindringender Feuchtigkeit auf den Feinpartikelanteil (FPF)."

II. Gegen die Erteilung des Patents wurden vier Einsprüche eingelegt. Die Einspruchsgründe waren gestützt auf Artikel 100 (a), (b) und (c) EPÜ mit der Begründung, dass der Gegenstand des Patents nach Artikel 52 (1) EPÜ in Verbindung mit den Artikeln 54 und 56 EPÜ im gesamten Umfang wegen fehlender Neuheit und mangelnder erfinderischen Tätigkeit nicht patentfähig sei, dass das europäische Patent die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbare, dass ein Fachmann sie ausführen könne und dass der Gegenstand des europäischen Patents über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Anmeldung hinausgehe.

III. Die Einsprüche der Einsprechenden II und IV wurden im Laufe des erstinstanzlichen Einspruchsverfahren zurückgenommen.

IV. Die nachfolgenden Entgegenhaltungen wurden inter alia im Laufe des Einspruchs- und Beschwerdeverfahrens zitiert:

(1) J. Peart, et al., Pharmaceutical Research, November 1997, vol. 14, no. 11, Seiten S-142 - S-143, abstract 1405

(3) H.V. van Kamp, et al., Pharm. Acta Helv., 1986, vol. 61, Nr. 1, Seiten 22-29

(5) Z.T. Chowhan und L.-H. Chi, Journal of Pharmaceutical Sciences, 1986, vol. 75, no. 6, Seiten 534-541

(6) H.M. Mahmoud und M.H. El-Shaboury, Acta Pharm. Fenn. 1985, 94, Seiten 125-131

(7) Remington's Pharmaceutical Sciences, 18. Auflage, 1990, Chapter 31, Seiten 589, 593 und 602; Chapter 76, Seiten 1451-1452 und Chapter 89, Seiten 1633, 1636-1637

(8) K.S. Murthy und J.C. Samyn, Journal of Pharmaceutical Sciences, 1977, vol. 66, no. 9, Seiten 1215-1219

(9) N.M. Kassem, "Generation of Deeply Inspirable clouds from Dry Powder Mixtures", Doktorthesis 1990, Department of Pharmacy, King's College, University of London, Seiten 4, 56-61 und 187-213

(10) WO 96/23485

(31) B.J. Meakin, et al., Int. J. Pharm., 1995, 119, Seiten 103-108

(43) Handbook of Pharmaceutical Excipients, 2nd Edition, 1994, Seiten 280-282

(44) Martindale: The Extra Pharmacopeia, 28th Edition, London, The Pharmaceutical Press, 1993, 6022-f

(53) Repertorio Farmaceutico Italiano 1989

V. In ihrer am 18. Juli 2006 verkündeten Entscheidung kam die Einspruchsabteilung zu dem Ergebnis, dass der Gegenstand der Ansprüche in ihrer erteilten Fassung die Erfordernisse der Artikel 123 (2), 83, 54 und 56 EPÜ erfüllt. Folglich wurden die Einsprüche gemäß Art. 102(2) EPÜ zurückgewiesen. Hinsichtlich der erfinderischen Tätigkeit wurden die Entgegenhaltungen (1), (9) oder (10) als nächster Stand der Technik definiert. Das objektive Problem sei in der intrinsischen Verbesserung des Schutzes vor Feuchtigkeit von Trockenpulver-Formulierungen zu sehen, dessen Lösung durch die Verwendung von Magnesiumstearat durch keines dieser Entgegenhaltungen nahegelegt werde. Auch die Hinzuziehung der Entgegenhaltungen (3) sowie (5) bis (8), in denen der negative Effekt von Magnesiumstearat auf die Wasseraufnahme in Tablettenformulierungen beschrieben werde, würde den beanspruchten Gegenstand nicht nahelegen: zwar sei dem Fachmann bekannt, dass Magnesiumstearat hydrophob und wasserunlöslich ist, jedoch finde sich in keiner der Entgegenhaltungen (3) und (5) bis (8) ein Hinweis, diese Lehre mit der Lehre der Entgegenhaltungen (1), (9) bzw. (10) zu kombinieren, um die Feuchtigkeitsbeständigkeit von Trockenformulierungen für Inhalationszwecke durch den Zusatz von Magnesiumstearat intrinsisch zu verbessern und den Feinpartikelanteil über einen längeren Zeitpunkt hinweg möglichst hoch zu halten.

VI. Die Beschwerdeführerin I (Einsprechende I) sowie die Beschwerdeführerin II (Einsprechende III) haben gegen diese Entscheidung Beschwerde eingelegt.

VII. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) reichte mit Schreiben vom 22. Dezember 2008 die Hilfsanträge I - VI ein. Die unabhängigen Ansprüche lauten wie folgt:

a) Hilfsantrag I:

"1. Verwendung von Magnesiumstearat in Trockenpulverformulierungen zur Inhalation, umfassend einen pharmazeutisch nicht wirksamen Träger in nicht inhalierbarer Teilchengrösse und einen fein verteilten pharmazeutischen Wirkstoff in inhalierbarer Teilchengrösse, zwecks Verbesserung der Feuchtigkeitsbeständigkeit während der Lagerzeit.

2. Verwendung von Magnesiumstearat in Trockenpulverformulierungen zur Inhalation, umfassend einen pharmazeutisch nicht wirksamen Träger in nicht inhalierbarer Teilchengrösse und einen fein verteilten pharmazeutischen Wirkstoff in inhalierbarer Teilchengrösse, zwecks Verringerung des Einflusses von eindringender Feuchtigkeit auf den Feinpartikelanteil (FPF) während der Lagerzeit."

b) Hilfsantrag II:

"1. Verwendung von Magnesiumstearat in Trockenpulverformulierungen zur Inhalation benutzt in einem Multidosis-Trockenpulverinhalator, der ein Pulverreservoir enthält, umfassend einen pharmazeutisch nicht wirksamen Träger in nicht inhalierbarer Teilchengrösse und einen fein verteilten pharmazeutischen Wirkstoff in inhalierbarer Teilchengrösse, zwecks Verbesserung der Feuchtigkeitsbeständigkeit während der Lagerzeit.

2. Verwendung von Magnesiumstearat in Trockenpulverformulierungen zur Inhalation benutzt in einem Multidosis-Trockenpulverinhalator, der ein Pulverreservoir enthält, umfassend einen pharmazeutisch nicht wirksamen Träger in nicht inhalierbarer Teilchengrösse und einen fein verteilten pharmazeutischen Wirkstoff in inhalierbarer Teilchengrösse, zwecks Verringerung des Einflusses von eindringender Feuchtigkeit auf den Feinpartikelanteil (FPF) während der Lagerzeit."

c) Hilfsantrag III:

"1. Verwendung von staubförmigen Magnesiumstearat mit einer mittleren Teilchengrösse von 1 to 100 mym in Trockenpulverformulierungen zur Inhalation benutzt in einem Multidosis-Trockenpulverinhalator, der ein Pulverreservoir enthält, wobei die Formulierungen einen pharmazeutisch nicht wirksamen Träger in nicht inhalierbarer Teilchengrösse und einen fein verteilten pharmazeutischen Wirkstoff in inhalierbarer Teilchengrösse und das genannte Magnesiumstearat umfassen, zwecks Verbesserung der Feuchtigkeitsbeständigkeit.

2. Verwendung von staubförmigen Magnesiumstearat mit einer mittleren Teilchengrösse von 1 to 100 mym in Trockenpulverformulierungen zur Inhalation benutzt in einem Multidosis-Trockenpulverinhalator, der ein Pulverreservoir enthält, wobei die Formulierungen einen pharmazeutisch nicht wirksamen Träger in nicht inhalierbarer Teilchengrösse und einen fein verteilten pharmazeutischen Wirkstoff in inhalierbarer Teilchengrösse und das genannte Magnesiumstearat umfassen, zwecks Verringerung des Einflusses von eindringender Feuchtigkeit auf den Feinpartikelanteil (FPF)."

d) Hilfsantrag IV:

"1. Verwendung von staubförmigen Magnesiumstearat mit einer mittleren Teilchengrösse von 5 to 20 mym in Trockenpulverformulierungen zur Inhalation benutzt in einem Multidosis-Trockenpulverinhalator, der ein Pulverreservoir enthält, wobei die Formulierungen einen pharmazeutisch nicht wirksamen Träger in nicht inhalierbarer Teilchengrösse und einen fein verteilten pharmazeutischen Wirkstoff in inhalierbarer Teilchengrösse und das genannte Magnesiumstearat umfassen und in Form einer interaktiven Mischung vorliegen, zwecks Verbesserung der Feuchtigkeitsbeständigkeit.

2. Verwendung von staubförmigen Magnesiumstearat mit einer mittleren Teilchengrösse von 5 to 20 mym in Trockenpulverformulierungen zur Inhalation benutzt in einem Multidosis-Trockenpulverinhalator, der ein Pulverreservoir enthält, wobei die Formulierungen einen pharmazeutisch nicht wirksamen Träger in nicht inhalierbarer Teilchengrösse und einen fein verteilten pharmazeutischen Wirkstoff in inhalierbarer Teilchengrösse und das genannte Magnesiumstearat umfassen und in Form einer interaktiven Mischung vorliegen, zwecks Verringerung des Einflusses von eindringender Feuchtigkeit auf den Feinpartikelanteil (FPF)."

e) Hilfsantrag 5:

"1. Verwendung von 0.5 to 0.75%, bezogen auf die Gesamtformulierung, staubförmigen Magnesiumstearat mit einer mittleren Teilchengrösse von 5 to 20 mym in Trockenpulverformulierungen zur Inhalation, wobei die Formulierungen einen pharmazeutisch nicht wirksamen Träger in nicht inhalierbarer Teilchengrösse und einen fein verteilten pharmazeutischen Wirkstoff in inhalierbarer Teilchengrösse und das genannte Magnesiumstearat umfassen, zwecks Verbesserung der Feuchtigkeitsbeständigkeit.

2. Verwendung von 0.5 to 0.75%, bezogen auf die Gesamtformulierung, staubförmigen Magnesiumstearat mit einer mittleren Teilchengrösse von 5 to 20 mym in Trockenpulverformulierungen zur Inhalation, wobei die Formulierungen einen pharmazeutisch nicht wirksamen Träger in nicht inhalierbarer Teilchengrösse und einen fein verteilten pharmazeutischen Wirkstoff in inhalierbarer Teilchengrösse und das genannte Magnesiumstearat umfassen, zwecks Verringerung des Einflusses von eindringender Feuchtigkeit auf den Feinpartikelanteil (FPF)."

f) Hilfsantrag 6:

"1. Verwendung von staubförmigen Magnesiumstearat mit einer mittleren Teilchengrösse von 1 to 100 mym in Trockenpulverformulierungen zur Inhalation benutzt in einem Multidosis-Trockenpulverinhalator, der ein Pulverreservoir enthält, wobei die Formulierungen einen pharmazeutisch nicht wirksamen Träger in nicht inhalierbarer Teilchengrösse und einen fein verteilten pharmazeutischen Wirkstoff in inhalierbarer Teilchengrösse und das genannte Magnesiumstearat umfassen, zwecks Verringerung des Einflusses von eindringender Feuchtigkeit auf den Feinpartikelanteil (FPF)."

VIII. In dem Fax vom 20. Januar 2009 teilte die Kammer den Parteien mit, dass gemäß ihrer vorläufigen Meinung der beanspruchte Gegenstand zwar neu im Sinne der Entscheidung G 2/88 sei, jedoch keine erfinderische Tätigkeit beinhalte.

IX. Die mündliche Verhandlung fand am 23. Januar 2009 statt.

X. Die relevanten Argumente der Beschwerdegegnerin bezüglich der erfinderischen Tätigkeit lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Bezüglich des im Hauptantrag beanspruchten Gegenstands argumentierte die Beschwerdegegnerin mit Verweis auf die Entgegenhaltungen (43) und (44), dass aus Gründen der Toxizität ein Vorurteil gegenüber der Verwendung von Magnesiumstearat in Inhalationsmittel bestünde. Ausgehend von der Entgegenhaltung (9) als nächsten Stand der Technik würde der Fachmann bei dem Versuch, die intrinsische Feuchtigkeitsbeständigkeit von Trockenpulver-Formulierungen zur Inhalation zu verbessern, niemals die Lehre der Entgegenhaltung (3) in Betracht ziehen, in der es um Tablettenzusammensetzungen und somit um die toxikologisch unbedenkliche orale Applikation von Magnesiumstearat enthaltenden Zusammensetzungen ginge. Ein weiterer Grund, diese beiden Entgegenhaltungen nicht zu kombinieren, liege in den sehr unterschiedlichen Teilchengrößen und somit sehr unterschiedlichen Oberflächen der verwendeten Pulver: während die Teilchengröße der Wirkstoffpartikel in Inhalationspulvern in der Regel 5 mym nicht übersteige, werden in Pulvern zur Tablettenherstellung Partikelgrößen im Bereich von 100 mym - 1 mm verwendet. Zudem wurde bestritten, dass die Eigenschaft von Magnesiumstearat, Partikel mit einem hydrophoben Film zu umhüllen, ein verbindendes Element für die Kombination der Entgegenhaltungen (9) mit (3) darstelle, da diese Eigenschaft in der Entgegenhaltung (9) rein spekulativ dargestellt sei, wie aus der Formulierung "…tend to coat the particles" [Hervorhebung durch die Kammer] hervorgehe.

Bezüglich des Hilfsantrags II wurde zusätzlich argumentiert, dass die Versuche in der Entgegenhaltung (9) mit dem "Rotahaler", also einem Einzeldosisgerät durchgeführt wurden. Multidosisgeräte seien jedoch wesentlich anfälliger für eindringende Feuchtigkeit, was bei den im Stand der Technik beschriebenen Produkten (siehe Entgegnhaltung (53)) den Zusatz von Trocknungsmittel erforderlich machte. Eine intrinsische Lösung des Feuchtigkeitsproblems durch Magnesiumstearat sei daher nicht naheliegend.

Hinsichtlich des Hilfsantrags IV wurde zusätzlich argumentiert, dass durch die Einschränkung der Teilchengröße für Magnesiumstearat und dem damit verbundenen Wegfall der kleinen Partikelgrößen von < 5 mym die in der Entgegenhaltung (9) beschriebene Filmbildung nicht mehr möglich sei, da nunmehr die Magnesiumstearatteilchen größer als die zu umhüllenden Wirkstoffteilchen seien. Im Gegensatz dazu werde in der Entgegenhaltung (9) der Bereich für die Partikelgröße des Magnesiumstearats mit < 20 mym definiert, der die sehr kleinen zur Filmbildung fähigen Partikel enthalte. Somit würde der Fachmann für den nunmehr beanspruchten Gegenstand die Entgegenhaltungen (9) und (3) nicht mehr miteinander kombinieren.

Was den Hilfsantrag V betrifft, so wurde zusätzlich geltend gemacht, dass in den Trockenpulver-Formulierungen gemäß der Entgegenhaltung (9) höhere Mengen an Magnesiumstearat, nämlich 1,5% eingesetzt würden. Zudem werde in der Entgegenhaltung (1) darauf hingewiesen, dass der Feinpartikelanteil erst bei Magnesiumstearat-Konzentrationen von >= 0,75% erhöht werden kann.

Hinsichtlich des Hilfsantrags VI wurde zusätzlich darauf hingewiesen, dass nunmehr eine andere Verwendung des Magnesiumstearats beansprucht werde, nämlich die Verwendung zur Verringerung des Einflusses von eindringender Feuchtigkeit auf den Feinpartikelanteil, die in den Entgegenhaltungen (9) und (3) weder erwähnt noch durch deren Kombination nahegelegt werde.

XI. Die Beschwerdeführerinnen bestritten die A rgumente der Beschwerdegegnerin und argumentierten im Wesentlichen, dass der Gegenstand sämtlicher sich im Verfahren befindenden Anträge durch die Kombination der Entgegenhaltungen (9) und (3) nahegelegt werde.

XII. Die Beschwerdeführerinnen (Einsprechende I und III) beantragten, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.

Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte, die Beschwerden zurückzuweisen; hilfsweise, das das Patent in geänderter Fassung auf der Grundlage einer der Hilfsanträge I - VI, eingereicht mit Schreiben vom 22. Dezember 2008, aufrechtzuerhalten.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Hauptantrag

2.1 Neuheit:

Wie bereits im Fax vom 20. Januar 2009 zum Ausdruck gebracht wurde, ist die Kammer der Auffassung, dass der beanspruchte Gegenstand neu ist im Sinne der Entscheidung G 2/88. Aufgrund der nachfolgenden Entscheidung über erfinderische Tätigkeit ist eine ausführliche Begründung an dieser Stelle nicht erforderlich.

2.2 Erfinderische Tätigkeit:

2.2.1 Die vorliegende Erfindung betrifft die Verbesserung der Feuchtigkeitsbeständigkeit von Trockenpulver-Formulierungen zur Inhalation (siehe Absatz [0001] der Patentschrift). Es hat sich herausgestellt, dass derartige Pulvermischungen sensitiv gegenüber der Feuchtigkeit in der Umgebungsluft sind, da Feuchtigkeit zu einer stärkeren Adhäsion der mikronisierten Wirkstoffpartikel an den Trägerpartikeln führt, was sich in einem signifikanten Abfall des inhalierbaren Teils ("fine particle dose" (FPD) oder "fine particle fraction" (FPF)) äußert (siehe Absatz [0017] der Patentschrift). Es wurde gefunden, dass Magnesiumstearat die Sensitivität von Trockenpulver-Formulierungen, umfassend einen pharmazeutisch nicht wirksamen Träger in nicht inhalierbarer Teilchengrösse und einen fein verteilten pharmazeutischen Wirkstoff in inhalierbarer Teilchengrösse, gegenüber Feuchtigkeit verringert und somit in der Lage ist, den Einfluss von eindringender Feuchtigkeit auf die FPD und die FPF während der Lagerung herabzusetzen (siehe Absatz [0018] und die Ansprüche 1 und 2 der Patentschrift).

2.2.2 Als nächster Stand der Technik ist die Entgegenhaltung (9) anzusehen, worin ebenfalls Trockenpulver-Formulierungen, umfassend einen pharmazeutisch nicht wirksamen Träger in nicht inhalierbarer Teilchengrösse (Lactose mit einer Teilchengröße von 63-90 mym) und einen fein verteilten pharmazeutischen Wirkstoff in inhalierbarer Teilchengrösse (Salbutamolsulfat mit einer Teilchengröße von 2,8 mym) beschrieben werden. Außerdem wird der Pulvermischung ein Gleitmittel wie Magnesiumstearat zugesetzt, das den Anteil des inhalierbaren Teils erhöht, in dem es die Oberflächenunregelmäßigkeiten des Trägers ausgleicht und durch Umhüllung der Wirkstoffpartikel die Adhäsion zwischen Wirkstoff- und Trägerpartikel herabsetzt (siehe Seite 188, Zeilen 10-14 und Seite 190, Zeilen 4-9, 16-18 und 24-26). Die feuchtigkeitsschützende Wirkung des Magnesiumstearats wird in der Entgegenhaltung (9) nicht erwähnt.

2.2.3 Ausgehend von diesem Stand der Technik ist das zu lösende Problem in der Vermeidung des Rückgangs des inhalierbaren Teils in Trockenpulver-Formulierungen, umfassend einen pharmazeutisch nicht wirksamen Träger in nicht inhalierbarer Teilchengrösse und einen fein verteilten pharmazeutischen Wirkstoff in inhalierbarer Teilchengrösse, über einen gewissen Zeitraum hinweg zu definieren. Dieses Problem wurde gelöst, indem Magnesiumstearat zum Schutz vor Feuchtigkeit eingesetzt wird.

2.2.4 Aufgrund der in den Beispielen 1-8 der Patentschrift dargestellten Versuche ist die Kammer zu der Überzeugung gelangt, dass das im Abschnitt 2.2.3 definierte Problem gelöst wurde.

2.2.5 Wie bereits im Abschnitt 2.2.2 erwähnt wurde, lehrt die Entgegenhaltung (9), dass Magnesiumstearat in Trockenpulver-Formulierungen die Wirkstoffpartikel mit einem hydrophoben Film überzieht und somit durch Herabsetzung der Adhäsion zwischen Wirkstoff- und Trägerpartikel den FPF-Anteil erhöht. Die Tatsache, dass dieser hydrophobe Film zusätzlich einen Feuchtigkeitsschutz darstellt, wird in der Entgegenhaltung (9) nicht erwähnt. Die wasserabweisende Wirkung des Magnesiumstearatfilms geht jedoch in naheliegender Weise aus der Entgegenhaltung (3) hervor, in der der Einfluss von Magnesiumstearat auf das Wasseraufnahmevermögen von Sprengmittelpulvern zur Herstellung von Tabletten untersucht wird, wobei herausgefunden wurde, dass Magnesiumstearat die Wasseraufnahme durch Bildung eines hydrophoben Filmes um das hydrophile Sprengmittelpulver herum verminderte (siehe Seite 26, erster vollständiger Absatz). Dabei ist es unbedeutend, dass sich die Partikelgrößen in den beiden Entgegenhaltungen erheblich voneinander unterscheiden, da die Wasser abweisende Wirkung auf die Barrierewirkung des hydrophoben Films zurückzuführen ist, bei der die Teilchengröße keine Rolle spielt.

Auch das seitens der Beschwerdegegnerin vorgebrachte Vorurteil gegenüber der Verwendung von Magnesiumstearat in inhalierbaren Zusammensetzungen kann nicht greifen, da solche Produkte vor dem Prioritätsdatum des Streitpatents bereits auf dem Markt waren (siehe Entgegenhaltung (53)). Zudem sei betont, dass die Kammer den in der Entgegenhaltung (9) verwendeten Ausdruck "…tend to coat the particles" (Seite 190, Zeilen 23-25) nicht als spekulativ betrachtet.

Somit erfüllt der Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags nicht die Erfordernisse von Artikel 56 EPÜ.

2.2.6 Aufgrund dieses Ergebnisses ist eine Diskussion über die erfinderische Tätigkeit des unabhängigen Anspruchs 2 sowie der abhängigen Ansprüche nicht erforderlich.

3. Hilfsantrag I - erfinderische Tätigkeit:

3.1 Der Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 1 unterscheidet sich von dem entsprechenden Anspruch des Hauptantrags lediglich durch die Präzisierung, dass die Verbesserung der Feuchtigkeitsbeständigkeit während der Lagerzeit stattfindet. Dieses zusätzliche Merkmal kann keine erfinderische Tätigkeit begründen, da der Fachmann davon ausgehen kann, dass der durch den hydrophoben Magnesiumstearatfilm bewirkte Feuchtigkeitsschutz über einen gewissen, im Anspruch 1 nicht näher definierten Zeitraum wirksam ist. Somit trifft die im Abschnitt 2.2 dargestellte Begründung mutatis mutandis auf den Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags I zu. Die Erfordernisse von Artikel 56 EPÜ sind somit nicht erfüllt.

3.2 Aufgrund dieses Ergebnisses ist eine Diskussion über die erfinderische Tätigkeit des unabhängigen Anspruchs 2 sowie der abhängigen Ansprüche nicht erforderlich.

4. Hilfsantrag II - erfinderische Tätigkeit:

4.1 Der Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 1 unterscheidet sich dadurch von dem entsprechenden Anspruch 1 des Hilfsantrags I, dass die Trockenpulver-Formulierungen nunmehr in einem Multidosis-Trockenpulverinhalator, der ein Pulverreservoir enthält, benutzt werden. Dieser Typ Inhalator ist, wie seitens der Beschwerdegegnerin glaubhaft versichert wurde, bekannt dafür, dass er keinen ausreichenden Feuchtigkeitsschutz für das Inhalationspulver bietet. Doch gerade diese bekannte Feuchtigkeitsanfälligkeit der Multidosis-Trockenpulverinhalatoren veranlasst den Fachmann, die feuchtigkeitsschützende Wirkung des Magnesiumstearats, die durch die Kombination der Entgegenhaltungen (9) und (3) für Einzeldosisinhalatoren nahegelegt wurde, auch bei diesem Inhalatortyp anzuwenden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass gemäß dem Anspruchswortlaut zusätzliche Maßnahmen wie die Verwendung von Trocknungsmittel nicht ausgeschlossen sind. Somit erfüllt auch der Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags II nicht die Erfordernisse von Artikel 56 EPÜ.

4.2 Aufgrund dieses Ergebnisses ist eine Diskussion über die erfinderische Tätigkeit des unabhängigen Anspruchs 2 sowie der abhängigen Ansprüche nicht erforderlich.

5. Hilfsantrag III - erfinderische Tätigkeit:

5.1 Der Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 1 unterscheidet sich im Wesentlichen dadurch von dem entsprechenden Anspruch 1 des Hilfsantrags II, dass nunmehr staubförmiges Magnesiumstearat mit einer mittleren Teilchengröße von 1 - 100 mym verwendet wird. Dieses zusätzliche Merkmal kann jedoch keine erfinderische Tätigkeit gegenüber der Kombination der Entgegenhaltungen (9) und (3) herstellen, da das in der Entgegenhaltung (9) verwendete Magnesiumstearat eine Partikelgröße von < 20 mym aufweist (siehe Seite 202, Zeile 8). Somit trifft die im Abschnitt 4 dargestellte Begründung mutatis mutandis auf den Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags III zu. Die Erfordernisse von Artikel 56 EPÜ sind somit nicht erfüllt.

5.2 Aufgrund dieses Ergebnisses ist eine Diskussion über die erfinderische Tätigkeit des unabhängigen Anspruchs 2 sowie der abhängigen Ansprüche nicht erforderlich.

6. Hilfsantrag IV - erfinderische Tätigkeit:

6.1 Der Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 1 unterscheidet sich im Wesentlichen dadurch von dem entsprechenden Anspruch 1 des Hilfsantrags III, dass nunmehr staubförmiges Magnesiumstearat mit einer mittleren Teilchengröße von 5-20 mym verwendet wird und dass eine interaktive Mischung vorliegt.

6.2 Was das Merkmal "interaktive Mischung" betrifft, so ist darunter gemäß Absatz [0021] des Streitpatents eine Trockenpulver-Formulierung zu verstehen, in der der pharmakologisch inaktive Träger in einer Partikelgröße vorliegt, die nicht oder überwiegend nicht inhalierbar ist und in denen mikrofeine Wirkstoffpartikel durch Adhäsion an die Trägerpartikel gebunden sind. Eine solche interaktive Mischung liegt jedoch auch in der Entgegenhaltung (9) vor (siehe Seite 188, Zeilen 10-14 und Seite 190, Zeilen 23-25). In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass der Ausdruck "thereby reducing their adhesion tendency to the carrier surface" in dem Sinne zu interpretieren ist, dass die Adhäsion der Wirkstoffpartikel an die Trägerpartikel zwar reduziert, aber durchaus noch vorhanden ist. Das Merkmal "interaktive Mischung" kann somit keinen Beitrag zur erfinderischen Tätigkeit leisten.

6.3 Was das Merkmal "Magnesiumstearat mit einer mittleren Teilchengröße von 5 - 20 mym" betrifft, so liegt eine weitgehende Überlappung mit der in der Entgegenhaltung (9) für das Magnesiumstearat definierten Partikelgröße von < 20 mym vor. Die Beschwerdegegernin hat keine überzeugenden Argumente vorgebracht, in wie weit diese "Einschränkung" eine erfinderische Tätigkeit herstellen könnte, insbesondere wurden in diesem Zusammenhang keine besonderen Effekte geltend gemacht.

6.4 Bezüglich des seitens der Beschwerdegegnerin vorgebrachten Arguments, wonach auf Grund der jetzt definierten Partikelgrößen eine Umhüllung der Wirkstoffpartikel durch Magnesiumstearat nicht mehr möglich sei, möchte die Kammer auf Folgendes hinweisen: das in der Entgegenhaltung (9) als Wirkstoff verwendete Salbutamolsulfat hat eine Teilchengröße von 2,8 mym, während das Magnesiumstearat eine Teilchengröße von < 20 mym aufweist. Es ist folglich nicht plausibel, dass die dort beobachtete Filmbildung ausschließlich von Magne-siumstearatpartikeln verursacht wird, die wesentlich kleiner als 2,8 mym sind. Da die Beschwerdegegnerin keine Beweise für diese Behauptung erbracht hat, kann dieses Argument keine Berücksichtigung finden.

6.5 Zudem ist zu bedenken, dass die in der Entgegenhaltung (9) für Salbutamolsulfat angegebene Teilchengröße von 2,8 mym (MMD) einen Durchschnittswert darstellt und somit auch deutlich größere Partikel umfasst. Da die Teilchengröße inhalierbarer Partikel im Bereich von 1-10 mym liegt (siehe Absatz [0003] der Patentschrift), liegen also immer noch Magnesiumstearatpartikel vor, die kleiner als die Wirkstoffpartikel und somit zur Filmbildung fähig sind. Daraus folgt, dass, selbst wenn man zugunsten der Beschwerdegegnerin annimmt, dass zur Filmbildung Magnesiumstearatpartikel notwendig sind, deren Teilchendurchmesser deutlich unter dem Teilchendurchmesser der Wirkstoffpartikel liegt, immer noch zumindest ein Teil der Wirkstoffpartikel von einem Magnesiumstearatfilm überzogen wird und sich somit ein Feuchtigkeit schützender Effekt einstellt.

6.6 Die Erfordernisse von Artikel 56 EPÜ sind somit nicht erfüllt.

6.7 Aufgrund dieses Ergebnisses ist eine Diskussion über die erfinderische Tätigkeit des unabhängigen Anspruchs 2 sowie der abhängigen Ansprüche nicht erforderlich.

7. Hilfsantrag V

7.1 Artikel 123(2) EPÜ:

7.1.1 Die Beschwerdeführerin I hat im Wesentlichen argumentiert, dass die Kombination Konzentration plus Partikelgröße für Magnesiumstearat ursprünglich nicht spezifisch offenbart sei, insbesondere weil in der ursprünglichen Anmeldung die Teilchengröße für den jetzt beanspruchten Konzentrationsbereich von 0,5-0,75% als nicht besonders kritisch angesehen werde.

7.1.2. Die Kammer kann dieser Argumentation aus folgenden Gründen nicht zustimmen: der Konzentrationsbereich von 0,5-0,75% wird als der für Magnesiumstearat besonders bevorzugte Bereich auf Seite 17, Zeilen 19-22 der ursprünglichen Anmeldung offenbart. Anschließend wird zwar zum Ausdruck gebracht, dass vorzugsweise staubförmiges Magnesiumstearat eingesetzt wird, wobei die Teilchengröße nicht besonders kritisch ist, jedoch wird das staubförmige Magnesiumstearat nachfolgend (siehe Seite 18, Zeilen 22-25) näher charakterisiert, wobei eine Teilchengröße von 5-20 mym als besonders bevorzugt gilt. Somit ist die Kombination 0,5-0,75% plus 5-20 mym als ursprünglich offenbart anzusehen. Die Erfordernisse von Artikel 123(2) EPÜ sind somit erfüllt.

7.2 Erfinderische Tätigkeit:

7.2.1 Der Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 1 unterscheidet sich im Wesentlichen dadurch von dem entsprechenden Anspruch 1 des Hauptantrags, dass nunmehr die Menge des Magnesiumstearats auf einen Bereich von 0,5-0,75% und dessen Teilchengröße auf einen Bereich von 5-20 mym beschränkt sind.

7.2.2 Bezüglich der Beschränkung der Teilchengröße wird auf die Ausführungen im Abschnitt 6 (Hilfsantrag IV) verwiesen, die mutatis mutandis auf den Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags V zutreffen.

7.2.3 Was die Magnesiumstearat-Konzentration von 0,5-0,75% betrifft, so stellt diese Beschränkung ein weiteres Unterscheidungsmerkmal gegenüber der Entgegenhaltung (9) dar, in der im Ausführungsbeispiel 1,5 % Magnesiumstearat verwendet wurde. Allerdings ist es für den Fachmann naheliegend, dass der in der Entgegenhaltung (9) beobachtete Effekt der Filmbildung nicht nur bei einer Magnesiumstearat-Konzentration von exakt 1,5 % auftritt, sondern auch bei anderen Konzentrationen zu erwarten ist. Da Variationen betreffend die Konzentration von Hilfsstoffen in pharmazeutischen Zusammensetzungen in der Regel zu den Routinemaßnahmen des Fachmanns zu zählen sind und die Beschwerdegegnerin keine besonderen Effekte für den Konzentrationsbereich von 0,5-0,75 % geltend gemacht hat, erfüllt auch der Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfs-antrags V nicht die Erfordernisse von Artikel 56 EPÜ.

7.2.4 Weitere Argumentation der Beschwerdegegnerin:

Der Fachmann werde durch die Lehre der Entgegenhaltung (1), die besagt, dass der Feinpartikelanteil in Trockenpulver-Formulierungen erst bei einer Magnesiumstearatkonzentration von >= 0,75% erhöht werden kann, abgehalten, den beanspruchten Konzentrationsbereich von 0,5-0,75% zu verwenden. Dem kann die Kammer nicht zustimmen, im Gegenteil, diese Lehre bietet dem Fachmann den Anreiz, zumindest die Obergrenze des beanspruchten Bereichs von 0,75% zu testen.

7.2.5 Aufgrund dieses Ergebnisses ist eine Diskussion über die erfinderische Tätigkeit des unabhängigen Anspruchs 2 sowie der abhängigen Ansprüche nicht erforderlich.

8. Hilfsantrag VI:

8.1. Regel 57 (a) EPÜ:

8.1.1 Die Einsprechende I argumentierte unter Verweis auf die Regel 80 EPÜ 2000 (= Regel 57 (a) EPÜ 1973), dass die Streichung des unabhängigen Anspruchs 1 nicht von einem Einspruchsgrund veranlasst wurde.

8.1.2 Die Kammer ist der Auffassung, dass die Beschwerdegegnerin durch Streichung des Anspruchs 1 versucht hat, sich weiter vom Stand der Technik abzugrenzen und somit die Chancen auf die Anerkennung einer erfinderischen Tätigkeit zu erhöhen. Somit sind die Erfordernisse von Regel 57 (a) EPÜ erfüllt.

8.2. erfinderische Tätigkeit:

8.2.1 Der Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 1 unterscheidet sich dadurch von dem Anspruch 1 des Hilfsantrags III, dass nunmehr die Verwendung des Magnesiumstearats nicht mehr auf die Verbesserung der Feuchtigkeitsbeständigkeit, sondern auf die Verringerung des Einflusses von eindringender Feuchtigkeit auf den Feinpartikelanteil gerichtet ist.

8.2.2 Bei der Beurteilung, ob die Kombination der Entgegenhaltungen (9) und (3) auch die nun beanspruchte Verwendung des Magnesiumstearats nahelegt, stellt sich die Frage, ob dem Fachmann vor dem Prioritätstag des Streitpatents bekannt war, dass Feuchtigkeit den Feinpartikelanteil in Trockenpulverformulierungen zur Inhalation herabsetzt. Diese Frage ist eindeutig zu bejahen, wie u.a. aus der Entgegenhaltung (31) hervorgeht. In dieser Entgegenhaltung wurde gezeigt, dass die Lagerung eines Bricanyl Turbohaler**(TM) über 9 Wochen bei 30º/72% relativer Feuchtigkeit den Feinpartikelanteil der Trockenpulver-Formulierung zur Inhalation von ursprünglich 20% auf 7% reduzierte (siehe Zusammenfassung der Entgegenhaltung (31)). Somit wurde dem Fachmann durch die Kombination der Entgegenhaltungen (9) und (3) nicht nur nahegelegt, dass Magnesiumstearat die Feuchtigkeitsbeständigkeit in Trockenpulver-Formulierungen verbessert (siehe Abschnitt 5 oben), sondern dass es, wie aus der Entgegenhaltung (31) ersichtlich wird, auch den Einfluss von eindringender Feuchtigkeit auf den Feinpartikelanteil verringert. Daher erfüllt der Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags VI nicht die Erfordernisse von Artikel 56 EPÜ.

8.2.3 Aufgrund dieses Ergebnisses ist eine Diskussion über die erfinderische Tätigkeit der abhängigen Ansprüche nicht erforderlich.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das Patent wird widerrufen.

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