European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2007:T058104.20070227 | ||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Datum der Entscheidung: | 27 Februar 2007 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0581/04 | ||||||||
Anmeldenummer: | 94120988.4 | ||||||||
IPC-Klasse: | B29C 47/00 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
Download und weitere Informationen: |
|
||||||||
Bezeichnung der Anmeldung: | Abstandshaltender Isolierprofilstab aus thermoplastischem Kunststoff an zweischaligen wärmedämmenden Bauelementen | ||||||||
Name des Anmelders: | Technoform Caprano + Brunnhofer oHG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Ensinger GmbH & Co. | ||||||||
Kammer: | 3.2.05 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
|
||||||||
Schlagwörter: | Ausführbarkeit - ja Offenkundige Vorbenutzung - nicht bewiesen Erfinderische Tätigkeit - ja |
||||||||
Orientierungssatz: |
- |
||||||||
Angeführte Entscheidungen: |
|
||||||||
Anführungen in anderen Entscheidungen: |
|
Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) hat gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit der das europäische Patent Nr. 0 673 747 widerrufen worden ist, Beschwerde eingelegt.
Mit dem Einspruch war das gesamte Patent im Hinblick auf Artikel 100 a) EPÜ (mangelnde Neuheit, Artikel 54 EPÜ, und mangelnde erfinderische Tätigkeit, Artikel 56 EPÜ) und Artikel 100 b) EPÜ (mangelnde Ausführbarkeit, Artikel 83 EPÜ) angegriffen worden.
II. Am 27. Februar 2007 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.
III. Es wurden folgende Anträge gestellt:
Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents wie erteilt (Hauptantrag) oder auf der Grundlage eines der am 26. Januar 2007 eingereichten Hilfsanträge und zwar mit Ansprüchen 1 bis 10 (1. Hilfsantrag) oder mit Ansprüchen 1 bis 9 (2. Hilfsantrag) oder mit Ansprüchen 1 bis 7 (3. Hilfsantrag).
Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.
IV. Der unabhängige Anspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet wie folgt:
"1. Abstandshaltender Isolierprofilstab (2) aus thermoplastischem Kunststoff an zweischaligen wärmedämmenden Bauelementen (1), der durch Extrudieren stranggepreßt ist und im Einrollverbund mit Zumindest im Bereich des Verbundkontaktes gerändelten Profilen aus einer Aluminiumlegierung verwendet wird, wobei der Isolierprofilstab eine Faserbewehrung aus Glasfasern, Kohlenstoffasern, Metallfasern oder Mischungen davon besitzt, gekennzeichnet durch die Merkmale:
a) die Faserbewehrung besteht zumindest teilweise aus einer Langfaserbewehrung (3) mit einer Faserlänge von mind. 3 mm,
b) der Isolierprofilstab (2) ist mit Hilfe des Kühldüsenextrusionsverfahrens stranggepreßt,
c) Faserbewehrung in dem Isolierprofilstab macht 10 bis 45 Masse% aus, wobei max. 30 % der Gesamtfasermasse eine Länge von kleiner 3 mm aufweisen,
d) der thermoplastische Kunststoff des Isolierprofilstabes (2) besitzt eine Härte von etwa Shore D 80 nach DIN 53505,
wobei der Extrusionsvorgang so geführt worden ist, daß der Quotient aus der Wärmeausdehnung in Längsrichtung des Isolierprofilstabes (2) im Zähler und der Wärmeausdehnung in Querrichtung des Isolierprofilstabes (2) im Nenner größer ist als 0,3 und zwar im Temperaturbereich von 23ºC bis 125ºC."
Im Folgenden wird das letzte Merkmal beginnend mit "wobei der Extrusionsvorgang ..." als Merkmal e) bezeichnet.
V. Im Beschwerdeverfahren wurde unter anderem auf folgende Druckschriften Bezug genommen:
E2 Datenblatt zu (Celstran, Hoechst AG, Status 01/1990.
E3 Datenblatt zu (Celstran Langfasergranulate Produktbeschreibung, Hoechst AG (ohne Datum).
E4 Faserverkürzung beim Verarbeiten langfasergefüllter Thermoplaste - Ursachen für Faserbruch während der Schneckenplastifizierung, H. J. Wolf, Kunststoffe 83, 1993, Seiten 69 bis 72.
E5 DE-A 38 01 574
E9 Ursachen der Faserverkürzung bei der Verarbeitung diskontinuierlich langfaserverstärkter Thermoplaste, Schlußbericht der Forschungsgesellschaft Kunststoffe e.V. et al, Darmstadt, 25. Juni 1991.
E10 Datenblatt der Polypropylene der Firma Fina, laut Internetanbieter MatWeb, 21. Dezember 1999.
E11 Einführung in die Werkstoffkunde der Kunststoff, Werner Laeis, Carl Hanser Verlag München, 1972, Seite 122.
E12 Gutachtliche Stellungnahme zu der Europäischen Patentschrift EP-B1 0 673 747 hinsichtlich Offenbarungsgehalt, H. G. Fritz, 12. November 2002.
E16 Darstellungen von Profilquerschnitten aus glasfaserverstärktem Polyamid.
E17 Wärmedämmsteg aus glasverstärktem Polyamid für wärmegedämmte Aluminiumfenster und Fassaden, Volker Altstädt und Gottfried W. Ehrenstein, Fenster und Fassade, Sonderdruck aus 12 (1985) Heft 3, Seiten 52 bis 58.
E18 Datenblätter zu Atofina Polypropylene 3462 und 3467.
B1 Werkstoffdatenblatt , Isolierstege aus PA 66 GF25 - trockenschlagzäh, Technoform Bautec, 20.02.2004.
VI. Die Beschwerdegegnerin hat in ihrer am 29. April 2005 eingereichten Beschwerdeerwiderung eine offenkundige Vorbenutzung geltend gemacht, die die angebliche Lieferung von Isolierprofilstäben an die Firma Schmidlin AG am 10. Juni 1991 (Rechnungsdatum) betrifft. Sie hat dazu folgende Anlagen eingereicht:
E19 Konstruktionszeichnung mit unter anderem den Angaben "Isolierstege Polyamid 6.6, Nr. 40044, Nr. 40043; Dat. 31.08.84, 19.10.84 Os., 24.10.84 Os., Schmidlin"
E20 Prüfbericht vom 18. April 2005 mit den Beilagen "Werkstoffanalyse" (2 Seiten), "Glasfaserlängenverteilung Profil Nr. 5.134.005.0471 (Rückstellmuster) Fa. Schmidlin vom 03.06.91" (1 Seite)
E21 Prüfbericht vom 12.01.2005 (4 Seiten)
E22 Prospekt der Firma Schmidlin AG mit dem Randvermerk "Zeugin Design 6/92 LDS 2000" (2 Seiten A3-Format)
E23 Auszug aus der Fakturierung (1 Seite)
E24 Offene Posten-Liste per 30.06.1991, Blatt 204, Datum 17.07.91, der Firma TKG Ensinger GmbH (Rechtsvorgängerin der Beschwerdegegnerin)
E25 Gutschriftsanzeige der Dresdner Bank AG vom 20.06.1991 (2 Seiten)
VII. Die Beschwerdeführerin hat im schriftlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung im wesentlichen folgendes vorgetragen:
Zum Einwand der mangelnden Ausführbarkeit (Artikel 83 und 100 b) EPÜ)
Der geltende Anspruch 1 des Streitpatents verlange, dass der thermoplastische Kunststoff des Isolierprofilstabs eine Härte von Shore D 80 nach DIN 53505 besitze. In Verbindung mit dem Passus in Spalte 2, Zeile 55 bis Spalte 3, Zeile 2 des Streitpatents sei dieses Erfordernis so auszulegen, dass das faserverstärkte Kunststoffmaterial diese Härte aufweise. Die Auffassung der Beschwerdegegnerin, dass die Messung der Shore Härte D nach DIN 53505 bei faserbewehrten Kunststoffen angeblich nicht möglich sei, sei eine bloße Behauptung. Selbstverständlich könne die Shore Härte D auch bei faserbewehrten Kunststoffen gemessen werden. Die Druckschrift B1 zeige die Shore D Werte von Isolierstegen aus PA 66 GF 25, die von der Patentinhaberin gemessen worden seien. Der Fachmann sei ohne Weiteres in der Lage, die Härte eines Kunststoffprofils entsprechend den Anforderungen gemäß Anspruch 1 einzustellen, da er aufgrund seiner Fachkenntnisse die hierzu erforderlichen Verfahrensweisen bzw. Modifikationsmöglichkeiten kenne. Der Fachmann wisse, was er unter der Querrichtung des Isolierprofilstabes zu verstehen habe. Die Einspruchsabteilung habe in ihrer Entscheidung bereits klar zum Ausdruck gebracht, dass es zum allgemeinen Wissen eines Fachmanns gehöre, dass die Breite des Profilstabes die Querrichtung determiniere. Die Shore D Härtewerte von unverstärkten Polypropylenen lägen typischerweise bei 62 bis 74, d. h. viel niedriger als die in den Druckschriften E10 und E18 angegebenen Werte. Aus alledem folge, dass das Streitpatent den Gegenstand des Anspruchs 1 so deutlich und vollständig offenbare, dass ein Fachmann den Gegenstand nacharbeiten könne.
Zu der angeblich offenkundigen Vorbenutzung "Schmidlin AG"
Die erst im Beschwerdeverfahren geltend gemachte angeblich offenkundige Vorbenutzung "Schmidlin AG" werde bestritten. Die Zeichnung in der Firmenbroschüre der Firma Schmidlin (Anlage E22) lasse lediglich ein Profil erkennen, das in seiner Form und bezüglich seiner Abmessungen ähnlich dem untersuchten Profil sein möge. Der Anlage 20 seien die wesentlichen technischen Merkmale des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag nicht zu entnehmen. Es gebe in der Firmenbroschüre E22 keinen Hinweis, dass der gezeigte Isolierprofilstab dem im Prüfbericht untersuchten Isolierprofilstab entspreche. Es sei kein Zeuge von der Firma Schmidlin benannt worden, der eventuell die angebliche öffentliche Zugänglichkeit des hier in Rede stehenden Profils bestätigen könne. Die Beschwerdegegnerin versuche mit Kopien aus ihrer Fakturierung die angebliche offenkundige Vorbenutzung nachzuweisen. Dabei beziehe sie sich lediglich auf die übereinstimmenden Nummern bzw. Artikelnummern. Wenn man die Lieferung des Gegenstandes unterstelle, könnten Gründe für eine Geheimhaltungspflicht durch den Lieferungsempfänger bestanden haben. Die in der Anlage E 23 aufgeführte Meterzahl sei relativ gering gegenüber der Mehrzahl der weiteren dort aufgeführten Lieferungen und spreche für eine Geheimhaltungspflicht.
Es bestehe auch erheblicher Zweifel in Bezug auf die technischen Merkmale des angeblich vorbenutzten Profils. Die Konstruktionszeichnung trage die Aufschrift "Isolierstege Polyamid 6.6" (Anlage E19). Dieser Konstruktionszeichnung sei nicht zu entnehmen, dass das Profil eine Faserverstärkung aufweise und schon gar nicht, dass als Material "PA 6.6 LGF 25" wie es im Prüfbericht stehe, verwendet worden sei. Dem Prüfbericht sei nicht zu entnehmen, ob die Angabe des Glasfasergehalts durch Messungen oder aufgrund vorhandener Unterlagen ermittelt worden sei. Ferner werde angezweifelt, ob die Angaben der mittleren Faserlänge und der Glasfaserlängenverteilung stimmten, und ob das untersuchte Rückstellmuster mit Hilfe des Kühldüsenextrusionsverfahrens stranggepreßt worden sei. So sei der rechte Bereich der Glasfaserlängenverteilung stark komprimiert (siehe Anlage E20, Beilage) und enthalte nur die Häufigkeit der Faserlängen von 10 und 22 mm, so dass die tatsächliche Verteilung nicht erkennbar sei. Außerdem habe die Beschwerdegegnerin vorgetragen, dass zum damaligen Zeitpunkt Fasern nur mit der Länge 10 oder 12 mm, nicht aber mit der Länge von 22 mm, in Pellets vorhanden gewesen seien. Die Längenänderung sei laut Anlage E20 an einem Profilstück vorgenommen worden, das eine Breite von 47,58 mm habe, die Breite des Profils Nr. 40043 aus Anlage E19 sei dagegen 51 mm. Da es unwahrscheinlich sei, dass das Profil zum Zweck der Messung der Längenänderung in der Breite gekürzt worden sei, müsse davon ausgegangen werden, dass dem Prüfbericht ein völlig anderes Profil zugrunde gelegt worden sei, als Profil Nr. 40043. Die Beschwerdegegnerin habe nicht, wie vorher angekündigt, die originalen Rückstellmuster vorgelegt. Dies verstärke die Vermutung, dass ein anderes als das Profil gemäß Anlage E19 geprüft worden sei.
Zum Einwand der mangelnden erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)
Ausgehend von dem in der Druckschrift E17 beschriebenen Stand der Technik liege dem Streitpatent das technische Problem zugrunde, einen Isolierprofilstab anzugeben, der eine große Breite und somit einen großen Isolierabstand aufweise und nichtsdestoweniger relativ dünn ausgeführt sei, so dass er in Bezug auf die Isolierwirkung und in Bezug auf mechanische Beanspruchungen allen Anforderungen genüge. Die Kombination der Merkmale a) bis e) sei für die Lösung des Problems maßgeblich und kritisch. Durch die Kombination der beanspruchten Langfaserbewehrung mit dem erfindungsgemäßen Langfasergehalt sowie durch die erfindungsgemäße Härteeinstellung und die erfindungsgemäße Faserorientierung werde das Problem gelöst. In diesem Zusammenhang müsse auch betont werden, dass der Isolierprofilstab sicher in gerändelten Aluminiumprofilen fixiert und somit ein optimaler Einrollverbund realisiert werden könne. Diese Vorteile habe der Fachmann im Lichte des Standes der Technik keinesfalls erwarten können. Die Druckschrift E17 beschreibe Wärmedammstege aus glasfaserverstärktem Polyamid für wärmegedämmte Aluminiumfenster. Die Isolierprofilstäbe bestünden aus glasfaserverstärktem Polyamid. Dabei handele es sich aber um eine Kurzfaserbewehrung mit einem Faseranteil von 25 Gew.%, wobei der Glasfaserorientierung Beachtung geschenkt werden solle und nicht alle Fasern in Extrusionsrichtung des Profits orientiert werden sollten. Mehr sei der Druckschrift E17 in Bezug auf die erfindungsgemäße Lehre nicht zu entnehmen. Diese Druckschrift offenbare nicht, dass die Faserbewehrung zumindest teilweise aus einer Langfaserbewehrung mit einer Faserlänge von mindestens 3 mm bestehen solle. Auch die Herstellung des Isolierprofilstabes mit Hilfe des Kühldüsenextrusionsverfahrens werde nicht einmal andeutungsweise angesprochen. Auch das Teilmerkmal von c), wonach maximal 30 % der gesamten Langfasermasse eine Länge von < 3 mm aufweisen sollten, sei der Druckschrift E17 nicht entnehmbar. Das gelte auch für die Härteeinstellung entsprechend Merkmal d). Der im Merkmal e) beanspruchte Wärmeausdehnungskoeffizient werde in der Druckschrift zumindest nicht explizit offenbart. Die Auffassung, dass es für den Fachmann nahe liegend gewesen sei, statt der aus der Druckschrift E17 bekannten Kurzfasern auch Langfasern in den Isolierprofilstäben einzusetzen, da ihm solche Langfasern beispielsweise aus den Druckschriften E2 und E3 bekannt seien, sei nicht nachvollziehbar. Es finde sich in der Druckschrift E17, in der mit Kurzfasern gearbeitet werde, nicht eine einzige Andeutung, die den Fachmann dazu veranlassen könnte, statt der Kurzfasern Langfasern zu verwenden. Auch in den Druckschriften E2 und E3 gebe es keinen Hinweis dafür, die dort beschriebenen Langfasern gerade in einem Isolierprofilstab einzusetzen. Beide Druckschriften beträfen nicht einmal andeutungsweise das technische Problem der Erfindung. Es würden ausschließlich die vorteilhaften mechanischen Eigenschaften von Produkten beschrieben, die mit solchen Langfasern hergestellt würden. Bei Isolierprofilstäben seien aber nicht nur die mechanischen Eigenschaften wesentlich. Sehr wichtig sei hier die thermische Isolierwirkung eines Isolierprofilstabs. Der Fachmann wisse zwar, dass aufgrund der Verarbeitung in einem Extruder eine Faserverkürzung resultiere; die Schlussfolgerung der Beschwerdegegnerin, dass bei der Verwendung von Langfasern gemäß den Druckschriften E2 und E3 zwangsläufig das Teilmerkmal von c), wonach maximal 30 % der gesamten Langfasermasse eine Länge von < 3 mm aufweisen sollten, erfüllt sein solle, sei aber nicht nachvollziehbar. Das Streitpatent beanspruche Langfasern als Fasern mit einer Faserlänge von mindestens 3 mm. Somit seien mehrere Langfaserlängen möglich. Es sei deswegen fraglich, warum der Fachmann gerade ein Produkt gemäß der Druckschrift E2 oder E3 mit einer Ausgangslänge von 12 mm wählen solle. Außerdem hänge die Faserverkürzung von vielen Faktoren ab (siehe Druckschriften D4 und D9). Die Beschwerdegegnerin vertrete die Auffassung, dass aufgrund der in der Druckschrift E17 verwendeten Materialien, die denen des Streitpatentes entsprächen, davon ausgegangen werden müsse, dass diese Materialien eine Shore D Härte von 80 hätten. Dies sei nicht nachvollziehbar, da auch die Härte von vielen Faktoren abhänge. Die Behauptung der Beschwerdegegnerin, dass für die Herstellung eines Isolierprofilstabs lediglich das Kühldüsenextrusionsverfahren in Betracht komme und dass deshalb das Merkmal b) nahe liegend sei, sei unzutreffend. Zum Prioritätstag des Streitpatentes habe es durchaus andere Möglichkeiten zur Herstellung eines Isolierprofilstabs gegeben. Die Schlussfolgerungen und Behauptungen der Beschwerdegegnerin beruhten auf rückschauenden, d. h. in Kenntnis der Erfindung gemachten, Betrachtungen. Zusammenfassend sei somit festzustellen, dass die Lehre nach dem erteilten Anspruch 1 des Streitpatents das Resultat einer erfinderischen Tätigkeit gegenüber dem nächstliegenden Stand der Technik - der Druckschrift E17 - sei.
VIII. Die Beschwerdegegnerin hat im schriftlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung im wesentlichen folgendes vorgetragen:
Zum Einwand der mangelnden Ausführbarkeit (Artikel 83 und 100 b) EPÜ)
Der geltende Anspruch 1 des Streitpatents verlange, dass der thermoplastische Kunststoff des Isolierprofilstabs eine Härte von Shore D 80 nach DIN 53505 besitze. In Verbindung mit dem Passus in Spalte 2, Zeile 55 bis Spalte 3, Zeile 2 des Streitpatents sei dieses Erfordernis so auszulegen, dass das faserverstärkte Kunststoffmaterial diese Härte aufweise. Eine Messung der Shore Härte D nach DIN 53505 sei nicht möglich, da bei einer Shore Härte D 80 die Eindringtiefe bei 0,5 mm liege und die Prüfnadel eine Vielzahl von in der Matrix des Kunststoffmaterials eingebetteten Fasern verdrängen müsse, was im Hinblick auf die im Streitpatent definierten Kunststoffe und Verstärkungsfasern rein faktisch nicht möglich sei. Dies sei in den Druckschriften E12 und E16 aufgrund der in Druckschrift E16 vorhandenen Röntgenmikrographien nachgewiesen. Eine Messung der Shore Härte D nach DIN 53505 sei für die im Streitpatent definierten Kunststoffe und Fasern auch ungeeignet (vgl. die Überschrift der DIN 53505: "Prüfung von Kautschuk und Elastomeren"), eine sinnvollere Charakterisierung sei die Kugeleindruckhärtemessung nach ISO 2039, welche Messung sich sowohl bei unverstärkten als auch verstärkten Kunststoffen anwenden lasse. Die vergleichende Gegenüberstellung von Shore D Härtezahlen nach DIN 53505 und Kugeleindruckhärten nach DIN 53456 in der Druckschrift E11 zeige, dass letztere Skala genauer sei. Die Beschwerdeführerin habe vorgetragen, dass die Shore Härte sich durch eine Vielzahl von Maßnahmen beeinflussen lasse, wie zum Beispiel Beeinflussung der Kunststoffe bereits im Herstellungsverfahren, Abkühlbedingungen zur Beeinflussung der Kristallinität, Verwendung von Modifikatoren, usw. Darüber hinaus sei die Härte des Profilstabs unter anderem abhängig von der Kunststoffart, dem Faseranteil und der Faserart. Dem Streitpatent sei aber nicht zu entnehmen, welche Maßnahmen der Fachmann im Einzelnen zu treffen habe, damit die Härte des Profilstabs auf Shore D 80 eingestellt werde. Der Wert von Shore D 80 entspreche dem Wert eines Polypropylens ohne Faserverstärkung (siehe Druckschriften E10 und E18). Das Einbringen von Fasern in den Kunststoff führe zu einer deutlichen Zunahme der Shore D Härte. Folglich könne ein faserbewehrter Isolierprofilstab mit einer Matrix aus z. B. dem im Streitpatent genannten Material Polypropylen das Merkmal d) des Streitpatents nie erfüllen. Die Querrichtung des Isolierprofilstabes sei nicht definiert. Es ergäben sich für den Fachmann zwei Möglichkeiten, in Querrichtung die zweite Messung der Wärmeausdehnung vorzunehmen, einmal in Richtung der so genannten "Breite" des Profils und zum anderen in eine Richtung senkrecht hierzu, welche der Dimension der so genannten "Wanddicke" entspreche. Die Erfindung sei somit nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen könne.
Zu der offenkundigen Vorbenutzung "Schmidlin AG"
Im Juni 1991 seien Isolierprofilstäbe nach Vorgaben der Firma Schmidlin AG hergestellt und an diese Firma ohne Geheimhaltungspflicht ausgeliefert worden.
Die Anlage E19 zeige eine Werkstattzeichnung, die beim Kunden, der Firma Schmidlin AG, im Jahr 1984 entstanden sei. Auf der Basis dieser Zeichnung sei erst sieben Jahre später ein Auftrag an die Beschwerdegegnerin erteilt worden, Iangglasfaserverstärkte Profile zu fertigen und zu liefern, wie sie im Rahmen der Anlagen E20 und E21 dokumentiert seien. Aufgrund dieser Auftragserteilung habe die Beschwerdegegnerin die Artikelnummer 51340050471 vergeben, die dabei handschriftlich auf der Werkstattzeichnung des Kunden notiert sei. Aufgrund der Werkstattzeichnung sei im Jahr 1991 das Profil produziert worden, von dem Rückstellmuster heute noch vorhanden seien. Diese aus Polyamid 6.6 gefertigten Isolierprofilstäbe hätten eine Wanddicke von 2,5 mm ± 0,1 mm und eine Breite von 51 ± 0,1 mm aufgewiesen. Die Untersuchung eines Rückstellmusters im Jahre 2005 habe ergeben, dass der verwendete Werkstoff Polyamid 6.6 mit einer Langglasfaserfüllung von 25,9 bis 26,5 Gew.-% gewesen sei. Anhand von veraschten Proben sei die Faserlängenverteilung bestimmt worden. Anhand des Rückstellmusters seien ebenfalls die Längenänderungen in Längs- und in Querrichtung gemessen worden, woraus sich ein Quotient Q von 1,3 ergeben habe. Aus der Oberflächenstruktur des Profils (siehe photographische Abbildung des Profils, Anlage E21 - Beilage), die Stop and Go-Marken aufweise, sei ersichtlich, dass das Profil mit dem Kühldüsenextrusionsverfahren hergestellt worden sei. Nachdem die vergebene Artikelnummer zum einen für das Profil 40043 des Kunden und zum anderen für die dort verwendeten Rohstoffe, nämlich Iangglasfaserverstärktes Polyamid 66, einmalig und eindeutig sei, lasse sich eindeutig belegen, dass die Rückstellmuster dem gelieferten Profil entsprächen, das somit auch die nachgewiesenen Glasfasergehalte, Orientierung der Glasfasern und Anteile an Kurzfasern usw. aufgewiesen haben müsse.
Der Nachweis, dass diese Isolierprofilstäbe auch tatsächlich an die Firma Schmidlin AG geliefert worden seien, könne aufgrund von Kopien aus der Fakturierung der Beschwerdegegnerin aus dem Jahre 1991 belegt werden (siehe die Anlagen E23 bis E25). Die gelieferten Isolierprofilstäbe seien bei der Verglasung des Restaurants Top of Europe auf dem Jungfraujoch eingebaut worden (siehe Anlage E22 aus dem Jahre 1992).
Zum Einwand der mangelnden erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)
Die Druckschrift E17 offenbare einen kurzfaserverstärkten Isolierprofilstab, der nicht nur sämtliche Merkmale des Oberbegriffs, sondern auch implizit die Merkmale d) und e) des Anspruchs 1 offenbare. Für den dort offenbarten Isolierprofilstab müssten sich auf Grund der verwendeten Materialien, nämlich PA66 mit einem Glasfaseranteil von 25 Gew.-% (siehe Bild 4), eine Shore D Härte von etwa 80 ergeben, so dass das Merkmal d) des Anspruchs 1 automatisch erfüllt sei. Darüber hinaus werde auf Seite 56, linke Spalte, zweiter Absatz dieser Druckschrift ausgeführt, dass Isolierprofilstäbe aus glasfaserverstärktem Polyamid ausreichend zäh sein müssten. Dies gelte auch im Hinblick auf ihre Aufnahme in die Profilierung eines Aluminiumprofils (siehe Druckschrift E17, Seite 54, rechte Spalte, letzter Absatz). In dieser Druckschrift werde ferner ausgeführt (siehe Seite 51, rechte Spalte, dritter Absatz), dass zur Übertragung von Schubkräften eine Faserorientierung unter 45º zur Extrusionsrichtung optimal sei, d.h. hier werde bereits ein Quotient größer 0,3 im Endergebnis gefordert (vgl. Merkmal e)). In der Druckschrift E17 werde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bei der Herstellung eines Isolierprofilstabs hohe Toleranzforderungen von z. B. ( 0,02 mm zu erfüllen seien (siehe Seite 54, linke Spalte, zweiter Absatz). Es sei deswegen für den Fachmann nahe liegend gewesen, für die Herstellung des aus der Druckschrift E17 bekannten Isolierprofilstabs das Kühldüsenextrusionsverfahren anzuwenden, siehe die Entscheidung T 1154/02 - 3.2.05, die zu einem ähnlichen Sachverhalt zwischen den auch hier vertretenen Parteien ergangen sei. Aus Bild 5 der Druckschrift E17 könne, ausgehend von der über dem Bild angegebenen Profilbreite oder Steghöhen von 25 mm, eine Wanddicke von 2 mm ermittelt werden, so dass bereits im Jahre 1985, d. h. also nahezu 10 Jahre vor dem Prioritätszeitpunkt des Streitpatentes, Isolierprofilstege in den beanspruchten Maßen in der Literatur bekannt gewesen seien. Nachdem nach der Verfügbarkeit von Langfasern in Pellets die Vorteile der Verwendung von Langfasern gegenüber Kurzfasern bekannt geworden seien (vgl. die Druckschriften E2 und E3), sei es, zur Verbesserung der Festigkeitswerte der aus der Druckschrift E17 bekannten Isolierprofilstege, für den Fachmann nahe liegend gewesen, statt Kurzfasern eine Langfaserbewehrung vorzusehen. Das Merkmal c) des Anspruchs 1, wonach max. 30 % der Gesamtfasermasse eine Länge von kleiner 3 mm aufweisen sollten (vgl. das zweite Teil des Merkmals c)), bedeute nur, dass die Langfasern möglichst erhalten bleiben sollten. Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruhe daher nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Entscheidungsgründe
1. Einwand der mangelnden Ausführbarkeit (Artikel 83 und 100 b) EPÜ)
Versuchsergebnisse, die die Behauptung der Beschwerdegegnerin bezüglich der Nicht-Prüfbarkeit der im Anspruch 1 angegebenen Härte belegen, wurden nicht eingereicht. Diese Behauptung ist auch durch die Druckschrift E12, die eine gutachterliche Stellungnahme betrifft, nicht gestützt.
In der Druckschrift E12 wird folgendes ausgeführt (siehe Seite 9, Zeilen 4 und 5): Für kurz- und langfaserverstärkte PP-Typen kann aufgrund der Mess- und Gerätetechnik keine Shore Härte D mehr ermittelt werden. Eine plausible Erklärung für diese Behauptung oder eine konkrete Messung, um diese Behauptung zu belegen, wurde nicht gegeben. Die übrigen Ausführungen unter Punkt 4.5 befassen sich mit der Kugeldruckhärtemessung nach ISO 2039.
Es liegt somit kein konkreter Nachweis vor, dass es nicht möglich sei, die Härte des Kunststoffs auf direktem oder indirektem Weg auf eine Art und Weise zu bestimmen, die zumindest einen Rückschluss erlaubt, dass der thermoplastische Kunststoff die beanspruchte Härte aufweist.
Bei dieser Sachlage geht die Kammer davon aus, dass bei der Messung der Shore D Härte nach DIN 53505 der Eindringkörper des Prüfgeräts in einen faserbewehrten Kunststoff gemäß den Merkmalen a) und c) des Anspruchs 1 eindringt und dabei auf ein Faser-Matrix-Gemisch treffen wird, wobei Fasern verdrängt werden oder reißen, und ein Messwert ermittelt wird (siehe Druckschrift B1). Am Rande sei bemerkt, dass das Problem, dass bei der Härtemessung eines faserbewehrten Kunststoffs der Eindringkörper eines Prüfgeräts auf ein Faser-Matrix-Gemisch trifft, auch bei der Kugeleindruckhärtemessung auftritt und dass eine Umrechnung von Shore D Härtewerten nach Kugeleindruckhärte, oder umgekehrt, obwohl nicht exakt, durchaus möglich ist (siehe Druckschrift E11).
Die Kammer ist ferner der Auffassung, dass ein Fachmann aufgrund seines Fachwissens in der Lage ist, einen faserbewehrten thermoplastischen Kunststoff zu wählen bzw. bereitzustellen, welcher alle Merkmale des Anspruchs 1 des Streitpatents aufweist.
Die Kammer geht davon aus, dass bei einem Isolierprofilstab, der eine Breite von 25 bis 40 mm (siehe Anspruch 4), eine Wanddicke von bis zu 2 bis 2,5 mm (siehe Ansprüche 5 und 6) und eine "Länge" von bis zu mehreren Metern hat, die größte Abmessung als "Längsrichtung" (d. h. die Extrusionsrichtung des Isolierprofilstabs) zu betrachten ist. Als "Querrichtung" ist die Richtung zu verstehen, die quer zur Längsrichtung ist. Nach Auffassung der Kammer macht es für den Fachmann Sinn, die Querrichtung als parallel zur Breite-Richtung zu betrachten, da im Kontext des Anspruchs 1 die Wärmeausdehnung des Isolierprofilstabs in Richtung der Wanddicke technisch nicht von Belang ist.
Die Kammer kommt somit zu dem Ergebnis, dass die in Anspruch 1 beanspruchte Erfindung so deutlich und vollständig offenbart ist, dass ein Fachmann sie ausführen kann (Artikel 83 EPÜ).
2. Angebliche offenkundige Vorbenutzung "Schmidlin AG"
2.1 Die Beschwerdegegnerin hat im Beschwerdeverfahren eine offenkundige Vorbenutzung geltend gemacht, die die angebliche Lieferung von Isolierprofilstäben an die Firma Schmidlin AG am 10. Juni 1991 (Rechnungsdatum) betrifft. Sie hat dazu als Beweis die Anlagen E19 bis E25 eingereicht.
Eine behauptete offenkundige Vorbenutzung ist nachzuweisen. Es muss festgestellt werden können, was der Öffentlichkeit wo, wann, wie und durch wen zugänglich gemacht wurde.
Die Anlagen E19 bis E21 betreffen den Gegenstand der angeblichen offenkundigen Vorbenutzung ("was"), die Anlagen E23 bis E25 dahingegen betreffen die Fakturierung der angeblichen Lieferung dieses Gegenstands ("wo, wann, wie und durch wen").
Es gibt zwei Verbindungen zwischen dem Gegenstand der angeblichen offenkundigen Vorbenutzung (Anlagen E19 bis E21) und der angeblichen Lieferung dieses Gegenstands (Anlagen E22 bis E25): zum einen das Profil des Isolierprofilstabs (ein in dem Prospekt E22 der Firma Schmidlin AG aus dem Jahr 1992 schematisch gezeigtes Profil entspricht im Wesentlichen dem Profil Nr. 40043, siehe Anlage E20, Beilage, und Anlage E19); zum anderen die Artikelnummer 51340050471 (diese Artikelnummer ist handschriftlich sowohl auf der Konstruktionszeichnung der Firma Schmidlin vom Oktober 1984 als auch auf dem gemäß Prüfbericht untersuchten Rückstellmuster angebracht, siehe Anlagen E19 und E20, und ist auch der Anlage E23 zu entnehmen).
Bevor die Kammer die beiden Verbindungen zwischen dem Gegenstand der angeblichen offenkundigen Vorbenutzung und der angeblichen Lieferung dieses Gegenstands untersucht, wird auf die Anlagen E19 bis E21 bzw. die Anlagen E23 bis E25 in einzelnen eingegangen.
2.2 Gegenstand der angeblichen offenkundigen Vorbenutzung
Die Anlage E20 betrifft einen Prüfbericht eines angeblichen Rückstellmusters mit der Artikelnummer 5.134.005.0471 vom 03.06.1991. In der Anlage E20 wird auf Profil Nr. 40043 verwiesen. Diese Nummer findet sich dreimal in der Anlage E19: als Bezugszeichen in der Konstruktionszeichnung mit Maßstab 10 : 1 selbst, rechts neben einem etwa 50% verkleinerten Querschnitt des Isolierprofilstabs und unten rechts, neben der Angabe "Polyamid 6.6". Das Profil mit der Bezeichnung "40043" hat laut Anlage E19 eine Breite von 51 ( 0.1 mm. Anlage E20 enthält keine unmittelbaren Angaben über die Dimensionen des geprüften Isolierprofilstabs. Blatt 1 mit der Überschrift "Werkstoffanalyse" zeigt zwar ein Bild von 4 nebeneinander gelegten Profilen sowie ein Bild eines Querschnitts eines Profils, aber ohne Angabe des Maßstabs. Profil Nr. 4 ist etwas kürzer (im Bild um ca. 2 cm kürzer, was ca. 4 cm in Wirklichkeit entsprechen dürfte) als die Profile mit den Nummern 1, 2 und 3. Das fehlende Stück Material (Länge ca. 4 cm, Breite ca. 51 mm?) dürfte zum Zweck der Messung der Längenänderung verwendet worden sein. Gemäß dem Prüfbericht (Anlage E20) wurde aber ein Rückstellmuster mit einer Länge von 51,13 mm und einer Breite von 47,58 mm (beide bei 20 ºC gemessen) verwendet. Die Übereinstimmung zwischen dem Wert der aktuell gemessenen Länge von 51,13 mm und dem Wert der Breite des Isolierprofilstabs mit der Nummer 40043 gemäß Anlage E19 legt die Vermutung nahe, dass in der Anlage E20 Länge- und Breite-Richtung verwechselt worden sind (wenn diese Vermutung stimmte, würde der berechnete Quotient nicht den Wert 1,34 sondern den Wert 0,75 haben, aber immerhin die in Anspruch 1 des Hauptantrags beanspruchte Bedingung Q > 0,3 erfüllen).
Die Beschwerdegegnerin hat mit Schreiben vom 26. Januar 2007 (siehe Seite 4, vierter Absatz) angekündigt, die Rückstellmuster im Original in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer vorzulegen, dies aber nicht getan. Somit konnte während der mündlichen Verhandlung nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden, welche Dimensionen das untersuchte Rückstellmuster hat.
2.3 Lieferung des angeblich vorbenutzten Gegenstands
Die Anlage E23 betrifft eine Liste, worin 39 Lieferungen an einen Kunden mit der Kundennummer 560713 im Zeitraum 28.02.85 bis 01.07.99 aufgeführt sind. Aus der Anlage E24 geht hervor, dass diese Kundennummer der Firma Schmidlin AG zugeordnet ist. In Zeile 10 der Liste gemäß Anlage E23 sind folgende Daten aufgeführt: Artikelnummer 51340050471; Auftragsnummer 0402749100010, Rechnungsdatum 10.06.91; Nettobetrag 2.291,40; Rechnungsnummer 008771; Fakturierte Menge 684,00 MT.
Der Nettobetrag 2.291,40 findet sich in Anlage E24 wieder. In Anlage E24 ist eine weitere Rechnung vom 10. Juni 1991 (Rechnungsnummer 008772; Nettobetrag 23.992,61) aufgeführt. Auch ist ein Skonto in Höhe von 788,51 angeführt (dies dürfte 3% des Gesamtbetrags beider Rechnungen sein, so dass 25495,50 zu zahlen gewesen wären). Tatsächlich belegt die Anlage E25, dass am 24.06.91 ein Betrag von DM 25495,50 der Firma Hans Schmidlin AG auf das Konto von TKG Ensinger GmbH (Rechtsvorgängerin der Beschwerdegegnerin) gutgeschrieben worden ist.
Die Beschwerdegegnerin hat während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer vorgetragen, dass die ersten Ziffern bzw. die weiteren Ziffern der Artikelnummer das Material bzw. das Profil des Isolierprofilstabs bezeichneten. Gemäß Anlage E23 sind in der ersten Jahreshälfte des Jahres 1991 vier Lieferungen mit einer auf 50471 endeten Artikelnummer erfolgt: drei Lieferungen mit Artikelnummer 51230050471 und eine Lieferung mit Artikelnummer 51340050471. Die Beschwerdegegnerin hat vorgetragen, dass die Lieferungen Isolierprofilstäbe mit dem gleichen Profil betroffen habe, die Artikelnummer beginnend mit 5134 einer Isolierprofilstab mit Langfaserbewehrung gewesen sei und dass derartige Profile zur damaligen Zeit wesentlich teuer gewesen seien.
Die Beschwerdegegnerin hat keine Beweise eingereicht, die die Zuordnung der Ziffern einer Artikelnummer zum verwendeten Material bzw. dem verwendeten Profil eines Isolierprofilstabs belegt. Auch wurde der angebliche Preisunterschied für Isolierprofilstäbe mit dem gleichen Profil, aber aus unterschiedlichen Materialien hergestellt, nicht belegt. Einen Preisunterschied pro laufendem Meter zwischen den Lieferungen mit Artikelnummer 51230050471 und der Lieferung mit Artikelnummer 51340050471 konnte die Kammer aufgrund der Angaben in der Anlage E23 nicht feststellen: der Nettopreis pro laufendem Meter (Nettobetrag der Lieferung geteilt durch die fakturierte Menge) ist für alle vier Lieferungen der Gleiche, nämlich 3,35.
2.4 Nach Auffassung der Kammer ist die Anlage E22 ungeeignet, eine glaubwürdige Verknüpfung zwischen dem Gegenstand der angeblichen offenkundigen Vorbenutzung und der angeblichen Lieferung dieses Gegenstands herzustellen. Die Firma TKG Ensinger GmbH hat 1991 an die Firma Schmidlin AG neben der Lieferung von 684 Metern eines Produkts mit Artikelnummer 51340050471, im selben Jahr in sieben Lieferungen über 37000 Meter eines Produkts mit der Artikelnummer 51230050471 geliefert (vgl. Anlage E23). Beide Produkte hatten aufgrund der gleichen Endziffern in der Artikelnummer das gleiche Profil. Die Anlage E22 kann daher nicht zeigen, ob das Produkt mit der Artikelnummer 51340050471 oder das Produkt mit der Artikelnummer 51230050471 im Restaurant Top of Europe auf dem Jungfraujoch eingebaut wurde. Seitens der Firma Schmidlin AG wurden keine Beweise oder Erklärungen eingereicht, die die Behauptungen der Beschwerdegegnerin hätten stützen können.
2.5 Die zweite Verbindung zwischen dem Gegenstand der angeblichen offenkundigen Vorbenutzung und der angeblichen Lieferung dieses Gegenstands ist die Artikelnummer 51340050471 aus der Anlage E23, die handschriftlich auf der Konstruktionszeichnung der Firma Schmidlin vom Oktober 1984 (siehe Anlage E19) und auf dem im Prüfbericht untersuchten Rückstellmuster (siehe Anlage E20) angebracht ist.
Im Ladungsbescheid vom 30. November 2006 hat die Kammer darauf hingewiesen, dass es nicht belegt zu sein scheint, wann die dem Prüfbericht zugrunde gelegten Profile hergestellt und als Muster zurückgestellt wurden. Die Beschwerdegegnerin hat keine weiteren Belege nachgereicht. Ferner sind die Umstände, die zur handschriftlichen Ergänzung der im Jahr 1984 erstellten Anlage E19 mit der im Jahr 1991 verwendeten Artikelnummer geführt haben, unklar. In der Anlage E19 findet sich zudem die Materialangabe "Polyamid 6.6". Aus der Anlage E19 kann daher nicht geschlossen werden, dass es sich bei dem gelieferten Produkt mit der Artikelnummer 51340050471 um ein langfaserverstärktes Profil handelt. Da darüber hinaus die Herkunft der Artikelnummer 51340050471 nicht belegt worden ist (siehe Punkt 2.3, letzter Absatz), kann die Artikelnummer nach Auffassung der Kammer die erforderliche Verknüpfung zwischen dem Gegenstand der angeblichen offenkundigen Vorbenutzung und der angeblichen Lieferung dieses Gegenstands nicht herstellen.
2.6 Die Kammer kommt somit zu dem Ergebnis, dass im Rahmen der angeblich offenkundigen Vorbenutzung "Schmidlin" nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden konnte, dass ein langfaserverstärkter Isolierprofilstab mit in Anlage E19 angegeben Maßen vor dem Prioritätstag des Streitpatents der Öffentlichkeit zugängig gemacht wurde.
Da die Kammer die angebliche offenkundige Vorbenutzung "Schmidlin" aus den vorgenannten Gründen als nicht erwiesen ansieht, erübrigt sich eine eingehende Prüfung, ob das untersuchte Rückstellmuster alle Merkmale des Anspruchs 1 aufweist oder nicht.
Hauptantrag
3. Einwand der mangelnden erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)
Aufgabe der Erfindung ist es, einen abstandshaltenden Isolierprofilstab aus thermoplastischem Kunststoff an zweischaligen wärmedämmenden Bauelementen, der durch Extrudieren hergestellt ist, zu schaffen, welcher bei einem Isolierabstand großer Breite in Bezug auf die Isolierwirkung allen Anforderungen genügt (vgl. Spalte 2, Zeilen 1 bis 7 des Streitpatents).
Diese Aufgabe wird durch den Gegenstand des unabhängigen Patentanspruchs 1 gelöst, insbesondere dadurch, dass der Isolierprofilstab eine Faserbewehrung gemäß den Merkmalen a) und c) aufweist, dass der Isolierprofilstab mit Hilfe des Kühldüsenextrusionsverfahrens stranggepreßt ist (vgl. Merkmal b)), dass der Isolierprofilstab eine Härte von etwa Shore D 80 nach DIN 53505 aufweist (vgl. Merkmal d)) und dass der Quotient der Wärmeausdehnungen des Isolierprofilstabs in Längs- und Querrichtung größer ist als 0,3 (vgl. das letzte, in der angefochtenen Entscheidung als e) bezeichnete Merkmal des Anspruchs 1).
Die Erfindung geht von der Erkenntnis aus, dass eine Verbesserung der Isolierwirkung zwar eine Vergrößerung der den Isolierabstand bestimmenden Breite des Isolierprofilstabs verlangen kann, ohne aber die Wanddicke vergrößern zu müssen, vgl. Spalte 2, Zeilen 38 bis 44 des Streitpatents. Eine größeren Isolierabstand wählen zu können, wird durch eine ausreichende Festigkeit und Stabilität des Isolierprofilstabs ermöglicht.
Die Druckschrift E17 bildet den nächstliegenden Stand der Technik. Diese Druckschrift offenbart einen Isolierprofilstab aus thermoplastischem Kunststoff (dort als Wärmedämmsteg bezeichnet), der alle Merkmale des Oberbegriffs des Anspruchs 1 aufweist. Auf Seite 54 (siehe Text zu Bild 4) wird ein mit 25 Gew.-% Glasfasern verstärktes Polyamid 66 offenbart. Die Faserlänge ist der Druckschrift E17 nicht zu entnehmen.
Die Druckschrift E17 offenbart ferner, dass eine Faserorientierung unter 45º zur Extrusionsrichtung für die Übertragung von Schubkräften vorteilhaft ist (siehe Seite 54, rechte Spalte, dritter Absatz). Wärmeausdehnungswerte sind in der Druckschrift nicht explizit offenbart. Da aber eine Faserorientierung unter 45º zur Extrusionsrichtung einen Quotient aus der Wärmeausdehnung in Längsrichtung und der Wärmeausdehnung in Querrichtung von etwa 1 ergibt, wäre die in Anspruch 1 genannte Bedingung, nämlich dass der dort genannte Quotient größer sein soll als 0,3, an sich erfüllt.
Die Beschwerdegegnerin hat vorgetragen, dass PA 66-GF mit 25 Gew.-% Glasfasern eine Shore D Härte von etwa 80 aufweise (vgl. die Tabelle in Druckschrift B1, wo der Wert 78 ( 4 für extrudierten Isolierstegen bei Gleichgewichtsfeuchte aufgeführt sei).
Diesem Argument vermag die Kammer nicht zu folgen, da die Shore D Härte eines Isolierprofilstabs aus Polyamid 66 mit 25 Gew.-% Glasfasern unter anderem von dem verwendeten Polyamid 66 (Kristallinität, ggf. Modifikatoren, usw.) und von der Glasfaserart (Faserlängeverteilung, Faserdicke, usw.) abhängt.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet sich von dem aus der Druckschrift E17 bekannten Isolierprofilstab insbesondere dadurch, dass
a) die Faserbewehrung zumindest teilweise aus einer Langfaserbewehrung (3) mit einer Faserlänge von mind. 3 mm besteht,
b) der Isolierprofilstab (2) mit Hilfe des Kühldüsenextrusionsverfahrens stranggepreßt ist,
c) [Faserbewehrung in dem Isolierprofilstab macht 10 bis 45 Masse% aus], wobei max. 30 % der Gesamtfasermasse eine Länge von kleiner 3 mm aufweisen, und
d) der thermoplastische Kunststoff des Isolierprofilstabes (2) eine Härte von etwa Shore D 80 nach DIN 53505 besitzt,
In Spalte 4, Zeilen 30 bis 34, des Streitpatents wird folgendes ausgeführt: Um beim Extrudieren eines Profilstabes mit Faserbewehrung die Fasern zu orientieren, sind zahlreiche Maßnahmen bekannt, die auch zur Herstellung erfindungsgemäßer Isolierprofilstäbe eingesetzt werden können. In diesem Zusammenhang wird auf die Druckschrift E5 verwiesen, die ein Kühldüsenextrusionsverfahren zum Extrudieren, insbesondere Strangpressen, von Kunststoffschmelzen mit Füll- und/oder Verstärkungsstoffen wie z. B. Glasfasern offenbart (siehe Spalte 3, Zeilen 44 bis 60). Durch die Aufnahme von Merkmal d) ist der Gegenstand des Anspruchs 1 auf einen Isolierprofilstab beschränkt, welcher mit Hilfe des Kühldüsenextrusionsverfahrens stranggepreßt ist.
In den Druckschriften E2 und E3 werden Langfasergranulate aus thermoplastischem Kunststoff beschrieben, die unter dem Handelsnamen (Celstran durch die Firma Hoechst AG vertrieben werden. In der Druckschrift E3 (Seite 1, erster Absatz) wird ausgeführt, dass diese Langfasergranulate die Basis für besonders hohe Steifigkeits- und Zähigkeitseigenschaften von (Celstran Produkten liefern und dass langfaserverstärktes (Celstran Polypropylen mit seinen interessanten Wiederverarbeitungs-Eigenschaften der Werkstoff der Wahl für die Automobilindustrie ist. Die Langfasergranulate sind extrudierfähig (siehe E2, Bild links unten - "pellets <= 12 mm") und weisen Fasergehalte bis zu 50 Gew.-% und Faserlängen von z. B. 10 mm auf (Druckschrift E3, Seite 1, erster Absatz). Obwohl die Druckschrift E3 kein Veröffentlichungsdatum trägt (laut Beschwerdegegnerin beschreibe die Druckschrift E3 den Stand von November 1993), ist es unbestritten, dass (Celstran Produkte bereits einige Jahre vor dem Prioritätstag des Streitpatents auf dem Markt waren.
Die Beschwerdegegnerin hat vorgetragen, dass es, nachdem nach der Verfügbarkeit dieser Produkte die Vorteile der Verwendung von Langfasern gegenüber Kurzfasern bekannt geworden seien (vgl. die Druckschriften E2 und E3; siehe auch die Druckschrift E9, Seite 1, Abb. 0.1), für den Fachmann nahe liegend gewesen sei, zur Verbesserung der Festigkeitswerte der aus der Druckschrift E17 bekannten Isolierprofilstege, statt Kurzfasern eine Langfaserbewehrung vorzusehen.
Den Druckschriften E2 und E3 sind jedoch weder Angaben über die Wärmeleitfähigkeit von (Celstran Produkten, noch über die Faserlängenverteilung, noch über die Shore D Härtewerte, noch über ein Maximalanteil an Fasern kleiner 3 mm, zu entnehmen.
Im Bezug auf die Faserlängenverteilung ist es zwar richtig, dass es beim Verarbeiten von Langfasergranulaten mit z. B. Schneckenmaschinen zu drastischen Faserverkürzungen kommen kann. Andererseits ist es bekannt, dass sich je nach Wahl der Verarbeitungsparameter, ein sehr breites Band unterschiedlicher Faserlängenverteilungen erzeugen lässt (siehe Druckschrift E4, Seite 70, linke Spalte, erster Absatz).
Die Kammer kommt somit zu dem Ergebnis, dass das in Anspruch 1 beanspruchte Merkmal d) und der zweite Teil von Merkmal c) keinesfalls zwangsläufig erfüllt sein müssen, auch wenn der Fachmann den Einsatz von Langfasern bei der Herstellung des aus der Druckschrift E17 bekannten Isolierprofilstabs in Erwägung gezogen hätte.
Nach Auffassung der Kammer beruht die Erfindung auf einer Kombination aller Merkmale a) bis e), die zwar jeweils an sich bekannt waren, nicht aber in der Kombination, wie sie jetzt beansprucht wird. Durch die beanspruchte Kombination von Merkmalen wird ein Isolierprofilstab bereitgestellt, der einerseits eine Verbesserung der Isolierwirkung in der Breite-Richtung, andererseits eine ausreichende Festigkeit und Stabilität aufweist, wobei die gewählte Shore D Härte bewirkt, dass der Isolierprofilstab im Einrollverbund mit den Profilen aus einer Aluminiumlegierung verwendet werden kann (Spalte 3, Zeilen 2 bis 13 des Streitpatents).
Nach Auffassung der Kammer war es aus oben genannten Gründen für den Fachmann nicht nahe liegend, ausgehend von dem aus der Druckschrift E17 bekannten Isolierprofilstab, diese Kombination von Merkmalen einzusetzen.
Das Verfahren nach Anspruch 1 beruht somit auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ. Die auf den Anspruch 1 rückbezogenen Ansprüche 2 bis 11 betreffen besondere Ausführungsformen des Verfahrens nach Anspruch 1 und sind daher ebenfalls gewährbar.
4. Folglich kann das Patent, wie erteilt, aufrechterhalten werden. Auf die Hilfsanträge braucht bei dieser Sachlage nicht eingegangen zu werden.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das Patent wird wie erteilt aufrechterhalten.