European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2005:T048804.20051205 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 05 Dezember 2005 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0488/04 | ||||||||
Anmeldenummer: | 95105564.9 | ||||||||
IPC-Klasse: | D06F 89/02 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Verfahren und Vorrichtung zum Falten von Bekleidungsstücken | ||||||||
Name des Anmelders: | HERBERT KANNEGIESSER GMBH + CO. | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Jensen AG Burgdorf FINTEC Textilpflegesysteme GmbH |
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Kammer: | 3.2.06 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Klarheit und Stützung der Ansprüche durch die Beschreibung (bejaht) Rechtliches Gehör - Gelegenheit zur Stellungnahme (bejaht) Zulässigkeit weiterer eingereichter Beweismittel (bejaht) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Auf die am 12. April 1995 unter Inanspruchnahme einer deutschen Priorität vom 14. April 1994 eingereichte europäische Patentanmeldung Nr. 95 105 564.9 wurde das europäische Patent Nr. 0 677 610 erteilt. Die Bekanntmachung des Hinweises auf die Patenterteilung erfolgte am 22. März 2000.
II. Gegen die Patenterteilung legten die Einsprechenden I und II Einspruch ein und beantragten den Widerruf des Patents. Sie vertraten die Auffassung, weder das im Patent beanspruchte Verfahren noch die im Patent beanspruchte Vorrichtung zum Falten von Bekleidungsstücken seien neu oder erfinderisch (Artikel 100 a) EPÜ).
III. Die Einspruchsabteilung hielt das Patent mit ihrer am 4. Februar 2004 zur Post gegebenen Entscheidung in geändertem Umfang aufrecht. Sie kam zu dem Ergebnis, dass das Verfahren nach Anspruch 1 und die Vorrichtung nach Anspruch 6 des Hilfsantrags den Erfordernissen des EPÜ genügten. Die Gegenstände der Ansprüche 1 und 6 des Hilfsantrags seien klar und erfüllten daher die Voraussetzungen des Artikels 84 EPÜ. Die Gegenstände seien neu und beruhten auf erfinderischer Tätigkeit (Artikel 54 und 56 EPÜ) unter Berücksichtigung des Standes der Technik nach:
D1 US-A-3 828 989
D2 US-A-5 074 444
D3 US-A-3 310 207
D4 EP-A-0 301 475
D5 GB-A-1 314 168
D6 WO-A-88 03580
D7 DE-B-24 41 056
D8 DE-U1-91 05 042
D17 DE-C2-3 320 381
D18 Der große Brockhaus, Auflage 1957, S. 342 343
D19 DE-A-4 136 214
D20 DE-A-34 19 146
D21 DE-A-28 23 047
Die geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzungen gemäß D9 bis D16 seien nicht ausreichend substantiiert und stünden somit der Aufrechterhaltung des Patents ebenfalls nicht entgegen.
IV. Gegen diese Entscheidung hat sich die Beschwerdeführerin (Einsprechende I) am 8. April 2004 beschwert und gleichzeitig die Beschwerdegebühr bezahlt. Mit ihrer am 8. Juni 2004 eingereichten Beschwerdebegründung hat sie ihren Antrag auf Widerruf des Patents weiterverfolgt. Zu den bezüglich der weiterverfolgten bisher genannten offenkundigen Vorbenutzungen bereits vorliegenden Unterlagen D14 c - e, g - k:
D14 c Zeichnung
D14 d technische Zeichnung
D14 e Instructions de plier
D14 g technische Zeichnung
D14 h Konstruktionszeichnung
D14 i Auszug aus Stückliste
D14 j Kopie eines Fotos der Faltmaschine "Maximat"
D14 k Kopie eines Fotos der Faltmaschine "Maximat",
die allgemein diese bereits genannten offenkundigen Vorbenutzungen betreffen, und den bezüglich der daraus resultierenden einzelnen Vorbenutzungskomplexe I, II und IV jeweils spezifisch bereits vorliegenden Unterlagen
D14 a, b Bestellung und Auftragsbestätigung (Vorbenutzungskomplex I)
und
D14 f Konstruktionszeichnung (Vorbenutzungskomplex II)
sowie
D13 a - b Bestellung und Auftragsspezifikation/Prüfprotokoll (Vorbenutzungskomplex IV)
wurden gemeinsam mit der Beschwerdebegründung zusätzliche Unterlagen eingereicht:
- zum Vorbenutzungskomplex I:
D14 l - m Rechnungen für Butterfly Special Nr. 37-554-0
D14 n - s Fotos der angeblich vorbenutzten Faltmaschine
- zum Vorbenutzungskomplex II:
D14 t - w Bestellung, Auftragsbestätigung und Rechnungen für Butterfly Nr. 37-572-K
- zu einem neuen offenkundigen Vorbenutzungskomplex III:
D22 a - c Auftragsbestätigung, Angebot und Rechnung für Butterfly Over-All Nr. 37 354 0
D22 d - m Fotos der angeblich vorbenutzten Faltmaschine.
V. Die Beschwerdekammer hat in ihrem mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung übersandten Bescheid vom 17. August 2005 darauf hingewiesen, dass bei geänderten Ansprüchen alle Erfordernisse des EPÜ - insbesondere auch die des Artikels 84 EPÜ - erfüllt sein müssten und, dass bezüglich der offenkundigen Vorbenutzungen deren Substantiierung noch nicht ausreichend erscheine.
VI. Daraufhin erfolgte mit Schreiben vom 3. November 2005 eine Stellungnahme der Beschwerdeführerin zur Erläuterung des grundsätzlichen Aufbaus der Faltmaschinen der Vorbenutzungskomplexe I - IV und der Funktionsweise der Ärmelfaltstationen, wobei zur Unterstützung
D23 kolorierte Figurenblätter
eingereicht wurde.
VII. Am 5. Dezember 2005 fand eine mündliche Verhandlung statt, zu der für die ordnungsgemäß geladene Einsprechende II, wie mit Schreiben vom 11. Oktober 2005 angekündigt, niemand erschien.
Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents oder hilfsweise Zurückverweisung an die Erste Instanz.
Die Beschwerdegegnerin beantragte Aufrechterhaltung des Patents auf der Basis der Ansprüche 1 bis 14, überreicht während der mündlichen Verhandlung.
Der vorgelegte Patentanspruch 1 lautet wie folgt:
"Verfahren zum Falten von Ärmel aufweisenden Bekleidungsstücken, insbesondere Kitteln (11) oder dergleichen, wobei die zu faltenden Bekleidungsstücke durch aufeinanderfolgende Faltstationen (18, 19, 20, 21) gefördert werden und in den einzelnen Faltstationen (18, 19, 20, 21) das Bekleidungsstück mit Quer- und Längsfaltungen versehen wird, wobei mindestens eine Querfaltung während des Weitertransports des Bekleidungsstücks vorgenommen wird,
dadurch gekennzeichnet, dass die erste Querfaltung vor der ersten Längsfaltung erfolgt und vor der ersten Querfaltung die Ärmel (16) des Bekleidungsstücks durch einen Ärmelfaltförderer (26) für jeden Ärmel (16), der relativbeweglich zu einem ein Rumpfteil (17) des Bekleidungsstücks aufnehmenden Förderer ist, während des Transports des Bekleidungsstücks die Ärmel (16) kontinuierlich unter das Rumpfteil gefaltet werden durch eine Relativbewegung beider Ärmelfaltförderer (26) zum das Rumpfteil (17) aufnehmenden Förderer, wobei das Bekleidungsstück von den Ärmelfaltförderern (26) und dem Förderer in die gleiche Richtung transportiert wird."
Der unabhängige Anspruch 6 lautet:
"Vorrichtung zum Falten von Ärmel aufweisenden Bekleidungsstücken, insbesondere Kitteln oder dergleichen, mit Faltstationen (18, 19, 20, 21), die durch Förderer gebildet bzw. miteinander verbunden sind, wobei vor einer ersten Längsfaltstation (20) mindestens eine Querfaltstation (18, 19) angeordnet ist und die Querfaltstation (18, 19) durch Förderer gebildet ist, die das Bekleidungsstück während des Transports zur Längsfaltstation (20) mit einer Querfaltung versehen, dadurch gekennzeichnet, dass vor der ersten Querfaltstation (18, 19) eine Ärmelfaltstation (15) aus zwei Ärmelfaltförderern (26) zum kontinuierlichen Falten der beiden Ärmel (16) während des Transports des jeweiligen Bekleidungsstücks angeordnet ist, wobei die Ärmelfaltförderer (26) derart relativ zum ein Rumpfteil (17) fördernden Förderer (Auflegeförderer 14) angeordnet sind, dass die Ärmel (16) während des Faltens in Förderrichtung (40) des Förderers (14) von den Ärmelfaltförderern weitertransportierbar sind."
VIII. Die Argumente der Beschwerdeführerin lassen sich im wesentlichen wie folgt zusammenfassen:
Der Gegenstand der Patentansprüche 1 und 6 sei nicht klar im Sinne des Artikel 84 EPÜ, denn es bliebe zweifelhaft, was genau die Ärmelfaltförderer seien. Es sei nicht definiert, wie diese ausgestaltet sein sollten und worum es sich dabei wirklich handele. Insbesondere würden die Ausdrücke "Relativbewegung" und "relativbeweglich" keine eindeutige Bewegungsrichtung angeben und damit nicht zur Lösung der gestellten technischen Aufgabe beitragen. Ausgehend vom nächstliegenden Stand der Technik, der durch die offenkundigen Vorbenutzungen dargestellt werde, könne die zu lösende Aufgabe nur darin bestehen, das Falten der Ärmel zu optimieren. Die Offenbarung würde als Lösung lediglich das Schwenken der Teilförderer der Ärmelfaltförderer stützen und weitere Alternativen seien weder klar noch ohne weiteres für den Fachmann zu erkennen. Damit würde die Beschreibung das beanspruchte Verfahren und die beanspruchte Vorrichtung nicht ausreichend stützen, um sie in der vorliegenden, allgemeinen Form zu beanspruchen.
Bezüglich des Patentanspruchs 6 wurde zusätzlich geltend gemacht, dass entsprechend den Ausführungen der Patentinhaberin bezüglich des Faltens der Ärmel "hinter" oder "gegen" das Rumpfteil, dem Sinn nach eigentlich nur das Falten der Ärmel "unter" das Rumpfteil gemeint sein könne, wie es in Figur 5 auch dargestellt sei.
Eine weitere Unklarheit beinhalte der abhängige Anspruch 14 dadurch, dass spezielle Förderer, die in den vorhergehenden Ansprüchen nicht eingeführt wurden, wie bereits eingeführte Förderer behandelt würden.
Alle bisher zu den Vorbenutzungskomplexen eingereichten Unterlagen seien prima facie relevant und daher zuzulassen. Des weiteren sei in diesem Zusammenhang im Einspruchsverfahren durch nicht Weiterverfolgung der geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzung das Recht auf rechtliches Gehör gemäß Artikel 113 (1) EPÜ missachtet worden.
IX. Die Beschwerdegegnerin entgegnete wie folgt:
Der Gegenstand der Ansprüche 1 und 6 sei klar. Ebenso seien nun alle erforderlichen Merkmale in diesen Ansprüchen vorhanden. Die Relativbewegung der Ärmelfaltförderer zum Förderer des Rumpfteils gebe eindeutig die Bewegungsrichtung an und nur diese Relativbewegung sei für die Ärmelfaltung wesentlich. Die Schwenkbewegung der Ärmelfaltförderer betreffe ein Ausführungsbeispiel der Vorrichtung, dessen Aufnahme in den Anspruch nicht notwendig sei.
Bezüglich der Faltung der Ärmel unter das Rumpfteil sei festzustellen, dass die jetzige Definition in Anspruch 6 weitere Möglichkeiten zulasse, was insbesondere bedeute, dass "unter" nicht immer eindeutig zu definieren sei, weshalb die allgemeine Lehre der Streitpatentschrift eben auch das Falten der Ärmel "gegen" und "hinter" das Rumpfteil umfasse, was für den Fachmann aber eine klare Lehre darstelle.
Die in Anspruch 14 spezifizierten Förderer seien nicht alle vorher bereits eingeführt, allerdings sei die Bezeichnung der Förderer derart gewählt, dass keine Unklarheit entstehen könne.
Die angeblichen offenkundigen Vorbenutzungen wurden bestritten.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Änderungen - Artikel 123 EPÜ
2.1 Das Verfahren nach Anspruch 1 wurde gegenüber dem des erteilten Anspruchs 1 eingeschränkt, insofern als durch die Einfügungen
- dass das Bekleidungsstück Ärmel aufweist, und
- dass der Verfahrensablauf spezifiziert wird,
zum einen der Gegenstand des Verfahrens auf Ärmel aufweisende Bekleidungsstücke beschränkt wird, und zum anderen die Verfahrensschritte nun insbesondere die Ärmelfaltförderung beinhalten, insbesondere deren Art und Weise ("kontinuierlich", "relativbeweglich" "in die gleiche Richtung"), sowie deren Beziehung zur Förderung des Rumpfteils des Bekleidungsstücks.
Die Beschränkung auf "Ärmel aufweisende" Bekleidungsstücke ist gestützt durch die Beschreibung der Ärmelfaltförderer und die zugehörigen Figuren 3 bis 5 in den ursprünglich eingereichten Anmeldeunterlagen. Die Merkmale, die den Ablauf der Ärmelfaltförderung im kennzeichnenden Teil betreffen, sind auf Seite 4, Zeile 17 bis 35 und Seite 4, Zeile 37 bis Seite 5, Zeile 7, sowie in Anspruch 5 der ursprünglich eingereichten Anmeldeunterlagen (entsprechend Paragraphen 0013 bis 0015 des Streitpatents) offenbart.
2.2 Die Vorrichtung nach Anspruch 6 wurde gegenüber der des erteilten Anspruchs 7 eingeschränkt, insofern als durch die Einfügungen
- dass das Bekleidungsstück Ärmel aufweist, und
- dass die Ärmelfaltförderer in ihrer Relation zum Rumpfteil fördernden Förderer spezifiziert wurden,
zum einen der Gegenstand, wozu die Vorrichtung zu benutzen ist, auf Ärmel aufweisende Bekleidungsstücke beschränkt wird, und zum anderen die Vorrichtung nunmehr die verschiedenen Faltstationen in ihrer Reihenfolge, sowie die Beziehung der Ärmelfaltförderer zum das Rumpfteil fördernden Förderer ("kontinuierliches Falten", "relativ zum ein Rumpfteil fördernden Förderer", "in Förderrichtung"), beinhaltet.
Wie unter Punkt 2.1 für Anspruch 1 bereits dargelegt, ist die Beschränkung auf "Ärmel aufweisende" Bekleidungsstücke offenbart in der Beschreibung der Ärmelfaltförderer und der zugehörigen Figuren 3 bis 5 in den ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen. Die Beschränkung auf mindestens eine Querfaltstation vor einer ersten Längsfaltstation ist in Seite 4, Zeilen 28 35 der ursprünglichen Anmeldungsunterlagen offenbart (entsprechend Paragraph 0013 des Streitpatents). Durch das Personalpronomens "des" in Zeile 6 ("des" Transports anstelle von "ihres" Transports) wird lediglich eine sprachlich korrekte Darstellungsform ohne jegliche Bedeutungsänderung gewählt. In den kennzeichnenden Teil wurden ferner die Merkmale der Ärmelfaltförderer aus den ursprünglich offenbarten Ansprüchen 9 und 12 aufgenommen.
Die vorliegenden Ansprüche 1 und 6 geben daher keinen Anlass zu Beanstandungen nach Artikel 123 (2) EPÜ. Da es sich um eine Einschränkung der Gegenstände des Verfahrens bzw. der Vorrichtung handelt, sind auch die Erfordernisse des Artikels 123 (3) EPÜ erfüllt.
2.3 Artikel 84 EPÜ
Sowohl das in Anspruch 1 dargestellte Verfahren als auch die in Anspruch 6 dargestellte Vorrichtung betreffen das Falten von Ärmeln aufweisenden Bekleidungsstücken.
Im Wortlaut beider unabhängiger Ansprüche sind alle für die Erfindung wesentlichen Merkmale vorhanden. Dazu sind in beiden Ansprüchen die Ärmelfaltförderer bzw. deren Funktion definiert. Aus der Wortwahl "Ärmelfaltförderer" lässt sich eindeutig ableiten, dass es sich dabei um eine Vorrichtung zum Falten und Fördern von Ärmeln handelt. Diesbezüglich schränkt sowohl das Verfahren nach Anspruch 1 als auch die Vorrichtung nach Anspruch 6 diesen Ärmelfaltförderer in Bezug auf den Hauptförderer weiter ein, insofern als die Bewegungsrichtung der Ärmel des Bekleidungsstücks in Beziehung zur Bewegungsrichtung des Rumpfteils des Bekleidungsstücks gesetzt ist, welche ihrerseits durch die Förderer des Rumpfteils (Hauptförderer) sowie durch die Ärmelfaltförderer für die Ärmel bestimmt sind. Dadurch, dass in der Vorrichtung eine Ärmelfaltstation aus zwei Ärmelfaltförderern beansprucht wird, und im Verfahren zwei Ärmelfaltförderer und deren Relativbewegung zum das Rumpfteil des Bekleidungsstücks aufnehmenden Förderer beansprucht wird, wird jeweils unzweifelhaft darauf hingewiesen, dass es sich auch bei den Ärmelfaltförderern um separate "Förderer" im Sinne einer aktiven, unabhängig vom Hauptförderer betriebenen Förderung handelt, und nicht um einen passiven Weitertransport durch den Hauptförderer, der sich aus der Einheit Rumpfteil-Ärmel ergeben würde.
Es wird in den Ansprüchen offen gelassen, in welcher Weise die Faltung bzw. die Förderung stattfindet. Die Frage, ob ausgehend vom Ausführungsbeispiel, das ein Schwenken der Teilförderer zeigt, Alternativen für den Fachmann einfach oder schwierig zu erkennen sind, stellt sich nicht in Verbindung mit Artikel 84 EPÜ sondern in Verbindung mit der Frage der erfinderischen Tätigkeit unter Artikel 56 EPÜ. Allein die Breite eines Anspruchs kann nicht mit einem Mangel an Klarheit gleichgesetzt werden.
Dies gilt ebenso in Bezug auf den Vorrichtungs-Anspruch 6, worin kein Merkmal betreffend das Falten der Ärmel "hinter", "gegen" oder "unter" das Rumpfteil aufgenommen ist. Der Anspruch 6 umfasst alle diese Möglichkeiten und in Bezug auf die Neuheit und erfinderische Tätigkeit sind dementsprechend alle derartigen Faltvorgänge aus dem Stand der Technik zu berücksichtigen.
Der Aufbau der Ansprüche 1 und 6 in Bezug auf die Wortwahl und die Aufeinanderfolge der Merkmale hätte in sprachlicher Hinsicht vielleicht besser gestaltet werden können, da in der nunmehr vorliegenden Fassung der Ansprüche 1 und 6 der Fachmann jedoch klar und eindeutig alle wesentlichen Merkmale erkennen kann, ist dies belanglos.
Obgleich auch die Wortwahl der Merkmale des Anspruchs 14 nicht dem üblichen Vorgehen entspricht, nur bereits eingeführte Merkmale mit dem bestimmten Artikel zu bezeichnen, kann durch diese Bezeichnung der einzelnen Förderer in diesem konkreten Fall keine Unklarheit der beanspruchten Vorrichtung identifiziert werden.
Die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ sind damit erfüllt.
3. Geltend gemachte offenkundige Vorbenutzung
Der nächstkommende Stand der Technik wird nach Meinung der Beschwerdeführerin von den offenkundigen Vorbenutzungskomplexen I bis IV gebildet, die auf Verkäufen von Faltmaschinen, die bei der Beschwerdeführerin entwickelt und gebaut wurden, beruhen. Zu diesen Vorbenutzungskomplexen durch Lieferung der entsprechenden Faltmaschinen an verschiedene Kunden, wurden Beweismittel vorgelegt in Form von Bestellungen, Auftragsannahme, Rechnungen, Konstruktionszeichnungen und Fotos der zum Teil betriebsbereiten Maschinen. Innerhalb der Einspruchsfrist wurden diesbezüglich die Unterlagen D9 bis D16 eingereicht.
Nach der 9 Monatsfrist des Artikels 99 EPÜ wurden während des Einspruchsverfahrens weitere Unterlagen zu D14 eingereicht. Gleichzeitig mit der Beschwerdebegründung wurden weitere Unterlagen zu den beiden Vorbenutzungskomplexen I und II betreffend D14, sowie zu einer neuen offenkundigen Vorbenutzung D22 eingereicht. Als Reaktion auf den Ladungsbescheid der Kammer wurden weitere Erläuterungen bezüglich des grundsätzlichen Aufbaus der Faltmaschinen und der Funktion der Ärmelfaltstationen für die Vorbenutzungskomplexe I - IV (D13, D14 und D22) sowie dazugehörige Figurenblätter (D23) eingereicht.
Da die weiteren Substantiierung als Reaktion auf das nun weiter spezifizierte Schutzbegehren eingereicht wurde, wobei zu beachten ist, dass dieses Schutzbegehren teilweise mit Merkmalen aus der Beschreibung vervollständigt wurde, ist das Nachreichen dieser Beweismittel nicht als verspätet einzustufen. Was die zusätzlichen Beweismittel angeht, betreffen die Figurenblätter D23 und die diesbezüglichen Erläuterungen im zugehörigen Schriftsatz die genaue Funktionsweise der Faltmaschinen und ergänzen damit die bereits geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzungskomplexe I - IV. Es wird gezeigt, dass in den entsprechenden Faltmaschinen Ärmelfaltbleche (3a bzw. 3b) vorhanden sind. Des weiteren wird erläutert, dass unterhalb und etwas vor diesen Ärmelfaltblechen ein Trum eines zugehörigen geschlossenen Riemens (4a bzw. 4b) läuft. Damit wird deutlich, dass die Ärmel eines Bekleidungsstücks - während der Weiterförderung des Mittelteils - von unterhalb der Faltbleche (3a bzw. 3b) umlaufenden Riemen (4a bzw. 4b) erfasst werden. Diese Riemen bewirken zwangsläufig neben der Faltung durch die Faltbleche auch eine kontinuierliche relativbewegliche Förderung der Ärmel zum Rumpfteil des Bekleidungsstücks.
Daher sind die geltend gemachten Vorbenutzungskomplexe auch als ausreichend relevant einzustufen, um ihnen im Detail nachzugehen.
4. Zurückverweisung
Die Kammer ist somit der Auffassung, dass die Vorbenutzungskomplexe I - IV ausreichend relevant und in das weitere Verfahren einzuführen sind. Sie lagen der Einspruchsentscheidung nicht in der vorliegenden Form zugrunde und sind so nicht durch die Einspruchsabteilung geprüft. Des weiteren liegt ein Antrag auf Zeugeneinvernehmung vor. Diesen Antrag hatte die Einspruchsabteilung zum damaligen Zeigpunkt nicht weiter verfolgt, da keine ausreichenden Gründe dafür vorlagen. In Anbetracht der nunmehr vorliegenden Dokumente bezüglich der offenkundigen Vorbenutzungskomplexe muss neu darüber entschieden werden, ob eine Zeugeneinvernahme erforderlich ist oder nicht. Unter diesen Umständen, und um den Parteien nicht das Recht zu verweigern, das Einspruchsverfahren mit der Möglichkeit der Überprüfung in einer zweiten Instanz durchzuführen, ist die Kammer der Auffassung, dass die Sache an die erste Instanz zurückverwiesen sollte, zumal dies durch die Beschwerdeführerin beantragt wurde.
5. Geltend gemachter Einwand nach Artikel 113 (1) EPÜ
5.1 Die Auffassung der Beschwerdeführerin, dass das Recht auf rechtliches Gehör verletzt worden sei, weil die Vorbenutzungen D13 und D14 nicht beachtet worden seien und die angefochtene Entscheidung auf Gründe gestützt wurde, zu denen sich die Beschwerdeführerin nicht äußern konnte, kann von der Kammer nicht geteilt werden.
In der angefochtenen Entscheidung wurde zu den Vorbenutzungen, die auf D13 und D14 basierten, unter Punkt 1.2 Stellung genommen. Die Beurteilung dieser Vorbenutzungen durch die Einspruchsabteilung als zu diesem Zeitpunkt nicht ausreichend substantiiert, kann von der Kammer nachvollzogen werden. Aus den damals diesbezüglich vorliegenden Dokumenten D14k und D14j (sehr undeutliche Kopien von Fotos), ist es nicht möglich, die technischen Einzelheiten einer Ärmelfaltstation zu erkennen. Es wurde daher in der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass weder aus diesen Kopien der Fotos noch aus einer anderen zu D13 oder D14 eingereichten Unterlage hervorginge, wie die Ärmelfaltstation funktioniere. Die geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzungen wurden daher sehr wohl beachtet, jedoch als nicht relevant eingestuft. Damit ist aus den der Akte entnehmbaren Fakten gezeigt, dass kein Verfahrensfehler im Sinne einer Verletzung des rechtlichen Gehörs vorliegt.
5.2 Die Auffassung der Beschwerdeführerin, dass das Recht auf rechtliches Gehör des weiteren verletzt worden sei, weil die Zeugen nicht einvernommen worden seien, kann von der Kammer ebenfalls nicht geteilt werden.
Es lag keine Beschreibung vor, wie das Verfahren nach D9 bis D16 bezüglich der Ärmelfaltförderung jeweils durchgeführt wurde. Die diesbezüglich alleine relevanten Dokumente D14k und D14j waren hierzu nicht aussagekräftig. Es war zu diesem Zeitpunkt auch nicht erkennbar, ob die Personen, die als Zeugen genannt worden waren, diesbezüglich relevante Aussagen machen könnten. Durch die nunmehr in Bezug auf das Ärmelfaltförder-Verfahren und die entsprechenden Vorrichtungen vorliegenden ergänzenden Beweismittel, insbesondere die Beschreibung, könnte es erforderlich erscheinen, die Zeugen zu vernehmen. Ein Verfahrensfehler im Sinne einer Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt somit auch hier nicht vor. Zudem wird im weiteren Verfahren neu über diese Anträge entschieden werden.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
Die Sache wird an die Erste Instanz zurückverwiesen zur Fortsetzung des Einspruchsverfahrens.