T 1098/01 (Wirkstoffkombination/BEIERSDORF) of 13.4.2005

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2005:T109801.20050413
Datum der Entscheidung: 13 April 2005
Aktenzeichen: T 1098/01
Anmeldenummer: 94900762.9
IPC-Klasse: A61K 7/48
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: B
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Synergistische Wirkstoffkombinationen zur kosmetischen oder dermatologischen Pflege der Haut oder der Hautanhangsgebilde
Name des Anmelders: Beiersdorf Aktiengesellschaft
Name des Einsprechenden: Henkel KGaA
Wella AG
Kammer: 3.3.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 54
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 84
European Patent Convention 1973 Art 100
European Patent Convention 1973 Art 102(3)
European Patent Convention 1973 Art 104
European Patent Convention 1973 Art 106
European Patent Convention 1973 Art 107
European Patent Convention 1973 Art 108
European Patent Convention 1973 Art 114(1)
European Patent Convention 1973 Art 114(2)
European Patent Convention 1973 Art 123(2)
European Patent Convention 1973 Art 123(3)
European Patent Convention 1973 R 1(1)
European Patent Convention 1973 R 57a
European Patent Convention 1973 R 64
European Patent Convention 1973 R 71a
Schlagwörter: Prüfung von Änderungen des Patents im Einspruchsbeschwerdeverfahren nach einer Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung
Orientierungssatz:

Nimmt der Patentinhaber als einziger Beschwerdeführer im Einspruchsbeschwerdeverfahren Änderungen an der Fassung des Patents gemäß Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung vor, hat die Kammer die Kompetenz und Verpflichtung diese Änderungen in formaler und materieller Hinsicht von Amts wegen zu prüfen auch dann, wenn die Beschwerdegegner diesen Änderungen ausdrücklich zustimmen.

Angeführte Entscheidungen:
G 0007/91
G 0008/91
G 0009/91
G 0010/91
G 0009/92
T 0422/87
T 0113/90
T 0615/96
T 0769/97
T 0805/00
T 1126/00
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 1241/03

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Patentinhaberin richtet sich gegen die am Ende der mündlichen Verhandlung vom 26. Juni 2001 verkündete und am 17. Juli 2001 zur Post gegebene Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung nach Artikel 102 (3) und 106 (3) EPÜ über die Aufrechterhaltung des europäischen Patents mit der Nr. 0 674 505 ("das Patent") in geändertem Umfang. Das Patent wurde am 5. August 1998 auf Grundlage der europäischen Patentanmeldung Nr. 94 900 762.9 (Internationale Anmeldenummer: PCT/DE 93/01166) mit dreizehn Patentansprüchen erteilt. Anspruch 1 hatte folgenden Wortlaut:

"1. Kosmetische und/oder dermatologische Wirkstoffkombinationen, bestehend aus

a) einer wirksamen Menge an Biotin und/oder Biotinestern,

b) einer wirksamen Menge an einer oder mehreren anderen Alpha-Hydroxycarbonsäuren der allgemeinen Formel

FORMEL

und/oder einer wirksamen Menge an einer oder mehreren a-Ketocarbonsäuren der allgemeinen Formel

FORMEL

wobei R' und R" unabhängig voneinander gewählt werden aus der Gruppe

(b1) H-,

(b2) verzweigtes oder unverzweigtes C1-25-Alkyl-,

(b3) mit einer oder mehreren Carboxylgruppen und/oder Hydroxygruppen und/oder Aldehydgruppen und/oder Oxogruppen (Ketogruppen) substituiertes verzweigtes oder unverzweigtes C1-25-Alkyl-,

(b4) Phenyl-,

(b5) mit einer oder mehreren Carboxylgruppen und/oder Hydroxygruppen und/oder verzweigten und/oder unverzweigten C1-25-Alkylgruppen substituiertes Phenyl-,

oder wobei das Alpha-Kohlenstoffatom der Alpha-Hydroxycarbonsäure mit R' und R" zusammen eine

(b6) unsubstituierte Cycloalkylgruppe mit 3 bis 7 Ringatomen oder eine

(b7) mit einer oder mehreren Carboxylgruppen und/oder Hydroxygruppen und/oder Oxogruppen (Ketogruppen) und/oder verzweigten und/oder unverzweigten C1-25-Alkylgruppen substituierte Cycloalkylgruppe mit 3 bis 7 Ringatomen ausbildet, und

wobei die Alpha-Hydroxycarbonsäure oder die Alpha-Hydroxycarbonsäuren oder die Alpha-Ketocarbonsäure oder die Alpha-Ketocarbonsäuren gegebenenfalls in Form ihrer physiologisch verträglichen Salze und/oder Ethylester

und/oder Methylester vorliegen können

und

c) einer wirksamen Menge an einem oder mehreren Antioxidantien."

II. Gestützt auf Artikel 100 a) EPÜ i. V. m. den Artikeln 54 und 56 EPÜ legten die Einsprechende I (Beschwerdegegnerin I) am 20. April 1999 und die Einsprechende II (Beschwerdegegnerin II) am 29. April 1999 unabhängig voneinander Einsprüche ein und beantragten den Widerruf des Patents im gesamten Umfang wegen fehlender Neuheit und fehlender erfinderischer Tätigkeit.

III. Von den zahlreichen Entgegenhaltungen und Nachweisen, die alle bereits im erstinstanzlichen Einspruchsverfahren von den Parteien zur Stützung ihres Vorbringens eingereicht wurden, wird auf die nachfolgend genannten auch in der vorliegenden Entscheidung Bezug genommen:

(1) GB-A-2 120 939

(2) US-A-4 737 360

(3) US-A-5 162 344

(5) EP-A-0 552 516

(6) DE-A-3 029 263

(8) WO 92/18116

(17) Arbeitsanleitung Ferritin ELISA, Gesellschaft für Immunchemie und Immunbiologie mbH, D-22335 Hamburg

(18) Proteinbestimmungen nach dem Bradford Essay

(19) Versuchsbericht der Patentinhaberin, eingereicht am 26. Mai 2001

IV. In der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung beantragte die Patentinhaberin als Hauptantrag die Zurückweisung der Einsprüche. Hilfsweise beantragte sie die Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang auf Grundlage eines der Hilfsanträge 1, 1a, 2, 2a, oder 3.

V. In ihrer Zwischenentscheidung teilte die Einspruchsabteilung hinsichtlich des Hauptantrags die Ansicht der Einsprechenden, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 des Patents in der erteilten Fassung durch die Entgegenhaltungen (1), (2) und (3) neuheitsschädlich vorweggenommen sei. Der Stand der Technik gemäß den Entgegenhaltungen (5) und (6) war nach Auffassung der Einspruchsabteilung für den Gegenstand des Anspruchs 1 des 2. Hilfsantrags neuheitsschädlich. Den 1. Hilfsantrag wies die Einspruchabteilung wegen Verstoßes gegen Regel 57a EPÜ zurück. Der Grund für die Zurückweisung der Hilfsanträge 1a und 2a war verspätetes Vorbringen unter Hinweis auf die Bestimmungen von Regel 71a i. V. m. Artikel 114 (2) EPÜ.

VI. Schließlich gelangte die Einspruchsabteilung in ihrer Zwischenentscheidung zur Ansicht, daß das Patent mit den Änderungen des 3. Hilfsantrags den Erfordernissen des Übereinkommens genüge.

Die Ansprüche dieses 3. Hilfsantrags unterscheiden sich von den Ansprüchen in der erteilten Fassung (siehe I oben) im wesentlichen dadurch, daß die Komponente b) der beanspruchten Wirkstoffkombinationen durch Streichung der Alternative Alpha-Ketocarbonsäuren auf eine wirksame Menge an einer oder mehreren anderen a-Hydroxycarbonsäuren der allgemeinen Formel

FORMEL

und die als Komponente c) in allgemeiner Form beanspruchte Gruppe von Antioxidantien auf ein einzigen Vertreter aus dieser Gruppe, nämlich auf eine wirksame Menge an Alpha-Liponsäure beschränkt wurde.

VII. (A) In der Entscheidungsbegründung kam die Einspruchsabteilung in Übereinstimmung mit den Einsprechenden zum Schluß, daß die Ansprüche des 3. Hilfsantrags sowohl die formalen Voraussetzungen der Artikeln 84, 123 (2) und (3) EPÜ als auch das Erfordernis der Neuheit im Sinne von Artikel 54 (1) EPÜ erfüllten.

(B) Hinsichtlich der erfinderischen Tätigkeit war nach übereinstimmender Ansicht von Entgegenhaltung (8) als nächstliegendem Stand der Technik auszugehen. Diese Entgegenhaltung offenbare kosmetische Wirkstoffkombinationen, die Vitamine und Alpha-Hydroxycarbonsäuren enthielten. Davon unterschieden sich die beanspruchten Wirkstoffkombinationen gemäß Anspruch 1 des 3. Hilfsantrags nach Ansicht der Einspruchsabteilung durch Auswahl von Biotin und/oder Biotinestern als Komponente a) und die Anwesenheit von Alpha- Liponsäure als zusätzliche Komponente c) der beanspruchten Zusammensetzungen.

(C) Ausgehend vom Stand der Technik gemäß Entgegenhaltung (8) sah die Einspruchsabteilung die zu lösende Aufgabe entweder in der Bereitstellung eine bloßen Alternative oder einer verbesserten Wirkstoffkombination, wobei die erstgenannte Aufgabenstellung bereits durch die Auswahl von Biotin oder Biotinestern als Komponente a) und den Zusatz von Alpha-Liponsäure als Komponente c) gelöst worden sei. Obwohl Biotin und Alpha-Liponsäure bekannte Stoffe seien, finde sich im Stand der Technik kein Hinweis auf deren gemeinsame Verwendung in pharmazeutischen oder kosmetischen Zusammensetzungen. Daher sei der Fachmann bei der Suche nach alternativen Wirkstoffkombinationen, die durch Alpha-Hydroxycarbonsäuren verstärkt werden könnten, durch den Stand der Technik nicht zur beanspruchten Lösung der bestehenden Aufgabe hingeführt worden.

(D) Betrachte man die von der Patentinhaberin eingereichten Vergleichsversuche (19), hätte der Fachmann bei der Verwendung von Biotin und Alpha-Hydroxycarbonsäuren alleine einen negativen Effekt festgestellt. Dieses Ergebnis hätte nach Ansicht der Einspruchsabteilung kaum Anreiz geboten weitere Untersuchungen anzustellen, etwa mit dem Ziel herauszufinden, ob dieser negative Effekt, wie in den Vergleichsversuchen nachgewiesen wurde, durch den Zusatz von Alpha-Liponsäure beseitigt oder gar umgekehrt werden könne.

(E) Auch wenn die Signifikanz dieser Vergleichsversuche (19) durch die Ausführungen in den Veröffentlichungen (17) und (18) relativiert werde, sei der gezeigte Trend dennoch erkennbar. Beweise, daß den von der Patentinhaberin vorgelegten Vergleichsversuchen anzweifelbare oder gar falsche Ergebnisse zugrunde gelegen hätten, seien von den Einsprechenden jedenfalls nicht angeboten worden. Das Vorliegen von erfinderischer Tätigkeit sei für den 3. Hilfsantrag daher anzuerkennen gewesen.

VIII. In der Beschwerdebegründung beantragte die Beschwerdeführerin als Hauptantrag die Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang auf Grundlage eines Anspruchsbegehrens, welches dem Hilfsantrag 2a vor der Einspruchsabteilung entsprach. Als 1. Hilfsantrag beantragte sie die Aufrechterhaltung des Patents auf Grundlage eines gegenüber dem Hauptantrag noch zusätzlich eingeschränkten Anspruchsbegehrens mit 12 Ansprüchen, dessen Anspruch 1 folgenden Wortlaut hatte:

"1. Kosmetische und/oder dermatologische Wirkstoffkombinationen, bestehend aus

a) einer wirksamen Menge an Biotin und/oder Biotinestern,

b) einer wirksamen Menge an einer oder mehreren anderen a-Hydroxycarbonsäuren der allgemeinen Formel

FORMEL

wobei R' und R" unabhängig voneinander gewählt werden aus der Gruppe

(b1) H-,

(b2) verzweigtes oder unverzweigtes C1-25-Alkyl-,

(b3) mit einer oder mehreren Carboxylgruppen und/oder Hydroxygruppen und/oder Aldehydgruppen und/oder Oxogruppen (Ketogruppen) substituiertes verzweigtes oder unverzweigtes C1-25-Alkyl-,

(b4) Phenyl-,

(b5) mit einer oder mehreren Carboxylgruppen und/oder Hydroxygruppen und/oder verzweigten und/oder unverzweigten C1-25-Alkylgruppen substituiertes Phenyl-,

oder wobei das Alpha-Kohlenstoffatom der Alpha-Hydroxycarbonsäure mit R' und R" zusammen eine

(b6) unsubstituierte Cycloalkylgruppe mit 3 bis 7 Ringatomen oder eine

(b7) mit einer oder mehreren Carboxylgruppen und/oder Hydroxygruppen und/oder Oxogruppen (Ketogruppen) und/oder verzweigten und/oder unverzweigten C1-25-Alkylgruppen substituierte Cycloalkylgruppe mit 3 bis 7 Ringatomen ausbildet, und

wobei die Alpha-Hydroxycarbonsäure oder die Alpha-Hydroxycarbonsäuren gegebenenfalls in Form ihrer physiologisch verträglichen Salze und/oder Ethylester

und/oder Methylester vorliegen können

und

d) einer wirksamen Menge an einem oder mehreren Antioxidantien, welche gewählt werden aus der Gruppe bestehend aus den verschiedenen Ubichinonen und Alpha-Liponsäure."

IX. Die Beschwerdegegnerin I (Einsprechende I) beantragte im schriftlichen Beschwerdeverfahren die Zurückweisung der Beschwerde. Die Beschwerdegegnerin II (Einsprechende II) hat sich im schriftlichen Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

X. Zu Beginn der für den 13. April 2005 angesetzten mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer zog die Beschwerdeführerin den mit der Beschwerdebegründung eingereichten breiteren Hauptantrag (siehe VIII oben) zurück und beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang auf Grundlage eines während dieser Verhandlung neu eingereichten, als Hauptantrag bezeichneten eingeschränkten Anspruchsbegehrens mit 12 Ansprüchen, welche mit den mit der Beschwerdebegründung vom 27. November 2001 als 1. Hilfsantrag eingereichten Ansprüchen 1 bis 12 (siehe VIII oben) identisch sind, mit der einzigen Ausnahme, daß die durch einen offensichtlichen Übertragungsfehler in Anspruch 1 in alphabetischer Reihenfolge unter Überspringung von c) unter "d) einer wirksamen Menge an einem oder mehreren Antioxidantien ....." gereihte Komponente (siehe VIII oben) entsprechend den Angaben in den Erstunterlagen und dem erteilten Patent in der nunmehr geltenden Fassung der Ansprüche in richtiger fortlaufender alphabetischer Reihenfolge unter "c) einer wirksamen Menge an einem oder mehreren Antioxidantien ....." gereiht wurde.

XI. Nachdem die mündliche Verhandlung für kurze Zeit unterbrochen worden war, um der Kammer und den Beschwerdegegnerinnen Gelegenheit zur Beratung über die neue Antragslage zu geben, hat die Beschwerdegegnerin I ihren im schriftlichen Verfahren gestellten Antrag auf Zurückweisung der Beschwerde nicht mehr weiterverfolgt. Weder die Beschwerdegegnerin I noch die Beschwerdegegnerin II haben in der Folge in der Hauptsache eigene Anträge gestellt. Vielmehr brachten beide Beschwerdegegnerinnen (Einsprechenden) einvernehmlich zum Ausdruck, daß sie gegen den einzig verbleibenden, eingeschränkten Antrag (siehe X oben) der Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) keinen Einwand mehr erheben.

XII. Die Beschwerdegegnerin I machte jedoch geltend, daß sie sich bei der gegenwärtigen Antragslage veranlaßt sehe ihre Kosten, welche ihr durch die An- und Rückreise und eine Übernachtung in München anläßlich ihrer Teilnahme an der mündlichen Verhandlung entstanden seien, gegenüber der Beschwerdeführerin geltend zu machen. Sie begründete dies im wesentlichen damit, daß sie bei der gegenwärtigen Antragsanlage von einer Teilnahme an der mündlichen Verhandlung Abstand genommen hätte und die Beschwerdeführerin genügend Zeit und Gelegenheit gehabt hätte, sie als Beschwerdegegnerin über die Entscheidung, den mit der Beschwerdebegründung eingereichten breiteren Hauptantrag zurückzuziehen, so rechtzeitig zu informieren, daß ihr Zeit und Kosten für die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer erspart geblieben wären.

Die Beschwerdeführerin hielt dem im wesentlichen entgegen, einerseits müsse ihr als "Herrin des Verfahrens" zugestanden werden selbst zu entscheiden, welche der im schriftlichen Verfahren eingereichten Anträge sie in der mündlichen Verhandlung weiterzuverfolgen zu beabsichtige. Andererseits habe die Beschwerdegegnerin I im schriftlichen Verfahren in der Antwort auf die Beschwerdebegründung zu erkennen gegeben, daß sie die Zurückweisung der Beschwerde im Umfang aller Anträge und somit auch im Umfang des nunmehr einzigen aufrechterhaltenen eingeschränkten Antrags der Beschwerdeführerin, der dem 1. Hilfsantrag in der Beschwerdebegründung entspreche, anstrebe. Die Beschwerdeführerin habe daher auf keinen Fall vermuten können, daß die Beschwerdegegnerin I, wie diese nunmehr darlege, bei der gegenwärtigen Antragslage von einer Teilnahme an der mündlichen Verhandlung Abstand genommen hätte. Deshalb habe die Beschwerdeführerin auch gar keinen Anlaß gehabt, die Beschwerdegegnerin I von ihrer Absicht, den Hauptantrag in der mündlichen Verhandlung zurückzuziehen, vorab zu informieren.

XIII. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents auf Grundlage des während dieser Verhandlung eingereichten Hauptantrags (einziger Antrag). Außerdem beantragte sie die Zurückweisung des Antrags auf Kostenverteilung.

Die Beschwerdegegnerin I stellte einen Antrag auf Kostenverteilung.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 EPÜ in Verbindung mit den Regeln 1 (1) und 64 EPÜ; sie ist daher zulässig.

Ausgangslage

2. Wie aus den Ausführungen in Abschnitten VIII bis XI oben hervorgeht, handelt es sich hier um die alleinige Beschwerde der Patentinhaberin gegen die Zwischenentscheidung, mit der das Patent von der Einspruchsabteilung in geändertem Umfang als aufrechthaltbar erklärt worden ist (Artikel 102 (3) und 106 (3) EPÜ).

2.1 Die im EPÜ für europäische Patentanmeldungen und Patente geregelten Verfahren werden - von Ausnahmen abgesehen - auf Antrag eingeleitet. Nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern bestimmt der einleitende Antrag das Verfahren. Dies entspricht dem Antragsgrundsatz ("ne ultra petita") (siehe G 9/92, OJ EPO 1994, 875, Punkt 1 der Entscheidungsgründe).

Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung ihren einleitenden Beschwerdeantrag - die Erklärung über den Umfang der Anfechtung der Entscheidung der ersten Instanz gemäß Artikel 108 Satz 1, Regel 64 b) EPÜ (siehe VIII oben) - durch Zurückziehung des damaligen Hauptantrags beschränkt und beantragt nunmehr als einzigen Antrag, daß die von ihr im Verlaufe der mündlichen Verhandlung vor der Kammer vorgeschlagene gegenüber dem damaligen Hauptantrag noch weiter eingeschränkte Fassung des Patents an die Stelle des Patents in der von der Einspruchsabteilung festgelegten Fassung tritt oder daß dann, wenn einem solchen Antrag nicht stattgegeben wird, d. h. die Beschwerde zurückgewiesen wird, das Patent in der von der Einspruchsabteilung festgelegten Fassung aufrechterhalten bleibt.

2.2 Weder die nicht beschwerdeführende Einsprechende I (Beschwerdegegnerin I) noch die nicht beschwerdeführende Einsprechende II (Beschwerdegegnerin II)hat sich im Verlaufe der mündlichen Verhandlung in der Hauptsache durch einen Gegenantrag zum einzigen Antrag der Beschwerdeführerin in Widerspruch gesetzt. Im Gegenteil, im Verlaufe der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer haben beide einvernehmlich und ausdrücklich erklärt, daß sie weder aus verfahrensrechtlichen oder formalen noch aus materiellrechtlichen Gründen irgendeinen Einwand gegen das von der Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) als einzigen verbleibenden Antrag vorgeschlagene, eingeschränkte Anspruchsbegehren aufrechterhalten und beide Beschwerdegegnerinnen haben dies auf Nachfrage der Kammer auch ausdrücklich bestätigt. Die Kammer kann dies nur als klare Willensäußerung ansehen, daß beide Beschwerdegegnerinnen dem einzigen Antrag der Beschwerdeführerin zustimmen, daß das Patent in geändertem Umfang auf Grundlage des in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer eingereichten, eingeschränkten Anspruchbegehrens (siehe VIII, X und XI oben) von der zuständigen Instanz des EPA aufrecht erhalten wird.

2.3 Es stellt sich nun die Frage, welche rechtlichen Konsequenzen aus dieser Antragslage in Hinblick auf die von der Rechtsprechung der Grossen Beschwerdekammer entwickelten Verfahrensgrundsätze für das Einspruchsverfahren und Einspruchsbeschwerdeverfahren im systematischen Zusammenhang mit dem Verfahrensrecht nach dem EPÜ, insbesondere dem Amtsermittlungsgrundsatz gemäß Artikel 114 (1) EPÜ, zu ziehen sind.

Verfahrensgrundsätze; Entscheidungen der Grossen Beschwerdekammer

3. In den Entscheidungen G 7/91 (ABl. EPA 1993, 356) und G 8/91 (ABl. EPA 1993, 346) hat die Grosse Beschwerdekammer ausdrücklich auf den unterschiedlichen rechtlichen Charakter zwischen dem Verfahren vor der Einspruchsabteilung und jenem vor der Beschwerdekammer hingewiesen. Das Einspruchsverfahren ist ein reines Verwaltungsverfahren im Gegensatz zum Einspruchsbeschwerdeverfahren, das als ein verwaltungsgerichtliches Verfahren anzusehen ist, wo eine Ausnahme von allgemein verfahrensrechtlichen Grundsätzen, wie insbesondere dem Verfügungsgrundsatz (Dispositionsmaxime), viel stärker begründet werden müßte als im Verwaltungsverfahren.

3.1 Im Zusammenhang mit der Entscheidungskompetenz der Beschwerdekammern ist auch die Wirkung der Zurücknahme der Beschwerde zu sehen. In den oben angeführten Entscheidungen hat die Grosse Beschwerdekammer festgestellt, daß im Gegensatz zum Einspruchsverfahren, in dem Regel 60 (2) EPÜ vorsieht, daß das Verfahren von Amts wegen fortgesetzt werden kann, wenn der Einspruch zurückgenommen wird, das Beschwerdeverfahren auf jeden Fall endet, wenn die einzige Beschwerde oder, bei mehrseitigen Beschwerden, wenn alle Beschwerden zurückgezogen wurden. Mit dem Wegfall der Beschwerde oder der Beschwerden fällt die Kompetenz der Kammer zur weiteren Durchführung des Verfahrens und zur Entscheidung auch dann weg, wenn die Kammer die Unhaltbarkeit der erstinstanzlichen Aufrechterhaltung erkannt hat und die fehlerhafte Entscheidung der ersten Instanz infolge der Rücknahme Rechtskraft erlangt (loc. cit., Punkte 10.2 und 10.3 der Entscheidungsgründe).

3.2 Die Grosse Beschwerdekammer hat in den oben angeführten Entscheidungen auch zu der auch im vorliegenden Fall interessierenden Frage Stellung genommen, inwieweit das Interesse der Öffentlichkeit an einem gültigen Patent ein im Einspruchsbeschwerdeverfahren zu schützendes Rechtgut darstellt. In diesem Zusammenhang hat sie festgestellt (loc. cit., Punkt 10.1 der Entscheidungsgründe), daß das Interesse der Öffentlichkeit im europäischen Patentsystem vornehmlich dadurch sichergestellt ist, daß innerhalb von neun Monaten nach der Bekanntmachung des Hinweises auf die Erteilung des europäischen Patents jedermann gegen das Patent Einspruch einlegen kann. Es muß deshalb im Prinzip angenommen werden, daß das Patent diejenigen nicht stört, die keine Einsprüche eingelegt haben. Es ist somit nicht gerechtfertigt vom allgemeinen Verfahrensprinzip des Verfügungsgrundsatzes (Dispositionsmaxime) abzuweichen, nur um das Interesse derjenigen, die überhaupt keine Einsprüche eingelegt haben, wahrzunehmen. In diesem Zusammenhang hat die Grosse Beschwerdekammer auch auf die Möglichkeit, Nichtigkeitsklage vor nationalen Gerichten zu erheben, hingewiesen.

3.3 Die Ausgestaltung des Verfügungsgrundsatzes (Dispositionsmaxime) im Rahmen des Einspruchsverfahrens und des Einspruchsbeschwerdeverfahrens war bereits mehrfach Gegenstand von Entscheidungen der Grossen Beschwerdekammer. Mit der Entscheidungskompetenz der Einspruchsabteilung einerseits und der Beschwerdekammer andererseits hat sich die Entscheidung G 9/91 (ABl. EPA 1993, 408) auseinandergesetzt. Nach dieser Entscheidung ist das Einspruchsverfahren nur in dem Umfang anhängig, in dem das europäische Patent im Rahmen der Erklärung nach Regel 55 c) EPÜ angefochten worden ist. Darüber hinaus fehlt es an einer Entscheidungskompetenz und demgemäß an der Befugnis, "einen Sachverhalt zu ermitteln" (vgl. hierzu G 9/91, Gründe Nr. 10 und 11). Die Einspruchsabteilung und die Beschwerdekammer können die Kompetenz zur Entscheidung über den Widerruf oder die Aufrechterhaltung des Patents nur im Umfang der Anfechtung des Patents gemäß der Erklärung des oder der Einsprechenden in Anspruch nehmen.

3.4 Auch bei den Einspruchsgründen gilt der Amtsermittlungsgrundsatz (Artikel 114 (1) EPÜ) nicht ohne Einschränkungen. Dabei handelt es sich aber nicht um eine Frage der Kompetenz, sondern um die ausgewogene Anwendung von Verfahrensgrundsätzen (G 10/91, ABl. EPA 1993, 420 Gründe Nr. 12). Die Einspruchsabteilung prüft nur die vom Einsprechenden innerhalb der Einspruchsfrist geltend gemachten und durch Tatsachen und Beweise ordnungsgemäß gestützten Einspruchsgründe. Die Berücksichtigung von darüber hinausgehenden Gründen stellt eine Ausnahme dar, für deren Anwendung besondere Bedingungen gelten (siehe loc. cit., Gründe Nr. 16).

Zum Einspruchsbeschwerdeverfahren hat die Grosse Beschwerdekammer Gründe angegeben, welche die Anwendung des Amtsermittlungsgrundsatzes weiter einschränken. Das zweiseitige Beschwerdeverfahren hat primär die Aufgabe, der unterlegenen Partei die Möglichkeit zu geben, die getroffene Entscheidung der Einspruchsabteilung anzufechten. Nur mit Zustimmung des Patentinhabers kann ausnahmsweise ein neuer Einspruchsgrund in das Beschwerdeverfahren einbezogen werden (loc. cit., Gründe Nr. 18).

3.5 Schließlich hat sich die Grosse Beschwerdekammer auch mit der Frage befaßt, inwieweit sich die nicht beschwerdeführende Partei mit ihren Anträgen zu denen des Beschwerdeführers in Widerspruch setzen darf. Demnach können weder die nicht beschwerdeführenden Einsprechenden (Beschwerdegegnerinnen) noch die Beschwerdekammer das ganze Patent oder auch nur Teile des Patents gemäß der Zwischenentscheidung in Frage stellen (Verbot der reformatio in peius, siehe G 9/92 loc. cit., insbesondere Leitsatz I).

Entscheidungen der Beschwerdekammern

4. Fälle mit einer der dem vorliegenden Fall vergleichbaren Antragslage, in denen die Patentinhaberin als Partei des Einspruchsbeschwerdeverfahrens nach Artikel 107 EPÜ in dessen Verlauf die Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang auf Grundlage einer neuen, gegenüber der bei Einleitung der Beschwerde vorliegenden Fassung des Patents beschränkten Fassung beantragt hat und die Gegenpartei(en) dazu in der Hauptsache keinen Gegenantrag mehr gestellt haben, d. h. sich mit der Aufrechterhaltung des Patents in der von der Patentinhaberin zuletzt vorgeschlagenen Fassung einverstanden erklärt haben, wurden von den Beschwerdekammern bisher unterschiedlich behandelt.

4.1 Den Entscheidungen T 422/87 vom 2. Mai 1990 (siehe insbesondere Punkt 3 der Entscheidungsgründe), T 113/90 vom 18. Dezember 1991 (siehe insbesondere Punkt 3 der Entscheidungsgründe), T 769/97 vom 18. April 2002 (siehe insbesondere Punkt 3 der Entscheidungsgründe) und T 805/00 vom 15. Juli 2003 (siehe insbesondere Punkt 7 der Entscheidungsgründe) ist zu entnehmen, daß die jeweils entscheidende Kammer bei der oben in Punkt 4 angeführten Fallgestaltung offensichtlich dem Amtsermittlungsgrundsatz den Vorrang gegeben und daraus ihre Kompetent hergeleitet hat, unabhängig vom Umfang der Prüfung durch die Vorinstanz selbst zur Gänze zu prüfen, ob "das europäische Patent und die Erfindung, die es zum Gegenstand hat, in der geänderten Fassung der Erfordernissen des Übereinkommens genügt" (Artikel 102 (3) EPÜ).

4.2 In der Entscheidung T 1126/00 vom 2. Dezember 2004 ist die Kammer bei der in Punkt 4 oben angeführten Fallgestaltung unter Hinweis auf die in den Entscheidungen G 7/91 (loc. cit.) G 8/91 (loc. cit.), G 9/91 (loc. cit.) und G 9/92 (loc. cit.) niedergelegten Verfahrensgrundsätze (siehe 3 bis 3.5 oben), und hier wiederum insbesondere unter Hinweis auf den Verfügungsgrundsatz (Dispositionsmaxime), zur Auffassung gelangt, daß sie keine Kompetenz mehr zur Prüfung jener Ansprüche habe, welche bereits in der von der Einspruchsabteilung in Betracht gezogenen und von dieser auch aufrechterhaltenen Fassung des Patents vorhanden waren (siehe insbesondere Punkte 1 bis 4 der Entscheidungsgründe).

4.3 Schließlich ist diese Kammer in anderer Zusammensetzung in der Entscheidung T 615/96 vom 13. November 2001, unter Hinweis auf die in den Entscheidungen G 7/91 (loc. cit.) G 8/91 (loc. cit.) geregelte Wirkung der Zurücknahme der Beschwerde, zur Auffassung gelangt, daß in Fällen, in denen der Patentinhaber gegen die Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang durch die Einspruchsabteilung Beschwerde führt und im Verlaufe des Beschwerdeverfahrens einen einzigen (eingeschränkten) Antrag aufrechterhält, gegen den der oder die Einsprechenden als Beschwerdegegner keinen Einwand mehr erheben und dem diese somit ihre Zustimmung erteilen, das Beschwerdeverfahren des Patentinhabers zu diesem Zeitpunkt automatisch beendet wird (siehe insbesondere Punkt 3.1 der Entscheidungsgründe). In Hinblick auf die Zustimmung des Beschwerdegegners zu dem von der Beschwerdeführerin vorgelegten Anspruchsbegehren gebe es darüber hinaus auch aus diesem Grund keinen Anlaß mehr das Beschwerdeverfahren weiterzuführen (siehe insbesondere Punkt 3.2 der Entscheidungsgründe). Bei dieser Beurteilung der Antragslage hat die Kammer den Schluß gezogen sie habe keinen Ermessensspielraum ("discretionary power") mehr, das eingeschränkte Anspruchsbegehren einer Sachprüfung zu unterziehen (siehe Punkt 4 der Entscheidungsgründe).

Der vorliegende Fall

5. Für die Entscheidung im vorliegenden Fall bezieht sich die Kammer zunächst auf die Entscheidung "Prüfungsbefugnis" G 9/91 (loc. cit.), in derem letzen Punkt 19 der Entscheidungsgründe die Grosse Beschwerdekammer folgendes verfügt hat: "Um Mißverständnissen vorzubeugen, sei schließlich noch betont, daß Änderungen der Ansprüche oder anderer Teile eines Patents, die im Einspruchs- oder Beschwerdeverfahren vorgenommen werden, in vollem Umfang auf die Erfüllung der Erfordernisse des EPU (z. B. des Artikels 123 (2) und (3) EPU) zu prüfen sind."

5.1 In Übereinstimmung mit den von der Grossen Beschwerdekammer entwickelten Verfahrensgrundsätzen (siehe 3 bis 3.5 oben), insbesondere des Verfügungsgrundsatzes und des im vorliegenden Fall zu beachtenden Verbots der "reformatio in peius", kann nach Ansicht der Kammer die ihr in der Entscheidung G 9/91 zugesprochene Kompetenz und Verpflichtung zur Prüfung von "Änderungen" (siehe Punkt 5 oben) im vorliegenden Fall nur die Prüfung jener Änderungen des Patents betreffen, die von der beschwerdeführenden Patentinhaberin im Verfahren vor der Kammer (Einspruchsbeschwerdeverfahren) vorgenommen wurden, auf keinen Fall aber auch jene Änderungen des Patents, die von der Patentinhaberin bereits im Verfahren vor der Vorinstanz vorgenommen wurden und deren Zulässigkeit nicht durch eine eigene Beschwerde der Beschwerdegegnerinnen rechtzeitig in Frage gestellt worden ist. Denn eine andere Auslegung würde nach Ansicht der Kammer mit dem Verbot der "reformatio in peius" in Widerspruch stehen (siehe G 9/92 loc. cit., und 3.5 oben).

5.2 Es liegt in der Natur der Sache, daß die Beschwerdeführerin, die im vorliegenden Fall die Zwischenentscheidung, mit der das Patent von der Einspruchsabteilung in geändertem Umfang als aufrechthaltbar erklärt worden ist, angefochten hat, mit dieser Beschwerde die Aufrechterhaltung des Patents in einer breiteren Fassung erreichen will, als jene die der Zwischenentscheidung zugrunde liegt. Sonst läge ja keine "Beschwer" im Sinne von Artikel 107 EPÜ vor.

5.3 Der einzige Unterschied zwischen der Fassung des Patents, die von der Einspruchsabteilung in der Zwischenentscheidung als aufrechthaltbar erklärt worden ist (siehe IV oben) und der Fassung gemäß geltendem Antrag (siehe VIII und X oben) besteht darin, daß als Komponente c) neben Alpha-Liponsäure auch Ubichinone als Antioxidantien in den beanspruchten Wirkstoffkombinationen vorhanden sein können.

5.4 Die Kammer hat von Amts wegen geprüft und sich dessen versichert, daß die gegenüber dem Patent in der erteilten Fassung geänderten (eingeschränkten) Ansprüche des geltenden Antrags hinsichtlich der in 5.3 oben angeführten Änderungen sämtlichen Formalerfordernissen des EPÜ, insbesondere den Bestimmungen der Artikel 84, 123 (2) und (3) EPÜ genügen.

5.5 Die Gründe, welche die Einspruchsabteilung veranlaßt haben, das Patent in der von ihr vorgeschlagenen Fassung aufrechtzuerhalten (siehe VII oben) gelten nach Ansicht der Kammer sinngemäß auch für das Anspruchsbegehren gemäß vorliegendem Antrag, bei dem neben Alpha- Liponsäure auch Ubichinone als Antioxidantien in den beanspruchten Wirkstoffkombinationen vorhanden sein können.

Die Beschwerdeführerin hat mit der Beschwerdebegründung zusätzliche Vergleichversuche vorgelegt, die mit den in VII (D) oben angeführten Vorbehalten für die früher vorgelegten Versuche mit Alpha-Liponsäure, die hier sinngemäß gelten, dennoch zeigen, daß

- im Gegensatz zur Kombination Citronensäure und Biotin, die eine Reduktion der Stimulation der Ferritinsynthese um 4 % zeigt,

- die beanspruchte Kombination von Citronensäure, Biotin und Ubichinon (Coenzym Q10) unerwarteterweise einen verstärkenden Effekt auf die Ferritinsynthese von nahezu 25 % aufweist, der auf die Anwesenheit des Ubichinons (Coenzym Q10), d. h. der einzigen Änderung gegenüber der von der Einspruchsabteilung aufrechterhaltenen Fassung der Ansprüche, zurückzuführen ist.

5.6 Auf Grundlage des im Verfahren befindlichen Standes der Technik, den Angaben in der Beschwerdebegründung unter Einbeziehung des Versuchsberichts und in Abwesenheit jedes gegenteiligen Vorbringens kommt die Kammer zum Schluß, daß die in 5.3 oben angeführte, von der Patentinhaberin im Verfahren vor der Kammer (Einspruchsbeschwerdeverfahren) vorgenommene Änderung, einer Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang gemäß Artikel 102 (3) EPÜ nicht entgegensteht.

5.7 Da die Ansprüche gemäß dem geltenden Antrag der Beschwerdeführerin die einzige vom Patentanmelder vorgelegte und gebilligte Fassung darstellen (Artikel 113 (2) EPÜ) und der Beschwerdeführerin daher noch Gelegenheit gegeben werden muß, die Beschreibung an die vorgelegte Fassung der Ansprüche anzupassen, hält es die Kammer in Ausübung des ihr in Artikel 111 (1) EPÜ eingeräumten Ermessens für angebracht, die Angelegenheit zur Anpassung der Beschreibung an die erste Instanz zurückzuverweisen.

Kostenverteilung

6. Es ist noch über den Antrag der Beschwerdegegnerin I auf Kostenverteilung nach Artikel 104 EPÜ zu entscheiden. Eine Entscheidung über die Erstattung von Kosten nach Artikel 104 (1) EPÜ wird als Ausnahme von dem Grundsatz, daß jeder Beteiligte seine Kosten selbst trägt, nur dann getroffen, wenn dies dem in Artikel 104 (1) EPÜ angeführten Grundsatz der Billigkeit entspricht, d. h. wenn die besonderen Umstände des Falls dies erfordern. Die Kammer ist der Auffassung, daß Kosten zu erstatten sind, wenn etwa davon ausgegangen werden kann, daß ein Verfahrensbeteiligter unnötige Ausgaben verursacht hat, die bei Anwendung der üblichen Sorgfalt durchaus vermeidbar gewesen wären. Ihrer Meinung nach sind diese Kriterien im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Dabei läßt sich die Kammer von folgenden Überlegungen leiten.

6.1 Die Beschwerdegegnerin I selbst hat in ihrer Antwort vom 11. April 2002 auf die Beschwerdebegründung einen Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt. Hinsichtlich des mit der Beschwerdebegründung eingereichten 1. Hilfsantrags, der vollumfänglich dem von der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer einzigen aufrechterhaltenen Antrags entspricht (siehe VIII und X oben), hat die Beschwerdegegnerin I in ihrer Antwort auf die Beschwerdebegründung auf den Inhalt der Akte verwiesen und damit klar zu erkennen gegeben, daß sie, gestützt auf das gesamte Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren, auch gegen die Gewährbarkeit dieses Antrags in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer Einwände vorzutragen beabsichtige. Schließlich war neben dem prozessualen Antrag auf mündliche Verhandlung der einzige Antrag der Beschwerdegegnerin I in materiellrechtlicher Hinsicht in ihrer obigen Eingabe auf die Zurückweisung der Beschwerde, d. h. auch auf Zurückweisung des damaligen 1. Hilfsantrags gerichtet. Eine weitere schriftliche Äußerung der Beschwerdegegnerin I ist nicht erfolgt.

6.2 Bei dieser Sachlage hätte die Beschwerdeführerin, nach Ansicht der Kammer, auch bei Einhaltung der üblichen Sorgfaltspflicht nicht schon im Vorfeld der mündlichen Verhandlung erkennen können, daß die Beschwerdegegnerin I, wie diese nunmehr darlegt, bei der gegenwärtigen Antragslage von einer Teilnahme an der mündlichen Verhandlung Abstand genommen hätte. Es entspräche daher nicht der in Artikel 104 (1) EPÜ geforderten Billigkeit, die Erstattung der der Beschwerdegegnerin I anläßlich ihrer Teilnahme an der mündlichen Verhandlung erwachsenen Reisekosten ganz oder auch nur teilweise anzuordnen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz zurückverwiesen mit der Auflage ein Patent zu erteilen auf der Grundlage der während der mündlichen Verhandlung am 13. April 2005 als Hauptantrag eingereichten Ansprüche 1 bis 12 und einer entsprechend angepaßten Beschreibung.

3. Der Antrag der Beschwerdegegnerin I auf Kostenverteilung wird zurückgewiesen.

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