European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2005:T070801.20050317 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 17 März 2005 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0708/01 | ||||||||
Anmeldenummer: | 94117556.4 | ||||||||
IPC-Klasse: | H04M 3/54 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | B | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Schaltungsanordnung zur Anrufweiterleitung | ||||||||
Name des Anmelders: | Wasenitz, Marion | ||||||||
Name des Einsprechenden: | AGFEO Telekommunikation GmbH & Co. KG und Auerswald GmbH & Co.KG TELES Aktiengesellschaft Informationstechnologien |
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Kammer: | 3.5.03 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: | |||||||||
Schlagwörter: | Fortsetzung des Beschwerdeverfahrens nach Erlöschen des Patents in allen Staaten (ja) Zulässige Änderungen (ja) Erfinderische Tätigkeit (nein) |
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Orientierungssatz: |
Hat die Patentinhaberin Beschwerde gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung eingelegt, kann das Beschwerdeverfahren nach Erlöschen des europäischen Patents für alle benannten Vertragsstaaten fortgesetzt werden. Dabei kann die Patentinhaberin auch beantragen, das Patent mit Wirkung nur für die Vergangenheit in geändertem Umfang aufrechtzuerhalten. |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde, die von der Patentinhaberin (Beschwerdeführerin) eingelegt wurde, richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das europäische Patent 0 658 034 wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit zu widerrufen.
II. Ursprünglich wurden fünf Einsprüche eingelegt. Die Einsprechende I, die Einsprechende IV sowie die Einsprechende V haben jedoch während des Einspruchsverfahrens ihre Einsprüche zurückgenommen. Am Beschwerdeverfahren waren nur noch die gemeinsamen Einsprechenden II Auerswald GmbH & Co. KG und AGFEO Telekommunikation GmbH & CO. KG (Beschwerdegegnerinnen I) und die Einsprechende III (Beschwerdegegnerin II) beteiligt. Während des Beschwerdeverfahrens wurde seitens der Beschwerdegegnerinnen I erklärt, daß die ursprünglich zweitgenannte Miteinsprechende AGFEO Telekommunikation GmbH & Co. KG die Betreuung des Verfahrens übernehmen werde.
Auf die fristgemäß eingelegte Beschwerdebegründung hat keine der Beschwerdegegnerinnen eine Erwiderung eingereicht.
III. Auf die der Ladung zur mündlichen Verhandlung beigefügte Mitteilung der Kammer hin hat die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 17. Februar 2005 eine Stellungnahme, einen Hauptantrag und einen Hilfsantrag eingereicht. Eine Erwiderung darauf wurde von den Beschwerdegegnerinnen I am Tag der mündlichen Verhandlung, 17. März 2005, um 8.30. Uhr per Fax eingereicht. Die Beschwerdegegnerinnen I haben in dieser Eingabe den Widerruf des Patents in vollem Umfang beantragt. Die Beschwerdegegnerin II hat sich zur Sache nicht geäußert. Sie hat jedoch mit Schreiben vom 10. März 2005 angekündigt, an der mündlichen Verhandlung nicht teilzunehmen, und beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
IV. Nach Anberaumung der mündlichen Verhandlung wurde festgestellt, daß das Patent laut Patentregister in allen benannten Staaten erloschen ist. Auf Anfrage der Beschwerdekammer erklärte die Beschwerdeführerin, daß die Beschwerde aufrechterhalten werde.
V. In der mündlichen Verhandlung am 17. März 2005 hat die Beschwerdeführerin einen Hauptantrag und einen ersten Hilfsantrag eingereicht und den zweiten, dritten, vierten und fünften Hilfsantrag, die mit Schreiben vom 17. Februar 2005 eingereicht worden waren, mit der Maßgabe weiterverfolgt, daß Anspruch 4 jeweils gestrichen werde.
VI. Anspruch 1 gemäß Hauptantrag ist identisch mit Anspruch 1 wie erteilt und lautet:
"1. Schaltungsanordnung zur Anrufweiterleitung in Vermittlungsanlagen mit programmgesteuerten Vermittlungsstellen, die programmierbar eine von einem Teilnehmer gesteuerte Anrufweiterleitung ermöglichen, dadurch gekennzeichnet, dass die Schaltungsanordnung aufweist Mittel (30) zum Verbinden der Schaltungsanordnung mit einer ISDN-Anschlussleitung, die wenigstes zwei ISDN- Kanäle aufweist, und Mittel (21, 32) zum Auswerten von über einen ersten ISDN-Kanal empfangenen Codesignalen, zum Erzeugen von Steuersignalen auf der Grundlage der Auswertung der über die Anschlussleitung empfangenen Codesignale und zum Übermitteln der Steuersignale an die Vermittlungsstelle über einen zweiten ISDN-Kanal unter Aufrechterhaltung des ersten ISDN-Kanals."
Anspruch 1 gemäß 1. Hilfsantrag unterscheidet sich von Anspruch 1 gemäß Hauptantrag dadurch, daß die Schaltungsanordnung einen Zeitgeber aufweist, der durch zusammen mit den Codesignalen von einem entfernten Teilnehmer übertragene Signale derart programmierbar ist, daß die Einstellung oder eine Umstellung der Anrufweiterleitung mittels der Steuersignale zeitlich steuerbar ist. Dieses zusätzliche Merkmal war Gegenstand des erteilten Anspruchs 8.
Der Anspruch 1 des 2. Hilfsantrags unterscheidet sich von Anspruch 1 gemäß Hauptantrag dadurch, daß die Schaltungsanordnung Mittel zur Zurückgabe der Einstellungen der Anrufweiterleitung an einen entfernten Teilnehmer in Antwort auf von dem entfernten Teilnehmer übertragene Abfragesignale aufweist. Dieses Merkmal war Gegenstand des erteilten Anspruchs 9.
Der Anspruch 1 gemäß 3. Hilfsantrag unterscheidet sich von Anspruch 1 gemäß Hauptantrag dadurch, daß die über den ersten ISDN-Kanal empfangenen Codesignale von einem entfernten Teilnehmer kommen.
Der Anspruch 1 gemäß 4. Hilfsantrag ist eine Kombination der Merkmale des Anspruchs 1 gemäß 1. Hilfsantrag und des Anspruchs 1 gemäß 3. Hilfsantrag.
Der Anspruch 1 gemäß 5. Hilfsantrag ist eine Kombination der Merkmale des Anspruchs 1 gemäß 2. Hilfsantrag und des Anspruchs 1 gemäß 3. Hilfsantrag.
In der mündlichen Verhandlung wurden im Hinblick auf die erfinderische Tätigkeit die Dokumente
D3: WO 89/06077
D4: FTZ-Richtliniensammlung "Technische Forderungen an digitale Endgeräte mit So-Schnittstelle", Band III, 1987, bis einschließlich Nachtrag 7 mit Sachstand vom 12.1991, und
D6: US-4475009 A
diskutiert.
Am Ende der mündlichen Verhandlung wurde die Entscheidung verkündet.
Entscheidungsgründe
1. Fortführung des Beschwerdeverfahrens nach Erlöschen des Patents in allen Staaten
Es stellt sich die Frage, ob Regel 60 (1) EPÜ, wonach das Verfahren auf Antrag des Einsprechenden nach einem Verzicht des Patentinhabers auf das Patent oder nach dem Erlöschen des Patents in allen benannten Vertragsstaaten fortgesetzt werden kann, im vorliegenden Fall aufgrund von Regel 66 (1) EPÜ im Beschwerdeverfahren anwendbar ist.
1.1 Entsprechend ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern (siehe z. B. T 0598/98 Punkt 1 der Entscheidungsgründe) ist Regel 60 (1) EPÜ in Verfahren, in denen die Beschwerdeführerin Einsprechende ist, analog anwendbar. Dabei wird bezüglich der Gründe, die die Fortsetzung des Verfahrens nach dem Erlöschen des Patents rechtfertigen können, es als ungeklärt angesehen, ob der Einsprechende ein Rechtsschutzinteresse am Widerruf des Patents noch für die Vergangenheit darzutun hat und, wenn ja, unter welchen Voraussetzungen vom Vorliegen eines solchen Rechtsschutzinteresses ausgegangen werden kann (Singer/Stauder, Europäisches Patentübereinkommen, 2. Auflage, Köln 2000, Rdnr. 83 zu Artikel 101 EPÜ).
1.2 Im vorliegenden Fall ist jedoch die Patentinhaberin die Beschwerdeführerin, die die Überprüfung der gegen sie gerichteten Entscheidung der Einspruchsabteilung beantragt hat. Das Patent war im Einspruchsverfahren entsprechend den Anträgen der Einsprechenden widerrufen worden. In einem solchen Fall wäre es unangemessen, die Fortsetzung des Verfahrens an einen Antrag der Einsprechenden zu knüpfen. Denn dies würde dazu führen, daß das Beschwerdeverfahren ohne Rücksicht auf das prozessuale Verhalten der beschwerten Patentinhaberin und ohne Rücksicht auf ihre rechtlichen Interessen beendet werden könnte. Regel 60 (1) EPÜ ist daher allenfalls "gespiegelt analog" anzuwenden, in dem Sinne, daß die Beschwerdeführerin aufgefordert wird zu erklären, ob sie die Beschwerde aufrechterhält.
1.3 Dies steht im Einklang mit Artikel 106 (2) EPÜ, wonach Beschwerde gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung auch eingelegt werden kann, wenn für alle benannten Vertragsstaaten auf das europäische Patent verzichtet worden ist oder wenn das europäische Patent für alle diese Staaten erloschen ist. Dieser Vorschrift ist kein Hinweis darauf zu entnehmen, daß sie nur für die Einsprechende anwendbar sein sollte. Da die Patentinhaberin somit trotz Erlöschen des Patents berechtigt ist, die erstinstanzliche Einspruchsentscheidung mit der Beschwerde anzugreifen, muß sie auch berechtigt sein, die Beschwerde aufrechtzuerhalten, wenn das Patent während des Beschwerdeverfahrens erlischt. Ob sie in diesem Fall ein konkretes Rechtsschutzbedürfnis dartun muß, erscheint sehr zweifelhaft, da Artikel 106 (2) EPÜ keine zusätzlichen Voraussetzungen nennt. Dies bedarf jedoch keiner abschließenden Entscheidung im vorliegenden Fall, da hier ein Rechtsschutzbedürfnis aufgrund der ex-tunc-Wirkung der erstinstanzlichen Widerrufsentscheidung und aufgrund des Hinweises der Beschwerdeführerin, bei Aufhebung der Widerrufsentscheidung Forderungen für Nutzungen des Patents bis zum Erlöschen geltend machen zu können, jedenfalls zu bejahen ist.
1.4 Es könnte allerdings die Auffassung vertreten werden, daß im Falle eines Erlöschens des Patents eine Fortsetzung des Beschwerdeverfahrens nur dann möglich sei, wenn die beschwerdeführende Patentinhaberin - neben der Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung - die Zurückweisung des Einspruchs beantragt, nicht aber wenn sie, wie im vorliegenden Fall, die Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang beantragt. Denn die Befugnis nach Artikel 102 (3) EPÜ, das Patent in geändertem Umfang aufrechtzuerhalten, setze voraus, daß das Patent noch nicht erloschen sei.
Die Kammer sieht dieses Argument nicht als zwingend an. Da die rechtlichen Wirkungen einer Aufrechterhaltung in geändertem Umfang ex tunc eintreten, ist es nicht grundsätzlich ausgeschlossen, eine solche Aufrechterhaltung im Falle eines bereits erloschenen Patents nur mit Wirkung für die Vergangenheit, d. h. bis zum Zeitpunkt des Erlöschens, auszusprechen (so auch T 1213/97 vom 16. November 2001, Punkt 8 der Entscheidungsgründe). Die gegenteilige Auffassung würde zu dem sachlich schwer zu rechtfertigenden Ergebnis führen, daß sich die Verfahrensposition des Patentinhabers allein durch das Erlöschen des Patents beträchtlich verschlechtert.
Das Beschwerdeverfahren war daher im vorliegenden Fall fortzusetzen.
2. Verspätet vorgebrachte Anträge der Beschwerdegegnerinnen I
Die Beschwerdegegnerinnen I haben am Morgen der mündlichen Verhandlung eine Eingabe eingereicht, die als verspätetes Vorbringen gewertet wird. Derart verspätetes Vorbringen ist nur in Ausnahmefällen zum Verfahren zuzulassen. Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor. Die Kammer greift daher nur die Argumente auf, nicht aber die verspätet vorgebrachten Tatsachen, Beweismittel und Anträge. In diesem Sinne wird das Vorbringen bezüglich Artikel 123 (2) EPÜ berücksichtigt.
3. Artikel 123 (2) EPÜ
3.1 In der ursprünglich eingereichten europäischen Patentanmeldung, Spalte 2, Zeilen 13 bis 17, wird ausgeführt, daß im Falle einer ISDN-Vermittlungsstelle die Steuersignale schon zur Vermittlungsstelle übertragen werden, während die Verbindung zur Übertragung der Codesignale von der entfernten Teilnehmerstelle noch besteht.
Anspruch 1 gemäß Hauptantrag, der mit Anspruch 1 wie erteilt identisch ist, beansprucht u. a. Mittel zum Übermitteln der Steuersignale an die Vermittlungsstelle über einen zweiten ISDN-Kanal unter Aufrechterhaltung des ersten ISDN-Kanals. Der Begriff Aufrechterhaltung war in der ursprünglich eingereichten Fassung der europäischen Patentanmeldung nicht enthalten. Die Verwendung des Begriffes Aufrechterhaltung im erteilten Anspruch 1 steht dennoch im Einklang mit den Erfordernissen des Artikels 123 (2) EPÜ, da die Begriffe "solange die Verbindung noch besteht" und "unter Aufrechterhaltung des ersten ISDN-Kanals" in dem Zusammenhang, in dem sie in Anspruch 1 verwendet werden, als gleichbedeutend anzusehen sind.
3.2 Die Textstelle Spalte 5, Zeilen 37 bis 41 des erteilten europäischen Patents, die die Sicherung durch Paßwörter betrifft und die Möglichkeit, einen programmierbaren Timer vorzusehen, mit dem die Anordnung deaktiviert werden kann, damit der Anschluß bzw. die Einrichtung wieder für eine neue Programmierung verfügbar ist, wurde in der ursprünglich eingereichten Fassung nur im Zusammenhang mit Figur 3 offenbart.
Die Tatsache, daß dieser Abschnitt in der erteilten Fassung des Patentes auf Figur 2 bezogen wurde, stellt jedoch nach Auffassung der Kammer keinen Verstoß gegen die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ dar, da inhaltlich der gleiche Sachverhalt bereits in der Beschreibungseinleitung ohne Bezug auf ein konkretes Ausführungsbeispiel ausgeführt wurde (siehe Spalte 2, Zeilen 29 bis 45 der ursprünglich eingereichten europäischen Patentanmeldung).
4. Priorität
Es mag dahin gestellt bleiben, ob die Gültigkeit der beanspruchten Priorität in Zweifel zu ziehen ist, da die Beschwerde aus anderen Gründen zurückzuweisen war.
5. Erfinderische Tätigkeit
5.1 Hauptantrag
Aus D3 ist eine Schaltungsanordnung bekannt, über die in einem analogen Vermittlungssystem eine Rufumleitung von einem entfernten Anschluß eingeschaltet werden kann. Dazu wird nur eine Leitung verwendet (siehe Seite 6, Zeilen 21 bis 29). Über diese Leitung wird zunächst eine Verbindung von dem entfernten Anschluß zu dem Anschluß, für den die Rufumleitung eingeschaltet werden soll, aufgebaut (siehe Seite 7, Zeilen 24 bis 26). Über diese erste Verbindung wird ein Befehl zur Einschaltung der Rufumleitung übertragen (siehe Seite 7, Zeilen 33 bis 35). Nach Empfang und Zwischenspeichern des Befehls wird die Verbindung beendet (siehe Seite 8, Zeilen 1 bis 4). Anschließend wird über dieselbe Leitung eine zweite Verbindung zur Vermittlungsstelle eingerichtet, über die der Befehl zum Einrichten der Rufumleitung übertragen wird (siehe Seite 8, Zeilen 5 bis 8).
Die Beschwerdeführerin argumentierte, daß aus D3 hervorgehe, bei einer derartigen Schaltungsanordnung eine einzige Leitung zu verwenden. Demnach würde der Fachmann, der eine Schaltungsanordnung für ein digitales, d. h. ISDN-Vermittlungssystem entwerfen möchte, mit der eine Einschaltung der Rufumleitung von einem entfernten Anschluß aus erfolgen kann, ausgehend von D3 eine Lösung unter Verwendung nur eines der vorhandenen Kanäle entsprechend nur einer Leitung in D3 anstreben. Nach Auffassung der Beschwerdeführerin werde über diesen Kanal eine erste Verbindung zwischen dem entfernten Anschluß und dem Anschluß, für den die Rufumleitung eingerichtet werden soll, aufgebaut, über die der Befehl übertragen wird. Anschließend werde diese erste Verbindung beendet und eine zweite Verbindung über denselben Kanal zur Vermittlungsstelle eingerichtet, über die dann der Befehl zur Einrichtung der Rufumleitung übertragen werde.
Anspruch 1 gemäß Hauptantrag sehe dagegen die Verwendung zweier ISDN-Kanäle vor, was zwei Leitungen entspreche.
Nach Auffassung der Kammer liegt der Patentanmeldung das objektive Problem zugrunde, die aus D3 bekannte Schaltungsanordnung so zu modifizieren, daß sie zum Einsatz in einem digitalen, insbesondere ISDN-Vermittlungssystem geeignet ist. Die von der Beschwerdeführerin skizzierte, hypothetische Schaltungsanordnung stellt nur eine Lösungsmöglichkeit dar, zu der sich der Fachmann veranlaßt sehen könnte.
Die Kammer vermag keinen Widerspruch zwischen dem erteilten Anspruch 1 gemäß Hauptantrag und der aus D3 zu entnehmenden Lehre, nur eine Leitung zu verwenden, zu erkennen, da Anspruch 1 u. a. Mittel zum Verbinden der Schaltungsanordnung mit einer ISDN-Anschlußleitung vorsieht. Der Fachmann weiß, daß ISDN-Anschlußleitungen jeweils mindestens zwei Nutzdatenkanäle, die als B-Kanäle bezeichnet werden, und einen Signalisierungskanal, der als D-Kanal bezeichnet wird, d. h. insgesamt mindestens drei Kanäle aufweisen. Darüber hinaus gehört es zum allgemeinen Fachwissen, daß im ISDN-System die Dienstmerkmalsverwaltung für einen Teilnehmer, z. B. Anrufweiterschaltung (siehe D4, Abschnitt 3.3.1.2.1.2, Bild 3-12), unabhängig von einer B-Kanalbelegung durch Signalisierung zwischen dem Teilnehmer und der Vermittlungsstelle erfolgt. D4 stellt als technische Richtlinie das allgemeine Fachwissen dar.
Der Fachmann, der eine Schaltungsanordnung gemäß D3 in einem ISDN-System verwenden möchte, würde über einen der Nutzdatenkanäle der einen ISDN-Anschlußleitung eine Verbindung zwischen dem entfernten Anschluß und dem Teilnehmeranschluß aufbauen, wie aus D3 bekannt, und den Befehl zur Einrichtung einer Anrufumleitung vom entfernten Anschluß zu dem Teilnehmeranschluß über diesen Nutzdatenkanal der einen ISDN-Anschlußleitung übertragen. Vom Teilnehmeranschluß würde der Befehl zur Einrichtung der Anrufumleitung dann über den Signalisierungskanal derselben ISDN-Anschlußleitung an die Vermittlungsstelle weitergeleitet. Dabei würde der Nutzdatenkanal aufrechterhalten, da im ISDN-System mindestens ein Nutzdatenkanal und ein Signalisierungskanal nebeneinander eingerichtet sind. Der Fachmann, der eine Schaltungsanordnung gemäß D3 in einem ISDN-System verwendet, würde somit ohne erfinderische Tätigkeit zum Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags gelangen.
Anspruch 1 des Hauptantrags genügt somit nicht den Erfordernissen der Artikel 52 (1) und 56 EPÜ.
5.2 1. Hilfsantrag
Anspruch 1 des 1. Hilfsantrags, der eine Kombination der Ansprüche 1 und 8 in der erteilten Fassung ist, wurde am 17. Februar 2005 erstmals eingereicht. Die Patentfähigkeit des Anspruchs 8 wurde im Verfahren vor der Einspruchsabteilung nicht explizit diskutiert. Die Kammer zieht zusätzlich zu den im Zusammenhang mit dem Hauptantrag diskutierten Dokumenten D3 und D4 das Dokument D6 hinzu, das von der Beschwerdegegnerin II (Einsprechende III) in der Einspruchsschrift im Hinblick auf Anspruch 8 geltend gemacht wurde.
Die Beschwerdeführerin argumentierte, daß Anspruch 1 des 1. Hilfsantrags das zusätzliche Problem löst, bei einer Schaltungsanordnung zur Einschaltung einer Rufumleitung von einem entfernten Anschluß eine Netzüberlastung durch die Rufumleitung zu vermeiden. Dieses Problem wird nach Angaben der Beschwerdeführerin dadurch gelöst, daß die Schaltungsanordnung einen Zeitgeber aufweist, über den Beginn und Ende der Anrufumleitung zeitlich gesteuert werden können. Darüber hinaus kann mit dieser Schaltungsanordnung die Rufumleitung auf Zeiten mit günstigen Verbindungspreisen eingeschränkt werden.
Eine Lösung für dieses zusätzliche Problem, das unabhängig von dem Problem ist, eine Schaltungsanordnung für ein digitales Vermittlungssystem zu entwerfen, mit der eine Anrufweiterschaltung von einem entfernten Anschluß eingeschaltet werden kann, ist bereits aus D6 bekannt. In der aus D6 bekannten Schaltungsanordnung zur Anrufweiterleitung, mit der die Rufumleitung von einem entfernten Anschluß aus erfolgen kann, wird dieses Problem durch einen Zeitgeber, mit dem Beginn und Ende der Rufumleitung bestimmt werden können, gelöst (siehe D6, Spalte 2, Zeilen 41 bis 47), wobei die gleichen Wirkungen erzielt werden.
Es wäre somit für den mit diesem Problem befaßten Fachmann naheliegend, in der aus D3 bekannten, für ein digitales Vermittlungssystem modifizierten Schaltungsanordnung, den aus D6 bekannten Zeitgeber vorzusehen. Daher beruht Anspruch 1 des 1. Hilfsantrags nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Anspruch 1 des 1. Hilfsantrags genügt somit nicht den Erfordernissen der Artikel 52 (1) und 56 EPÜ.
5.3 2. Hilfsantrag
Anspruch 1 des 2. Hilfsantrags sieht zusätzlich zu Anspruch 1 des Hauptantrages Mittel zur Zurückgabe der Einstellungen der Anrufweiterleitung an einen entfernten Teilnehmer in Antwort auf von dem entfernten Teilnehmer übertragene Abfragesignale vor. Dadurch können auf Anfrage vom entfernten Anschluß Informationen über die Einstellung einer Anrufweiterleitung am entfernten Anschluß bereitgestellt werden, um z. B. zu überprüfen, ob die Einstellung richtig ist (siehe Patentschrift, Spalte 3, Zeilen 45 bis 51). Eine derartige Rückgabe von Informationen über Einstellungen von Dienstmerkmalen in Antwort auf von dem Teilnehmer übertragene Abfragesignale ist für ISDN z. B. aus D4, Abschnitt 3.3.1.2.1.2.c2 bekannt. Für den Fachmann, der die aus D3 bekannte Schaltungsanordnung aufgrund seines allgemeinen Fachwissens für ein digitales Vermittlungssystem modifiziert hat, wäre es naheliegend, auch dieses für das ISDN-System übliche Merkmal vorzusehen. Daher beruht Anspruch 1 gemäß 2. Hilfsantrag nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Anspruch 1 gemäß 2. Hilfsantrag erfüllt somit nicht die Erfordernisse der Artikel 52 (1) und 56 EPÜ.
5.4 3. Hilfsantrag
Nach Auffassung der Kammer ist der Gegenstand des Anspruchs 1 des 3. Hilfsantrags implizit im Anspruch 1 des Hauptantrags enthalten. Die Beschwerdeführerin hat in der mündlichen Verhandlung dieser Auffassung zugestimmt. Daher trifft auf Anspruch 1 des 3. Hilfsantrags die Argumentation bezüglich Anspruch 1 des Hauptantrags zu. Anspruch 1 gemäß 3. Hilfsantrag ist daher mangels erfinderischer Tätigkeit nicht gewähbar.
5.5 4. Hilfsantrag
Entsprechend trifft auf Anspruch 1 des 4. Hilfsantrags, der eine Kombination aus Anspruch 1 des 3. Hilfsantrags und Anspruch 1 des 1. Hilfsantrags darstellt, die Argumentation bezüglich Anspruch 1 des 1. Hilfsantrags zu. Anspruch 1 gemäß 4. Hilfsantrag ist daher mangels erfinderischer Tätigkeit nicht gewährbar.
5.6 5. Hilfsantrag
Entsprechend trifft auf Anspruch 1 des 5. Hilfsantrags, der eine Kombination aus Anspruch 1 des 3. Hilfsantrags mit Anspruch 1 des 2. Hilfsantrags darstellt, die Argumentation bezüglich Anspruch 1 des 2. Hilfsantrags zu. Anspruch 1 gemäß 5. Hilfsantrag ist daher mangels erfinderischer Tätigkeit nicht gewährbar.
6. Da keiner der Anträge gewährbar ist, ist die Beschwerde zurückzuweisen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.