European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2005:T106600.20050614 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 14 Juni 2005 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1066/00 | ||||||||
Anmeldenummer: | 85105630.9 | ||||||||
IPC-Klasse: | C12N 15/05 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Transformation von Pflanzenerbgut | ||||||||
Name des Anmelders: | Syngenta Participations AG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Keine Patente auf Leben Hoechst AG |
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Kammer: | 3.3.08 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: | |||||||||
Schlagwörter: | Hauptantrag - erste Priorität (nicht anerkannt) Erfinderische Tätigkeit (nein) Erster Hilfsantrag - Erweiterung des Schutzbereichs (ja) Zweiter Hilfsantrag - Änderungen durch einen Einspruchsgrund veranlasst (nein) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Das europäische Patent Nr. 0 164 575 mit der Bezeichnung "Transformation von Pflanzenerbgut" wurde für die am 8. Mai 1985 eingereichte europäische Anmeldung Nr. 85 105 630.9 erteilt und beansprucht die Priorität der eidgenössischen Patentgesuche Nrn. 2336/84, 606/85 und 1398/85 vom 11. Mai 1984, 11. Februar 1985 bzw. 1. April 1985.
II. Gegen die Erteilung des Patents wurden drei Einsprüche eingelegt, die auf die Einspruchsgründe des Artikels 100(a) i.V.m. Artikeln 53(a) und (b), 54 und 56, sowie des Artikels 100(b) i.V.m. Artikel 83 EPÜ gestützt wurden. Keine der drei Einsprechenden berief sich jedoch auf den Einspruchsgrund des Artikels 100(c) EPÜ.
III. In einer Entscheidung der Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamtes vom 30. März 1994 wurde das Patent wegen fehlender Neuheit widerrufen. Die Patentinhaberin legte Beschwerde ein. Mit der Entscheidung T 0464/94 vom 21. Mai 1997 hob die Kammer 3.3.4. nach Prüfung der Anforderungen der Artikel 123(2) und (3), 84 und 54 EPÜ die erstinstanzliche Entscheidung auf und verwies die Angelegenheit zur weiteren Entscheidung auf der Grundlage des Hauptantrags (am 5. August 1994 eingereichte geänderte Patentansprüche 1 und 26 sowie Ansprüche 2 bis 25 und 27 in der erteilten Fassung) an die Einspruchsabteilung zurück. Die Einsprechende 01 nahm während des damaligen Beschwerdeverfahrens ihren Einspruch zurück.
IV. Mit einer am 25. Juli 2000 zur Post gegebenen Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung wurde das Patent in geändertem Umfang auf der Grundlage des im vorangegangenen Beschwerdeverfahren eingereichten Hauptantrags und einer angepassten Beschreibung aufrechterhalten. In ihrer Entscheidung lehnte die Einspruchsabteilung die von der Einsprechenden 03 beantragte Prüfung der Neuheit im Hinblick auf zwei im Verfahren befindlichen Entgegenhaltungen ab, mit der Begründung, die Frage der Neuheit des Patentgegenstands sei von der Beschwerdekammer 3.3.4 abschließend beurteilt worden. Schließlich stellte die Einspruchsabteilung fest, dass der Gegenstand der Ansprüche des Hauptantrags den Erfordernissen der Artikel 56 und 83 EPÜ genüge.
Der Anspruch 1 des Patents in der aufrechterhaltenen Fassung (Hauptantrag in diesem Verfahren) lautet wie folgt:
"1. Verfahren zur direkten Transformation von Genen in pflanzliches Erbgut von Pflanzen der systematischen Gruppen Angiospermae und Gymnospermae, dadurch gekennzeichnet, dass man
a) ein lineares DNS-Molekül oder ein Plasmid, das ein Gen enthält, welches von in Pflanzen Expression bewirkenden Expressionssignalen flankiert wird, in einem geeigneten Medium und unter Anwendung von geeigneten Verfahrensmaßnahmen, die die Protoplasten für die Aufnahme von DNS kompetent machen, mit pflanzlichen Protoplasten in Kontakt bringt,
b) besagtes lineares DNS-Molekül bzw. Plasmid und die Protoplasten dort für einen Zeitraum belässt, der für die Aufnahme der DNS in die Protoplasten ausreicht, wobei
c) das Gen stabil in das Pflanzengenom eingebaut sowie dort exprimiert und repliziert wird,
mit der Massgabe, dass die einzuschleusende DNS keine für die Einschleusung oder Integration wesentlichen Anteile aus Ti-Plasmiden enthält."
Die abhängigen Patentansprüche 2 bis 25 betreffen verschiedene Ausführungsformen des Verfahrens gemäß Anspruch 1. Der unabhängige Anspruch 26 richtet sich auf ein Verfahren zur Herstellung transgener Pflanzen mit den Schritten a) bis c) des Anspruchs 1 und dem zusätzlichen Schritt der Regeneration von transgenen Pflanzen aus den zuvor transformierten Protoplasten. Der abhängige Anspruch 27 betrifft eine Ausführungsform des Verfahrens gemäß Anspruch 26.
V. Die Einsprechende 03 (Beschwerdeführerin) legte Beschwerde gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung ein. In der Beschwerdebegründung griff die Beschwerdeführerin die Ablehnung der Wiederaufnahme der Neuheitsprüfung durch die Einspruchsabteilung sowie deren Feststellungen bezüglich des Vorliegens von erfinderischer Tätigkeit und ausreichender Offenbarung an. Ihren Vortrag stützte sie unter anderem auf drei neue Entgegenhaltungen, die mit der Beschwerdebegründung eingereicht wurden. Falls die Kammer die angestrebte Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents nicht beabsichtige, beantragte die Beschwerdeführerin die Vorlage einer Frage an die Große Beschwerdekammer und mündliche Verhandlung gemäß Artikel 116 EPÜ.
VI. Die Beschwerdegegnerin reichte eine Erwiderung auf die Beschwerdebegründung zusammen mit einem neuen Dokument ein. Sie widersetzte sich einer erneuten Prüfung der Neuheit und beantragte, eine der von der Beschwerdeführerin eingereichten Entgegenhaltungen als verspätet vorgebracht nicht zu berücksichtigen. Hilfsweise beantragte sie ebenfalls die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung.
VII. Mit einer Mitteilung vom 2. Oktober 2003 wies die Kammer auf die unter den Aktenzeichen G 1/03 und G 2/03 anhängigen Vorlagen an die Große Beschwerdekammer hin.
VIII. Daraufhin trug die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom 10. Dezember 2003 weitere Argumente vor, die sich z.T. auf eine neue Entgegenhaltung
(D33): Paszkowski, J. et al., The EMBO Journal, Vol. 3, No. 12, pages 2717 to 2722, 1984,
stützten.
IX. Die Beschwerdegegnerin erwiderte darauf mit einer am 30. Juli 2004 eingegangenen Eingabe. Sie verfolgte ihr Patent in der aufrechterhaltenen Fassung als Hauptantrag weiter, reichte jedoch zwei Hilfsanträge auf der Grundlage geänderter Ansprüche 1 und 26 ein.
X. In den Ansprüchen 1 und 26 des ersten Hilfsantrags wurde das in den entsprechenden Ansprüchen des Hauptantrags enthaltene negative Merkmal "mit der Massgabe, dass die einzuschleusende DNS keine für die Einschleusung oder Integration wesentlichen Anteile aus Ti-Plasmiden enthält" durch das ebenfalls negative Merkmal "mit der Massgabe, dass man das Verfahren ohne Zuhilfenahme natürlicher pflanzeninfektiöser Systeme durchführt" ersetzt.
XI. Die geänderten Ansprüche 1 und 26 des zweiten Hilfsantrags unterschieden sich von den entsprechenden Ansprüchen des Hauptantrags durch das Weglassen des negativen Merkmals "mit der Massgabe,..." sowie durch folgende Änderungen im Anspruchswortlaut (Änderungen wurden von der Kammer hervorgehoben):
"...
a) ein lineares DNS-Molekül oder ein Plasmid bestehend aus einem Gen, welches von in Pflanzen Expression bewirkenden Expressionssignalen sowie von neutralen DNS-Sequenzen flankiert wird, sowie gegebenenfalls mit einem die Transkription verstärkenden Enhancersignal kombiniert ist, in einem geeigneten Medium und unter Anwendung von geeigneten Verfahrensmassnahmen, die die Protoplasten für die Aufnahme von DNS kompetent machen, mit pflanzlichen Protoplasten in Kontakt bringt,
..."
XII. In einer Mitteilung gemäß Artikel 11 Absatz 1 der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern (VerfOBeschwK) wies die Kammer auf verschiedene Fragen hin, die entweder strittig oder von besonderer Bedeutung zu sein schienen, und Gegenstand der Diskussion während der mündlichen Verhandlung sein könnten. Insbesondere wies die Kammer unter Bezug auf die Entscheidung G 9/91 (ABl. EPA 1993, 408) und die Stellungnahme G 10/91 (ABl. EPA 1993, 420) der Großen Beschwerdekammer darauf hin, dass eine Prüfung des strittigen negativen Merkmals in Anspruch 1 des Hauptantrags, welches in den erteilten Ansprüchen bereits enthalten war, im Hinblick auf Artikel 123(2) EPÜ nur mit dem Einverständnis der Patentinhaberin erfolgen könne. Wäre diese nicht einverstanden, so müssten Neuheit bzw. erfinderische Tätigkeit des Patentgegenstandes wie in den Ansprüchen definiert ("as it stands") untersucht werden. Bezüglich des ersten und des zweiten Hilfsantrags verwies die Kammer auf die Artikel 84 und 123(3) bzw. auf Regel 57a EPÜ.
XIII. Mit Telefax vom 13. Mai 2005 teilte die Beschwerdegegnerin der Kammer mit, dass sie ihren Antrag auf mündliche Verhandlung zurückziehe und an der anberaumten mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen werde. Auch die Einsprechende 02 teilte mit, dass sie der mündlichen Verhandlung fernbleibe. Diese fand am 14. Juni 2004 in Anwesenheit der Beschwerdeführerin statt.
XIV. Neben der oben in Abschnitt VIII. angeführten Entgegenhaltung wird in dieser Entscheidung folgende Entgegenhaltung erwähnt:
P16: Chilton, M.-D., Scientific American, Bd. 248, Nr. 6, Seiten 50-59, 1983.
XV. Die Argumente der Beschwerdeführerin, soweit sie für die vorliegende Entscheidung relevant sind, können wie folgt zusammengefasst werden:
Die Ansprüche 1 und 26 gemäß Hauptantrag enthielten ein negatives Merkmal ("mit der Massgabe,..."), mit dem bestimmte Ausführungsformen aus dem Schutzumfang ausgenommen werden sollten. Dieses negative Merkmal finde keine Stütze in den ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen. Selbst unter Heranziehung allgemeiner Kenntnisse auf dem relevanten Bereich der Technik würde der Fachmann die Angabe "natürliche pflanzeninfektiöse Eigenschaften" im Anspruch 1 und in der Beschreibung der ursprünglichen Anmeldung nicht als "für die Einschleusung oder die Integration wesentlichen Anteile aus Ti-Plasmiden" interpretieren. Ebenso wenig könne das besagte negative Merkmal unmittelbar und eindeutig der ersten Prioritätsanmeldung entnommen werden, deren Offenbarungsgehalt noch geringer sei als der der europäischen Anmeldung. Daher sei die im angegriffenen Patent beanspruchte erste Priorität nicht wirksam in Anspruch genommen worden. Demzufolge handle es sich bei der Entgegenhaltung D33, einer nach dem ersten Prioritätsdatum veröffentlichten Publikation der Erfinder des Streitpatents, um Stand der Technik gemäß Artikel 54(2) EPÜ. Das darin offenbarte Verfahren nehme den Gegenstand des Anspruchs 1 neuheitsschädlich vorweg.
Die in den Ansprüchen 1 und 26 des ersten Hilfsantrags vorgenommenen Änderungen führten zu einer Erweiterung des Schutzbereichs des Streitpatents und verstießen deshalb gegen Artikel 123(3) EPÜ.
Es sei nicht klar, durch welchen Einspruchsgrund die in den Ansprüchen 1 und 26 des zweiten Hilfsantrags vorgenommenen Änderungen veranlasst wurden. Darüber hinaus sei der Begriff "neutrale DNS-Sequenzen" unklar und könne deshalb auch Anteile aus Ti-Plasmiden umfassen, die für die Einschleusung oder die Integration wesentlich sind. Dies stelle einen Verstoß gegen Artikel 123(3) EPÜ dar.
XVI. Das schriftliche Vorbringen der Beschwerdegegnerin kann wie folgt zusammengefasst werden:
Bei der in den Ansprüchen 1 und 26 des Hauptantrags enthaltenen Formulierung "mit der Massgabe,..." handele es sich um ein "disclaimer-type" Merkmal, das durch eine eindeutige Ursprungsoffenbarung gestützt sei. Die Beschreibung in der Ursprungsoffenbarung, beispielsweise im ersten Absatz auf Seite 2, nehme Bezug auf eine Reihe von Literaturstellen, die z.B. Verfahren zur Agrobacterium-vermittelten Transformation von Pflanzen zum Gegenstand hätten und, in der einen oder anderen Form, auf die zentrale Bedeutung des Ti-Plasmids sowie deren spezifischen Funktionen für die Transformation hinwiesen.
In der Anmeldung werde an mehreren Stellen, z.B. auf Seite 3, letzter Absatz sowie in dem ursprünglich eingereichten Anspruch 1, klar darauf verwiesen, dass das erfindungsgemäße Verfahren sich dadurch von den im Stand der Technik bekannten Verfahren unterscheide, dass Ersteres der Zuhilfenahme natürlicher pflanzeninfektiöser Systeme nicht bedürfe. Die auf Seite 2 im ersten Absatz genannten Literaturstellen offenbarten Verfahren, welche die natürlichen Eigenschaften von Bakterien für die Infektion von Pflanzen ausnutzten, um neues genetisches Material in die Pflanzenzelle zu inserieren. Spezifisch genannt werde in diesem Zusammenhang Agrobacterium tumefaciens selbst oder das Ti-Plasmid von Agrobacterium. Dass es sich bei den genannten "natürlichen pflanzeninfektiösen Eigenschaften dieser Bakterien" für die Einschleusung von Fremd-DNA in Pflanzenzellen im wesentlichen um solche handele, die für die Einschleusung und Integration verantwortlich seien, und dass diese sich auf dem Ti-Plasmid befänden, in Form von z.B. den T-DNA- Border-Regionen sowie den vir-Sequenzen, sei dem Durchschnittsfachmann des Jahres 1984 bestens bekannt, u.a. aufgrund der in der Anmeldung spezifisch genannten Literaturstellen sowie des spezifischen Hinweises in der Anmeldung auf das Ti-Plasmid von Agrobacterium.
Die in die Ansprüche 1 und 26 des ersten Hilfsantrags aufgenommene Formulierung werde beispielsweise von den Angaben auf Seite 3, letzter Absatz und Anspruch 1 der ursprünglich eingereichten Anmeldung gestützt. Das Erfordernis des Artikels 123(3) EPÜ sei erfüllt, da gegenüber dem erteilten Anspruchswortlaut (der Ti-Plasmide ausschließe) eine weitere Reduzierung des Anspruchsumfangs erfolge. Bei der Formulierung "mit der Massgabe...Ti-Plasmiden enthält" in den erteilten Ansprüchen handele es sich um eine Konkretisierung der Formulierung in der ursprünglich eingereichten Anspruchsfassung.
Die in dem zweiten Hilfsantrag eingeführten Merkmale seien zur Erzielung einer positiven Formulierung anstelle des bisher negativ formulierten Merkmals eingefügt. Sie seien von der Anmeldung gestützt und beinhalteten gegenüber der erteilten Anspruchsfassung eine Beschränkung. Somit seien die Erfordernisse des Artikels 123(2) und (3) EPÜ erfüllt, ebenso die Klarheit.
XVII. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.
Die Beschwerdegegnerin beantragte als Hauptantrag die Zurückweisung der Beschwerde und hilfsweise die Aufrechterhaltung des Patents auf der Grundlage der Ansprüche des ersten oder des zweiten Hilfsantrags, wie am 30. Juli 2004 eingereicht.
Entscheidungsgründe
Hauptantrag - Erfinderische Tätigkeit
1. Im Beschwerdeverfahren verfolgt die Beschwerdeführerin die vor der ersten Instanz vorgetragenen Einwände weiter, unter anderem die Einwände der fehlenden Neuheit und der mangelnden erfinderischen Tätigkeit des Patentgegenstands (Artikel 100 a) i.V.m. Artikeln 54 und 56 EPÜ). Bei ihrer Argumentation bezüglich der Neuheit beruft sich die Beschwerdeführerin unter anderem auf die Entgegenhaltung D33, eine wissenschaftliche Veröffentlichung der Erfinder des Streitpatents, die erst in einem späten Stadium des Beschwerdeverfahrens eingeführt wurde.
2. Die Beschwerdegegnerin hat gegen die Einführung der Entgegenhaltung D33 keine Einwände erhoben, zumal sie selbst das Dokument zur Stützung ihrer Argumente bereits im Prüfungsverfahren eingereicht hatte. Zu der Frage der Neuheit des Patentgegenstands im Hinblick auf die Offenbarung dieser Entgegenhaltung hat sie trotz entsprechender Aufforderung der Kammer in der Mitteilung gemäß Artikel 11 Absatz 1 VerfOBeschwK nicht Stellung genommen. Sie ist der Auffassung, dass im Hinblick auf die Feststellungen der Beschwerdekammer 3.3.4 in der früheren Beschwerdeentscheidung T 464/94 vom 21. Mai 1997 (siehe III. oben) die Frage der Neuheit des Patentgegenstands gegenüber allen im Verfahren befindlichen Entgegenhaltungen als res judicata gelten soll.
3. Nach Prüfung der vorangegangenen Beschwerdeentscheidung und der Argumente der Parteien ist die Kammer zu dem Ergebnis gekommen, dass im vorliegenden Verfahren eine Entscheidung über den Umfang der von der Beschwerdekammer 3.3.4 in ihrer früheren Entscheidung durchgeführten Neuheitsprüfung weder erforderlich noch sachdienlich ist. Die Beschwerdekammer 3.3.4 hat in ihrer Entscheidung ausdrücklich festgestellt, dass zu dem Zeitpunkt die Frage der erfinderischen Tätigkeit von der Einspruchsabteilung noch nicht untersucht worden war, und hat deswegen die Sache im Rahmen ihrer Befugnisse nach Artikel 111(1) EPÜ zur weiteren Prüfung an die Einspruchsabteilung zurückverwiesen (vgl. T 464/94, Punkt 21 der Gründe). Da mangelnde Neuheit gegenüber dem nächstliegenden Stand der Technik unweigerlich zur Folge hat, dass der betreffende Gegenstand mangels erfinderischer Tätigkeit nicht schutzwürdig ist (vgl. G 7/95; ABl. EPA 1996, 626), hat sich diese Kammer dazu entschlossen, den von der Beschwerdeführerin erhobenen Einwand, die neu eingeführte Entgegenhaltung D33 nehme den Gegenstand der Patentansprüche neuheitsschädlich vorweg, bei der Entscheidung über den Einspruchsgrund der mangelnden erfinderischen Tätigkeit zu prüfen.
4. Die Entgegenhaltung D33 offenbart Verfahren zum stabilen Einbau eines Gens in das Genom einer Pflanzenzelle durch Transformation von Pflanzenprotoplasten und zur Herstellung transgener Pflanzen, die den Verfahren gemäß den Ansprüchen 1 und 26 des Streitpatents entsprechen. Die im Beispiel 1 des Streitpatents beschriebenen Versuche unter Verwendung der Plasmide pADBI und pADBII sind ebenfalls in der Entgegenhaltung enthalten. Die Entgegenhaltung D33 scheint also prima facie der Aufrechterhaltung des Patents auf der Grundlage des Hauptantrags entgegen zu stehen, vorausgesetzt es handelt sich bei dieser Veröffentlichung um Stand der Technik, der zur Beurteilung des Vorliegens von erfinderischer Tätigkeit nach Artikel 56 EPÜ heranzuziehen ist.
5. Gemäß Artikel 54(2) EPÜ bildet den Stand der Technik alles, was vor dem Anmeldetag der europäischen Patentanmeldung der Öffentlichkeit durch schriftliche oder mündliche Beschreibung, durch Benutzung oder in sonstiger Weise zugänglich gemacht worden ist. Wurde das Prioritätsrecht einer früheren Anmeldung (Prioritätsanmeldung) gemäß Artikel 88 EPÜ in Anspruch genommen, so gilt gemäß Artikel 89 EPÜ der Prioritätstag anstelle des Anmeldetages.
6. Die Beschwerdeführerin hat vorgetragen, dass die Entgegenhaltung D33 im Jahre 1984 zwischen dem ersten und dem zweiten Prioritätsdatum des Streitpatents veröffentlicht wurde. Dem wurde von der Beschwerdegegnerin nicht widersprochen. Das Dokument würde also Stand der Technik nach Artikel 54(2) EPÜ bilden, der für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit des Gegenstands der Ansprüche 1 und 26 heranzuziehen ist, wenn der Anspruchsgegenstand das Prioritätsrecht des eidgenössischen Patentgesuchs Nr. 2336/84 vom 11. Mai 1984 (im Folgenden "erste Prioritätsanmeldung") zu Unrecht beansprucht.
7. Der Umfang des Prioritätsrechts wird durch die Offenbarung der früheren Anmeldung bestimmt und beschränkt sich zugleich darauf. Gemäß Artikel 88(3) EPÜ umfasst das Prioritätsrecht im Falle der Inanspruchnahme mehrerer Prioritäten nur die Merkmale der europäischen Anmeldung bzw. des europäischen Patents, die in der Anmeldung oder den Anmeldungen enthalten sind, deren Priorität in Anspruch genommen worden ist.
8. Es ist unstreitig, dass das in den Ansprüchen 1 und 26 enthaltene negative Merkmal "mit der Massgabe,..." in der ersten Prioritätsanmeldung nicht ausdrücklich offenbart ist. Die Beschwerdegegnerin hat jedoch argumentiert, das strittige negative Merkmal sei durch den Absatz am Übergang von Seite 1 auf Seite 2 der Prioritätsanmeldung in Verbindung mit den dort angegebenen Literaturstellen implizit offenbart. Dieser Absatz lautet wie folgt:
"Die Übertragung von neuen DNS-Sequenzen unter Verwendung von genetisch manipulierten Pflanzenbakterien sind[sic] aus der Literatur durch einige Publikationen, wie zum Beispiel Nature, Vol. 303, 209-213 (1983); Nature, Vol. 304, 184-187 (1983); Scientific American 248(6), 50-59 (1983), EMBO-Journal 2(6), 987-995 (1983); Science 222, 476-482 (1983); Science 223, 247-248; oder Proc. Natl. Acad. Sci. USA 80, 4803-4807 (1983) bekannt geworden. Die natürlichen pflanzeninfektiösen Eigenschaften dieser Bakterien wurden dabei ausgenutzt, um neues genetisches Material in Pflanzenzellen einzuschleusen. Zu diesem Zweck wurden bisher vorzugsweise Agrobakterium tumefaciens, bzw. dessen Ti-Plasmid eingesetzt."
9. Die Kammer vermag in der oben wiedergegebenen Textstelle der Prioritätsanmeldung, allein oder in Kombination mit der darin zitierten und von der Beschwerdegegnerin als besonders relevant angesehenen Veröffentlichung in Scientific American 248(6), Seiten 50-59 (1983) (Dokument P16 in diesem Verfahren), eine implizite Offenbarung des strittigen negativen Merkmals nicht zu erkennen. Die Veröffentlichung P16, ein nach Ansicht der Beschwerdegegnerin den Wissenstand des Fachmanns zum Prioritätsdatum wiedergebender Übersichtsartikel, enthält nur unklare Aussagen bezüglich bestimmter Anteile aus Ti-Plasmiden, die möglicherweise an der Einschleusung oder Integration dieser Plasmide in das Pflanzengenom beteiligt sein könnten. Weder der Prioritätsanmeldung noch der darin zitierten Veröffentlichung P16 vermag der Fachmann unmittelbar und eindeutig zu entnehmen, dass die einzuschleusende DNS keine für die Einschleusung oder Integration wesentlichen Anteile aus Ti-Plasmiden enthalten darf. Die Kammer stellt also fest, dass ein wesentliches Merkmal des Streitpatents, insbesondere des Gegenstands der Ansprüche 1 und 26, weder ausdrücklich noch implizit in der ersten Prioritätsanmeldung offenbart ist.
10. Infolge der mangelnden Offenbarung eines wesentlichen Merkmals des Streitpatents in der ersten Prioritätsanmeldung stellt sich im Rahmen der Prioritätsprüfung die Frage, ob es sich bei den beanspruchten Verfahren um dieselbe Erfindung wie in der Prioritätsanmeldung handelt. Gemäß der Entscheidung der Großen Beschwerdekammer G 2/98 (ABl. EPA 2001, 413) bedeutet das in Artikel 87(1) EPÜ für die Inanspruchnahme einer Priorität genannte Erfordernis 'derselben Erfindung', dass die Priorität einer früheren Anmeldung für einen Anspruch in einer europäischen Patentanmeldung gemäß Artikel 88 EPÜ nur dann anzuerkennen ist, wenn der Fachmann den Gegenstand des Anspruchs unter Heranziehung des allgemeinen Fachwissens unmittelbar und eindeutig der früheren Anmeldung als Ganzes entnehmen kann.
11. Das in der ersten Prioritätsanmeldung offenbarte Verfahren zeichnet sich dadurch aus, dass die Übertragung eines Gens in das Genom einer Pflanzenzelle direkt und "ohne Zuhilfenahme natürlicher pflanzeninfektiöser Systeme" durchgeführt wird (vgl. Anspruch 1 sowie den Absatz am Übergang von Seite 2 auf Seite 3 der Prioritätsanmeldung), wobei als Beispiele für natürliche pflanzeninfektiöse Systeme ein Pflanzenbakterium, ein Pflanzenvirus oder die Übertragung durch Insekten oder phytopathogene Pilze angegeben werden (vgl. Seite 6, Zeilen 5-8). Bei dem Verfahren wird also auf den Einsatz von in der Natur vorkommenden Pflanzenpathogenen als solche, z.B. das Bakterium Agrobacterium tumefaciens oder das Pflanzenvirus CMV (Cauliflower-Mosaik-Virus) verzichtet, und die Übertragung des gewünschten Gens in die Pflanzenzelle durch direktes Inkontaktbringen der DNS mit Pflanzenprotoplasten erzielt. Dadurch entfallen die Einschränkungen, die durch die Wirtsspezifität des jeweiligen Organismus gegeben sind.
12. Das im Streitpatent beanspruchte Verfahren scheint dagegen darauf gerichtet zu sein, den Einbau von unerwünschten Sequenzen aus Ti-Plasmiden in das Genom der Pflanzenzelle zu vermeiden. Die Lösung besteht in einem Verfahren, bei dem die einzuschleusende DNS keine für die Einschleusung oder Integration wesentlichen Anteile aus Ti-Plasmiden enthält.
13. Da sowohl die Aufgabe als auch die vorgeschlagene Lösung bei dem Verfahren gemäß der ersten Prioritätsanmeldung und dem Verfahren des Streitpatents unterschiedlich sind, handelt es sich bei diesen zwei Verfahren nicht um "dieselbe Erfindung" im Sinne des Artikels 87(1) EPÜ. Die Kammer kommt daher zu dem Ergebnis, dass der Gegenstand der Ansprüche 1 und 26 des Streitpatents die beanspruchte Priorität vom 11. Mai 1984 nicht genießt. Infolgedessen bildet die zwischen dem ersten und dem zweiten Prioritätsdatum veröffentlichte Entgegenhaltung D33 Stand der Technik nach Artikel 54(2) EPÜ.
14. Die Entgegenhaltung D33 wird als nächstliegender Stand der Technik angesehen. Das Dokument offenbart ein Verfahren zum direkten Einbau von Genen in das Genom von Tabak-Pflanzenzellen, bei dem ein Plasmid mit einem bakteriellen Gen [APH(3')II], das von den Expressionssignalen des Gens VI aus dem Cauliflower- Mosaik-Virus flankiert wird (vgl. Plasmid pABDI in Figur 1), in einem geeigneten Medium mit Tabak- Protoplasten in Kontakt gebracht wird. Das Plasmid wird in die Protoplasten aufgenommen und das Gen in das Pflanzengenom eingebaut (vgl. Figur 5), wo es exprimiert und repliziert wird (vgl. Figur 6).
15. Im Hinblick auf diesen Stand der Technik besteht die technische Aufgabe darin, ein alternatives Verfahren zum Einbau von Genen in das Genom von Pflanzenzellen bereitzustellen. Die im Anspruch 1 angegebene Lösung, ein Verfahren, bei dem die einzuschleusende DNS keine für die Einschleusung oder Integration wesentlichen Anteile aus Ti-Plasmiden enthält, wird dem Fachmann jedoch von den Angaben auf Seite 2721, rechte Spalte, letzter Satz des ersten vollständigen Absatzes der Entgegenhaltung D33 nahe gelegt:
"...neither A. tumefaciens nor Ti plasmid-specific functions are a prerequisite for transfer and stable integration of functional genes into the plant genome."
Sind keine spezifischen Anteile von Ti-Plasmiden für die Einschleusung und stabile Integration erforderlich, so ist es für den Fachmann nahe liegend, zur Transformation von Pflanzenzellen Plasmide zu benutzen, die diese Anteile nicht enthalten.
16. Aus diesen Gründen kommt die Kammer zu dem Ergebnis, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 für den Fachmann im Hinblick auf den entgegengehaltenen Stand der Technik nicht erfinderisch ist (Artikel 56 EPÜ). Die Entscheidung der Einspruchsabteilung muss deshalb aufgehoben werden.
Erster Hilfsantrag - Artikel 123(3) EPÜ
17. Die in den Ansprüchen 1 und 26 vorgenommene Änderung (vgl. X. oben) zielt auf die Beseitigung eines möglichen Einwands nach Artikel 100 c) EPÜ, der im Einspruchsverfahren zwar nicht vorgebracht wurde, jedoch hätte erhoben werden können (vgl. Regel 57a EPÜ).
18. Das Merkmal "mit der Massgabe, dass man das Verfahren ohne Zuhilfenahme natürlicher pflanzeninfektiöser Systeme durchführt" wurde in Verbindung mit dem beanspruchten Verfahren in der ursprünglich eingereichten Anmeldung offenbart (vgl. Anspruch 1 und Seite 3, letzter Absatz). Die Aufnahme dieses Merkmals in die Ansprüche 1 und 26 verstößt daher nicht gegen Artikel 123(2) EPÜ.
19. Die Beschwerdeführerin macht geltend, dass durch die Änderung des Wortlauts der Ansprüche 1 und 26 der Schutzbereich des Streitpatents erweitert wird (vgl. Artikel 123(3) EPÜ), weil die geänderten Ansprüche nunmehr Verfahren umfassen, die nicht unter den Schutz der Patents in der erteilten Fassung fallen.
20. Die Argumentation der Beschwerdeführerin erscheint der Kammer überzeugend. Aus dem Schutzbereich der geänderten Ansprüche sind Verfahren ausgenommen, bei denen zur Übertragung eines Gens in das Genom einer Pflanzenzelle natürliche pflanzeninfektiöse Systeme eingesetzt werden. Unter dem Begriff "natürliche pflanzeninfektiöse Systeme" versteht der Fachmann natürliche biologische Systeme, die sich die Infektiösität pflanzenpathogener Organismen zunutze machen, um genetisches Material in die Pflanzenzelle zu übertragen, beispielsweise A. tumefaciens oder Cauliflower-Mosaik-Virus.
21. Anders als bei den Ansprüchen in der erteilten Fassung sind Verfahren, bei denen das einzubauende Gen in einem aus dem Ti-Plasmid abgeleiteten DNS-Molekül oder Plasmid enthalten ist, das für die Einschleusung oder Integration wesentliche Anteile des Ti-Plasmid enthält, vom Schutzbereich der geänderten Ansprüche weder ausdrücklich noch implizit ausgenommen. Die Änderung in den Ansprüchen des ersten Hilfsantrags führt also zu einer Erweiterung des Schutzbereichs, die gegen Artikel 123(3) EPÜ verstößt.
Zweiter Hilfsantrag - Regel 57a EPÜ
22. Nach eigenen Angaben hat die Beschwerdegegnerin mit dem vorliegenden zweiten Hilfsantrag versucht, ohne Verstoß gegen Artikel 123(3) EPÜ das negative Merkmal "mit der Massgabe,..." in den erteilten Ansprüchen 1 und 26 durch mehrere in der ursprünglichen Anmeldung offenbarte positiven Merkmale zu ersetzen. Einem solchen Vorgehen (einer so genannten "beschränkenden Erweiterung"), das von der Großen Beschwerdekammer in ihrer Entscheidung G 1/93 (ABl. EPA 1994, 541) ausdrücklich vorgeschlagen wurde, um einen Konflikt zwischen den Bestimmungen des Artikels 123(2) und (3) EPÜ im Einspruchsverfahren zu lösen, steht im Prinzip nicht entgegen, dass - wie im vorliegenden Fall - der Einspruchsgrund nach Artikel 100 c) EPÜ von der Einsprechenden nicht geltend gemacht wurde (siehe Regel 57a EPÜ, zweiter Nebensatz). Zwecks Feststellung der formalen Zulässigkeit der geänderten Ansprüche muss jedoch jedes eingefügte Merkmal nicht nur auf einen möglichen Verstoß gegen Artikel 123(2) EPÜ, sondern auch auf Zulässigkeit unter Regel 57a EPÜ hin geprüft werden.
23. Gemäß Regel 57a EPÜ kann ein europäisches Patent geändert werden, soweit die Änderungen durch Einspruchsgründe nach Artikel 100 EPÜ veranlasst sind. Darüber hinaus wurden in der Rechtsprechung der Beschwerdekammern des EPA Änderungen des Patents als zulässig angesehen, die durch einen Einwand bedingt wurden, die eine Entscheidung über die Streitfragen nach Artikel 100 EPÜ beeinflussen oder die sich im Zusammenhang mit Sachverhalten stellen können, die wegen dieser Streitfragen geändert werden müssen (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamtes, 4. Auflage, Kapitel VII.C.10.1.2, und insbesondere T 127/85, ABl. EPA 1989, 271 in Bezug auf Artikel 84 EPÜ).
24. In einer Mitteilung, die der Ladung zur mündlichen Verhandlung beigefügt wurde, hatte die Kammer Bedenken bezüglich der Zulässigkeit einer der in den Ansprüchen 1 und 26 des zweiten Hilfsantrags vorgenommenen Änderungen, nämlich der Einfügung des Merkmals "gegebenenfalls mit einem die Transkription verstärkenden Enhancersignal kombiniert" unter Regel 57a EPÜ geäußert. Einspruchsgründe oder mögliche in Zusammenhang mit Streitfragen nach Artikel 100 EPÜ stehende Einwände, die die Einfügung dieses bestimmten Merkmals rechtfertigen könnten, wurden von der Beschwerdegegnerin nicht vorgetragen. Der Kammer sind auch keine ersichtlich.
25. Wegen der Formulierung "gegebenenfalls", die "eventuell, wenn der Fall eintreten sollte" bedeutet (siehe Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 3. Auflage, 1996), hat das oben genannte Merkmal einen fakultativen Charakter. Es ist deshalb grundsätzlich nicht geeignet, einen Anspruch zu beschränken, sei es zur Abgrenzung des Anspruchsgegenstands gegen neuheitsschädlichen Stand der Technik oder zur Begründung einer erfinderischen Tätigkeit, geschweige denn zur Ausräumung eines Einwands nach Artikel 123(2) oder 83 EPÜ. Im vorliegenden Fall lässt sich die Einfügung des strittigen Merkmals auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Klarheit (Artikel 84 EPÜ) rechtfertigen, da sein Wortlaut - sei es für sich allein oder auch in Kombination mit weiteren Merkmalen des Anspruchs gelesen - offen lässt, unter welchen Umständen das die Transkription verstärkende Enhancersignal mit dem zu exprimierenden Gen kombiniert werden soll.
26. Aus diesen Gründen ist die Einfügung des fakultativen Merkmals "gegebenenfalls mit einem die Transkription verstärkenden Enhancersignal kombiniert" in die Ansprüche 1 und 26 weder durch einen Einspruchsgrund nach Artikel 100 EPÜ veranlasst noch durch eine Streitfrage in Zusammenhang mit einem solchen Einspruchsgrund bedingt. Diese Änderung ist deshalb im Hinblick auf Regel 57a EPÜ nicht zulässig.
27. Da der zweite Hilfsantrag aus diesem Grund nicht gewährt werden kann, liegt der Kammer nach Aufhebung der Entscheidung der Einspruchsabteilung kein gewährbarer Antrag vor, auf dessen Grundlage das Patent aufrechterhalten werden kann.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das Patent wird widerrufen.