European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2003:T086100.20030624 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 24 Juni 2003 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0861/00 | ||||||||
Anmeldenummer: | 91110221.8 | ||||||||
IPC-Klasse: | H01R 13/642 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Mehrpolige Gerätesteckvorrichtung | ||||||||
Name des Anmelders: | Wieland Electric GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | WAGO Kontakttechnik GmbH Beitretender: COM. EL. SRL ELET-PLAST |
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Kammer: | 3.5.02 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit - (nein) | ||||||||
Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerden der Patentinhaberin und der Einsprechenden richten sich gegen die feststellende Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung, daß unter Berücksichtigung der von der Patentinhaberin im Einspruchsverfahren vorgenommenen Änderungen das europäische Patent Nr. 471 943 und die Erfindung, die es zum Gegenstand hat, den Erfordernissen des EPÜ genügen.
II. Mit Schreiben vom 10. Februar 2003 erklärte ein Dritter, der wegen Verletzung des Patents verklagt worden war, den Beitritt zum Einspruchsbeschwerdeverfahren.
III. Das Streitpatent wurde gemäß Entscheidung T 951/94 vom 29. Mai 1996 dieser Kammer (in einer anderen Zusammensetzung) erteilt.
IV. Der Anspruch 1 des Streitpatents in der von der Einspruchsabteilung gebilligten Fassung (Hinzufügungen gegenüber der erteilten Fassung in fettem Kursivdruck) lautet:
"Mehrpolige, codierte, vorzugsweise dreipolige Gerätesteckvorrichtung mit an den Gehäusen angeformten, die Stifte bzw. Buchsenkontakte überragenden Berührungsschutzhülsen, wobei die die Buchsenkontakte umschließenden Berührungsschutzhülsen in die die Stifte mit Abstand umgebenden Berührungsschutzhülsen einschiebbar sind, dadurch gekennzeichnet, daß die Berührungsschutzhülsen (5) die federnden Buchsenkontakte (4) mit Ausnahme eines schmalen Luftspalts im vorderen Bereich eng umschließen, daß die Berührungsschutzhülsen (5) der Buchsenkontakte (4) vorne im Überstandsbereich (7) über die Buchsenkontakte (4) auf den Außendurchmesser der Stiftkontakte (3) eingeengt sind und daß die äußere Kontur der Berührungsschutzhülsen (5) der Buchsenkontakte (4) formschlüssig und paßgenau der inneren Kontur der Berührungsschutzhülsen (2) der Stiftkontakte (3) entspricht."
V. In der angefochtenen Entscheidung wurden folgende im Einspruchsschriftsatz zitierte Dokumente berücksichtigt:
D4 DE-A-3 108 744
D5 Prospekt der Fa. Multi-Contact
D6 DE-A-2 206 753.
Mit der Beschwerdebegründung reichte die einsprechende Beschwerdeführerin folgende Dokumente ein:
D9 Prospekt der Fa. F.Wieland (2 Blatt)
D10 Prospekt der Fa. F.Wieland (4 Blatt)
D11 DE-C-3 340 654 (4 Blatt)
D12 Prospekt der Fa. Weidmüller (2 Blatt)
D13 "elektronikpraxis -Nr. 9- September 1981, Seite 131, (1 Blatt), Steckverbinder-Kennblatt Nr. 7
und mit Schreiben vom 6. März 2003:
D14 US-A-4 448 467.
VI. Eine mündliche Verhandlung vor der Kammer fand am 15. April 2003 statt.
VII. Die Argumente der beschwerdeführenden Einsprechenden und der Beitretenden lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Dokument D4, nächstliegender Stand der Technik, offenbare eine Gerätesteckvorrichtung mit allen Merkmalen des Oberbegriffs des Anspruchs 1:
O1 "Mehrpolige, codierte, vorzugsweise dreipolige Gerätesteckvorrichtung"
O2 "mit an den Gehäusen angeformten, die Stifte bzw. Buchsenkontakte überragenden Berührungsschutzhülsen,"
O3 "wobei die die Buchsenkontakte umschließenden Berührungsschutzhülsen in die die Stifte mit Abstand umgebenden Berührungsschutzhülsen einschiebbar sind"
(siehe T 951/94, Ziffer 2.2 und die angefochtene Entscheidung, Ziffer 2.1).
Die erst in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung vorgebrachte Argumentation der Patentinhaberin, wonach die Darstellung in Figur 2 von D4 für den Fachmann sofort erkennbar fehlerhaft sei und somit das Merkmal O3 nicht offenbare, sei eine Behauptung wider besseres Wissen um den vorbekannten Stand der Technik, den die Patentinhaberin selbst bereits mit den Dokumenten D9, D11 und insbesondere mit D10 vorveröffentlicht habe.
Ferner enthalte D4 einen Verweis auf D6, so daß sich für den Fachmann eine beide Dokumente D4/D6 umfassende Insgesamt-Offenbarung, die somit das Merkmal
C "daß die äußere Kontur der Berührungsschutzhülsen (5) der Buchsenkontakte (4) formschlüssig und paßgenau der inneren Kontur der Berührungsschutzhülsen (2) der Stiftkontakte (3) entspricht."
ergebe (siehe angefochtene Entscheidung, Ziffer 2.2).
Der Festellung der Einspruchsabteilung (Ziffern 2.3 und 2.4 der angefochtene Entscheidung), daß es keiner erfinderischen Leistung bedürfe, um die aus dem Dokument D5 bekannte Merkmale
A "daß die Berührungsschutzhülsen (5) die Buchsenkontakte (4) eng umschließen,"
und
B "daß die Berührungsschutzhülsen (5) der Buchsenkontakte (4) vorne im Überstandsbereich (7) über die Buchsenkontakte (4) auf den Außendurchmesser der Stiftkontakte (3) eingeengt sind"
mit dem aus D4/D6 bekannten Stand der Technik zu kombinieren, sei nichts hinzuzufügen.
Andererseits könne der Festellung unter Ziffer 3.2, vorletzter und letzter Absatz, daß es erfinderisch sei, das weitere Merkmal
D "federnde" Buchsenkontakte, die von den Berührungsschutzhülsen "mit Ausnahme eines schmalen Luftspalts im vorderen Bereich" eng umschlossen sind
anzuwenden, nicht gefolgt werden. Diese überraschende Änderung des Patentbegehrens sei erst gegen Ende der Diskussion in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung erfolgt. Demzufolge könne die Einsprechende den für dieses neue, im Prüfungsverfahren nicht recherchierte Merkmal relevanten Stand der Technik erst mit der Beschwerdebegründung vorlegen.
Die Überlegung der Einspruchsabteilung, wonach "federnde Buchsenkontakte", die "eng zu umschließen" seien, vom Fachmann als irgendwie inkompatibel angesehen würden und daher als nicht naheliegend zu betrachten seien, sei unbegründet, da genau diese Kombination aus mehreren Veröffentlichungen und Steckvorrichtungen der Patentinhaberin, insbesondere aus D10, vorbekannt sei. Der in D10 dargestellte Querschnitt offenbare alle Merkmale des Anspruchs 1 in der von der Einspruchsabteilung gebilligten Form, außer dem Merkmal "Gerätesteckvorrichtung" im Oberbegriff.
Die Behauptung der Patentinhaberin, daß der Steckverbinder gemäß D10 gattungsfremd sei, basiere auf einer künstlichen Grenze, die der Realität der Welt der Entwickler und Konstrukteure von Gerätesteckvorrichtungen nicht entspreche. Man könne nicht, den Fachmann auf dem Gebiet der Gerätesteckvorrichtungen so darstellen, als ob er über die anderen Produkte in der Palette seiner eigenen Firma oder anderer Firmen nichts wisse. In der Praxis würden alle solchen Produkte einer Firma im selben Labor entwickelt, so daß die Bauprinzipien verwandter Produkte mit überschneidenden Aufgabestellungen dem einschlägigen Fachmann geläufig seien. Ferner habe die Patentinhaberin den Abstand zwischen der Gattung der "Steckverbinder" und der der "Gerätesteckvorrichtungen" übertrieben, indem sie auf einen 24-poligen Steckverbinder mit schwerem Stahlgehäuse und starken Befestigungslaschen verweist. Dies sei der Versuch, davon abzulenken, daß es am unteren Ende der Palette der Steckverbinder, die im Katalog der Patentinhaberin selber enthalten sei, einen 6-poligen Steckverbinder in einer leicht-robusten Bauweise gebe, dessen Kern von einer Gerätesteckvorrichtung kaum zu unterscheiden und dessen Querschnitt in D10 dargestellt sei.
Die Beitretende stimmte obiger Argumentation der beschwerdeführenden Einsprechenden zu. Zudem macht sie unter Verweis auf Figur 2 des Streitpatents geltend, daß "eng umschließen" im Merkmal A des Anspruchs nicht als 'in unmittelbarem Kontakt' auszulegen sei. Soweit sich die beschwerdeführende Patentinhaberin auf T 951/94, Ziffer 3.4 berüfe, sei dazu zu bemerken, daß es da um den aus dem Dokument D1 (DE-A-2 807 016) bekannten Stand der Technik gehe; diese Argumentation lasse sich nicht auf D6 übertragen.
VIII. Die Argumente der beschwerdeführenden Patentinhaberin lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Die Darstellung der Gerätesteckvorrichtung gemäß Figur 2 im Dokument D4 sei fehlerhaft: sie beruhe auf einem zeichnerischen Versehen, das für den Fachmann offensichtlich sei. Bis zur Anmeldung des Streitpatents seien lediglich Gerätesteckvorrichtungen hergestellt und vertrieben worden, bei denen die Berührungsschutzhülsen der Buchsenkontakte die Berührungsschutzhülsen der Stiftkontakte umschlossen haben. In der Beschreibung von D4 sei bezüglich des Zusammensteckens nichts offenbart; vielmehr werde bezüglich der Ausbildung der Berührungsschutzhülsen direkt auf D6 verwiesen. Wenn aber in D4 tatsächlich eine Ausführungsform gemäß Figur 2. offenbart sei, dann würde D6 die umgekehrte Anordnung der Hülsen zeigen. Daher sei es nicht wahrscheinlich, D4 und D6 zu kombinieren, um das Merkmal C abzuleiten; siehe die analoge Überlegung in T 951/94, Punkt 3.4. Man könne nicht die umgekehrte Anordnung bejahen und gleichzeitig D4 und D6 als eine einheitliche Offenbarung betrachten.
Der im Dokument D10 dargestellte schwere Steckverbinder gehöre zu einem der Gattung Gerätesteckvorrichtungen fremden Fachgebiet. Eine Gerätesteckvorrichtung sei eine normierte Vorrichtung mit besonderen Eigenschaften. Ein Steckverbinder und erst recht ein schwerer Steckverbinder, wie er aus D10 bekannt sei, sei demgegenüber etwas völlig anderes. Gemäß den Normen für einen solchen schweren Steckverbinder sei erst die Verbindung mittels eines Stromunterbrechers elektrisch freizuschalten, dann der Steckverbinder mechanisch auseinanderzuziehen. Er werde nicht unter Last gezogen, so daß keine Berührungsschutzhülsen nötig seien. Schwere Steckverbinder dieser Art seien für Hochspannung ausgelegt mit langen Kriechstrom- und Luftwegen. Die den Berührungsschutzhülsen analogen Strukturen hätten keine Führungseigenschaften, da diese Führung durch das äußere Gehäuse gesichert werde. Eine Übertragung der Merkmale der inneren Gestaltung eines solchen schweren Steckverbinders auf den aus D4 bekannten Stecker wäre genausowenig eine routinemäßige Überlegung wie bei den entsprechenden Merkmalen des aus D3 (DE-A-1 929 326) bekannten Industriesteckers; siehe T 951/94, Punkt 3.6.
IX. Die beschwerdeführende Patentinhaberin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent in der ursprünglichen Fassung aufrechtzuerhalten sowie die Beschwerde der Einsprechenden zurückzuweisen.
X. Die beschwerdeführende Einsprechende und die Beitretende beantragten, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen sowie die Beschwerde der Patentinhaberin zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerden und der Beitritt sind zulässig.
2. Neuheit
Die Neuheit des Gegenstands von Anspruch 1 in der erteilten Form und in der von der Einspruchsabteilung gebilligten Form ist unbestritten gegeben.
3. Erfinderische Tätigkeit
3.1. Nächstliegender Stand der Technik
3.1.1. Laut Ziffer 2.1 der Begründung der angefochtenen Entscheidung hat die Patentinhaberin erst in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung die These aufgestellt, daß das Dokument D4 das Merkmal O3 (unter Anwendung der Merkmalsgliederung gemäß Ziffer VII oben) nicht offenbare, da die Darstellung in Figur 2 von D4 für den Fachmann sofort erkennbar fehlerhaft sei. Diese These wird im Beschwerdeverfahren aufrechterhalten.
3.1.2. Wenn diese These der Patentinhaberin stimmen sollte, würde dies auch bedeuten, dass die zweiteilige Formulierung des Patentanspruchs 1 bei der Einreichung der Anmeldung fehlerhaft war und daß dieser Fehler während des Prüfungsverfahrens und während des ganzen schriftlichen Teils des Einspruchsverfahrens unbemerkt geblieben ist.
3.1.3. Die Kammer möchte auch anmerken, dass der Verweis in D4, Seite 8, Zeile 7 auf die deutsche Patentschrift 2. 202(sic!) 753 (unstrittig ist DE-A-2 206 753 (D6) gemeint) in erster Linie mit den in D6 offenbarten codierten Schutzhülsen und weniger mit der Art der Überlappung der Berührungsschutzhülsen im zusammengefahrenen Zustand der Gerätesteckvorrichtung im Zusammenhang zu stehen scheint.
3.1.4. Aus obigen Überlegungen kann die Kammer der These der Patentinhaberin zur Auslegung von D4 nicht folgen und schließt sich daher der Meinung der Einspruchsabteilung und der Einsprechenden zu diesem Punkt an. Nach Beurteilung der Kammer ist Merkmal O3 durch D4 zweifelsfrei offenbart. Im übrigen steht diese Feststellung im Einklang mit der Auslegung der erkennenden Kammer in T 951/94; siehe Ziffer 2.1. Die Kammer stellt also fest, daß das Dokument D4 den nächstliegenden Stand der Technik darstellt.
3.2. Aufgabe
3.2.1. Gemäß der Beschreibung des Streitpatents, Spalte 1 unten bis Spalte 2 oben, besteht die Aufgabe darin, einerseits eine gefahrbringende Verwechslung mit genormten Haushalts- oder Gerätesteckvorrichtungen, wie z. B. den als Schuko-Stecker bekannten Schutzkontaktsteckern zu vermeiden und andererseits eine Reihe unverwechselbarer Gerätesteckvorrichtungen gleicher Bauart zur Verfügung zu stellen.
3.2.2. Streng genommen wird die zweite Aufgabe nicht durch die Merkmale des Anspruchs 1 gelöst; die Lösung erfolgt vielmehr durch die Merkmale des Anspruchs 2.
3.2.3. Die Einsprechende hat zu Recht bemängelt, daß der Beitrag des Merkmals A ('eng umschließen') zur Lösung der Aufgabe nicht klar aus der Beschreibung erkennbar sei. Nach Auffassung der Kammer hängt dies mit dem irreführenden Verweis auf "erfindungsgemäße Vertauschung der Ausbildung der Berührungschutzhülsen" in der Beschreibungseinleitung, Spalte 2, Zeilen 17 und 18, zusammen. Wie aus der Beschreibung des Ausführungsbeispiels, Spalte 3, Zeilen 21 bis 28, hervorgeht, sind die Berührungschutzhülsen 5 eng, so daß die Berührungschutzhülsen 2 (der Stiftkontakte) sie aufnehmen können, d. h. um die Vertauschung zu ermöglichen. Da aber diese Vertauschung an sich aus D4 bekannt ist (siehe 3.1 oben), ist Merkmal A in diesem Sinne auch als vorbekannt einzustufen. Die Beitretende hat zu Recht darauf hingewiesen, daß auch aus der Figur 2 des Streitpatents nicht zu entnehmen sei, daß 'engumschließend' im Sinne von 'anliegend' oder 'in unmittelbarem Kontakt' auszulegen sei.
3.2.4. Nach Beurteilung der Kammer ist daher die objektive Aufgabe darin zu sehen, eine Gerätesteckvorrichtung wie aus D4 bekannt so zu gestalten, daß eine wackelfreie, verwechslunghindernde Kalibrierung der Buchsenkontakte erreicht wird, so daß (große) fremde Steckerstifte nicht eingeführt werden können.
3.3. Lösung
3.3.1. Die Kammer stimmt der beschwerdeführenden Einsprechenden darin zu, daß der Fachmann, der sich diese Aufgabe stellt, nicht nur im engen Bereich der eigentlichen Gerätesteckvorrichtungen eine Lösung suchen würde, sondern auch im engbenachbarten Bereich der Steckverbinder, insbesondere am "leichteren" Ende dieses Bereichs, wo Strom- und Spannungsgrößen vergleichbar sind. Daß die Grenzen hier ohnehin fließend sind, geht auch aus der Beschreibungseinleitung des Streitpatents hervor; siehe Spalte 1, Zeilen 20 bis 55. Es ist wahr, daß ein grundsätzlicher Unterschied besteht zwischen Gerätesteckvorrichtungen, die unter Last gezogen werden dürfen und Steckverbindern, die nur bei ausgeschalteter Spannung ein- bzw. ausgesteckt werden dürfen. Bei den letzteren besteht nämlich keine Gefahr der Berührung eines spannungsführenden Kontaktes. Trotzdem sollen auch bei den schweren Steckverbindern Verwechslungen zwischen elektrisch inkompatiblen Stift- und Buchsenkontakten vermieden werden, und eine positive Führung in eine stabile wackelfreie Verbindung ist genau so wichtig. Angesichts dieser Überlappung in den Anforderungen stimmt die Kammer der einsprechenden Beschwerdeführerin zu, daß es wirklichkeitsfremd wäre, zwischen diesen benachbarten Fachgebieten eine scharfe Grenze zu ziehen. Im Handel gibt es zwar eine Trennung zwischen häuslichen und professionellen bzw. industriellen Anwendungsgebieten, aber der einschlägige Fachmann hat einen Überblick, der es ihm ermöglicht, nach Bedarf ein einfacheres Produkt aufzuwerten, indem er sich Eigenschaften der komplexeren Produkte anschaut, um passende Lösungsmöglichkeiten auf die einfacheren Produkte zu übertragen.
3.3.2. Daher ist nach Beurteilung der Kammer von dem Fachmann, der sich die obige Aufgabe stellt, durchaus zu erwarten, daß er sich den im Dokument D10 beschriebenen mehrpoligen Steckverbinder anschaut, um in den Konstruktionsmerkmalen dieses Steckverbinders eine Lösung der gestellten Aufgabe zu suchen. Es ist für die Kammer nicht plausibel, daß das Vorhandensein eines äußeren Gehäuses den Fachmann daran hindern sollte, seinen Blick auf die Steckvorrichtung innerhalb dieses Gehäuses zu richten. Er müßte sich nur den Querschnitt in D10 anschauen, um sofort die Lösung der gestellten Aufgabe zu erkennen, nämlich Einengung (Merkmal B), formschlüssige und paßgenaue Anpassung der Konturen der Berührungschutzhülsen (Merkmal A) und federnde Buchsenkontakte, die sich im vorderen Bereich in einem schmalen Luftspalt in der sonst engumschließenden Berührungschutzhülse öffnen können (Merkmal D).
3.3.3. Damit würde der Fachmann ohne erfinderisch tätig zu werden zu einer Gerätesteckvorrichtung gelangen, die alle Merkmale des Anspruchs 1 in der von der Einspruchsabteilung gebilligten Form aufweist.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das Patent wird widerrufen.