European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2003:T084500.20030311 | ||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Datum der Entscheidung: | 11 März 2003 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0845/00 | ||||||||
Anmeldenummer: | 94905682.4 | ||||||||
IPC-Klasse: | A61F 2/06 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
Download und weitere Informationen: |
|
||||||||
Bezeichnung der Anmeldung: | Stent | ||||||||
Name des Anmelders: | Angiomed GmbH & Co. Medizintechnik KG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | SciMed Life Systems, Inc. | ||||||||
Kammer: | 3.2.02 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
|
||||||||
Schlagwörter: | Neuer Einspruchsgrund (unzulässig) Konflikt zwischen Artikel 123(2) und (3) EPÜ Erfinderische Tätigkeit (ja - Hilfsantrag) |
||||||||
Orientierungssatz: |
- |
||||||||
Angeführte Entscheidungen: |
|
||||||||
Anführungen in anderen Entscheidungen: |
|
Sachverhalt und Anträge
I. Gegen die Erteilung des Patents wurde ein Einspruch erhoben mit der Begründung, daß der patentierte Gegenstand nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe (Artikel 100 a) EPÜ). Im Laufe einer mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung, also nach Ablauf der Einspruchsfrist, wurde von der Einsprechenden noch der Einwand erhoben, das Patent offenbare die Erfindung nicht so deutlich und vollständig, daß ein Fachmann sie ausführen könne (Artikel 100 b) EPÜ), und der Gegenstand des erteilten unabhängigen Anspruchs 9 sei gegenüber der ursprünglichen Offenbarung unzulässig abgeändert worden (Artikel 100 c) EPÜ).
Aufgrund der mündlichen Verhandlung entschied die Einspruchsabteilung, daß der Gegenstand des erteilten Verfahrensanspruchs 9 nicht auf der ursprünglichen Offenbarung beruhe, daß aber die geänderte Fassung des Patents nach einem zweiten Hilfsantrag alle Bedingungen des EPÜ erfülle. Der Einspruchsgrund gemäß Artikel 100 b) EPÜ wurde als nicht prima facie begründet befunden und deshalb als verspätet vorgebracht nicht berücksichtigt.
Gegen diese Entscheidung haben sowohl die Patentinhaberin (Beschwerdeführerin I) als auch die Einsprechende (Beschwerdeführerin II) Beschwerde eingelegt.
II. In einer Mitteilung vom 15. Oktober 2002 steckte die Kammer zur Vorbereitung einer mündlichen Verhandlung den Rahmen für die Erörterung ab und wies auf Formulierungen in den ursprünglich eingereichten Unterlagen hin, die dazu dienen könnten, den Gegenstand des Verfahrensanspruchs 9 in deutlicher Weise auf die ursprüngliche Offenbarung zurückzuführen.
III. Am 11. März 2003 fand eine mündliche Verhandlung statt, an deren Ende die Anträge der Beteiligten wie folgt lauteten:
Die Beschwerdeführerin 1 (Patentinhaberin) beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent aufrechtzuerhalten auf der Grundlage der erteilten Patentansprüche 1 bis 8 und 10 bis 12 und des Patentanspruchs 9 in der Form des Vorschlags nach der Mitteilung der Kammer vom 15. Oktober 2002 jedoch mit der Einfügung des Wortes "danach" zwischen den Worten "daß" und "Brücken" in Zeile 20 des Anspruchswortlauts, hilfsweise die Beschwerde der Einsprechenden zurückzuweisen.
Die Beschwerdeführerin 2 (Einsprechende) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents.
IV. Bei der vorliegenden Entscheidung wurden folgende Druckschriften als Stand der Technik herangezogen:
D1: WO-A-92/06734
D3: US-A-5104404
D4: EP-B-0335341
D9: US-A-4390599
V. Die unabhängigen Ansprüche lauten wie folgt:
Vorrichtungsanspruch 1 (Hauptantrag und Hilfsantrag):
"Stent mit mehreren in Achsrichtung hintereinander angeordneten, sich über seinen Umfang (U) erstreckenden Mäanderbahnen (2, 2a, 2b, 2c), wobei einander in Achsrichtung (A) zugewandte Bereiche durch Verbindungsabschnitte (4, 4a, 4b, 4c) miteinander verbunden, jedoch weitere in Umfangsrichtung zwischen diesen angeordnete, in Achsrichtung einander zugewandte Bereiche (3, 3a; 3a', 3b) nicht miteinander verbunden sind, dadurch gekennzeichnet, daß der Stent (1) aus Flachblech einer Formgedächtnislegierung mit einer Tieftemperaturkonfiguration, bei der die Mäanderschenkel der Mäanderbahnen (2, 2a, 2b, 2c) aneinander anliegen, und einer radial aufgeweiteten Hochtemperaturkonfiguration besteht und daß zwischen jeweils zwei Verbindungen (4, 4a, 4b, 4c) in derselben Mäanderbahn (2, 2a, 2b, 2c) mindestens jeweils zwei nicht miteinander verbundene Bereiche (3, 3a; 3a', 3b) liegen."
Verfahrensanspruch 9 (nur Hauptantrag):
"Verfahren zum Herstellen eines Stents aus Formgedächtnislegierung, dadurch gekennzeichnet, daß in einem Flachblech Schlitze (11) derart eingeschnitten werden, daß senkrecht zu ihrer Erstreckungsrichtung benachbarte Schlitze um etwa die Hälfte ihrer Länge in Achsrichtung (A) versetzt sind, daß das Blech zu einem Zylinder gebogen wird, daß seine sich berührenden Ränder (14, 15) an Schweißpunkten miteinander verbunden werden und daß eine Wärmebehandlung vorgenommen wird, um dem Stent (1) Gedächtniseigenschaften zu verleihen, so daß er nach Temperaturerhöhung auf eine über Umgebungstemperatur, aber unterhalb der Körpertemperatur des menschlichen Körpers liegende Temperatur sich in eine Hochtemperaturstellung unter Bildung von Mäanderbahnen (2, 2a, 2b, 2c) radial aufweitet, und daß danach Brücken (13) zwischen benachbarten Schlitzen (11) entfernt werden, so daß Freiräume (5, 5', 5a, 5b) derart gebildet werden, daß zwischen jeweils zwei Verbindungen (4, 4a, 4b, 4c) in derselben Mäanderbahn (2, 2a, 2b, 2c) mindestens jeweils zwei nicht miteinander verbundene Bereiche (3, 3a; 3a', 3b) liegen."
VI. Die Beteiligten trugen folgendes vor:
i) Die Beschwerdeführerin 1 (Patentinhaberin)
- Die Einspruchsabteilung habe zu Recht entschieden, den Einspruchsgrund nach Artikel 100 b) EPÜ im Einspruchsverfahren nicht zuzulassen, denn er sei prima facie unbegründet. Der Ausdruck "die Mäanderschenkel der Mäanderbahnen aneinander anliegen" bedeute nämlich lediglich, daß sich die durch Einschneiden gebildeten Mäanderschenkel berührten, wenn der Stent der Konfiguration vor Expansion der Abbildung 1 entspreche, und sich voneinander entfernten, wenn der Stent die Konfiguration nach Expansion der Abbildung 2 aufweise. Entsprechend dem in bezug auf Abbildung 4 beschriebenen Verfahren würden die Durchbrüche erzeugt, ohne daß Material entfernt werde. Der Fachmann verfüge also über alle Informationen, die für die Ausführung der Erfindung erforderlich seien.
- Der Verfahrensanspruch 9 müsse lediglich als eine Liste der für die Herstellung des Stents erforderlichen Verfahrensschritte verstanden werden, wobei die Verfahrensschritte nicht in der angegebenen Reihenfolge ausgeführt werden müßten. Die von der Kammer in der Erörterung vorgeschlagene Anspruchsfassung entspreche stärker dem Beispiel in der Beschreibung, ändere aber nicht den Gegenstand des Verfahrens gegenüber der erteilten Fassung, wenn dieses Verfahren als eine Kombination von Verfahrensschritten verstanden werde.
- Der Vorrichtungsanspruch 1 werde durch die Kombination eines der Druckschriften D4 oder D3 mit dem Dokument D1 nicht offenbart. In D4 werde der Stent nicht aus einer Formgedächtnislegierung hergestellt. Es werde sogar von einem temperaturempfindlichen, expandierenden Material abgeraten, da man die Expansion nicht kontrollieren könne. Obwohl gemäß der Beschreibung dieser Druckschrift lediglich mindestens ein Verbindungselement zwischen zwei benachbarten Stentelementen vorhanden sein müsse, seien in dem in den Abbildungen 7 bis 10 dargestellten einzigen Ausführungsbeispiel alle Spitzenbereiche der einander zugewandten Mäanderbahnen miteinander verbunden. Die Druckschriften D3 und D1 offenbarten eine zickzackförmige Struktur, die nicht mit den erfindungsgemäßen Mäanderbahnen zusammenhänge. In D3 könne sich der Stent nur an die Biegungen anpassen und die gewünschte Flexibilität erreichen, wenn die einzige Verbindung, die zwei benachbarte Teile des Stents verbinde, außerhalb der Biegung liege. In D1 werde eine erhöhte Flexibilität weder angestrebt noch erreicht, denn die Struktur weise auf dem gesamten Umfang zahlreiche Verbindungen auf.
ii) Die Beschwerdeführerin 2 (Einsprechende)
- Der neue von der Einspruchsabteilung in der mündlichen Verhandlung zu Unrecht zurückgewiesene Einspruchsgrund sei prima facie begründet und hätte in der Verhandlung zugelassen werden müssen, denn in der Konfiguration des Stents vor Expansion in Abbildung 1 sehe man nicht, wie die Mäanderschenkel aneinander anliegen könnten, weil zwischen den genannten Schenkeln durch Entfernen von Material Schlitze gebildet würden.
- Die von der Kammer zur Diskussion gestellte Formulierung des Verfahrensanspruchs 9 halte zwar die Reihenfolge der im Patent beschriebenen Verfahrensschritte ein, ändere jedoch völlig die Reihenfolge der Verfahrensschritte in der erteilten Fassung. Eine solche Änderung sei nicht zulässig, da sie in Widerspruch zu Artikel 123 (3) EPÜ stehe. Bereits aus diesem Grund sei der Hauptantrag nicht gewährbar.
- Die Druckschriften D3 oder D4 könnten als Ausgangspunkt genommen werden, um die Struktur entsprechend dem Oberbegriff des Vorrichtungsanspruchs 1 zu veranschaulichen. In diesen beiden Druckschriften solle die Flexibilität des Stents verbessert werden, damit er sich besser an die Biegungen der Gefäße anpasse. Da gemäß D4 mindestens ein Verbindungselement zwischen zwei nebeneinanderliegenden Stentelementen (Abbildungen 7 bis 10) vorhanden sein müsse, sei auch eine Vielzahl nicht ausgeschlossen. Ferner (Abbildung 1A) könne davon ausgegangen werden, daß die durch Schlitze getrennten Mäanderschenkel entsprechend der beanspruchten Konfiguration nebeneinander angeordnet seien. Obwohl das Dokument D3 nur eine einzige Verbindung zwischen zwei benachbarten Stentelementen darstelle, sei eine größere Zahl von Verbindungen nicht ausgeschlossen, da der Stent die Arterie, in die er eingeführt werde, wirksam stützen müsse. In Druckschrift D1 seien die Mäanderbahnen durch mehrere Verbindungen in geeigneter Anzahl miteinander verbunden. Durch Kombination der Lehre der Druckschriften D4 oder D3 mit der der Druckschrift D1 gelange der Fachmann somit in naheliegender Weise zum Gegenstand von Anspruch 1.
- Die Eigenschaften der im Patent verwendeten Formgedächtnislegierung dienten zur Lösung einer anderen Aufgabe, die unabhängig von dem Bemühen sei, die Flexibilität durch die strukturellen Merkmale des Stents zu verbessern. Obwohl Druckschrift D9, einen Stent mit derselben Struktur wie der des Stents von D4 offenbare, werde dort die Aufweitung des Stents durch die Wirkung der Formgedächtnislegierung erzielt, während gemäß D4 der Katheter in klassischer Weise mit einem aufblasbaren Ballon aufgeweitet werde. Trotzdem wiesen diese beiden Strukturen dieselbe Längsflexibilität auf.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Neuer Einspruchsgrund (Artikel 100 b) EPÜ)
In ihrer Entscheidung hat die Einspruchsabteilung die von der Einsprechenden in der mündlichen Verhandlung neu vorgebrachten Einspruchsgründe zurückgewiesen, weil sie verspätet vorgebracht und nicht prima facie begründet seien. Die Einsprechende bestritt die Möglichkeit, die Erfindung auszuführen, denn ein Stent, dessen Mäanderschenkel entsprechend dem beanspruchten Ausdruck "bei der die Mäanderschenkel ... anliegen" aneinander stoßen und sich berühren, könne nicht so hergestellt werden, daß er zwischen den genannten Mäanderschenkeln Schlitze aufweise, da dabei Material entfernt werde.
Gegen diese Auffassung der Beschwerdeführerin II sprechen folgende Gründe:
- der beanspruchte Ausdruck wird im Patent nicht nur wörtlich gestützt (Spalte 2, Zeilen 50 bis 52), sondern darüber hinaus wird die Herstellung des Stents klar erläutert und unter Bezugnahme auf Abbildung 4 (Spalte 4, Zeilen 26 bis Spalte 5, Zeile 7) im einzelnen beschrieben. So werden gemäß Spalte 4, Zeilen 27 bis 32 die Durchbrüche oder Schlitze 11 im planen Zustand des Blechs erzeugt, siehe auch (Abbildung 4).
- Da der Vorrichtungsanspruch im wesentlichen auf die Struktur des Stents gestützt ist, ist das für die Perforierung des Blechs und die Ausbildung dieser Schlitze angewandte Verfahren ohne Belang.
- Darüber hinaus sind die Techniken zum Schlitzen vom Flachblech dem Fachmann geläufig. Dabei ist offensichtlich, daß die durch die Durchbrüche erzeugten Mäanderbahnen im nicht aufgeweiteten Zustand des Stents seien -siehe(Abbildung 1).
Da somit der nach Ablauf der Einspruchsfrist neu vorgebrachte Einspruchsgrund nicht prima facie begründet ist, hat die Einspruchsabteilung ihr Ermessen korrekt ausgeübt, als sie diesen Einspruchsgrund als verspätet vorgebracht nicht berücksichtigte.
3. Änderungen (Artikel 123 EPÜ) - Hauptantrag
Die von der Kammer in ihrer Mitteilung zur Diskussion gestellte Fassung des Verfahrensanspruchs 9 sollte lediglich dazu dienen, der Verhandlung eine klarere und korrekt auf der ursprünglichen Anmeldung beruhende Formulierung zugrunde zu legen, um die Erfordernisse der Artikel 84 EPÜ und Artikel 123 (2) EPÜ zu erfüllen. Gemäß der ursprünglichen Fassung der Anmeldung wurden die einzelnen Verfahrensschritte zur Herstellung des Stents und die Reihenfolge ihrer Ausführung eindeutig wie folgt beschrieben (vgl. Seite 7, Zeile 17 bis Seite 8, Zeile 25):
- Erzeugung der Schlitze in einem Blech
- Ausbildung des Zylinders
- Wärmebehandlung
- Trennen bestimmter Verbindungen zwischen den Spitzenbereichen der Mäanderbahnen
Diese Änderungen, die notwendig sind um Anspruch 9 gemäß Artikel 123 (2) EPÜ auf den Inhalt der ursprünglich eingerreichten Anmeldung zurückzuführen, sind jedoch nach Artikel 123 (3) EPÜ nicht zulässig, da durch sie der Schutzbereich der erteilten Fassung erweitert wird. Selbst wenn man der Argumentation der Beschwerdeführerin I dahingehend folgen sollte, daß die erteilte Fassung Anspruch 9 nicht unbedingt auch die zeitliche Abfolge der Verfahrensschritte festlegen soll, so definiert dieser Anspruch jedoch eindeutig zwei Merkmalsgrupen: Verfahrensschritte die an dem Flachblech vorgenommen werden und solche die während oder nach der Formung der Zylinder ausgeführt werden.
Die erteilte Fassung des Anspruchs 9 ist dahingehend eindeutig, daß die Entfernung der Brücken am Flachblech erfolgt, während die oben zitierte Stelle der ursprünglichen Offenbarung diesen Schritt in die Phase nach der Formung des Zylinder legte. Somit erfüllt die vorliegende Fassung des Anspruch 9 zwar die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ, verstößt jedoch gegen die des Artikels 123 (3) (siehe in diesem Zusammenhang die Entscheidung G1/93, ABl. 1994, 541, Nr. 13).
Da aus diesen Gründen der unabhängige Anspruch 9 gemäß Hauptantrag nicht gewährbar ist, ist auch der Hauptantrag nicht gewährbar.
4. Erfinderische Tätigkeit - Hilfsantrag
Der lediglich die erteilten Vorrichtungsansprüche 1 bis 8 enthaltende Hilfsantrag entspricht der von der Einspruchsabteilung aufrechterhaltenen Fassung des Patents.
4.1. Der Oberbegriff des Anspruchs 1 bezieht sich auf einen Stent mit mehreren sich in Umfangsrichtung erstreckenden Mäanderbahnen 2, die so angeordnet sind, daß die in Achsrichtung einander zugewandten Spitzenbereiche 3 durch Verbindungsabschnitte 4 miteinander verbunden sind. Allerdings sind nicht alle Spitzen um einen selben Umfang miteinander verbunden, was dazu führt, daß Trennungen 5 entstehen.
Diese Trennungen oder Freiräume sollen entsprechend der der Erfindung zugrunde liegenden Aufgabe die Längsflexibilität des Stents und insbesondere seine Biegefähigkeit verbessern, damit er sich an die Biegungen der Gefäße, in die er eingeführt wird, anpaßt, um eine Querschnittsdeformation an der Stelle der Biegung zu verhindern oder so gering wie möglich zu halten.
Die Druckschrift D3 bildet aufgrund der größten strukturellen Ähnlichkeit den nächstliegenden Stand der Technik. Sie offenbart alle Merkmale des Oberbegriffs des Anspruchs 1, wenn man die durch V-förmige Elemente gebildeten Zickzackstrukturen, aus denen jedes Stentelement 12 besteht, mit Mäanderbahnen gleichsetzt. Pro Umfang ist jeweils eine Verbindung von einander zugewandten Spitzenbereichen, durch flexible Verbindungsstücke 14 (vgl. Abbildung 1) vorhanden, um als Gelenke die Flexibilität des Stents im Hinblick auf seine Einführung in die Arterie zu erleichtern.
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin 2 wird die Druckschrift D4 nicht als nächstliegender Stand der Technik herangezogen, da jedes Stentelement (Abbildung 1A, 1B) nicht aus durch in ihren Spitzenbereichen verbundenen Mäanderbahnen gebildet wird, sondern durch ein biegsames Gestrick. Selbst wenn man sich den in Figur 1B dargestellten Stent als aus mehreren an ihren Spitzen durch Quersegmente 77 verbundenen Mäanderbahnen bestehend vorstellen würde, so wären alle um einen selben Umfang angeordneten Spitzen miteinander verbunden. Daher entspricht diese Struktur nicht dem Gegenstand des Oberbegriffs des Anspruchs 1.
Bei der Ausführungsform nach den Abbildungen 7 bis 10 der Druckschrift D4 sind die Stentsegmente durch Verbindungsstücke 100, 102, also "mindestens eine Verbindung" gemäß der Beschreibung (vgl. Spalte 4, Zeilen 18 bis 21 und Spalte 13, Zeilen 29 bis 33), miteinander verbunden, um wie bei dem aus Druckschrift D3 gewählten Stent die Flexibilität zu verbessern. Allerdings zeigt das in den Abbildungen 7 bis 10 von D4 dargestellte Beispiel, daß alle Spitzen gegenüber von zwei benachbarten Stentsegmenten durch Verbindungsstücke 102 um einen selben Umfang miteinander verbunden sind, wobei die gewünschte Flexibilität durch die Drehung der genannten Verbindungsstücke erreicht wird. Somit ist die Struktur des aus D4 bekannten Stents weiter vom Oberbegriff des Anspruchs 1 entfernt als die des aus D3 bekannten.
4.2. Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet sich von dem aus der Druckschrift D3 bekannten Stent durch die Strukturmerkmale im kennzeichnenden Teil, wonach für eine um einen selben Umfang gebildete Mäanderbahn mindestens zwei Trennungen 3 zwischen zwei benachbarten Verbindungsstücken 4 bestehen. Dies impliziert auch das Vorhandensein von mindestens zwei Verbindungsabschnitten auf dem Umfang. Auf diese Weise wird die Flexibilität des Stents in alle Richtungen beträchtlich erhöht (vgl. Patent Spalte 3, Zeilen 50 bis 51 und Spalte 5, Zeilen 12 bis 20). Das für die Herstellung des Stents gewählte Material (Formgedächtnislegierung) spielt bei der Suche nach einer größeren Flexibilität bei der Biegung eine untergeordnete Rolle. Im übrigen sind diese Legierungen für ihre Eigenschaften und ihre Verwendung für expandierbare Stents bekannt, wie in der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung erwähnt ist (Seite 2, Zeilen 1 bis 3 und Zeilen 17 bis 20).
4.3. Keine der Entgegenhaltungen offenbart die beanspruchte besondere Struktur.
In Druckschrift D3 ist nur eine einzige Verbindung 14 vorhanden, die eine gewisse Länge besitzen muß (Abbildung 2), so daß die der Verbindung gegenüberliegenden Ränder der Stentsegmente sich annähern können (Spalte 3, Zeilen 52 bis 61). Bei dieser Funktionsweise wird ausgeschlossen, daß mehrere Verbindungen so angeordnet werden können, daß sie sich in ihrer Gelenkfunktion behindern. Die Herstellung des Stents und insbesondere die aufeinanderfolgenden Positionen seiner gegliederten Verbindungsstücke sind durch die Biegungen des Gefäßes vorgegeben, für das er bestimmt ist (vgl. Spalte 1, Zeile 67 bis Spalte 2, Zeilen 16 bis 19).
Aus der Druckschrift D4 (Abbildungen 7 bis 10) ist es, wie bereits ausgeführt, bekannt, alle Spitzen der Mäanderbahnen durch Verbindungsstücke 102 miteinander zu verbinden. Auch wenn die Beschreibung dieser Druckschrift allgemeiner gehalten ist, weil sie "mindestens ein Verbindungsstück" angibt, bedeutet dies nicht, daß in dem angenommenen Fall von zwei Verbindungsstücken um einen selben Umfang diese beiden Verbindungsstücke durch zwei benachbarte, nicht verbundene Spitzen getrennt sind. In D4 wird die Flexibilität des Stents durch die Verwendung von als Federzungen ausgebildeten Verbindungsstücken (vgl. Abbildung 9 und Spalte 14, Zeilen 28 bis 35) gewährleistet. In der Konfiguration des Stents vor Expansion (Abbildung 1A) fungieren die Querelemente 77, die die rechteckigen Öffnungen 82 begrenzen, als Abstandsstücke, die die Längselemente 75 der genannten Öffnungen auf Distanz halten. Unter diesen Bedingungen ist das erfindungsgemäße Merkmal, wonach die Mäanderschenkel vor der Aufweitung aneinander anliegen sollen nicht zu verwirklichen.
Aus der Druckschrift D1 ist ein Stent bekannt, der durch an den Spitzen verbundene Mäanderbahnen gebildet wird (Abbildungen 1 bis 3). Aber im Gegensatz zur Erfindung sind dort nicht die einander zugewandten Spitzen miteinander verbunden. Die in D1 gewählte Lösung (vgl. Abbildung 3) besteht darin, daß die zwei nebeneinanderliegenden Mäanderbahnen gegenüberliegenden Spitzen durch in Achsrichtung versetzte Verbindungsstücke 31, 33, 35 verbunden sind. In anderen Worten bilden die Verbindungsstücke die großen Diagonalen der Rauten, während diese Rauten in der Erfindung nicht vorhanden sind (vgl. Abbildung 2 des Patents). Das Dokument D1 offenbart daher nicht die beanspruchte Struktur und strebt auch keine größere Längsflexibilität an. Die diagonalen Verbindungen tragen im Gegenteil dazu bei, diese Flexibilität zu verringern, indem sie die Steifheit der gesamten Struktur erhöhen.
4.4. Aus dem bisher Gesagten ergibt sich, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 durch den angezogenen Stand der Technik weder offenbart noch nahegelegt wird. Daher beruht er auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ, so daß das Patent in dieser Fassung aufrechterhalten werden kann.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde sowohl der Patentinhaberin als auch der Einsprechenden wird zurückgewiesen mit der Folge, daß das Ergebnis der angefochtenen Entscheidung Bestand hat.