T 0321/00 () of 17.11.2000

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2000:T032100.20001117
Datum der Entscheidung: 17 November 2000
Aktenzeichen: T 0321/00
Anmeldenummer: 96115269.1
IPC-Klasse: F02B 31/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished | Unpublished v2
Bezeichnung der Anmeldung: Zylinderkopf für Brennkraftmaschinen
Name des Anmelders: DaimlerChrysler AG
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.2.04
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 122
Schlagwörter: Wiedereinsetzung in die Frist zur Begründung der Beschwerde - ja
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
J 0009/86
J 0005/94
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin hat gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung vom 6. Dezember 1999, durch die die europäische Patentanmeldung 96 115 269.1 zurückgewiesen wurde, form- und fristgerecht am 16. Dezember 1999 Beschwerde eingelegt und gleichzeitig die Beschwerdegebühr entrichtet.

II. Die Beschwerdeführerin wurde durch eine Mitteilung gemäß Artikel 108 und Regel 65 (1) EPÜ vom 31. Mai 2000 davon benachrichtigt, daß die Beschwerdebegründung nicht innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Frist eingegangen sei. Darauf hat die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 25. Juli 2000, eingegangen beim Europäischen Patentamt am 28. Juli 2000, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt, die Wiedereinsetzungsgebühr bezahlt und zugleich die eingelegte Beschwerde begründet.

III. Mit ihrem Wiedereinsetzungsantrag und in Erwiderung auf einen Bescheid der Kammer hat die Beschwerdeführerin folgendes vorgetragen:

Bei Eingang eines Zurückweisungsbeschlusses in der Patentabteilung der Beschwerdeführerin werde nach folgenden allgemeinen Weisungen gehandelt: Zunächst werde sofort die Frist für die Einreichung der Beschwerde manuell notiert und in die EDV-Fristüberwachung aufgenommen. Anschließend erhalte der zuständige Bearbeiter den Beschluß mit der Akte, um darüber zu entscheiden, ob Beschwerde eingelegt werden solle. Werde diese Frage bejaht, so werde die Beschwerdeschrift abgefaßt und mit der Akte an die Verwaltung zurückgeleitet. Von dort werde die Beschwerdeschrift eingereicht, die Frist zur Einreichung der Beschwerde gestrichen und die Frist für die Einreichung der Beschwerdebegründung notiert sowie in die Fristüberwachung aufgenommen. Die drei letztgenannten Maßnahmen würden von der Leiterin der Verwaltung überwacht und überprüft, bevor der Vorgang die Verwaltung verlasse.

Im vorliegenden Fall sei entschieden worden, Beschwerde zu erheben. Die Akte sei auch ordnungsgemäß an die Verwaltung gegeben worden. Dort sei zwar die Beschwerdeschrift abgesandt und die Frist zur Einreichung der Beschwerde gestrichen worden, die Notierung der Frist für die Einreichung der Beschwerdebegründung und ihre Aufnahme in die Fristüberwachung habe die zuständige Mitarbeiterin, Frau X, aber weisungswidrig unterlassen. Dieses Versehen habe die Leiterin der Verwaltung, Frau Y, übersehen. Frau X habe eine mehr als 16-jährige Erfahrung in der Patentverwaltung, auch Frau Y sei langjährig erfahren und als Patentanwaltsfachangestellte ausgebildet. Beide Mitarbeiterinnen seien mit dem Ablauf bei Einlegung einer Beschwerde beim EPA vertraut und hätten sich stets als zuverlässig erwiesen; es sei noch nie vorgekommen, daß die Frist zur Einreichung der Beschwerdebegründung nicht in die Fristüberwachung aufgenommen worden sei. Weder Frau X noch Frau Y könnten sich erklären, wie es zu diesem zweifachen Übersehen gekommen sei. Von dem Fristversäumnis habe die Beschwerdeführerin erst durch die Mitteilung des EPA vom 31. Mai 2000 erfahren.

Der vorgetragene Sachverhalt wurde durch Kopien aus dem Aktenverwaltungssystem der Beschwerdeführerin zur vorliegenden Anmeldung und durch Erklärungen von Frau X und Frau Y glaubhaft gemacht.

Entscheidungsgründe

1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist innerhalb der Frist des Artikels 122 (2) Satz 1 EPÜ gestellt worden. Das für das Fristversäumnis ursächliche Ereignis ist mit Eingang der Mitteilung der Beschwerdekammer vom 31. Mai 2000 bei der Beschwerdeführerin am 10. Juni 2000 (Regel 78 (2) EPÜ) weggefallen, so daß der am 28. Juli 2000 eingegangene Antrag fristgerecht gestellt und begründet worden ist.

Die Ergänzungen der Begründung nach Fristablauf halten sich im Rahmen des ursprünglichen Vortrags und dienen lediglich zu dessen Vervollständigung; sie sind daher zulässig (J 5/94, zitiert in Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 3. Auflage 1998, VI.E.7).

2. Gemäß Artikel 122 (2) Satz 2 EPÜ ist die versäumte Handlung, die Begründung der Beschwerde, mit dem beim Europäischen Patentamt am 28. Juli 2000 eingegangenen Schriftsatz fristgemäß nachgeholt worden.

3. Die Wiedereinsetzungsgebühr ist gemäß Artikel 122 (3) Satz 2 EPÜ ebenfalls fristgerecht entrichtet worden.

4. Der Antrag ist auch begründet (Artikel 122 (3) Satz 1 EPÜ).

Die Beschwerdeführerin hat dargelegt, daß in ihrer Patentverwaltung ein wirksames System zur Überwachung der Frist zur Beschwerdebegründung bestand. Mit der vorgesehen Überprüfung durch die Leiterin der Verwaltung schloß dieses System einen wirksamen Kontrollmechanismus ein (J 9/86, zitiert in Rechtsprechung der Beschwerdekammern, a.a.O., VI.E.9.2.2). Es ist nicht zu beanstanden, daß die Frist zur Einreichung der Beschwerdebegründung nicht bereits bei Eingang der Entscheidung notiert wurde. Zwar wird die Frist mit Zustellung der Zurückweisung ausgelöst (Artikel 108 Satz 3 EPÜ). Eine Überwachung der Frist ab diesem Zeitpunkt hätte jedoch zur Folge gehabt, daß das Überwachungssystem mit einer Frist belastet worden wäre, von der noch nicht feststand, ob sie eingehalten werden mußte. Die Aufnahme der Frist in die Fristüberwachung bei Einlegung der Beschwerde erscheint als vernünftiger Anknüpfungspunkt, da ohne rechtzeitige Einlegung einer Beschwerde die Frist für die Begründung der Beschwerde ohnehin nicht von Bedeutung werden kann. Da die Frist nicht nur in die EDV-Fristüberwachung aufzunehmen, sondern auch in der Akte zu notieren war, bestand auch eine geeignete Grundlage für eine Überwachung der Mitarbeiterinnen in der Patentverwaltung.

Auch innerhalb eines ordnungsgemäßen Systems zur Fristüberwachung können letztlich einzelne menschliche Fehler nicht mit letzter Sicherheit ausgeschlossen werden. Fehler von Hilfspersonen sind dem Beteiligten nicht zuzurechnen, wenn diese für ihre Aufgaben ausreichend qualifiziert sind (ständige Praxis, vgl. Rechtsprechung der Beschwerdekammern, a.a.O., VI.E.9.5.2). Daran hat die Kammer im vorliegenden Fall nach dem glaubwürdigen Vortrag der Beschwerdeführerin keinen Zweifel.

Bei Frau X und Frau Y handelt es sich ersichtlich um zuverlässige Mitarbeiterinnen mit langjähriger Erfahrung in der Fristenüberwachung. Ein Versäumnis wie im vorliegenden Fall ist ihnen zuvor offensichtlich niemals unterlaufen. Daß Frau X nach fristgerechter Einreichung der Beschwerde bei Wiedererhalt der Akte die Beschwerdefrist in EDV auf "erledigt" gesetzt hat und die Teamleiterin, Frau Y, diesen Fehler übersah, ist daher ein unvorhersehbarer Fehler innerhalb eines ansonsten gut funktionierenden Systems, der der Beschwerdeführerin nicht angelastet werden kann.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerdeführerin wird in die versäumte Frist zur Einreichung der Beschwerdebegründung wieder eingesetzt.

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