J 0007/03 () of 23.10.2003

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2003:J000703.20031023
Datum der Entscheidung: 23 October 2003
Aktenzeichen: J 0007/03
Anmeldenummer: 99120744.0
IPC-Klasse: A61C 8/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Einschraubbares, selbstschneidendes Knochenimplantat zur Pfostenverankerung von zahnärztlichen Suprakonstruktionen
Name des Anmelders: Abou Tara, Nicolas, Prof. Dr. Dr. med. dent.
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.1.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 108 Sent 3
European Patent Convention 1973 R 56(1)
Schlagwörter: Zulässigkeit der Beschwerde (nein)
Anforderungen an den Inhalt einer Beschwerdebegründung
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
G 0003/91
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung des Europäischen Patentamts, daß die europäische Patentanmeldung des Beschwerdeführers mit Wirkung vom 26. Oktober 2001 als zurückgenommen gilt, weil keine Benennungsgebühren gezahlt worden sind.

II. Nachdem die Anmeldung zusammen mit dem europäischen Recherchenbericht am 25. April 2001 veröffentlicht worden war, wies das EPA den Beschwerdeführer mit Einschreiben vom 29. November 2001 darauf hin, daß die Zahlung der Benennungsgebühren versäumt worden sei, jedoch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Mitteilung mit einem Zuschlag von 50% nachgeholt werden könne. Werde innerhalb dieser Frist nicht nachgezahlt, habe dies die Feststellung zur Folge, daß die Anmeldung als zurückgenommen gilt.

III. Benennungsgebühren hat der Beschwerdeführer nicht gezahlt.

IV. Mit Schreiben vom 13. März 2002 traf das EPA die angekündigte Feststellung und wies darauf hin, daß innerhalb von zwei Monaten eine rechtsmittelfähige Entscheidung beantragt werden könne, wenn der Beschwerdeführer diese Feststellung für unzutreffend halte.

V. Mit Schreiben vom 7. April , 9. Mai und 16. September 2002 beantragte der Beschwerdeführer eine solche Entscheidung, weil er zwar am 5. Dezember 2001 vom EPA eine Mitteilung erhalten habe, daß er die dritte Jahresgebühr zu zahlen habe, die er auch innerhalb von zwei Tagen entrichtet habe, sonst aber nicht wisse, welche Kosten er noch bezahlen müsse.

Nach dem Erhalt eines ihm vom EPA übersandten Belegs der Deutschen Post über die Auslieferung eines Einschreibens an den Ehegatten des Empfängers, der in der Spalte "ich bestätige die Sendung am heutigen Tag erhalten zu haben" in Großbuchstaben den Namen ABOU TARA, das Datum 1. Dezember 2001 und als Unterschrift des Empfangsberechtigten ebenfalls den Namenszug Abou Tara enthält, brachte der Beschwerdeführer hierzu vor, er habe das Schreiben vom 29. November 2001 weder auf dem Empfangs- noch auf dem Auslieferungsbeleg unterschrieben. Die dort enthaltene Unterschrift sei nicht mit seiner eigenen vergleichbar, auch wisse er nicht, wer das Schreiben in die Hände bekommen habe.

VI. Am 6. November 2002 traf das EPA die angefochtene Entscheidung mit folgender Begründung:

Die Mitteilung vom 29. November 2001 sei am 1. Dezember 2001 wirksam durch die Deutsche Post zugestellt worden. Nach Regel 78 Absatz 4 EPÜ sei für Zustellungen auf deutschem Hoheitsgebiet deutsches Recht anwendbar. Danach sei die Zustellung an im Haushalt lebende Familienmitglieder des Zustelladressaten wirksam. Aus dem Auslieferungsbeleg der Deutschen Post ergebe sich, daß das Einschreiben der Ehefrau am 1. Dezember 2001 ausgehändigt worden sei. Die damit in Lauf gesetzte Nachzahlungsfrist habe am 9. Januar 2002 geendet, ohne daß Benennungsgebühren mit Zuschlag gezahlt worden seien.

VII. Hiergegen richtet sich die am 31. Dezember 2002 eingelegte Beschwerde, für die am 14. Januar 2003 die vorgeschriebene Gebühr bezahlt worden ist, und zu der der Beschwerdeführer mit am 8. Januar 2003 beim EPA eingegangenem Schreiben Folgendes ausgeführt hat:

Das EPA könne und dürfe nicht einfach durch eine ungerechte Entscheidung eine jahrelange, intensive und harte Forschungsarbeit zunichte machen. Wenn er auf die Patentanmeldung hätte verzichten wollen, hätte er sich von vornherein gar nicht erst der Anmeldeprozedur unterzogen und haufenweise Honorare für einen Patentanwalt bezahlt. Leider sei von den beiden Briefen, auf die das EPA sich berufe, nur einer von seiner Frau in Empfang genommen worden. Er sei damals schwer krank gewesen. Seine Frau habe den Brief vergessen, nachdem sie nicht gewußt habe, was sie damit anfangen solle. Es sei weder seine Absicht noch die seiner Frau gewesen, die Gebühren nicht zu zahlen.

VIII. Die Kammer hat dem Beschwerdeführer schriftlich ihre vorläufige Auffassung mitgeteilt, daß sein Beschwerdevorbringen weder den tatsächlichen noch den rechtlichen Rahmen erkennen lasse, in dem die angefochtene Entscheidung mit der Beschwerde überprüft werden solle. Den Sachverhalt, auf den sich die angefochtene Entscheidung stütze, nämlich die Aushändigung des Einschreibens vom 29. November 2001 an die in seinem Haushalt lebende Ehefrau, habe er nunmehr eingeräumt. Aus den Ausführungen über die Ungerechtigkeit der angefochtenen Entscheidung ergebe sich auch nicht, weshalb die Begründung der Entscheidung, das Einschreiben sei durch Aushändigung an seine Ehefrau wirksam zugestellt worden, rechtlich unzutreffend sein solle. Weil der Beschwerdeführer deshalb innerhalb der vorgeschriebenen 4- Monatsfrist keine Beschwerdebegründung vorgelegt habe, die Artikel 108 Satz 3 EPÜ genüge, müsse seine Beschwerde voraussichtlich nach Regel 65 Absatz 1 EPÜ als unzulässig verworfen werden.

IX. Hierauf trug der Beschwerdeführer noch vor:

Nach jahrelanger Forschungsarbeit, die zum Teil mit sehr hohen Kosten verbunden gewesen sei, habe er das Patent durch einen Patentanwalt angemeldet. Als dem Anwalt mehrfach Fehler unterlaufen seien und wegen der unerträglich hohen Anwaltsgebühren habe er sich jedoch entschieden die Anmeldung selbst fortzuführen. Niemals habe er die Absicht gehabt die erforderlichen Gebühren nicht zu zahlen. Im November 2001 sei er erkrankt und habe wegen eines Nierentumors operiert werden müssen. Die Operationsfolgen hätten ihn für mehrere Monate außer Gefecht gesetzt. Allerdings habe er mitbekommen, daß seine Ehefrau den Empfang des Schreibens vom 29. November 2001 mit ihrer Unterschrift bestätigt habe. Das Schreiben sei aber im Zuge der Aufregungen um seine Erkrankung untergegangen. Von dem Inhalt habe er erst erfahren, als er per Post eine Kopie der von seiner Frau am 1. Dezember 2001 unterschriebenen Einschreibebescheinigung erhalten habe.

Angesichts seiner damaligen gesundheitlichen Situation sollte anerkannt werden, daß jeder Mensch in seinem Leben einmal unbeabsichtigt Fehler begehe. Deshalb dürfe aber seine Forschungsarbeit nicht von heute auf morgen zunichte gemacht werden.

X. Der Beschwerdeführer beantragt:

Erneut die Sachlage zu prüfen und daran anschließend ihm sein Recht auf sein Patent zu erteilen.

Entscheidungsgründe

1. Die Zulässigkeit der Beschwerde hängt davon ab, daß der Beschwerdeführer innerhalb der vorgeschriebenen Frist von vier Monaten nach Zustellung der angefochtenen Entscheidung eine Beschwerdebegründung eingereicht hat, die den Anforderungen genügt, die nach Artikel 108 Satz 3 EPÜ an ihren Inhalt zu stellen sind.

Wie die Kammer schon in ihrer Mitteilung an den Beschwerdeführer vom 28. August 2003 ausgeführt hat, darf sich die Beschwerdebegründung nicht darin erschöpfen, die Unrichtigkeit der angefochtenen Entscheidung zu behaupten. Sie muß vielmehr angeben, aus welchen tatsächlichen und rechtlichen Gründen die Entscheidung nach Meinung des Beschwerdeführers aufgehoben werden muß.

2. Die Entscheidung, die das EPA am 6. November 2002 auf den Antrag des Beschwerdeführers hin getroffen hat, ist darauf gestützt, daß das Einschreiben vom 29. November 2001 durch Aushändigung an die im Haushalt lebende Ehefrau, wie sie durch den Auslieferungsbeleg der Deutschen Post nachgewiesen ist, wirksam zugestellt wurde.

Daraus folge, daß die Monatsfrist zur Nachzahlung der Benennungsgebühren mit Zuschlag nach Regel 85 a) Absatz 1 EPÜ wirksam in Lauf gesetzt worden sei. Weil innerhalb dieser Frist nicht gezahlt worden sei, habe dies den in der Mitteilung des EPA vom 13. März 2002 festgestellten Rechtsverlust zur Folge.

3. Um - wie es eine zulässige Beschwerdebegründung erfordert - anzugeben, in welchem tatsächlichen und rechtlichen Rahmen diese Entscheidung durch die Beschwerde überprüft werden soll, hätte der Beschwerdeführer vortragen müssen, ob und weshalb die Entscheidung von einem unzutreffenden Sachverhalt, beispielsweise den Zustellungsvorgang betreffend, ausgeht, oder weshalb die rechtlichen Schlußfolgerungen unrichtig sind.

Hierüber enthält die Beschwerdebegründung aber nichts. Vielmehr hat der Beschwerdeführer nunmehr darin eingeräumt, daß das Einschreiben vom 29. November 2001 in der Tat seiner Ehefrau am 1. Dezember 2001 in seiner Wohnung ausgehändigt worden ist.

Ist deshalb aber die Mitteilung, daß noch innerhalb einer Nachfrist von einem Monat die Benennungsgebühren mit Zuschlag bezahlt werden können, wirksam zugestellt und damit die Monatsfrist in Lauf gesetzt worden, hat der Ablauf der Frist ohne Zahlung zur Folge, daß die Anmeldung als zurückgenommen gilt (Artikel 91 Absatz 4 EPÜ).

Da diese Rechtsfolge als Konsequenz der im EPÜ getroffenen Regelungen (Artikel 91 Absatz 4, Artikel 79 Absatz 2, Regel 85 a) Absatz 1 EPÜ) "automatisch" eintritt, kann die Kammer aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers auch nicht ersehen, warum er die angefochtene Entscheidung für unrichtig hält.

4. Der Verlust der Anmeldung ist die Konsequenz daraus, daß der Beschwerdeführer weder innerhalb der nach Artikel 79 Absatz 2 EPÜ vorgeschriebenen 6-Monatsfrist ab Veröffentlichung des europäischen Recherchenberichts noch innerhalb der einem Anmelder nach Regel 85 a) Absatz 1 EPÜ zugestandenen weiteren Monatsfrist überhaupt eine Benennungsgebühr gezahlt hat.

Deshalb kann es auch nicht darauf ankommen, ob der Beschwerdeführer tatsächlich die Absicht hatte sämtliche anfallenden Gebühren zu zahlen, weil die Zurücknahme der Anmeldung als gesetzliche Fiktion (siehe Artikel 91 Absatz 4, 79 Absatz 3, Satz 2 EPÜ) unabhängig von der wirklichen Absicht eines Anmelders ausschließlich als Folge der Versäumnis sämtlicher Fristen, die ihm hierfür eingeräumt sind, eintritt.

5. Deshalb kann sich auch nichts anderes daraus ergeben, daß der Beschwerdeführer in der Zeit ab November 2001 erkrankt war und operiert werden mußte, wie er dies erstmals mit der Beschwerdebegründung vorgetragen hat.

Dies könnte nur berücksichtigt werden, wenn dem Beschwerdeführer eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Artikel 122 EPÜ gewährt werden könnte, als deren Voraussetzung zu prüfen ist, ob er trotz Beachtung aller nach den gegebenen Umständen gebotenen Sorgfalt an der Einhaltung einer Frist gegenüber dem EPA gehindert war.

Diese Möglichkeit ist im EPÜ jedoch nach Artikel 122 Absatz 5 für die Frist zur Zahlung der Benennungsgebühren ausgeschlossen.

Um die Folgen einer solchen Fristversäumung zu mildern, ist vielmehr die Möglichkeit zur Zahlung innerhalb einer Nachfrist gemäß Regel 85 a) EPÜ eingeführt worden.

Da diese Nachfrist deshalb eng an die Grundfrist nach Artikel 79 Absatz 2 EPÜ gebunden und deshalb ebenso wie diese nach Artikel 122 Absatz 5 EPÜ von einer Wiedereinsetzung ausgeschlossen ist (vgl. G 3/91 EPA ABl. 1993, 8), kann auch die Versäumung der Nachfrist nach Regel 85 a) EPÜ nicht geheilt werden.

6. Entspricht deshalb die innerhalb der 4-Monatsfrist eingereichte Beschwerdebegründung nicht den nach Artikel 108 Satz 3 EPÜ an ihren Inhalt zu stellenden Anforderungen, muß die Kammer sie gemäß Regel 65 Absatz 1 EPÜ als unzulässig verwerfen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird als unzulässig verworfen.

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