J 0015/01 (angefochtener Bescheid/ALCATEL) of 15.11.2001

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2001:J001501.20011115
Datum der Entscheidung: 15 November 2001
Aktenzeichen: J 0015/01
Anmeldenummer: -
IPC-Klasse: -
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
Download und weitere Informationen:
Text der Entscheidung in DE (PDF, 22 KB)
-
Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren, Adaptionseinrichtung, Netzwerkknoten und Vermittlungsstelle zur Anbindung eines Telekommunikations-Terminals an das Internet
Name des Anmelders: ALCATEL
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.1.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 21(1)
European Patent Convention 1973 Art 106(1)
European Patent Convention 1973 Art 108
European Patent Convention 1973 Art 110
European Patent Convention 1973 R 67
European Patent Convention 1973 R 71(2)
Schlagwörter: Beschwerde unzulässig - keine beschwerdefähige Entscheidung
Rückzahlung der Beschwerdegebühr (nein)
Fernbleiben an einer mündlichen Verhandlung
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
J 0008/81
J 0026/87
J 0037/97
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 0967/18

Sachverhalt und Anträge

I. Mit ihrer am 21. Juni 2000 eingegangenen Eingabe beantragte die Beschwerdeführerin, die am 4. Dezember 1999 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangene Patentanmeldung (Aktenzeichen 19 958 479.6) als europäische Patentanmeldung zu behandeln. Diesbezüglich hat die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Berichtigung nach Regel 88 EPÜ gestellt. Gleichzeitig reichte sie einen Antrag auf Erteilung eines europäischen Patents ein, der unter der Nummer 00 112 981.6 registriert wurde.

II. Die Eingangsstelle hat mit Bescheid vom 18. September 2000 der Beschwerdeführerin mitgeteilt, daß sie beabsichtige, den Antrag gemäß Regel 88 EPÜ abzulehnen. Ausführliche Gründe wurden in dem Bescheid erläutert.

III. Mit Eingabe, eingegangen am 5. Oktober 2000, wiederholte die Beschwerdeführerin ihren Antrag nach Regel 88 EPÜ und beantragte weiterhin, für den Fall der Ablehnung des Berichtigungsantrags festzustellen, daß unter dem Aktenzeichen keine europäische Patentanmeldung vorliege und die dazu eingezogenen Gebühren zu erstatten seien.

IV. Mit Bescheid vom 15. März 2001 hat die Eingangsstelle nochmals zu dem Vorgang Stellung genommen und einige Ausführungen klargestellt. Sie hat der Beschwerdeführerin eine Zweimonatsfrist zur Stellungnahme gewährt und sie aufgefordert, "die Aufrechterhaltung des Berichtigungsantrags zu bestätigen". Weiterhin hat sie die Beschwerdeführerin aufgefordert, falls sie beabsichtigen sollte, ihren Antrag zurückzunehmen, dies ebenfalls innerhalb dieser Zweimonatsfrist zu erklären.

V. Daraufhin hat die Beschwerdeführerin mit Eingabe, eingegangen am 19. Mai 2001, Beschwerde eingelegt und um eine beschleunigte Entscheidung gebeten; gleichzeitig entrichtete sie die Beschwerdegebühr. Weiterhin hat sie hilfsweise eine mündliche Verhandlung beantragt und die Rückzahlung der Beschwerdegebühr beantragt. Eine gesonderte Beschwerdebegründung wurde nicht eingereicht. Die Beschwerdebegründung ist in der Beschwerdeschrift enthalten.

VI. Zur Begründung verwies der Vertreter der Beschwerdeführerin auf seine früheren Eingaben und erklärte, daß im Hinblick auf die bevorstehende Veröffentlichung der Patentanmeldung "die Beschwerde auch ohne Vorliegen einer beschwerdefähigen Entscheidung geboten" sei.

VII. In ihrem Bescheid vom 5. Oktober 2001 zur Vorbereitung der beantragten mündlichen Verhandlung wies die Kammer unter anderem darauf hin, der Bescheid vom 15. März 2001 keine beschwerdefähige Entscheidung der Eingangsstelle im Sinne der Artikel 21 (1) und 106 (1) EPÜ darstelle und daß somit die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen wäre. Dem Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr könne nicht gefolgt werden, da der Beschwerde nicht stattgegeben würde.

VIII. Die mündliche Verhandlung fand am 15. November 2001 statt. Trotz ordnungsgemäßer Ladung ist der Vertreter der Beschwerdeführerin nicht erschienen.

Entscheidungsgründe

1. Antrag auf Verfahrensbeschleunigung

1.1. Im vorliegenden Fall wurde ein Beschleunigungsantrag zusammen mit der am 19. Mai 2001 eingegangenen Beschwerdeschrift gestellt. Die Beschwerdeführerin wurde ordnungsgemäß zu einer mündlichen Verhandlung, die am 15. November 2001 stattfand, geladen. Eine ausführliche Mitteilung der Kammer gemäß Artikel 11 (2) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammer wurde beigefügt. Die mündliche Verhandlung fand am 15. November 2001 statt. Obwohl ordnungsgemäß geladen, ist der Vertreter der Beschwerdeführerin unentschuldigt nicht erschienen. Gemäß Regel 71 (2) EPÜ wurde das Verfahren ohne ihn fortgesetzt.

1.2. Die Beschwerdekammern als letzte Instanz im europäischen Patenterteilungsverfahren sind bestrebt, die Beschwerdefälle in effizienter Weise zu erledigen (hier: innerhalb 6 Monaten), und dies umso mehr, wenn ein Beschleunigungsantrag gestellt wird. Dies bedeutet aber auch, daß die Beschwerdeführerin, die hier sogar durch einen zugelassenen Vertreter vertreten war, sich ebenfalls effizient verhalten sollte. Dazu gehört zumindest, der Kammer rechtzeitig und schriftlich die Absicht mitzuteilen, einer anberaumten mündlichen Verhandlung fernzubleiben.

2. Zulässigkeit der Beschwerde

2.1. Nur "Entscheidungen" und somit nicht Bescheide, die die vorläufige Auffassung der zuständigen Stelle enthalten, sind mit der Beschwerde anfechtbar. Für die Beurteilung, ob eine "Entscheidung" im Sinne von Artikel 106 (1) EPÜ vorliegt, ist auf den Inhalt der Äußerung und nicht auf die Form dieser Äußerung abzustellen (siehe J 8/81, ABl. EPA 1982, 10 und Rechtsprechungsbericht der Beschwerdekammern, 3. Auflage 1998, Seite 398 mit weiteren Verweisen; siehe auch Singer/Stauder, 2. Auflage, Seiten 535 und 536). Nach der Rechtsprechung der Beschwerdekammern kann ein Bescheid eine Entscheidung darstellen, wenn sowohl die Beschwerdeführerin als auch die zuständige Stelle (hier: die Eingangsstelle) das entsprechende Schriftstück (hier: den Bescheid vom 15. März 2001) so behandelt haben, als handle es sich um eine ordnungsgemäß abgefaßte Entscheidung (siehe J 26/87, ABl. EPA 1989, 329, Entscheidungsgründe Nr. 2).

2.2. Im vorliegenden Fall ist weder aus der Sicht der Eingangsstelle noch aus der Sicht der Beschwerdeführerin eine Entscheidung im Sinne von Artikel 106 (1) EPÜ getroffen worden.

2.2.1. Im Bescheid der Eingangsstelle vom 15. März 2001 unter Ziff. 4 wird ausdrücklich betont, daß es "nach wie vor die Absicht des EPA sei, den Berichtigungsantrag nach Regel 88 EPÜ aus den im Bescheid vom 18. September 2000 genannten Gründen abzulehnen". Dieser Wortlaut gibt klar zu erkennen, daß die Eingangsstelle noch keine Entscheidung getroffen hat, sondern dies nur beabsichtigte. Weiterhin gibt der letzte Absatz dieses Bescheids der Beschwerdeführerin die Möglichkeit "vor Erlaß einer beschwerdefähigen Entscheidung" (in Anführungszeichen im Bescheid) Stellung zu nehmen und ggf. den "Antrag zurückzunehmen". Auch hieran ist zu erkennen, daß noch keine Entscheidung getroffen war.

2.2.2. Aus der Eingabe vom 19. Mai 2001 ist zu entnehmen, daß die Beschwerdeführerin selbst den Bescheid der Eingangsstelle nicht als "Entscheidung" i. S. v. Artikel 106 EPÜ ansieht. Das Wort "Entscheidung" wurde nie erwähnt. Vielmehr wurde im 2. Absatzes der 2. Seite dieses Schreibens betont, daß Beschwerde im vorliegenden Fall "auch ohne Vorliegen einer beschwerdefähigen Entscheidung" geboten ist. Auch in dem Schreiben vom 12. September 2001, eingegangen am 14. September 2001, ist aus dem 3. Absatz ("Die bisherige Sachbehandlung bei der Eingangsstelle erweckt hier den Eindruck, daß dieser Fall bewußt vergessen wird") zu entnehmen, daß aus der Sicht der Beschwerdeführerin die Sache in der Eingangsstelle noch in Bearbeitung ist.

2.2.3. Der Bescheid vom 15. März 2001 stellt somit keine beschwerdefähige Entscheidung der Eingangsstelle im Sinne der Artikel 21 (1) und 106 (1) EPÜ dar. Die Beschwerde ist daher als unzulässig zu verwerfen.

3. Rückzahlung der Beschwerdegebühr

3.1. Dem Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr kann nicht gefolgt werden. Er ist schon deshalb zurückzuweisen, weil der Beschwerde nicht stattgegeben wird (Regel 67 EPÜ).

3.2. Auch die Tatsache, daß sich die Beschwerde gegen einen Bescheid und nicht eine Entscheidung nach Artikel 106 (1) EPÜ richtet, ändert die Rechtslage nicht. Mit der Einlegung und Begründung einer Beschwerde (Einreichung der Beschwerdeschrift, Beschwerdebegründung, Zahlung der Beschwerdegebühr) wird die Beschwerde aus juristischer Sicht existent. Dies führt dazu, daß die zuständige Kammer darüber zu befinden und die Beschwerde zu prüfen hat (Artikel 110 EPÜ). Wenn die Kammer - wie im vorliegenden Fall - zu dem Ergebnis kommt, daß keine anfechtbare Entscheidung nach Artikel 106 (1) EPÜ vorliegt, so hat dies zwar zur Folge, daß die Beschwerde unzulässig ist, gleichwohl aber existent war, da die in Artikel 108 EPÜ vorgesehene Erfordernisse erfüllt waren (siehe hierzu auch die Entscheidung der Juristischen Beschwerdekammer J 37/97 vom 15. Oktober 2001, nicht veröffentlicht).

3.3. Die Beschwerdegebühr kann infolgedessen in Anbetracht der obengenannten Gründen nicht zurückgezahlt werden.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die Beschwerde wird als unzulässig verworfen.

2. Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird zurückgewiesen.

Quick Navigation