European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:1994:W001293.19940530 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 30 Mai 1994 | ||||||||
Aktenzeichen: | W 0012/93 | ||||||||
Anmeldenummer: | - | ||||||||
IPC-Klasse: | F41H 5/013 F16B 5/06 B26D 27/06 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Gehäuse zum ballistischen Schutz von Personen und/oder Objekten | ||||||||
Name des Anmelders: | - | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.2.03 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Uneinheitlichkeit a posteriori - nicht begründet | ||||||||
Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Am 11. März 1993 hat der Anmelder die 18 Ansprüche umfassende internationale Anmeldung PCT/EP.... beim Europäischen Patentamt eingereicht. Der unabhängige Anspruch 1 lautet wie folgt:
"1. Gehäuse zum ballistischen Schutz von Personen und/oder Objekten mit Platten (1) als Gehäusewandungen, die über Profilschienen (2) miteinander verbunden sind, dadurch gekennzeichnet, daß die Platten zumindest in dem Bereich, der der Aufnahme in die Profilschienen (2) dient, kompressibel sind, und daß die Profilschienen zumindest eine jeweils eine Plattenkante umfassende Rinne (5) aufweisen, in die diese Plattenkante unter Komprimierung des Kantenbereichs eingesetzt ist."
Der abhängige Anspruch 2 ist auf den unabhängigen Anspruch 1 zurückbezogen, während die abhängigen Ansprüche 3 bis 18 jeweils auf einen bestimmten vorstehenden Anspruch oder auf mehrere vorstehende Ansprüche zurückbezogen sind.
II. Mit Datum vom 14. Juni 1993 hat das Europäische Patentamt als zuständige Internationale Recherchenbehörde (IRB) an den Anmelder gemäß Artikel 17 (3) a) und Regel 40.1 PCT eine Aufforderung zur Zahlung einer zusätzlichen Recherchengebühr von DEM 2 400,- gerichtet. Darin hat das Amt die Auffassung vertreten, daß die Anmeldung dem Erfordernis der Einheitlichkeit der Erfindung gemäß Regel 13.1 PCT nicht entspreche.
Zur Begründung ist ausgeführt worden, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 im Hinblick auf die Druckschriften
D1: US-A-4 351 558 und
D2: US-A-3 190 408
keine erfinderische Tätigkeit aufweise. Die abhängigen Ansprüche 2 bis 18 bildeten zwei Anspruchsgruppen, die miteinander nichts weiter gemeinsam hätten als eben die Merkmale des Anspruchs 1 (Nicht-Einheitlichkeit a posteriori). Folgende beiden Anspruchsgruppen wurden erwähnt: die Ansprüche 2 bis 12 und die Ansprüche 13 bis 18. Gemäß Absatz 3 und 4 der der Aufforderung beiliegenden Begründung erfüllt die Anmeldung "nicht die Bedingungen der Regeln 13.1 und 13.2 PCT, weil sie keine gemeinsame erfinderische Idee hat und weil, nach Vergleich mit der Druckschrift D1 = US-A-4 351 558, die in den abhängigen Ansprüchen überbleibenden besonderen technischen Merkmale völlig unterschiedlich sind".
III. Der Anmelder hat am 28. Juni 1993 die geforderte Recherchengebühr unter Widerspruch gezahlt und die Rückerstattung dieser Gebühr beantragt. Er hat zur Begründung geltend gemacht, daß weder der Druckschrift D1 noch der Druckschrift D2 entnehmbar sei, daß es auf die Kompressibilität der Platte ankommt, um zu gewährleisten, daß die Platten in den Profilschienen ausgetauscht werden können. Der Anmelder ist deshalb der Auffassung, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht. Nach Ansicht des Anmelders ist die Einheitlichkeit der Anmeldung gegeben, da es bei ihrem Gegenstand um eine spezielle Verbindungstechnik in Kombination mit der Auswahl von Bauteilen mit speziellen, in den abhängigen Ansprüchen näher spezifizierten Eigenschaften geht. Dementsprechend richten sich nach Vorbringen des Anmelders die abhängigen Ansprüche 13 bis 18. nicht auf das Material einer Verbundpanzerplatte allgemein, sondern sie richten sich auf für die spezielle Verbindungstechnik geeignete Platten.
IV. Am 20. Oktober 1993 teilte die IRB dem Anmelder das Ergebnis der Überprüfung gemäß Regel 40.2 e) PCT mit, wonach die vorangegangene Aufforderung (siehe unter II.) in vollem Umfang berechtigt gewesen sei, und forderte ihn zur Zahlung einer Widerspruchsgebühr von DEM 2 000,- innerhalb eines Monats auf.
V. Der Anmelder beantragt, dem Widerspruch stattzugeben und die Rückzahlung sämtlicher unter Widerspruch entrichteter Gebühren anzuordnen.
Entscheidungsgründe
1. Der Widerspruch ist zulässig.
2. Aus der Begründung der IRB, daß die im unabhängigen Anspruch 1 genannte, der Erfindung zugrunde liegende allgemeine Idee gegenüber dem Stand der Technik, bekannt aus zwei Druckschriften (D1 und D2), keine erfinderische Tätigkeit aufweise, schließt die Kammer, daß die IRB die Meinung vertritt, daß aufgrund der Offenbarung dieser Druckschriften die im Anspruch 1 definierte Lösung wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit zur Bestimmung eines erfinderischen Konzepts wegfällt, so daß die Gegenstände der abhängigen Ansprüche als mögliche getrennte Erfindungen in Betracht zu ziehen sind. Der Einwand der IRB betrifft daher die Nichteinheitlichkeit "a posteriori".
3. In ihrer Entscheidung G 1/89 (ABl. EPA 1991, 155) hat die Große Beschwerdekammer festgestellt, daß das EPA in seiner Funktion als IRB eine zusätzliche Recherchengebühr fordern könne, wenn es die internationale Anmeldung "a posteriori" für uneinheitlich halte. Bei der Untersuchung der Erfordernisse der Einheitlichkeit der Erfindung durch die IRB sei immer zu berücksichtigen, daß der Anmelder bei dieser Untersuchung nach dem PCT keine Gelegenheit zur Stellungnahme erhalte; die zusätzliche Gebühr nach Artikel 17 (3) a) PCT sei deshalb nur in eindeutigen Fällen zu verlangen. Die IRB habe bei Beurteilung der Neuheit und erfinderischen Tätigkeit Zurückhaltung zu üben; sie solle in Grenzfällen nicht davon ausgehen, daß eine Anmeldung das Erfordernis der Einheitlichkeit der Erfindung wegen mangelnder Neuheit oder erfinderischer Tätigkeit nicht erfülle.
4. Nach Regel 40.1 PCT sind in der Aufforderung, gemäß Artikel 17 (3) a) PCT zusätzliche Gebühren zu zahlen, "die Gründe für die Feststellung anzugeben, daß die internationale Anmeldung dem Erfordernis der Einheitlichkeit der Erfindung nicht entspricht". Das bedeutet, daß mit der Aufforderung zur Zahlung von zusätzlichen Gebühren eine nachvollziehbare Begründung abgegeben werden muß. In "a posteriori"-Fällen sind daher nicht nur die Gründe anzugeben, weshalb der im unabhängigen Anspruch definierte allgemeine Erfindungsgedanke (Lösung) nicht neu oder nicht erfinderisch ist, sondern auch, warum nach Wegfall dieses allgemeinen Erfindungsgedankens zwischen den als nichteinheitlich angesehenen Anspruchsgruppen keine Einheitlichkeit mehr besteht, falls dies nicht aus dem Wortlaut solcher Ansprüche heraus ohne weiteres klar ersichtlich ist (vgl. Entscheidung W 20/92).
5. Aufgrund der Angaben in der Begründung der "Aufforderung" vom 14. Juni 1993 kann zwar vermutet werden, daß die IRB der Ansicht ist, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 unter Beachtung der Druckschriften D1 und D2 keine erfinderische Tätigkeit aufweist; diesen Angaben ist kein Hinweis zu entnehmen, ob die auf den Anspruch 1 rückbezogenen Ansprüche jeweils als unabhängige Ansprüche betrachtet und geprüft worden sind und ob noch eine einzige allgemeine erfinderische Idee zwischen allen auf den Hauptanspruch rückbezogenen Ansprüchen besteht. In den Abschnitten 3) und 4) auf Blatt 3 der Begründung der "Aufforderung" wird lediglich festgestellt, daß die in den Ansprüchen 2 bis 12 einerseits und in den Ansprüchen 13 bis 18 andererseits übriggebliebenen technischen Merkmale völlig unterschiedlich seien. Diese Behauptung führt jedoch nicht zu einer schlüssigen Folgerung bezüglich der Frage der Einheitlichkeit, da die Begründung dafür fehlt, warum die nach Ansicht der IRB zwischen den Gegenständen der genannten Anspruchsgruppen bestehenden Unterschiede Veranlassung zu unterschiedlichen erfinderischen Ideen geben. Sogar beim Lesen der Begründung in Verbindung mit der "Mitteilung über das Ergebnis der Überprüfung der Aufforderung zur Zahlung einer zusätzlichen Recherchengebühr" (nach Regel 40.2 e) PCT) vom 20. Oktober 1993, die zwar nicht Teil der Begründung ist, wird auf die in der "Aufforderung" aufgestellte Behauptung nicht weiter eingegangen und daher der Eindruck erweckt, daß es sich hier nicht um einen eindeutigen Fall handelt.
Das Fehlen einer gemeinsamen erfinderischen Idee, soweit es die von der IRB angegebenen Anspruchsgruppen betrifft, ist nicht offensichtlich und hätte deshalb näher begründet werden müssen.
6. Das Widerspruchsverfahren nach Regel 40.2 c) PCT dient der materiell-rechtlichen Überprüfung der Berechtigung der Zahlungsaufforderung; es ist daher lediglich zu prüfen, ob in Anbetracht der von der IRB angeführten Gründe im Lichte des Widerspruchsvorbringens die Einbehaltung weiterer Recherchengebühren gerechtfertigt war. Die Kammer kann daher nicht von Amts wegen untersuchen, ob ein Einwand mangelnder Einheitlichkeit aus anderen als den angegebenen Gründen gerechtfertigt gewesen wäre, z. B. nach Berücksichtigung der bei der Recherche gefundenen Druckschriften oder nach einer eingehenden Analyse der nach Wegfall des Anspruchs 1 jeweils verbliebenen und als unabhängigen zu betrachtenden Ansprüche. Dementsprechend könnte in einem möglichen späteren Verfahren nach Kapitel II PCT der Einwand mangelnder Einheitlichkeit mit anderer Begründung erneut erhoben werden.
7. Nach Auffassung der Kammer fehlt daher in den von der IRB vorgebrachten Angaben ein wesentlicher Teil der Überlegungen, die für den Nichteinheitlichkeitseinwand maßgebend waren, so daß sie nicht als eine ausreichende Begründung im Sinne von Regel 40.1 PCT angesehen werden können.
Da die "Aufforderung" somit unter Verstoß gegen die Begründungspflicht der Regel 40.1 PCT ergangen ist, kann sie nicht als rechtswirksam angesehen werden, weshalb die Zahlung der zusätzlichen Gebühr und der Widerspruchsgebühr der rechtlichen Grundlage entbehrt.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Rückzahlung der entrichteten zusätzlichen Gebühr sowie der Widerspruchsgebühr wird angeordnet.