European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:1992:W002092.19920810 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 10 August 1992 | ||||||||
Aktenzeichen: | W 0020/92 | ||||||||
Anmeldenummer: | - | ||||||||
IPC-Klasse: | H01F 7/16 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | |||||||||
Download und weitere Informationen: |
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Bezeichnung der Anmeldung: | Magnetantrieb mit permanentmagnetischem Hubanker | ||||||||
Name des Anmelders: | - | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.5.02 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Uneinheitlichkeit a posteriori - nicht begründet | ||||||||
Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Anmelder haben die internationale Anmeldung PCT/EP.... eingereicht.
II. Die Zweigstelle in Den Haag des Europäischen Patentamts (EPA) hat als zuständige internationale Recherchenbehörde (IRB) den Anmeldern mit Mitteilung vom 13. Mai 1991 eine Aufforderung gemäß Artikel 17 (3) (a) und Regel 40.1 PCT zur Zahlung zusätzlicher Recherchengebühren zugestellt. Die IRB vertritt die Auffassung, daß die internationale Anmeldung dem Erfordernis der Einheitlichkeit nicht entspreche. Zur Begründung wurde ausgeführt:
"Die im unabhängigen Anspruch 1 genannte, der Erfindung zugrunde liegende Aufgabe weist offensichtlich keine erfinderische Tätigkeit auf gegenüber dem Stand der Technik, die bekannt ist aus:
1. EP-A-081 605
2. GB-A-1 068 610
3. Wohlfahrt & Buschow: "Ferromagnetic Materials" 1988, Elsevier Science Publishers, Amsterdam Seiten 108, 109
Die ursprüngliche einzige allgemeine erfinderische Idee, die auch die Gegenstände der abhängigen Ansprüche einschließt, ist deshalb nicht mehr anwesend.
Dabei ergibt sich die folgende neue Einordnung unter verschiedenen Sachverhalten:
A. Konstruktive Maßnahmen hinsichtlich des Gegenstandes im Anspruch 1: Ansprüche 2-18; 28- 44
B. Verdrängerpumpe: Ansprüche 19-21
C. Ventile: Ansprüche 22-24
D. Mechanische Kupplungen und/oder Bremsen: Anspruch 25
E. Elektrische Schaltapparate: Ansprüche 26, 27
Diese Gegenstände, von denen jeder eine unterschiedliche erfinderische Idee verwirklicht, stellen zwar Ausführungsformen einer Arbeitsvorrichtung dar, die angetrieben ist von einem im Anspruch 1 genannten Magnetantrieb, der aber nicht mehr als Bindeglied gilt zum Verwirklichen eines einzigen allgemeinen erfinderischen Konzepts.
Zusammenfassend wird mangelnde Einheitlichkeit festgestellt zwischen folgenden Gegenständen:
A. Ansprüche 1-18 und 28-44
B. Ansprüche 19-21
C. Ansprüche 22-24
D. Anspruch 25
E. Ansprüche 26, 27
Der Teilrecherchenbericht wird für die zuerst in den Patentansprüchen erwähnte Erfindung erstellt (Gegenstand A)."
III. Die Anmelder haben am 7. Juni 1991 Widerspruch nach Regel 40.2 (c) PCT eingelegt und rechtzeitig die zusätzlichen Recherchengebühren entrichtet.
Sie beantragten die Rückzahlung der zusätzlichen Recherchengebühren und führten zur Begründung ihres Widerspruchs sinngemäß folgendes aus:
1. Die Merkmalskombination des geltenden Anspruchs 1 ließe sich nicht in naheliegender Weise aus dem entgegengehaltenen Stand der Technik nach EP-A- 081 605, GB-A-1 068 610 und Wohlfahrt & Buschow ... 1988, Seiten 108 und 109 ableiten, zumal diese Entgegenhaltungen den Fachmann in völlig unterschiedliche Richtungen wiesen.
2. Im übrigen müsse für das Erfordernis der Regel 13.1 PCT nicht die der Erfindung zugrundeliegende Aufgabe, sondern die Lösung gemäß der Merkmalskombination des Anspruchs 1 erfinderische Tätigkeit aufweisen.
3. Die vorliegende internationale Anmeldung erfülle das Erfordernis der Einheitlichkeit der Erfindung.
Entscheidungsgründe
1. Der Widerspruch ist zulässig.
2. In ihrer Entscheidung G 1/89 (ABl. EPA 1991, 155) hat die Große Beschwerdekammer festgestellt, daß das EPA in seiner Funktion als IRB in eindeutigen Fällen nach Artikel 17 (3) (a) PCT eine vorläufige Prüfung auf Neuheit und erfinderische Tätigkeit durchführen und weitere Recherchengebühren verlangen könne, wenn der internationalen Anmeldung die Einheitlichkeit "a posteriori" fehle. Angesichts der Tatsache, daß bei einem solchen Verfahren die Anmelder keine Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten, wird empfohlen, bei der Beurteilung von Neuheit und erfinderischer Tätigkeit Zurückhaltung zu üben und in Grenzfällen nicht davon auszugehen, daß eine Anmeldung das Erfordernis der Einheitlichkeit der Erfindung wegen mangelnder Neuheit oder erfinderischer Tätigkeit nicht erfülle.
3. Abgesehen von offensichtlichen Sachverhalten bedarf es aber einer deutlichen und ausreichenden Begründung in der Aufforderung zur Zahlung, so daß es den Anmeldern möglich ist, den zum Einwand der Uneinheitlichkeit führenden Überlegungen der IRB ohne Schwierigkeiten folgen zu können.
4. Gemäß Argument 1 im vorstehenden Abschnitt III haben die Anmelder trotz des irreführenden Hinweises auf das Fehlen erfinderischer Tätigkeit in der Aufgabenstellung (vgl. III.2) möglicherweise auch aufgrund der Kategorien (y) der zitierten Dokumente erkannt, daß die IRB wegen des Fehlens erfinderischer Tätigkeit für den Gegenstand des Anspruchs 1 aufgrund von drei Dokumenten keine gemeinsame erfinderische Idee für die Ansprüche feststellen konnte.
Entgegen diesem Argument ist die Kammer der Überzeugung, daß das Fehlen erfinderischer Tätigkeit für den Gegenstand des Anspruchs 1 ausgehend von der in der vorliegenden Anmeldung zum Oberbegriff genannten GB-A-1 068 610 und den im Recherchenbericht bezeichneten Stellen der EP-A-81 605 bei Berücksichtigung des durch das Fachbuch "Ferromagnetic Materials" (insbesondere Tafel 17) belegten allgemeinen Fachwissens und der in der Beschreibung definierten Aufgabe auch ohne weitere Ausführungen klar erkennbar ist.
Die EP-A-81 605 schlägt ebenfalls wie die vorliegende Anmeldung vor, zur Verringerung des Bauvolumens eines Magnetantriebs für den Hubanker moderne Magnetmaterialien, insbesondere SECO (Selten-Erden-Cobalt), mit guten magnetischen Eigenschaften zu verwenden.
Tafel 17 des Fachbuches "Ferromagnetic Materials" zeigt, daß beispielsweise RES 190 (SmCo5) bzw. REC 26 (Sm [Co, Fe, Cu, Zr]7) Energieprodukte BHmax von 154 bzw. 215 kJm-3 und Remanenz-Induktionen Br von 0,89 bzw. 1,08, also die im Anspruch 1 geforderten Mindestwerte ergeben.
5. Nach Regel 40.1 PCT ist die IRB verpflichtet, die Gründe für die Feststellung anzugeben, aus denen die Anmeldung nach ihrer Auffassung das Erfordernis der Einheitlichkeit der Erfindung nicht entspreche. Dies bedeutet, daß in a posteriori-Fällen nicht nur die Gründe anzugeben sind, aus denen der ursprüngliche, im Hauptanspruch definierte allgemeine Gedanke nicht neu oder erfinderisch sei, sondern auch, warum nach Wegfall dieses allgemeinen Gedankens zwischen bestimmten Ansprüchen oder Anspruchsgruppen keine Einheitlichkeit mehr bestehe, falls dies nicht aus dem Wortlaut solcher Ansprüche heraus ohne weiteres klar ersichtlich ist.
Es bleibt somit im Rahmen des Antrags der Anmelderin auf Rückzahlung der Recherchengebühren zu untersuchen, ob die IRB auch bei Wegfall des Anspruchs 1 die Nichteinheitlichkeit der Anspruchsgruppen A bis E derart begründet hat, daß erkennbar ist, anhand welcher Sachverhalte die Feststellung der Nichteinheitlichkeit im einzelnen erfolgt ist.
6. Der Hinweis der IRB auf die "ursprüngliche einzige allgemeine erfinderische Idee" in Verbindung mit den Anspruchsgruppen A bis E setzt voraus, daß lediglich das im Anspruch 1 definierte Lösungsprinzip als gemeinsames Konzept in Frage käme. Obwohl sich die Anspruchsgruppen B bis E auf für bestimmte Anwendungsfälle ausgestattete Magnetantriebe beziehen und auch für solche Anwendungen spezifische konstruktive Merkmale enthalten, folgt daraus allein noch nicht, daß diese Anspruchsgruppen der Einheitlichkeit entbehren müssen. Es ist jedenfalls prinzipiell nicht auszuschließen, daß sie gemeinsame erfinderische Merkmale enthalten, die für mehrere Anwendungsfälle geeignet sind.
Auch die nicht veröffentlichte Entscheidung W 10/89 stellt in den Abschnitten 6 und 7 klar, daß der Wegfall eines übergeordneten unabhängigen Anspruchs abhängige Ansprüche nicht automatisch ohne eine einzige allgemeine erfinderische Idee läßt.
Im vorliegenden Fall beinhaltet die Anmeldung weitere Konzepte wie z. B. die bausteinartige kundenspezifische Gestaltbarkeit (vgl. Seite 11, Zeilen 22 bis 31). Möglicherweise könnten in der kundenspezifischen Gestaltbarkeit mittels des Befestigungskörpers 10 oder der Hülse 7, welche Mittel in mehreren als uneinheitlich bezeichneten Anspruchsgruppen vorkommen (hinsichtlich des Befestigungskörpers vgl. beispielsweise Ae 11, 19, 20, 22, 23, 27), gemeinsame erfinderische Konzepte gesehen werden.
Jedenfalls ist das Fehlen solcher gemeinsamen Ideen nicht offensichtlich und hätte deshalb näher aufgezeigt werden müssen.
7. Da die IRB demnach nicht dargelegt hat, warum die nach ihrer Ansicht zwischen den Gegenständen der Anspruchsgruppen A bis E bestehenden Unterschiede Veranlassung zu unterschiedlichen erfinderischen Ideen geben, ist die Aufforderung zur Zahlung unter Verstoß gegen die Begründungspflicht gemäß Regel 40.1 PCT ergangen und kann mithin nicht als rechtswirksam angesehen werden.
8. Da die Anmelder somit die zusätzlichen Recherchengebühren ohne rechtlichen Grund entrichtet haben, können sie diese zurückverlangen. Bei dieser Sachlage erübrigt es sich für die Kammer, zu prüfen, inwieweit die vorliegende internationale Anmeldung den in Regel 13.1 PCT niedergelegten Kriterien für die Einheitlichkeit der Erfindung genügt.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Rückzahlung der zusätzlich entrichteten Recherchengebühren wird angeordnet.