W 0023/07 (Nahrungsergänzungsmittel/CHEM. FABRIK BUDENHEIM KG) of 11.11.2008

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2008:W002307.20081111
Datum der Entscheidung: 11 November 2008
Aktenzeichen: W 0023/07
Anmeldenummer: -
IPC-Klasse: A61K33/06
Verfahrenssprache: DE
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Nahrungsergänzungsmittel
Name des Anmelders: Chemische Fabrik Budenheim KG und BK Giulini GmbH
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.3.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
Patent Cooperation Treaty Art 17(3)a)
Patent Cooperation Treaty R 13.1
Patent Cooperation Treaty R 13.2
Patent Cooperation Treaty R 40.1
Patent Cooperation Treaty R 40.2
Schlagwörter: Uneinheitlichkeit (ja): Einzige allgemeine Idee nicht neu
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
W 0018/07
W 0020/07
W 0040/07
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Antrage

I. Am 18. Mai 2006 hat die Anmelderin die internationale Anmeldung PCT/EP 2006/062418 mit insgesamt 12 Ansprüchen beim Europäischen Patentamt eingereicht. Die unabhängigen Ansprüche dieser Anmeldung lauten wie folgt:

"1. Verwendung von Calciumphosphat oder einer Kombination von Calciumphosphaten bei der Herstellung eines Nahrungsergänzungsmittels

zur Cholesterinsenkung und/oder

zur Prävention von koronaren Herzerkrankungen und/oder

zur Prävention von Krebs, insbesondere Darmkrebs,

und/oder

zur Bindung von Gallensauren und deren Ausscheidung.

12. Nahrungsergänzungsmittel, wie es in einem der vorangegangenen Anspruche definiert ist."

II. Mit Bescheid vom 06. November 2006 forderte das Europäische Patentamt als zuständige Internationale Recherchenbehörde (IRB) die Anmelderin gemäss Artikel 17(3) a) und Regel 40.1 PCT zur Zahlung von drei zusätzlichen Recherchengebühren auf.

III. Die folgende Entgegenhaltung wurde von der IRB zitiert:

(1) CA-Al-2 038 929

IV. Nach Auffassung der IRB bezieht sich der vorliegende Anspruch 1 auf die Verwendung von Calciumphosphat(en) für die Herstellung eines Nahrungsergänzungsmittels zur

1. Cholesterinsenkung und/oder

2. Prävention von koronaren Herzerkrankungen und/oder

3. Prävention von Krebs und/oder

4. Bindung von Gallensauren.

Aus dem Anspruchswortlaut sei durch die Verknüpfung "und/oder" erkennbar, dass die Effekte nicht zwangsläufig zusammenhingen. Folglich beschriebe Anspruch 1 die Verwendung von Calciumphosphat(en) für vier verschiedene Zielsetzungen. Die gemeinsame Idee, Calciumphosphat(e) in einer Form zu verabreichen, die für den Zusatz zu Nahrungsmitteln geeignet ist, sei bereits in der Entgegenhaltung (1) offenbart worden. Somit sei das gemeinsame Merkmal der vier Alternativen im Anspruch 1 nicht neu, so dass die Erfordernisse der Einheitlichkeit nicht erfüllt seien.

Die folgenden vier (Gruppen von) Erfindungen wurden von der IRB definiert:

1.Ansprüche 1-12 (teilweise)

Verwendung von Calciumphosphat(en) zur Herstellung eines Nahrungsergänzungsmittels zur Cholesterinsenkung

2. Ansprüche 1-12 (teilweise)

Verwendung von Calciumphosphat(en) zur Herstellung eines Nahrungsergänzungsmittels zur Prävention von koronaren Herzerkrankungen

3. Ansprüche 1-12 (teilweise)

Verwendung von Calciumphosphat(en) zur Herstellung eines Nahrungsergänzungsmittels zur Prävention von Krebs

4. Ansprüche 1-12 (teilweise)

Verwendung von Calciumphosphat(en) zur Herstellung eines Nahrungsergänzungsmittels zur Bindung van Gallensäuren

V. Daraufhin hat die Anmelderin mit Schreiben vom 01. Dezember 2006 unter Widerspruch nach Regel 40.2 c) PCT drei zusätzliche Recherchengebühren gezahlt und beantragt, den Einheitlichkeitseinwand fallen zu lassen und die zusätzlichen Gebühren zurückzuerstatten.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Einheitlichkeit aufgrund der Tatsache gegeben sei, dass die im Anspruch 1 aufgeführten Effekte in direktem Zusammenhang zueinander stünden. So sei z.B. auf Seite 1, Zeilen 22-39 und Seite 4, Zeilen 8-14 der vorliegenden Anmeldung die Interaktion zwischen Cholesterinsenkung und der Prävention koronarer Herzerkrankungen dargestellt. Des Weiteren bestünde eine direkte Wechselwirkung zwischen der Bindung van Gallensäuren und der Cholesterinsenkung, wie aus Seite 5, Zeilen 5-9 sowie den experimentellen Daten der vorliegenden Anmeldung zu entnehmen sei. Es könne sogar vermutet werden, dass die Bindung und Ausscheidung van Gallensäuren der eigentliche Mechanismus für die Cholesterinsenkung und in unmittelbarer Folge dessen die Senkung des Risikos für koronare Herzerkrankungen sei.

Aber auch die Krebsprävention scheine in Zusammenhang mit der Bindung und Ausscheidung der Gallensäure sowie der Cholesterinsenkung zu stehen, da die aggressive Gallensäure Darmschleimhautreizungen und als Folge davon bösartige Wucherungen verursachen könne.

VI. In der amtlichen Mitteilung vom 19. Juni 2007 bestätigte das Überprüfungsgremium die Auffassung der IRB hinsichtlich mangelnder Einheitlichkeit und stellte fest, dass die Aufforderung zur Zahlung der zusätzlichen Recherchengebühren berechtigt war. Die Anmelderin wurde aufgefordert, für die Prüfung des Widerspruchs die Widerspruchsgebühr zu entrichten.

Das Überprüfungsgremium argumentierte im Wesentlichen, dass die vier Erfindungen sich auf vier verschiedene Aufgaben bezögen; nur die vorgeschlagene Lösung, nämlich Calciumphosphat für alle vier Erfindungen einzusetzen, sei identisch.

VII. Daraufhin hat die Anmelderin mit Schreiben vom 11. Juli 2007, eingegangen am 16. Juli 2007, die Widerspruchsgebühr entrichtet.

Entscheidungsgründe

1. Die vorliegende Anmeldung hat das Internationale Anmeldedatum vom 18. Mai 2006, so dass die Ausführungsordnung zum PCT-Vertrag in der ab 1. April 2006 geltenden Fassung anzuwenden ist. Die Kammer geht von der Zuständigkeit der Beschwerdekammern zum Überprüfen des Widerspruchs aus und folgt damit der sich mittlerweile diesbezüglich unter anderem in den Entscheidungen W 0018/07, W 0020/07 und W 0040/07 herausgebildeten Rechtsprechung (siehe bspw. die Abschnitte 1.1 bis 1.3 der Entscheidungsgründe in der Entscheidung W 0040/07).

2. Im vorliegenden Fall wurde die Anmelderin mit der auf den 19. Juni 2007 datierten Aufforderung zur Zahlung der Widerspruchsgebühr nach Regel 40.2 e) PCT zur Zahlung der Widerspruchsgebühr innerhalb eines Monats aufgefordert. Die Anmelderin beantragte mit Schreiben vom 11. Juli 2007, eingegangen am 16. Juli 2007, die Abbuchung des geforderten Betrags vom laufenden Konto. Der Widerspruch gilt somit als erhoben (Regel 40.2 e) PCT).

3. Zudem erfüllt der Widerspruch die Erfordernisse der Regel 40.2 c) PCT und ist somit zulässig.

4. Folgende allgemeine Kriterien sind bei der Prüfung von Widersprüchen zu beachten:

4.1. Gemäß Regel 40.2 PCT ist der Widerspruch zu prüfen und für den Fall, dass er begründet ist, ist die teilweise oder vollständige Ruckzahlung der unter Widerspruch gezahlten zusätzlichen Gebühren anzuordnen.

4.2. Gemäß ständiger Rechtssprechung der Beschwerdekammern ist die Prüfung im Widerspruchsverfahren auf der Grundlage der von der IRB in der Aufforderung zur Zahlung zusätzlicher Gebühren gemäß Regel 40.1 PCT aufgeführten Begründung sowie der Widerspruchsbegründung der Anmelderin auszuführen.

5. Die IRB hat die mangelnde Einheitlichkeit dadurch begründet, dass die einzige allgemeine Idee, nämlich "Calciumphosphat(e) in einer Form zu verabreichen, die für den Zusatz zu Nahrungsmitteln geeignet ist", nicht neu sei gegenüber der Entgegenhaltung (1).

5.1 Im vorliegenden Fall schließt diese Definition der einzigen allgemeinen Idee gemäß dem geltenden Patentanspruch 1 die Effekte bei der Verwendung dieser Nahrungsmittel zur Vorbeugung und Behandlung von verschiedenen Stoffwechselproblemen mit ein; diese sind drei aus dem Bereich von Herz- und Kreislaufproblemen, nämlich Cholesterinsenkung und/oder Prävention von koronaren Herzerkrankungen und/oder (entsprechend den Ausführungen in der Beschreibung der Anmeldung von Seite 4, Zeile 36 bis Seite 5, Zeile 9) Bindung von Gallensäuren sowie eines aus dem Bereich der Krebsvorbeugung, insbesondere Darmkrebs.

5.2 Die Entgegenhaltung (1) offenbart oral zu verabreichende calciumphosphathaltige Pulver oder Lösungen zum Entfernen mittels Adsorption von Blutlipidkomponenten wie z.B. Cholesterin und Triglyzeriden (Entgegenhaltung (1): Seite 1, Zeile 34 - Seite 2, Zeile 14; Seite 3, Zeile 34 - Seite 4, Zeile 4; Tabellen 1 und 2). Da die in der Entgegenhaltung (1) beschriebenen Zusammensetzungen als "Nahrungsergänzungsmittel" anzusehen sind, die zum Entfernen von Cholesterin und somit zur Cholesterinsenkung eingesetzt werden, ist die im Absatz 5.1 dargestellte einzige allgemeine Idee nicht neu und zerfällt folglich in die von der IRB definierten vier Einzelerfindungen.

5.3. Des Weiteren folgt aus der im Absatz 5.2 durchgeführten Analyse, dass auch der Produktanspruch 12 nicht neu gegenüber der Entgegenhaltung (1) ist. Somit kann auch dieser Anspruch keine Einheitlichkeit zwischen den vier Gruppen von Erfindungen herstellen.

6. Weitere Argumente der Anmelderin:

6.1. Es bestehe ein technischer Zusammenhang zwischen Bindung von Gallensäuren, Cholesterinsenkung und Prävention koronarer Herzerkrankungen, da die Bindung und Ausscheidung der Gallensäuren der eigentliche Mechanismus für die Cholesterinsenkung sei, die ihrerseits das Risiko koronarer Herzerkrankungen senke.

Mit diesem Argument macht die Anmelderin geltend, dass es sich bei den drei Verwendungszwecken "zur Cholesterinsenkung", "zur Prävention von koronaren Herzerkrankungen" und "zur Bindung von Gallensauren" um "entsprechende besondere technische Merkmale" gemäß Regel 13.2 PCT handelt.

Da jedoch, wie ebenfalls aus der Regel 13.2 PCT hervorgeht, unter dem Begriff "besondere technische Merkmale" diejenigen Merkmale zu verstehen sind, die einen Beitrag jeder beanspruchten Erfindung als Ganzes zum Stand der Technik bestimmen, kann dieses Argument der Anmelderin nicht zum Ziel führen. Wie im Absatz 5.2 dargelegt wurde, ist nämlich die Verwendung von Calciumphosphat zur Herstellung eines Nahrungsergänzungsmittels zur Cholesterinsenkung bereits aus der Entgegenhaltung (1) bekannt, leistet somit keinen Beitrag zum Stand der Technik und kann folglich nicht als "besonderes technisches Merkmal" im Sinne der Regel 13.2 PCT angesehen werden.

Aus der Tatsache, dass die Verwendung von Calciumphosphat zur Herstellung eines Nahrungsergänzungsmittels zur Cholesterinsenkung keinen Beitrag zum Stand der Technik liefert, ergibt sich als weitere Konsequenz, dass diese Verwendung im patentrechtlichen Sinn auch keinen technischen Zusammenhang mit den anderen Verwendungen "Bindung von Gallensauren" und "Prävention von koronaren Herzerkrankungen" herstellen kann.

6.2. Es bestehe ein technischer Zusammenhang zwischen der Bindung der Gallensäuren und der Krebsprävention, da die aggressive Gallensäure Darmschleimhautreizungen und als Folge davon bösartige Wucherungen verursachen kann.

Dieses Argument ist nicht zielführend, da es sich allenfalls auf die besonders bevorzugte Prävention des Darmkrebses anwenden lässt, nicht jedoch auf die im vorliegenden Anspruch 1 beanspruchte Verwendung zur Prävention des Krebses an sich.

Entscheidungsforme1

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Der Widerspruch wird zurückgewiesen.

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