T 1094/99 (Gipsformkörper/GE BAYER) of 8.5.2002

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2002:T109499.20020508
Datum der Entscheidung: 08 Mai 2002
Aktenzeichen: T 1094/99
Anmeldenummer: 92918205.3
IPC-Klasse: C04B 28/14
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zur Herstellung von wasserabweisenden porösen Gipsformkörpern
Name des Anmelders: GE Bayer Silicones GmbH & Co. KG
Name des Einsprechenden: Rigips GmbH
Kammer: 3.3.05
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Auf die europäische Patentanmeldung Nr. 92 918 205.3 mit dem Prioritätsdatum vom 17. August 1991 wurde das europäische Patent Nr. 601 007 mit 4 Ansprüchen erteilt. Gegen die Patenterteilung hat die Beschwerdeführerin (Einsprechende) wegen mangelnder Neuheit und erfinderischer Tätigkeit Einspruch eingelegt. Zur Stützung ihres Vorbringen hat sie im Einspruchsverfahren auf folgende Druckschriften verwiesen:

D1: DE-A-41 24 892

D2: Wacker Silicon-Bautenschutzmittel, 02.1987

D3: Ullmann's Enzyklopädie der techn. Chemie, 3. Auflage, 1951, Band 1, S. 701

D4: Ullmann's Enzyklopädie der techn. Chemie, 4. Auflage, 1972, Band 2, S. 267.

II. Die Einspruchsabteilung hat das Patent in veränderter Form aufrechterhalten. Der angefochtenen Entscheidung lagen die erteilten Ansprüche 1 bis 4 für die Vertragsstaaten AT, BE, CH, DK, ES, FR, GB, LI, NL und SE und die am 16. September 1999 eingereichten geänderten Ansprüche 1 bis 4 für Deutschland zugrunde. Der erteilte Anspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

"1. Verfahren zur Herstellung von wasserabweisenden porösen Gipsformkörpern, insbesondere poröser Gipsplatten, aus den Komponenten Gipspulver, Anmachwasser, Schaum sowie gegebenenfalls weiteren üblichen Zusätzen durch Zusatz von Alkylwasserstoffpolysiloxanen, dadurch gekennzeichnet, daß die Alkylwasserstoffpolysiloxane nicht der Schaumerzeugung, sondern dem Anmachwasser oder Teilströmen desselben zugesetzt werden, welche übliche Zusätze, aber keine schaumbildenden Substanzen enthalten, woraufhin das Gemisch in einem mehrere Meter langen Rohr mit turbulenter Strömung intensiv vermischt wird."

Der geänderte Anspruch 1 für den Vertragsstaat DE unterscheidet sich vom erteilten Anspruch 1 durch das Hinzufügen des folgenden Merkmals am Ende des Anspruchs ", wobei das Rohr mindestens 2 m lang ist und der Rohrdurchmesser nur maximal 2% der Rohrlänge beträgt".

In der Entscheidung wird ausgeführt, D2 sei als nächstliegender Stand der Technik anzusehen. Da D2 nicht offenbare, in welcher Weise der Schaumbildner zugegeben werden solle, hätte der Fachmann mehrere Möglichkeiten zur Wahl gehabt. Im Falle einer Auswahl aus mehreren Möglichkeiten sei ein erfinderisches Zutun anzuerkennen, wenn die Auswahl zu überraschenden Effekten führe. Mit dem beanspruchten Verfahren werde der Verbrauch an Schäumungsmittel um ca. 20 % reduziert. Ein überraschender Effekt zur Begründung einer erfinderischen Tätigkeit sei somit glaubhaft gemacht worden.

III. Die Beschwerdeführerin hat gegen diese Entscheidung Beschwerde erhoben und in der Beschwerdebegründung auf die Druckschrift US-A-5 135 805 (D5) verwiesen. In einem Bescheid hat die Kammer die Gültigkeit des Prioritätsdatums von 27. August 1991 in bezug auf den geänderten Anspruch 1 für den Vertragsstaat DE in Frage gestellt und darauf hingewiesen, daß im Falle der Ungültigkeit des Prioritätsanspruches D1 und D5 für die Beurteilung der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit in Betracht zu ziehen wären. Bezüglich des erteilten Anspruchs 1 für die anderen Vertragsstaaten hat die Kammer Zweifel darüber geäußert, ob D2 den nächstliegenden Stand der Technik darstelle und hat in diesem Zusammenhang auf die im Streitpatent zitierte Druckschrift EP-B-171 018 (D6) verwiesen. Am 8. Mai 2002 hat eine mündliche Verhandlung stattgefunden. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) hat im Laufe der mündlichen Verhandlung vier Hilfsanträge eingereicht.

IV. Die Beschwerdeführerin hat u. a. folgendes vorgetragen:

Bezüglich des Verfahrens gemäß erteiltem Anspruch 1 sei D6 der nächstliegende Stand der Technik. Demgegenüber bestehe die technische Aufgabe darin, ein Verfahren anzugeben, bei dem der Verbrauch an Schäumungsmittel verringert werden könne. Der Fachmann wisse, daß Polysiloxane eine schaumzerstörende Wirkung haben, wie dies aus "Römpps Chemie-Lexikon", 8. Auflage, 1987, Seite 3859 (D7) hervorgehe. Er hätte daher das Polysiloxan weder dem Schaum noch dem Gipsbrei, sondern dem Anmachwasser zugesetzt, zumal in D2 das hydrophobierende Polysiloxan dem Anmachwasser zugegeben werde. Aus D4 sei es bekannt gewesen, daß Flüssigkeiten in den Rohrleitungen selbst vermischt werden könnten und daß es für eine ausreichende Homogenisierung einer Rohrstrecke von 100 Rohrdurchmessern bedürfe. Der Fachmann hätte diese Lehre für die Vermischung des Polysiloxans mit dem Anmachwasser verwendet, denn aus D4 sei nicht zu entnehmen, daß diese Lehre nur für ineinander lösliche Flüssigkeiten gelte.

Das Prioritätsdatum vom 27. August 1991 sei für den geänderten Anspruch 1 für den Vertragsstaat DE nicht gültig, so daß D1 und D5 zum Stand der Technik gehörten. Dem beanspruchten Verfahren mangele es an Neuheit oder zumindest an erfinderischer Tätigkeit gegenüber D1/D5. Im Verfahren gemäß D1 werde das Polysiloxan dem Anmachwasserstrom oberhalb oder unterhalb einer Wasserpumpe zugeführt. Das Vermischen des Polysiloxans mit dem Anmachwasser erfolge daher im Zuleitungsrohr für das Anmachwasser durch turbulente Strömung. Eine gute Durchmischung werde in D1/D5 angestrebt, um homogene, hydrophobe Eigenschaften zu erhalten, und werde auch erzielt, sonst könne die Polysiloxanmenge nicht verringert werden. In D1 liege ein richtiges Gemisch vor, das nichts anderes als eine Siloxan-Wasser-Emulsion sei. Der Hinweis auf eine sorgfältige Vermischung der Komponenten der Aufschlämmung in D1 könne gleichfalls als eine sorgfältige Vermischung des Polysiloxans mit dem Anmachwasser verstanden werden, so daß eine Vereinfachung des beanspruchten Verfahrens gegenüber D1 nicht vorliege. D1/D5 nehme ausführlich zu der Problematik der schaumzerstörenden Wirkung von Polysiloxanen bei der Herstellung von Gipsbauplatten Stellung. Allein aus D1/D5 erhalte der Fachmann den Hinweis, hydrophobierende Mittel wie Polysiloxane dem Anmachwasser und Schaumbildner oder Schaum an anderer Stelle derart zuzusetzen, daß die Schaumwirkung nicht beeinträchtigt werde. Mithin sei die zur Begründung der erfinderischen Tätigkeit des Streitpatents herangezogene Einsparung des Schaumbildners bei getrennter Zuführung von Polysiloxan und Schaum zum Gipswasser aus D1/D5 bekannt. Die Rohrlänge von mindestens 2 m und der Rohrdurchmesser von maximal 2 % der Rohrlänge seien zwar in D1/D5 nicht offenbart, jedoch sei das erste Merkmal eine willkürliche Untergrenze. Diese Merkmale hätten keinen anderen Zweck als die Vermischung des Polysiloxans mit dem Anmachwasser zu bewirken. Diese Vermischung sei aber auch in D1/D5 erhalten. Darüber hinaus offenbare D4, daß mit einer Rohrlänge von 100 Rohrdurchmessern eine besondere gute Mischwirkung erreicht werde.

V. Die Beschwerdegegnerin hat ihrerseits u. a. folgendes geltend gemacht:

Bezüglich des erteilten Anspruchs 1 sei D6 als nächstliegender Stand der Technik zu betrachten. Demgegenüber bestehe die Aufgabe, die im Streitpatent angegebenen Nachteile, nämlich die Schwierigkeiten bei der Eindosierung des Schaumes und den hohen Verbrauch an Schäumungsmittel zu vermeiden. Die schaumzerstörende Wirkung der Alkylwasserstoffpolysiloxane sei nicht allgemein bekannt und D6 lehre nicht, das Polysiloxan dem Anmachwasser zuzusetzen. Im Verfahren gemäß D2 werde zwar das Polysiloxan dem Anmachwasser zugesetzt, jedoch enthalte D2 keinen Hinweis darüber, wie der Schaumbildner eingesetzt werde. Im Hinblick auf D6 hätte der Fachmann das Polysiloxan wahrscheinlich dem Schaumbildner zugegeben. Die Vermischung des Polysiloxans erfolge nicht in einem mehrere Meter langen Rohr, sondern mittels eines Turbinenrührers. Aus D4 könne nicht entnommen werden, daß das Vermischen von ineinander löslichen Flüssigkeiten in einem Rohr für das System Polysiloxan-Wasser geeignet sei. Wie aus D6 hervorgehe, handele es sich bei diesem System um schwer miteinander mischbare Flüssigkeiten.

Das Verfahren gemäß Anspruch 1 für DE unterscheide sich vom Verfahren nach D1 durch die Länge und den Durchmesser des Rohres. Weder eine turbulente Strömung noch die Bildung einer Emulsion lasse sich aus D1 entnehmen. Die Verwendung einer Kreiselpumpe impliziere nicht eine Vermischung mit turbulenter Strömung. Im Gegenteil offenbare D1, daß auf die Emulgierung des Siloxans in Wasser vollständig verzichtet werden könne und Anspruch 1 von D5 bestätige, daß keine Emulsion gebildet werde. Gegenüber D1 sei die Aufgabe, ein vereinfachtes Verfahren zur Herstellung von wasserabweisenden porösen Gipsformkörpern anzugeben, bei dem es gelinge, mit einfachen Mitteln eine Emulsion aus Wasser und Siloxan zu erzeugen, die man in den Gips einarbeiten könne, und mit dem gleichwohl zufriedenstellende wasserabweisende Gipskörper erhalten werden. Das Verfahren sei vereinfacht, indem die Verwendung einer emulgierten Wasser-Polysiloxan-Mischung eine leichtere Dispergierbarkeit in das Gipspulver und damit eine kürzere Mischungszeit bei der Vorbereitung der Aufschlämmung ermögliche. Aus D1 gehe nicht hervor, daß eine Einsparung von 20 % an Schäumungsmittel erreicht werde. In D4 handele es sich um die Vermischung von ineinander löslichen Flüssigkeiten. Der Fachmann hätte die Lehre aus D4 für die Vermischung von schwer miteinander mischbaren Flüssigkeiten und für die Bildung einer Emulsion nicht als geeignet betrachtet.

VI. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents. Die Beschwerdegegnerin beantragte als Hauptantrag, die Beschwerde zurückzuweisen. Als Hilfsanträge 1 bis 4 beantragte sie, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent mit den Ansprüchen einer der in der mündlichen Verhandlung eingereichten Hilfsanträge 1 bis 4, in ihrer numerischen Reihenfolge, aufrechtzuerhalten.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

Hauptantrag, Ansprüche für den Vertragstaat DE

2. Die geänderten Ansprüche genügen den Vorschriften des Artikels 123 (2) und (3) EPÜ. Insbesondere sind die im erteilten Anspruch aufgenommenen Merkmale, nämlich die Rohrlänge von mindestens 2 m und der Rohrdurchmesser von maximal 2 % der Rohrlänge, auf Seite 3, dritter Absatz der gemäß PCT veröffentlichen internationalen Anmeldung offenbart. Der Schutzbereich des Anspruchs 1 ist gegenüber demjenigen des erteilten Anspruchs 1 eingeschränkt worden.

3. Die Prioritätsunterlagen offenbaren nicht einen Rohrdurchmesser von maximal 2 % der Rohrlänge. Es ist nicht bestritten, daß deshalb die Priorität vom 27. August 1991 für den Gegenstand des Anspruchs 1 nicht in Anspruch genommen werden kann. Daher gilt für Anspruch 1 und die abhängigen Ansprüche 2 bis 4 der Anmeldetag von 25. August 1992 als relevantes Datum für die Ermittlung des Standes der Technik. D1 und D5 mit dem Veröffentlichungsdatum vom 5. März 1992 bzw. 4. August 1992 gehören somit zum Stand der Technik gemäß Artikel 54 (2) EPÜ.

4. Das Verfahren gemäß Anspruch 1 ist neu gegenüber demjenigen nach D1 oder D5. Weder D1 noch D5 (das korrespondierende US-Patent) offenbaren, daß der Rohrdurchmesser nur maximal 2 % der Rohrlänge beträgt, so daß das beanspruchte Verfahren sich vom Verfahren nach D1 oder D5 mindestens durch dieses Merkmal unterscheidet.

5. D1 offenbart ein Verfahren gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1 und stellt den nächstliegenden Stand der Technik dar. Im Verfahren gemäß D1 wird ebenfalls das Polysiloxan (vorzugsweise Methylwasserstoffpolysiloxan) dem Anmachwasser zugesetzt. Das Gemisch aus Siloxan und Wasser wird dann mit dem gebrannten Gips gemischt zur Bildung einer Aufschlämmung. Außerdem wird ein Wasser und Tensid enthaltender Schaum der wässerigen Aufschlämmung zugegeben. Das Polysiloxan wird insbesondere einem genau dosierten Strom an Anmachwasser zugesetzt. Vorzugsweise werden sowohl für das Wasser als auch für das Polysiloxan Dosierpumpen verwendet, wobei das Polysiloxan oberhalb oder unterhalb der Wasserpumpe zugeführt werden kann (siehe Ansprüche 1, 2, 3 und 11; Spalte 3, Zeilen 11 bis 38).

5.1. Demgegenüber kann die dem beanspruchten Verfahren zugrundeliegende Aufgabe darin gesehen werden, ein vereinfachtes Verfahren zur Herstellung von wasserabweisenden porösen Gipsformkörpern anzugeben.

Zur Lösung dieser Aufgabe wird das Verfahren gemäß Anspruch 1 vorgeschlagen. Dieses Verfahren unterscheidet sich von demjenigen aus D1 dadurch, daß das Gemisch aus Alkylwasserstoffpolysiloxanen und Anmachwasser in einem mindestens 2 m langen Rohr, dessen Durchmesser maximal 2. % der Rohrlänge beträgt, mit turbulenter Strömung intensiv vermischt wird. Die Beschwerdegegnerin hat geltend gemacht, daß diese Vermischung zu einer homogenisierten Polysiloxan-Wasser Mischung bzw. zu einer Polysiloxan-Wasser-Emulsion führe und daß infolgedessen das in D1 offenbarte sorgfältige Mischen der Komponenten der Aufschlämmung miteinander vereinfacht werde. Die beanspruchte Vermischung des Gemisches aus Polysiloxan und Anmachwasser ist in D1 nicht erwähnt, dagegen wird in D1 darauf hingewiesen, daß bei der Bildung der Aufschlämmung die Komponenten der Aufschlämmung sorgfältig miteinander gemischt werden müssen (siehe Spalte 6, Zeilen 7 bis 8). Es ist bekannt, daß eine gleichmäßige Verteilung von Polyalkylwasserstoffsiloxanen im wäßrigen Gipsbrei aufgrund der Wasserunlöslichkeit des Öls sehr schwierig ist und daß die am häufigsten angewandte Lösung die Verwendung einer wäßrigen Emulsion der Polysiloxane und die Zugabe dieser Emulsion zur Gipsaufschlämmung ist (siehe D1, Spalte 2, Zeilen 15 bis 36; oder D6, Spalte 1, Zeilen 22 bis 38). Unter diesen Umständen hält es die Kammer für glaubhaft, daß durch die beanspruchte Vermischung im Rohr, welche eine Verteilung des Siliconöls in Form feiner Tröpfchen im Anmachwasser bzw. die Bildung einer emulsionsartigen Mischung bewirkt (siehe Streitpatent, Spalte 2, Zeile 36 bis Spalte 3, Zeile 2), das nachträgliche Mischen der Komponenten der Aufschlämmung vereinfacht ist. Es ist daher glaubhaft, daß die besagte Aufgabe durch das beanspruchte Verfahren tatsächlich gelöst worden ist.

5.2. Die Beschwerdeführerin hat bestritten, daß eine Vereinfachung des Verfahrens gemäß D1 erzielt worden ist. Diesbezüglich hat sie vorgetragen, daß die Bildung einer Siloxan-Wasser Emulsion im Verfahren nach D1 bereits enthalten sei und daß der Verweis auf ein sorgfältiges Mischen der Komponenten der Aufschlämmung in D1 vom Fachmann als eine sorgfältige Vermischung des Polysiloxans mit dem Anmachwasser verstanden werden könne. Diese Argumente sind jedoch aus folgenden Gründen nicht überzeugend. Gemäß D1 wird das Polysiloxan oberhalb oder unterhalb der Wasserpumpe zum Wasserstrom zugeführt, wobei die Wahl der Stelle weitgehend von den physikalischen Eigenschaften des Herstellungssystems abhängt. Wird das Polysiloxan unterhalb der Wasserpumpe zugeführt, muß die Siloxanpumpe ausreichend Kraft entwickeln, um den durch die Wasserpumpe im Wasserkreislauf erzeugten Druck zu überwinden. Aus diesem Grund kann es von Vorteil sein, das Siloxan oberhalb der Wasserpumpe zuzuführen, d. h. an der "Ansaugseite" der Pumpe. D1 offenbart weiter, daß die Dosierpumpen beispielsweise Kreiselpumpen sein können. Im Beispiel wird das Polysiloxan dem abgemessenen Wasser oberhalb der Dosierpumpe zugesetzt (siehe Spalte 3, Zeilen 35 bis 49; Spalte 7, Zeilen 19 bis 24). Die in der Anmachwasser-Leitung vorhandene Kreiselpumpe könnte zwar eine Rührwirkung ausüben (siehe diesbezüglich D4, Punkt 2.5, zweiter Absatz), jedoch kann ohne weitere Angaben in D1 nicht daraus entnommen werden, daß das Polysiloxan und das Anmachwasser nach der Wasserpumpe in der Rohrstrecke zum Gipsmischer in Form einer homogenisierten, emulsionsartigen Mischung vorhanden sind. Die Frage, ob das Gemisch sich dort in Form einer emulsionsartigen Mischung befindet, hängt von mehreren Parametern ab, die in D1 nicht angegeben sind, so daß aus D1 nicht abgeleitet werden kann, daß eine emulsionsartige Mischung in der besagten Rohrstrecke existiert. Der in Spalte 3, Zeile 22, verwendete Ausdruck "Gemisch aus Siloxan und Wasser" kann daher im Kontext der ganzen Offenbarung aus D1 nicht als gleichbedeutend mit einer Siloxan-Wasser-Emulsion ausgelegt werden. Unten diesen Umständen würde der Fachmann den Verweis auf eine sorgfältige Vermischung der Komponenten der Aufschlämmung in Spalte 6, Zeilen 7 bis 8, nicht als eine sorgfältige Vermischung des Polysiloxans mit dem Wasser verstehen. Der bestrittenen Behauptung der Beschwerdeführerin, daß die Bildung einer Siloxan-Wasser Emulsion im Verfahren gemäß D1 erzielt werde, weil sonst die Polysiloxanmenge nicht verringert werden könne, kann die Kammer nicht folgen. Wie bereits zuvor ausgeführt, kann einerseits aus D1 nicht entnommen werden, daß nach der Wasserpumpe im Zuleitungsrohr für Anmachwasser eine emulsionsartige Mischung erhalten wird, und andererseits hat die Beschwerdeführerin nicht nachgewiesen, daß die in Spalte 3, Zeilen 64 bis 68, offenbarte Herabsetzung der Gesamtmenge an Siloxan auf die Bildung einer Siloxan-Wasser Emulsion zurückzuführen ist. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, daß im Beispiel gemäß Streitpatent die Menge an Siliconöl im Vergleich zu einem Verfahren, bei dem das Siliconöl in den Schaumerzeuger eingespeist wird, unverändert bleibt, obwohl eine Emulsion aus Siliconöl in Wasser im Zuleitungsrohr für Anmachwasser gebildet wird. Die Herabsetzung der Siloxanmenge scheint daher von mehreren Parametern abzuhängen.

5.3. D1 selbst enthält keinen Hinweis, der den Fachmann hätte anregen können, das Gemisch aus Alkylwasserstoffpolysiloxan und Anmachwasser in einem mindestens 2 m langen Rohr, dessen Durchmesser maximal 2. % der Rohrlänge beträgt, mit turbulenter Strömung zu vermischen und dabei eine homogenisierte, emulsionsartige Mischung zu erhalten, um die gewünschte Vereinfachung des Verfahrens zu erzielen. D4 offenbart zwar, daß bei kontinuierlich betriebenen Großanlagen ineinander lösliche Flüssigkeiten oft in den Rohrleitungen selbst vermischt werden. Es wird jedoch darauf hingewiesen, daß die Homogenisierungswirkung einer turbulenten Rohrströmung nicht sonderlich intensiv ist. Dieser Umstand ist anhand eines Beispiels mit ineinander löslichen Flüssigkeiten ohne Dichteunterschiede veranschaulicht: Bei Flüssigkeitsgemischen ohne Dichteunterschied bedarf es einer Rohrstrecke von etwa 100 Rohrdurchmessern, damit die relativen Konzentrationsschwankungen auf 1 % herabgesetzt werden. Die Mischwirkung verbessert man damit, daß man die mengenmäßig kleinere Mischkomponente über einen Injektor oder über eine Venturidüse einführt (siehe Punkt 2.5, erster Absatz). Diese Lehre über das Verhältnis Durchmesser/Rohrlänge von 1 % betrifft daher die Homogenisierung von Flüssigkeits-Systemen, die sich grundsätzlich vom System Alkylwasserstoffpolysiloxan-Wasser unterscheiden und nicht damit vergleichbar sind, da das Polysiloxan im Wasser unlöslich ist und diese Flüssigkeiten unterschiedliche Dichte aufweisen. Darüber hinaus wird bereits im Falle der ineinander löslichen Flüssigkeiten ohne Dichteunterschiede die Homogenisierungswirkung als nicht besonders intensiv bezeichnet. Der Fachmann hätte daher nicht erwartet, daß die in D1 offenbarte Homogenisierungswirkung im Rohr für die Bildung einer homogenisierten, emulsionsartigen Mischung aus Polysiloxan und Wasser hätte geeignet sein können. Darüber hinaus lehrt D1 nicht, daß eine emulsionsartige Mischung im Zuleitungsrohr zum Gipsmischer gebildet werden sollte, sondern verlangt eine sorgfältige Mischung der Komponenten der Aufschlämmung bei der Bildung der Aufschlämmung. Unter diesen Umständen ist nicht auszuschließen, daß die von der Beschwerdeführerin entgegengehaltene Kombination der Lehren aus D1 und D4 hauptsächlich auf einer rückschauenden Betrachtungsweise basiert. Aus diesen Gründen ist die Kammer nicht überzeugt, daß das beanspruchte Verfahren sich für den Fachmann in naheliegender Weise aus den Dokumenten D1 und D4 ergibt.

5.4. Die Lehre aus D5 (das zu D1 korrespondierende US Patent) ist ähnlich der Lehre aus D1 bis auf den Hinweis in den Ansprüchen, daß das Polysiloxan dem Wasser zur Bildung eines im wesentlichen nicht emulgierten Siloxan/Wasser-Gemischs zugesetzt wird (siehe Ansprüche 1, 18). Diese zusätzliche Angabe führt den Fachmann vom beanspruchten Verfahren weg, da im beanspruchten Verfahren gerade Maßnahmen ergriffen werden, um eine emulsionsartige Mischung zu erzielen.

5.5. Die Dokumente D2 und D3 wurden von der Beschwerdeführerin im Beschwerdeverfahren gegen Anspruch 1 nicht mehr herangezogen. Sie sind weniger relevant als D1 und D4 und enthalten keine Lehre, die den Fachmann ohne weiteres mit der Offenbarung aus D1 und D4 zur beanspruchten Lösung hätte führen können.

5.6. Aus alledem folgt, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 und damit auch die Gegenstände der abhängigen Ansprüche 2 bis 4 die Vorausetzungen der Artikel 52 (1) und 56 EPÜ erfüllen.

Hauptantrag, Ansprüche für die Vertragsstaaten AT, BE, CH, DK, ES, FR, GB, LI, NL, SE

6. Für diese Vertragsstaaten gelten die Ansprüche 1 bis 4 in der erteilten Form. Der Prioritätsanspruch vom 27. August 1991 ist für diese Ansprüche gültig, so daß weder D1 noch D5 zum Stand der Technik gehören. Es wurde im Beschwerdeverfahren nicht bestritten, daß das Verfahren gemäß Anspruch 1 gegenüber dem zitierten Stand der Technik neu ist.

7. Die im Streitpatent gewürdigte Druckschrift D6 stellt den nächstliegenden Stand der Technik dar. D6 beschreibt ein Verfahren gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1. Im Verfahren nach D6 wird ein Schaum aus Wasser, Tensid und Polyalkylwasserstoffsiloxan erzeugt, und dieser Schaum wird dem Gipsbrei, bestehend aus Anmachwasser, Gipspulver sowie gegebenenfalls weiteren üblichen Zusätzen, zugegeben (siehe Anspruch 1). Nach dem Streitpatent besteht ein wesentlicher Nachteil dieses Verfahrens darin, daß in der Praxis bei der Herstellung von Gipsplatten auf Großanlagen die Dosierung des angerührten Gipsbreis unter anderem durch Variation der zugesetzten Schaummenge reguliert wird (Spalte 2, Zeilen 42 bis 47). Die schwankenden Schaummengen führen daher auch zu verschieden starker Hydrophobierung des Endproduktes.

Demgegenüber bestand die dem Patent zugrundeliegende Aufgabe darin, ein Verfahren zur Herstellung von wasserabweisenden porösen Gipsformkörpern anzugeben, das diesen Nachteil vermeidet und den Verbrauch an Schäumungsmittel reduziert.

Zur Lösung dieser Aufgabe wird das Verfahren gemäß Anspruch 1 vorgeschlagen. Dieses Verfahren unterscheidet sich von demjenigen aus D6 durch die im kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 angegebenen Merkmale. Im Hinblick auf die Ausführungen in Spalte 3, Zeilen 22 bis 34 des Streitpatents und auf das Ausführungsbeispiel ist glaubhaft, daß die gestellte Aufgabe durch das beanspruchte Verfahren tatsächlich gelöst worden ist. Dies wurde von der Beschwerdeführerin nicht bestritten.

7.1. D6 selbst enthält keinen Hinweis, der auf das beanspruchte Verfahren hindeuten könnte. In der Spalte 2, Zeilen 11 bis 18 ist offenbart, daß Schaumvolumen und Porengröße des Schaums durch Zugabe des Polyalkylwasserstoffsiloxans im Schaumerzeuger nicht nachteilig beeinflußt werden. Dies ist nach D6 überraschend, da bekannt ist, daß Siliconöle als Entschäumer wirken und den Schaum zerstören. Im Hinblick auf diese Lehre würde die Information in D7, daß ölige, pastöse oder wässerige emulgierte Siliconpräparate aus gewöhnlichen Polydimethylsiloxanen bereits in sehr geringen Mengen als Entschäumer wirken, den Fachmann nicht veranlassen, das Alkylwasserstoffpolysiloxan dem Anmachwasser zuzusetzen, zumal es sich in D7 nicht um Alkylwasserstoffpolysiloxane handelt.

7.2. Aus dem kommerziellen Prospekt D2 der Firma Wacker Silicone erfährt der Fachmann, daß das Silicon-Bautenschutzmittel BS 94, ein wasserfreies Silicon auf Wasserstoffpolysiloxan-Basis, zur Hydrophobierung von Gipsbauelementen und Gipskartonplatten eingesetzt wird und unter kräftigem Rühren, zum Beispiel im Laborversuch mit einem Turbinenrührer, dem Anmachwasser zugesetzt wird (siehe Seite 1, linke Spalte, erster und zweiter Absatz; Seite 2, linke Spalte, zweiter Absatz). Es geht jedoch hier nicht um die Herstellung von porösen Gipsformkörpern. Darüber hinaus wird in D2 ein kräftiges Rühren z. B. mit einem Turbinenrührer offenbart und nicht das Vermischen in einem mehrere Meter langen Rohr mit turbulenter Strömung. Auf Seite 1 (linke Spalte, dritter Absatz) wird im Zusammenhang mit der Dosierung des Polysiloxans auf die eventuelle Präsenz von Zusätzen, wie Zellulose oder Schaumbildern verwiesen, die u. a. ebenfalls die hydrophobierende Wirkung von BS 94. beeinflussen. Es wird jedoch überhaupt nicht erklärt, wo und wie der Schaumbildner oder ein daraus erzeugter Schaum im Verfahren eingesetzt wird und ob im Falle der Herstellung von porösen Gipsformkörpern das hydrophobierende Siloxan BS 94 ebenfalls dem Anmachwasser zugesetzt wird oder wie in D6 dem Wasser und Tensid im Schaumerzeuger. D2 befaßt sich weder mit den oben erwähnten Schwierigkeiten bei der Herstellung von porösen Gipsformkörpern, noch wird in D2 suggeriert, wie der Verbrauch an Schäumungsmittel reduziert werden könnte. Unter diesen Umständen kann die Lehre aus D2 nicht zum beanspruchten Verfahren hinführen.

7.3. Selbst wenn man unterstellen würde, der Fachmann hätte im Hinblick auf D2 in Erwägung gezogen, das Silicon-Produkt BS 94, getrennt vom Schaum, dem Anmachwasser zuzusetzen, hätte er diese Zugabe unter kräftigem Rühren (z. B. mit einem Turbinenrührer) gemäß der Lehre aus D2 durchgeführt. Er wäre jedoch dabei nicht zum beanspruchten Verfahren gelangt. Die Beschwerdeführerin hat die Druckschrift D4 herangezogen und ihre Lehre mit der Offenbarung aus D6 and D2 kombiniert. In D4 handelt es sich jedoch nicht um die Herstellung von Gipsformkörpern, sondern um das Homogenisieren von Flüssigkeiten, insbesondere um die Vermischung von ineinander löslichen Flüssigkeiten mit einer turbulenten Rohrströmung, die als nicht sonderlich intensiv beschrieben ist (siehe Punkt 5.3 oben). Da einerseits D2 ein kräftiges Rühren, z. B. mit Turbinenrührer, des Produktes BS 94 mit dem Anmachwasser verlangt und andererseits das Polysiloxan wasserunlöslich ist, hätte der Fachmann die in D4 offenbarte Vermischung von ineinander löslichen Flüssigkeiten in langen Rohrleitungen für das kräftige Rühren des Polysiloxanes im Anmachwasser als ungeeignet betrachtet. Er hätte daher keinen Grund gehabt, die Lehre aus D6 und D2 mit derjenigen aus D1 zu kombinieren, zumal weder D2 noch D4 sich mit der oben erwähnten Aufgabe beschäftigen. Aus diesen Gründen können die Argumente der Beschwerdeführerin die Kammer nicht überzeugen, daß das Verfahren gemäß Anspruch 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

7.4. Aus alledem folgt, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 und damit auch die Gegenstände der abhängigen Ansprüche 2 bis 4 die Voraussetzungen für die Patenfähigkeit gemäß Artikel 52 (1) EPÜ erfüllen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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