T 1025/99 () of 9.9.2002

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2002:T102599.20020909
Datum der Entscheidung: 09 September 2002
Aktenzeichen: T 1025/99
Anmeldenummer: 94109454.2
IPC-Klasse: F16D 13/64
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Reibungskupplung mit erhöhter Übertragungsfähigkeit
Name des Anmelders: Mannesmann Sachs Aktiengesellschaft
Name des Einsprechenden: VALEO
Verband der Reibbelagindustrie e.V.
Kammer: 3.2.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (verneint)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Von den Beschwerdegegnerinnen (Einsprechenden I und II) gegen das europäische Patent Nr. 0 647 792 eingelegte, auf die Einspruchsgründe gemäß Artikel 100 a) EPÜ (fehlende Neuheit, fehlende erfinderische Tätigkeit) und Artikel 100 b) EPÜ (fehlende Ausführbarkeit) gestützte Einsprüche führten zum Widerruf des Patents mangels erfinderischer Tätigkeit im Hinblick auf die im Einspruchsverfahren u. a. genannten Druckschriften US-A-5 184 704 (D1) und EP-A-0 511 630 (D2) durch die am 27. September 1999 zur Post gegebene Entscheidung der Einspruchsabteilung.

II. Gegen diese Entscheidung hat die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) am 30. Oktober 1999 unter gleichzeitiger Bezahlung der Beschwerdegebühr und Einreichung der Beschwerdebegründung Beschwerde eingelegt.

III. In einem Bescheid vom 15. November 2001 hat die Beschwerdekammer den Verfahrensbeteiligten mitgeteilt, daß es naheliegend sein dürfte, bei den aus den Katalogen "Verto de 1983", Seite 10 (D7) oder "Ferodo de 1965", Seite 83 (D8) oder "Flertex de 1976", Seite 76 (D9) oder der US-A-5 184 704 (D1) bekannten Kupplungsscheiben, aus denen jeweils die Merkmale des Oberbegriffs des geltenden Anspruchs 1 des Streitpatents sowie das im Anspruchskennzeichen angegebene Durchmesserverhältnis bekannt sind, nach dem Vorbild der D2 bei eingerückter Kupplung einen Restfederweg zwischen den Reibringen um seiner bekannten Vorteile willen vorzusehen.

IV. Die Beschwerdeführerin beantragte daraufhin Entscheidung nach Aktenlage, d. h. sinngemäß die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents auf der Basis der gemäß dem ehemaligen Hilfsantrag vom 25. Oktober 1999 eingereichten Ansprüche 1. bis 3.

Die Beschwerdegegnerinnen beantragten die Zurückweisung der Beschwerde.

V. Der geltende Anspruch 1 lautet wie folgt:

"Kupplungsscheibe für eine Reibungskupplung, umfassend eine Nabe zum drehfesten Aufsetzen auf eine Getriebewelle, eine Nabenscheibe mit oder ohne Torsionsschwingungsdämpfer, einen Träger für zwei axial voneinander beabstandete Reibringe, die konzentrisch zur Drehachse angeordnet und am Träger befestigt sind und die einen Innendurchmesser und einen Außendurchmesser aufweisen, dadurch gekennzeichnet, daß das Durchmesserverhältnis von Außendurchmesser (Da) zu Innendurchmesser (Di) im Bereich 1,25 bis 1,38 liegt, und die beiden Reibringe unter Zwischenschaltung einer im wesentlichen axialen Federeinrichtung am Träger befestigt sind, wobei im eingerückten Zustand der Reibungskupplung ein Restfederweg X) vorgesehen ist."

VI. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin läßt sich wie folgt zusammenfassen:

Die D2 zeige zwar den in Rede stehenden Restfederweg, jedoch fehle ein Hinweis auf das weitere, das Durchmesserverhältnis betreffende Merkmal des Anspruchs 1 des Streitpatents. Das aus den in der D1 genannten Reibringdurchmessern ableitbare Durchmesserverhältnis mit dem Wert 1,28 sei nur ein Zufallsergebnis, denn der D1 sei nichts darüber zu entnehmen, daß dieser Wert die im Streitpatent aufgeführten Vorteile erbringe. Beim beanspruchten Gegenstand liege eine neue und vorteilhafte, dem Stand der Technik nicht entnehmbare und daher nicht naheliegende Kombination vor, für deren Patentfähigkeit die Neuheit der Teilmerkmale nicht erforderlich sei. Beim Streitpatent werde nämlich durch das angegebene Durchmesserverhältnis die Übertragungsfähigkeit der Kupplung erhöht, da die Reibringe während der Rutschphase einer geringeren Verwerfung unterlägen, weil die entstehende Reibungswärme sich gleichmäßiger auf die Reibringe verteilen könne. Diese verbesserte Übertragungsfähigkeit werde in vorteilhafter Weise durch den Restfederweg der Belagfederung unterstützt, der bei Verwerfungstendenzen infolge von Temperaturbeaufschlagung eine elastische Nachgiebigkeit ermögliche, wodurch die Kupplungsscheibe maximale Reibungsarbeit aufnehmen könne.

VII. Die Beschwerdegegnerinnen widersprachen dieser Argumentation und bestritten Neuheit und erfinderische Tätigkeit des Gegenstandes gemäß Anspruch 1 des Streitpatents, wobei sie zusätzlich zu den vorstehend genannten Druckschriften noch zahlreiche weitere Beweismittel nannten.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 sowie den Regeln 1 (1) und 64 EPÜ; sie ist zulässig.

2. Zulässigkeit der Änderungen und Ausführbarkeit des Gegenstandes nach dem Anspruch 1

2.1. Der geltende Anspruch 1 umfaßt den Inhalt des erteilten Anspruchs 1 und ist durch das zusätzliche, den Restfederweg betreffende Teilmerkmal gemäß dem erteilten Anspruch 3 weiter eingeschränkt. Im übrigen setzt sich sein Inhalt aus den ursprünglichen Ansprüchen 1, 2 und 4 zusammen. Der Anspruch 1 entspricht demnach den Anforderungen gemäß Artikel 123 (2) und (3) EPÜ.

Die Beanstandung gemäß Artikel 100 b) (Ausführbarkeit) wurde im Beschwerdeverfahren nicht mehr vorgebracht. Die Ausführbarkeit des beanspruchten Gegenstand ist offensichtlich gegeben.

3. Patentwürdigkeit

3.1. Kupplungsscheiben mit den im Oberbegriff des Anspruchs 1 aufgeführten Merkmalen sowie dem ersten Merkmal aus dem Anspruchskennzeichen, nach dem das Durchmesserverhältnis von Außendurchmesser zu Innendurchmesser der Reibringe im Bereich 1,25 bis 1,38 liegen soll, sind unbestritten aus jedem der Kupplungskataloge D7, Seite 10, mit dem Reibscheibendimensionen 181 x 133 x 3 bzw. D8, Seite 83, mit der Angabe 200 x 152 x 3,5, D9, Seite 76, mit der Angabe 224 x 163 x 3,5 und auch der Druckschrift D1 mit den in Spalte 4, Zeilen 24 und 25 zu entnehmenden Durchmessern bekannt.

Das beanspruchte Durchmesserverhältnis, das nach der Aufgabenstellung des Streitpatents die Übertragungsfähigkeit einer solchen Kupplungsscheibe mit möglichst geringem Aufwand erhöhen soll, war somit am Prioritätstag des Streitpatents allgemein bekannt.

3.2. Das zweite im Anspruch 1 des Streitpatents enthaltene Merkmal betrifft die Befestigung der beiden Reibringe am Träger unter Zwischenschaltung einer im wesentlichen axialen Federeinrichtung, wobei im eingerückten Zustand der Reibungskupplung ein Restfederweg vorgesehen ist, der es nach den Angaben im Streitpatent ermöglichen soll, daß die Reibringe in bestimmtem Umfang bei Verwerfung infolge von Temperaturbeaufschlagung geringfügig elastisch nachgeben. Dieses Teilmerkmal ist bei Kupplungsscheiben nach der D2 unbestritten bekannt. Die in der Figur 2 der D2 dargestellte Belagfederung 29 enthält Belagfedern 31, die gemäß Spalte 3, Zeile 54 bis Spalte 4, Zeile 1 einen vorbestimmten, den maximalen Federweg definierenden Abstand haben, der während des Einkuppelvorgangs bis auf einen Restfederweg aufgebraucht wird, wenn die Reibbeläge unter der Anpreßkraft der Membranfeder aufeinander zubewegt werden. Dieser Restfederweg soll nach der D2 dazu dienen, die beim Einkuppelvorgang auftretenden, auf die Taumelschwingungen des Schwungrades bzw. der Anpreßplatte zurückzuführenden Geräusche zu unterbinden.

3.3. Die Beschwerdeführerin führt in diesem Zusammenhang aus, daß beim Streitpatent durch die flexible Anpressung des Reibbelages an die Gegenreibfläche ein die Voraussetzung für niedrigen Belagverschleiß verantwortliches gleichmäßiges Tragbild erzeugt wird, wobei der Restfederweg eine thermisch bedingte Verformung von Anpreßplatte und Schwungrad ausgleicht. Die bessere Übertragungsfähigkeit der optimal dimensionierten Reibscheiben werde somit durch das zusätzliche Merkmal des Restfederwegs unterstützt und es könne eine maximale Reibarbeit aufgenommen werden.

3.4. Selbst wenn davon ausgegangen wird, daß bei der gemeinsamen Anwendung der für sich bekannten Teilmerkmale des Anspruchs 1 die von der Beschwerdeführerin genannte zusätzliche Wirkung erzielt wird, kann die Kombination dieser Merkmale nicht als erfinderisch angesehen werden, da es für den Fachmann naheliegend war, den aus der D2 bekannten Restfederweg bei Kupplungsscheiben mit beliebigem Durchmesserverhältnis (siehe D1 bzw. D7 bzw. D8 bzw. D9) aufgrund seiner vorteilhaften Wirkung anzuwenden. Eine naheliegende gemeinsame Anwendung für sich bekannter Teilmerkmale wird nicht dadurch erfinderisch, daß zusammen mit einer zu erwartenden vorteilhaften Wirkung eine im Stand der Technik nicht offenbarte weitere Wirkung auftritt, vgl. die "Rechtsprechung der Beschwerdekammern des europäischen Patentamts", 4. Auflage 2001, Seite 159, Punkt 7.7.1.

Das Vorsehen eines Restfederweges bei beliebigen Kupplungsscheiben und somit auch bei den aus den Katalogen D7, D8 und D9 sowie der Druckschrift D1 bekannten Scheiben stellt somit eine naheliegende, nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhende Maßnahme dar.

Der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 ist daher nicht patentfähig.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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