T 0984/99 () of 13.12.2001

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2001:T098499.20011213
Datum der Entscheidung: 13 Dezember 2001
Aktenzeichen: T 0984/99
Anmeldenummer: 94103832.5
IPC-Klasse: B41F 23/08
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Einrichtung zum Inline-Beschichten von Bedruckstoffen in Offsetdruckmaschinen
Name des Anmelders: MAN Roland Druckmaschinen AG
Name des Einsprechenden: KOENIG & BAUER Aktiengesellschaft
Kammer: 3.2.05
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) hat gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das europäische Patent Nr. 0 620 115 zu widerrufen, Beschwerde eingelegt.

II. Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, daß der in Artikel 100 a) EPÜ genannte Einspruchsgrund der mangelnden erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ) der Aufrechterhaltung des Patents entgegensteht. Sie stützte sich dabei im wesentlichen auf die Dokumente:

K1: Offsetpraxis 3/1993, ""Goldgrube" Busche zeigt Innovationen für den Offset in Dortmund", Seiten 12 bis 15 und

K2: US-A 5 176 077.

III. Am 13. Dezember 2001 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.

i) Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in erteilter Fassung.

ii) Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.

IV. Der unabhängige Patentanspruch 1 des Streitpatents in der erteilten Fassung lautet wie folgt:

"1. Einrichtung in einer Rotationsdruckmaschine für mehrfarbigen Offsetdruck zum Beschichten von Bedruckstoffen mit wenigstens zwei Lackiereinheiten, wobei jede Lackiereinheit einen Druckzylinder (8), einen Formzylinder (10) und eine Auftragwalze (11, 14) aufweist, und die entsprechend Bogenlaufrichtung vorgeordnete Lackiereinheit als Flexodruckwerk (6) ausgebildet ist, wobei das Flexodruckwerk (6) aus folgenden Elementen besteht:

dem eine Hochdruckform tragenden Formzylinder (10.1), der mit dem Druckzylinder (8.1) in Kontakt steht,

einer Auftragwalze (11) mit Rasterstruktur, die mit dem Formzylinder (10.1) in Kontakt steht und einem anstellbaren Kammerrakel (12), das mit einer Förderpumpe zur Flüssigkeitszufuhr und einer Saugpumpe zur Flüssigkeitsrückführung verbunden ist,

wobei dem Flexodruckwerk (6) eine Lackiereinheit (7) direkt oder indirekt nachgeordnet ist, und wobei in der Lackiereinheit (7) eine Auftragwalze (14) vorgesehen ist, der eine Dosierwalze (13) zur Bildung eines gemeinsamen Dosierspaltes anstellbar zugeordnet ist."

V. Die Beschwerdeführerin hat im schriftlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung im wesentlichen folgendes vorgetragen:

Das den nächstliegenden Stand der Technik darstellende Dokument K1 beschreibe eine Druckmaschine mit fünf Farbdruckwerken und zwei direkt nachgeordneten Lackiereinheiten, wobei jede Lackiereinheit einen Formzylinder und ein Zweiwalzenwerk als Dosiersystem aufweise.

Aus Dokument K1 gehe jedoch nicht die in Patentanspruch 1. des Streitpatents angegebene Anordnung der Lackiereinheiten hervor, nämlich daß die in Bogenlaufrichtung vorgeordnete Lackiereinheit als Flexodruckwerk ausgebildet und die zweite Lackiereinheit dieser ersten Lackiereinheit direkt oder indirekt nachgeordnet sei. Ferner finde sich in Dokument K1 lediglich der Hinweis, daß Versuche zur weiteren Optimierung auch den Einsatz einer Rasterwalze im Verbund mit einem Kammerrakelsystem umfassen. Es bleibe aber offen, in welcher Lackiereinheit und in welcher Anordnung diese Elemente einzusetzen seien.

Schließlich finde sich in Dokument K1 kein Hinweis auf eine Kammerrakel, die mit einer Förderpumpe zur Flüssigkeitszufuhr und einer Saugpumpe zur Flüssigkeitsrückführung verbunden sei.

Dokument K2 beschreibe eine Mehrfarbendruckmaschine mit einer im Ausleger der Druckmaschine angeordneten Lackiereinheit mit Kammerrakel. Hierbei handele es sich aber um eine Flachdruckanordnung zur Überlackierung mehrfarbig bedruckter Bogen, und nicht um ein Flexodruckwerk. Der Fachmann würde dieses Dokument nicht in Betracht ziehen. Zudem gehe daraus auch nicht hervor, daß ein Umlaufsystem mit Förder- und Saugpumpe für die Verarbeitung von schnellverdunstenden, wäßrigen Druckfarben mit hohem Pigmentanteil geeignet sei.

Da weder aus Dokument K1 noch aus Dokument K2 die im Streitpatent beanspruchte Maschinenkonfiguration (zweite Lackiereinheit der als Flexodruckwerk ausgebildeten ersten Lackiereinheit direkt oder indirekt nachgeordnet) hervorgehe, könne eine Kombination dieser Lehren nicht zum Gegenstand des Streitpatents führen.

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents beruhe daher auf einer erfinderischen Tätigkeit.

VI. Die Beschwerdegegnerin hat im schriftlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung im wesentlichen folgendes vorgetragen:

Dokument K1, das den nächstliegenden Stand der Technik bilde, zeige eine Bogendruckmaschine mit zwei Lackiereinheiten. Die erste Lackiereinheit sei als Flexodruckwerk ausgebildet, mit der eine Golddruckfarbe auf wäßriger Basis aufgebracht werde. In der anschließenden zweiten Einheit erfolge eine Dispersionslackierung (Dokument K1, Seite 14, mittlere Spalte, unten).

Die im Streitpatent beanspruchte Anordnung der Lackiereinheiten sei damit bereits aus Dokument K1 bekannt. Des weiteren werde der Einsatz einer Rasterwalze im Verbund mit einem Kammerrakelsystem zur Optimierung des Verfahrens vorgeschlagen (Seiten 13 und 14, Brückenabsatz).

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents unterscheide sich damit vom Stand der Technik nur durch die Angabe der Zuführung der Druckfarben und -lacke mittels Zufuhr- und Saugpumpen.

Dem Streitpatent liege daher die Aufgabe zugrunde, die Farb- bzw. Lackzufuhr zu verbessern.

Dokument K2 verweise in Spalte 8, Zeilen 37 bis 52 auf Probleme im Zusammenhang mit der Zuführung wäßriger Lacke und schlage als Lösung hierzu die Verbindung der Kammerrakel mit einer Förder- und einer Saugpumpe vor. Die im Streitpatent vorgeschlagene Lösung sei damit aus dem Stand der Technik, unter anderem aus Dokument K2, bereits bekannt.

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents beruhe daher nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Entscheidungsgründe

Erfinderische Tätigkeit

1. Der nächstliegende Stand der Technik wird durch Dokument K1 wiedergegeben. Es beschreibt ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Inline-Beschichtung eines Bedruckstoffs mit Goldfarben in einer Rotationsdruckmaschine für mehrfarbigen Offsetdruck. Diese Rotationsdruckmaschine enthält zwei Lackiereinheiten, wobei die erste Einheit als Flexodruckwerk zur Aufbringung der Golddruckfarbe ("Acrylac"-Gold) auf wäßriger Basis ausgebildet ist und die in Bogenlaufrichtung nachgeordnete zweite Lackiereinheit der Dispersionslackierung dient, siehe Schemazeichnung der Druckmaschine auf Seite 13 sowie Seite 14, mittlere Spalte, unten.

Im Flexodruckwerk wird die Golddruckfarbe direkt mittels Flexodruckplatten auf den Bedruckstoff aufgebracht (siehe Seite 13, linke Spalte, Zeilen 14 bis 17 des zweiten Absatzes sowie mittlere Spalte, Zeilen 7 bis 12 des letzten Absatzes). Dies bedeutet, daß der eine Hochdruckform tragende Formzylinder mit dem Druckzylinder in Kontakt steht.

Die auf Seite 13 gezeigte schematische Darstellung der Druckmaschine läßt erkennen, daß in beiden Lackiereinheiten für die Farb- bzw. Lackzuführung ein Zweiwalzenwerk bestehend aus Auftragswalze und Dosierwalze verwendet wird, wobei Auftragswalze und Dosierwalze einen Walzenspalt bilden, wie von der Beschwerdeführerin auch mehrfach bestätigt (siehe Beschwerdebegründung, eingegangen am 23. Dezember 1999, Seite 2, 3. Absatz; Schreiben vom 14. Dezember 1998, Seite 1 (Einspruchsakte Seite 37)).

In Dokument K1, siehe Seiten 13 und 14, Brückenabsatz, findet sich weiterhin folgender Hinweis: "Versuche zur weiteren Optimierung des Verfahrens an unterschiedliche Anforderungen umfassen auch den Einsatz einer Rasterwalze im Verbund mit einem Kammerrakelsystem, wie es im Flexodruck bereits vielfach Anwendung findet".

2. Allerdings zeigt Dokument K1 weder eine Druckmaschinenanordnung mit Rasterwalze und Kammerrakelsystem noch Einrichtungen zur Farbzuführung.

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents unterscheidet sich somit von der in Dokument K1 vorgeschlagenen Einrichtung dadurch, daß die als Flexodruckwerk ausgebildete Lackiereinheit eine Auftragswalze mit Rasterstruktur und eine anstellbare Kammerrakel umfaßt, die mit einer Förderpumpe zur Flüssigkeitszufuhr und einer Saugpumpe zur Flüssigkeitsrückführung verbunden ist.

3. Die dem Streitpatent zugrunde liegende Aufgabe kann darin gesehen werden, die in Dokument K1 beschriebene Druckmaschine zur Inline-Beschichtung mit schnellverdunstenden, wäßrigen Druckfarben und Drucklacken mit hohem Pigmentanteil zu optimieren, siehe Streitpatent, Spalte 1, Zeilen 45 bis 52.

4. Wie oben bereits erwähnt, wird in Dokument K1 zum Zwecke der Optimierung des Verfahrens bereits vorgeschlagen, eine Rasterwalze im Verbund mit einem Kammerrakelsystem einzusetzen.

Dieser Hinweis erfolgt in Zusammenhang mit der Beschreibung des Verfahrens zur Aufbringung der Golddruckfarbe und bezieht sich explizit auf die Verwendung eines Kammerrakelsystems, wie es im Flexodruck vielfach Anwendung findet. Der Fachmann wird daher bei einer Druckmaschine, wie sie in der Zeichnung auf Seite 13 des Dokuments K1 gezeigt ist, eine Rasterwalze und ein Kammerrakelsystem in der als Flexodruckwerk ausgebildeten und für die Aufbringung der Golddruckfarbe vorgesehenen Lackiereinheit einsetzen.

Bei der Umschau nach geeigneten Kammerrakelsystemen wird der Fachmann auch Dokument K2 in Betracht ziehen, da es sich hier ebenfalls um eine Offsetdruckmaschine mit einer Lackiereinrichtung 60 zur Inline-Beschichtung mit Flüssigkeiten auf wäßriger Basis handelt, wobei eine Rasterwalze 68 im Verbund mit einem Kammerrakelsystem 66 verwendet wird, siehe Abstract sowie Figuren 1, 2 und 4.

Dokument K2 schlägt vor, die Kammerrakel mit einer Förderpumpe 110 (Figur 4) zur Flüssigkeitszufuhr und einer Saugpumpe 112 (Figur 4) zur Flüssigkeitsrückführung auszustatten, damit die Flüssigkeit zirkulieren kann (siehe Spalte 8, Zeilen 37 bis 52). Damit soll sichergestellt werden, daß ständig eine ausreichende Flüssigkeitsmenge in der Kammerrakel vorhanden ist, und es soll damit eine Koagulation und ein Verklumpen der Rakelmesser 94, 96 (Figur 2) durch das wäßrige Beschichtungsmaterial verhindert werden.

Es lag somit auf der Hand, diese Maßnahme für den gleichen Zweck auch bei einer Einrichtung anzuwenden, wie sie in Dokument K1 vorgeschlagen wird.

5. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Streitpatent beruht daher nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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