T 0953/99 () of 28.1.2003

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2003:T095399.20030128
Datum der Entscheidung: 28 Januar 2003
Aktenzeichen: T 0953/99
Anmeldenummer: 95106735.4
IPC-Klasse: G01M 1/32
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren und Vorrichtung zum Ausgleich einer Unwucht an einem Kraftfahrzeugrad
Name des Anmelders: Snap-On Equipment GmbH
Name des Einsprechenden: HAWEKA Werkstatt-Technik GmbH
Kammer: 3.4.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das Europäische Patent 681 170 (Anmeldenummer 95 106 735.4, Priorität 05.05.1994) zu widerrufen. Das Patent betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Ausgleich einer Unwucht an einem Kraftfahrzeugrad.

In der angefochtenen Entscheidung wurden unter anderem die folgenden Druckschriften genannt:

D4 DE-A-25 22 149

D9 DE-A-42 29 865

D10 Prospekt Geodyna 3000/3500

D11 DE-U-1 777 597.

Im Beschwerdeverfahren wurde auch auf

D16, Gutachten des Prof. Henning Wallentowitz

Bezug genommen.

Die Einspruchsabteilung stellte fest, daß die ihr vorliegenden unabhängigen Ansprüche nicht dem Erfordernis einer erfinderischen Tätigkeit nach Artikel 52. (1), 56 EPÜ genügen.

II. Im Beschwerdeverfahren legten beide Parteien schriftliche Stellungnahmen vor. Eine Verhandlung zur mündlichen Erläuterung des Falls wurde von der Kammer auf Antrag der Beschwerdegegnerin (Einsprechenden) anberaumt. Am Ende der mündlichen Vorträge der Parteien verkündete die Kammer ihre Entscheidung.

III. Der Standpunkt der Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) läßt sich wie folgt zusammenfassen:

Anträge der Beschwerdeführerin

Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Form auf der Grundlage der Ansprüche 1 und 2 und der Beschreibung Spalten 1 und 2 eingereicht mit Schreiben vom 26. April 2002.

Wortlaut der unabhängigen Ansprüche 1 und 2

"1. Verfahren zum Ausgleich einer Unwucht an einem Kraftfahrzeugrad (4), dessen Scheibenrad im Bereich der Radscheibe Materialunterbrechungen und radial durchgehende Radscheibenteile aufweist, bei dem in Abhängigkeit von während eines Messvorgangs ermittelten Messwerten für eine an der Innenseite des Scheibenrades befindliche Ausgleichsebene mit zugeordnetem Ausgleichsradius eine Ausgleichsgröße (AV) nach Winkellage und Ausgleichsmasse für den mit Klebegewichten durchgeführten Unwuchtausgleich bestimmt wird,

dadurch gekennzeichnet, dass die Winkellagen der Materialunterbrechungen und/oder der radial durchgehenden Radscheibenteile gespeichert werden, dass die in der in der Innenseite des Scheibenrades befindliche Ausgleichsebene bestimmte Ausgleichsgröße dann in zwei Ausgleichsmassen (mA) in solchen Winkellagen, in denen radial durchgehende Radscheibenteile vorhanden sind, zerlegt wird, wenn die Winkellage der bestimmten Ausgleichsgröße außerhalb radial durchgehender Radscheibenteile liegt, und dass den beiden zerlegten Ausgleichsmassen entsprechende Ausgleichsgewichte in den zugeordneten Winkellagen in der Ausgleichsebene an der Innenseite des Scheibenrades befestigt werden, wobei die Ausgleichsgewichte in bestimmten Gewichtsstufen, die für die Zerlegung gespeichert sind, in Bereitschaft gehalten werden,

oder

dass die Ausgleichsgewichte in Form eines durchgehenden Gewichtebandes als Rolle in Bereitschaft gehalten wird, das Gewichteband in Abhängigkeit von der jeweils zerlegten Masse mit einem bestimmten Vorschub für den Trennvorgang bewegt wird und eine der jeweiligen Ausgleichsmasse entsprechende Länge als Ausgleichsgewicht abgetrennt wird.

2. Vorrichtung, welche zur Durchführung eines Verfahrens nach Patentanspruch 1 ausgebildet ist, mit einer Hauptwelle (3), auf welcher das Kraftfahrzeugrad (4) aufgespannt ist, einer kraftschlüssig mit der Hauptwelle verbundenen Kraftmesseinrichtung (6), einer mit der Hauptwelle gekoppelten Drehwinkelmesseinrichtung (5), einer an die Winkel- und Kraftmesseinrichtung angeschlossenen Auswerteeinrichtung (1) zur Bestimmung der Ausgleichsmassen und Winkellagen für den Unwuchtausgleich mittels Klebegewichten einer Ausgleichsebene an der Innenseite des Scheibenrads, dadurch gekennzeichnet, dass die Auswerteeinrichtung (1) an einen Speicher (2) angeschlossen ist, in welchem die Winkellagen der radial durchgehenden Radscheibenteile des an der Hauptwelle (3) befestigten Kraftfahrzeugrades (4) gespeichert sind und dass die Auswerteeinrichtung (1) einen Vektorrechner aufweist, der die von der Winkel- und Kraftmesseinrichtung (5,6) gelieferten Messwerte in Ausgleichsmassen zerlegt, die in den Winkellagen der radial durchgehenden Radscheibenteile liegen,

wobei

die Ausgleichsgewichte in Gewichtsstufen, welche für die Zerlegung gespeichert sind, in Bereitschaft gehalten sind,

oder

die Auswerteeinrichtung (1) mit einer Vorschubeinrichtung (7) für ein durchgehendes Gewichteband (8) verbunden ist und das Gewichteband (8) in Abhängigkeit von der für die jeweilige Ausgleichskomponente berechneten Ausgleichsmasse für eine stufenlose Ablängung des Ausgleichsgewichts mit einem bestimmten Vorschub bewegt ist."

Argumentation der Beschwerdeführerin

Zur Plazierung von Unwuchtausgleichgewichten habe sich der Fachmann nach vorgegebenen Möglichkeiten der Befestigung orientiert, wie dies auch im Gutachten D16 gezeigt werde. Wie aus dem letzten Satz auf Seite 6 des Gutachtens D16 hervorgehe, habe vor dem Anmeldetag des Streitpatents niemand Unwuchtvektorverteilung nach Sichtbarkeitsgesichtspunkten in Betracht gezogen. Ferner habe die Erfindung zur Befriedigung eines neuen Bedürfnisses geführt, indem optische Optimierungen am ausgewuchteten Kraftfahrzeug möglich wurden und gleichzeitig Bedienungsvereinfachungen erreicht wurden (vgl. letzten Satz auf Seite 12). Gemäß den Druckschriften D9 und D10 sei es dagegen das Ziel gewesen, die im innenliegenden Teil der Felge versteckten Gewichte exakt zu positionieren. Gerade dies zeige, daß sich vor dem Anmeldetag des Streitpatents niemand Gedanken gemacht habe, das Erscheinungsbild eines Speichenrads noch weiter zu verbessern. Es habe bereits andere Möglichkeiten gegeben, eine Beeinträchtigung des optischen Erscheinungsbildes eines Kraftfahrzeugrads zu vermeiden. So hätte der Fachmann entscheiden können, auf die Ausgleichsgewichte entweder ganz zu verzichten oder aber diese ungeteilt hinter der nächsten Speiche anzubringen. Weiterhin hätte die Ausgleichsebene so weit nach hinten verlegt werden können, daß die Gewichte nicht mehr deutlich zu sehen wären. Dies werde in der mittleren Zeichnung auf Seite 3 von der Druckschrift D10 angedeutet.

Es müsse auch berücksichtigt werden, daß die Gewichte sowieso nur in bestimmten Radstellungen sichtbar seien. Es werde nicht bestritten, daß eine Vektoraufteilung Teil des Grundwissens eines Ingenieurs sei. Es sei aber nicht selbstverständlich, dieses Wissen auf dem Gebiet der Kfz-Auswuchtung zur optischen Optimierung von Rädern anzuwenden. Es sei in Zusammenhang mit einer Optimierung des Aussehens von Kraftfahrzeugrädern auch nicht bekannt oder naheliegend, in Bereitschaft gehaltene Ausgleichsgewichte (oder sinngemäß eine berechnete von einem Gewichteband abzutrennende Ausgleichsmasse) zu verwenden.

VI. Der Standpunkt der Beschwerdegegnerin läßt sich wie folgt zusammenfassen:

Antrag der Beschwerdegegnerin

Zurückweisung der Beschwerde.

Argumentation der Beschwerdegegnerin

Überlegungen zum optischen Erscheinungsbild von Felgen seien bereits aus der Druckschrift D9 oder D10 bekannt. Es sei ohnehin klar, daß ein anspruchsvoller Kunde nicht bereit sei, sich mit einer Beeinträchtigung des Erscheinungsbilds eines teuer gekauften Kraftfahrzeugrads zufriedenzugeben. Eine Vektoraufteilung gehöre zum Grundwissen des Fachmanns. Übertragen auf die Druckschriften D9 oder D10 führe die bekannte Vektoraufteilung unmittelbar zum Gegenstand des Streitpatents. Bei den in den unabhängigen Ansprüchen enthaltenen Alternativmerkmalen handele es sich um platte Selbstverständlichkeiten, die im Detail aus den bereits in der Patentschrift genannten Druckschriften D4 bzw. D11 bekannt seien.

Der Fachmann wisse, daß er eine Radunwucht ausgleichen müsse. Deshalb seien die von der Beschwerdeführerin geschilderten Möglichkeiten, die diese Aufgabe nicht bewältigten, sei es indem auf die Gewichte verzichtet werde oder diese ungeteilt hinter der nächsten Speiche angebracht werden, praxisfremd. Auch der Versuch sei praxisfremd, die Ausgleichsebene aus Gründen des Erscheinungsbilds weit nach hinten zu versetzen, da dann zum einen größere Gewichte erforderlich seien und zum anderen die Gewichte trotzdem noch sichtbar blieben.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde entspricht den in Regel 65 (1) EPÜ genannten Bedingungen und ist somit zulässig.

2. Stand der Technik

Druckschrift D4

Dieser Druckschrift ist ein durchgehender Gewichtestrang zum Unwuchtausgleich zu entnehmen. Von diesem Gewichtestrang kann stufenlos in Abhängigkeit von der ermittelten Ausgleichsmasse eine Länge abgetrennt werden (vgl. Anspruch 23 und die Figur 4 mit zugehöriger Beschreibung).

Druckschriften D9 und D10

Die Druckschrift D9 beschreibt ein Verfahren zum Unwuchtausgleich an einem Kraftfahrzeugrad mit Hilfe von einem oder mehreren Ausgleichsgewichten, insbesondere Klebegewichten, die in einer bestimmten, durch eine Messelektronik während eines Unwuchtmessvorganges ermittelten Position am Scheibenrad befestigt werden. Gemäß Figur 1 ist ein Speicher 6 für die aus Messläufen erhaltenen Messgebersignale als Bestandteil der Messelektronik 15 vorgesehen. Die ausgewerteten Messgebersignale werden dann in Form von Größen- und Winkelangaben für die am Kraftfahrzeugrad einzusetzenden Ausgleichsgewichte an einer Anzeigeeinrichtung 8 sichtbar. In Figur 2C ist das Anbringen eines in der Felgenschüssel versteckten Klebegewicht dargestellt. Das attraktive Erscheinungsbild des Kraftfahrzeugrades, insbesondere eines Leichtmetallrades, soll dabei nicht gestört werden. Die Positionen der abgetasteten Ausgleichsebenen E1 und E2 sowie die Winkellagen der Ausgleichsgewichte in den Ausgleichsebenen sind das Ergebnis der Auswertung in der Meß- und Auswerteelektronik 15. In der Figur 2 sind verschiedene Standardfelgen dargestellt. Die zur Gewichteplazierung vorhandenen Möglichkeiten sind an der Anzeigeeinrichtung 8. durch Wiedergabe der in der Figur 2 dargestellten Felgensymbole mit den durch schematisch dargestellte Ausgleichsgewichte gekennzeichneten Ausgleichsebenen E1 und E2 anzeigbar.

Die Druckschrift D10 beschäftigt sich mit einer zu der in der Druckschrift korrespondierenden Einrichtung. Unter der Überschrift "Gewichteplazierung exakt und wie von selbst" ist zu entnehmen, daß wertvolle Alu-Räder nicht mehr durch falsch angebrachte Gewichte beschädigt oder ihre Optik negativ beeinflußt werden. Verschiedene Felgen sowie unterschiedliche Ausgleichsdurchmesser und Ausgleichsbreiten und zugehörige Anzeigegeräte sind den Figuren zu entnehmen. Die abgebildeten, bereiften Felgen weisen Speichen auf.

Druckschrift D11

Aus dieser Druckschrift sind zum Unwuchtausgleich Gewichtestangen mit einer Anzahl von Rippen bekannt, wobei jede Rippe einen bestimmten Grammbetrag aufweist, und je nach Bedarf eine oder mehrere Rippen von der Stange abgebrochen werden können.

3. Sonstiges Dokument

3.1. D16 - Gutachten des Professors Henning Wallentowitz

Es wird unten auf der Seite 6 ausgeführt, daß sich vor dem Anmeldetag des Streitpatents nach den hier behandelten Unterlagen niemand mit der Verteilung von Auswuchtgewichten nach Sichtbarkeitsgesichtspunkten befaßt habe. Die bis dahin diskutierte Massenaufteilung habe sich nach Befestigungsmöglichkeiten orientiert und eine symmetrische Gewichtsaufteilung zum Ziel gehabt. Weiterhin wird unten auf der Seite 12 aufgeführt, daß die Lehre des Hauptanspruchs zur Lösung eines neuen Bedürfnisses geführt habe, indem optische Optimierung möglich geworden sei und gleichzeitige Vereinfachungen der Bedienung erreicht worden seien.

4. Neuheit (Artikel 54 EPÜ)

Eine Aufteilung der Gewichtsmasse zum Ausgleich einer Unwucht an einem Kraftfahrzeugrad ist aus keiner der verfügbaren Druckschriften bekannt. Somit begründen jene Merkmale der Ansprüche, die auf die Aufteilung bezogen sind, die Neuheit. Aus diesem Grund sind die Gegenstände der unabhängigen Ansprüche neu, was auch von der Beschwerdegegnerin nicht bestritten wurde, und genügen somit dem Artikel 54 EPÜ.

5. Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)

5.1. Da ein Verfahren zum Unwuchtausgleich einschließlich einer Auswerteelektronik aus der Druckschrift D9 bzw. D10 bekannt ist, stellt dieser Stand der Technik nach Auffassung der Kammer den nächstkommenden Stand der Technik dar. Den auf Vektoraufteilung gerichteten Merkmalen der unabhängigen Ansprüche liegt nicht die technische Aufgabe zugrunde, das Unwuchtausgleichsverfahren noch genauer zu gestalten, sondern das Bedürfnis, das optische Erscheinungsbild des Kraftfahrzeugrads zu verbessern. Dieses Bedürfnis ergab sich somit nicht aus dem Bestreben, eine technische Verbesserung zu erzielen, sondern vielmehr aus einem starken Kundenwunsch nach einem gut aussehenden Rad. Die Verbesserung des optischen Erscheinungsbilds ist an sich bereits aus der Druckschrift D9 (oder auch D10) bekannt, woraus auch bereits eine Lösung hervorgeht, nämlich die Gewichte in der Felgenschüssel zu verstecken. Die durch die neuen Merkmale zu lösende Aufgabe kann somit darin gesehen werden, dem genannten Kundenwunsch noch besser nachzukommen, indem eine weitere Möglichkeit angeboten wird, das Aussehen des ausgewuchteten Kraftfahrzeugrads zu verbessern. Dies ist vor allem dann zwingend, wenn ein geeigneter Platz für die Ausgleichsgewichte in der Felgenschüssel nicht vorhanden ist, wie beispielsweise bei den in der Druckschrift D10 gezeigten Felgen mit einer wenig ausgeprägten Felgenschüssel oder einem im wesentlichen flachen inneren Umfang der Schüssel der Leichtmetallfelge.

5.2. Die im Patentrecht übliche "könnte/würde" Frage zur erfinderischen Tätigkeit stellt sich im vorliegenden Fall auf Grund des nicht technischen Kundenwunsches in leicht abgeänderter Form, und zwar in der Formulierung: "Würde der Fachmann trotz Kundenbedürfnis bei dem mittels einer exakten Plazierung der Gewichte technisch zufriedenstellenden Verfahren nach der Druckschrift D9 oder D10 bleiben oder würde er durch den Wunsch des Kunden veranlaßt, nach einer optisch vorteilhaften Alternative zu suchen?". In der praxisnahen Welt ist nach Auffassung der Kammer nur letzteres realistisch und die Parteien haben mehrere Möglichkeiten erläutert, wie dann entsprechende Verbesserungen zu erzielen wären, nämlich:

a) Verzicht auf das Unwuchtausgleichsgewicht,

b) Anbringen des Gewichts im sichtbaren Bereich,

c) Versetzen der Ausgleichsebene nach hinten,

d1) Verstecken des Gewichts hinter einer Radspeiche,

oder

d2) Aufteilen der Gewichtsmasse und Verstecken der geteilten Gewichtsmassen hinter einer Radspeiche.

In Zusammenhang mit der Möglichkeit d2) ist zu unterstreichen, daß zwischen den Parteien unbestritten war, daß die Vektoraufteilung an sich zum Grundwissen des Fachmanns gehört. Dies entspricht auch der Überzeugung der Kammer. Sein Grundwissen wird der Fachmann selbstverständlich in seine Arbeit auf seinem Fachgebiet einfließen lassen.

5.3. Es stellt sich sodann die Frage, welche der zur Verfügung stehenden Möglichkeiten der Fachmann gewählt hätte, um dem Wunsch des Kunden nachzukommen. Ein schlichter Verzicht auf das Ausgleichsgewicht (Möglichkeit a)) scheidet aus, da dann überhaupt kein Unwuchtausgleich stattfindet, was aus technischen Gründen nicht zu verantworten ist. Ein Anbringen im sichtbaren Bereich (Möglichkeit b)) scheidet auf Grund des Kundenwunsches nach ungestörter Optik von vorneherein aus. Dies gilt auch für das Versetzten der Ausgleichsebene nach hinten (Möglichkeit c)), da die Beeinträchtigung der Optik dadurch zwar gemildert, jedoch nicht vermieden wird. Es bieten sich somit nur Stellen hinter den Radspeichen als Orte zum Verbergen der Ausgleichsmassen an. In diesem Fall kann wiederum nicht einfach die "nächstbeste" Speiche hergenommen werden (Möglichkeit d1)), da dann trotz Befriedigung des Kundenwunsches kein ausreichender Unwuchtausgleich stattfindet. Somit verbleibt nur die letzte Möglichkeit d2) für den Fachmann. Die Kammer ist deshalb zu der Ansicht gelangt, daß mangels echter Alternativen diese Möglichkeit als nahelegend einzustufen ist. Da eine Auswerteelektronik mit Datenspeicher sowie die Verwendung verschiedener Felgen bereits gemäß der Lehre der Druckschrift D9 bekannt sind, vermag die Kammer auch in der nach Möglichkeit d2) folgerichtigen Abspeicherung von Einzelheiten über die Radspeichen oder in der Verwendung eines Vektorrechners keine erfinderische Tätigkeit zu erkennen.

5.4. Gemäß den Ansprüchen des Streitpatents wird im Zusammenhang mit der Bereitstellung der Gewichte von der Lehre der Druckschriften D4 und D11 lediglich dadurch abgewichen, daß mit geteilten anstelle von ungeteilten Gewichten gearbeitet wird. Die Kammer vermag keine erfinderische Tätigkeit in der Anpassung der Gewichtsparameter im Hinblick auf eine Aufteilung zu erkennen. Es muß schließlich selbstverständlich sein, daß keine falschen Gewichte eingesetzt werden. Ob damit eine Vereinfachung der Bedienung verbunden ist, kann dahingestellt bleiben, da dies hier für die Einschätzung der Frage der erfinderischen Tätigkeit nicht von Belang ist.

5.5. Die Beschwerdeführerin verwies auf die exakte Plazierung der Gewichte gemäß dem Stand der Technik, und zwar auch dann, wenn die Gewichte in der Felgenschüssel versteckt sind, und leitete daraus ein Vorurteil gegen eine Aufteilung der Gewichte ab. Diese Argumentationslinie vertauscht aber die optischen mit den technischen Aspekten. Obwohl eine Aufteilung natürlich aus technischer Sicht nicht erforderlich ist, ist dies angesichts des im obigen Punkt 5.2 in Zusammenhang mit der "könnte/würde" Frage erläuterten starken Kundenwunsches für den Fachmann nicht ausschlaggebend. Dieser Wunsch erstreckt sich auf alle möglichen Positionen des Kraftfahrzeugrads im Betrieb. Ob dabei die Gewichte mehr oder minder sichtbar sind, spielt keine Rolle. Auch die Argumentationslinie, daß sich niemand Gedanken über eine weitere Verbesserung des optischen Erscheinungsbilds gemacht habe, kann nicht überzeugen, da es sich nicht um die Frage der Neuheit gegenüber der Druckschrift D9, sondern um die erfinderische Tätigkeit handelt. Den Ausführungen der Beschwerdeführerin, wonach erst die Erfindung den Wunsch nach hinter den Speichen versteckten Gewichten geweckt habe, steht die Tatsache entgegen, daß sich ein Wunsch nach verbesserter Optik bereits aus der Druckschrift D9 ergibt. Eine rückschauende Betrachtungsweise läßt sich angesichts des vom Kunden an die Fachwelt herangetragenen Wunsches nicht erkennen. Der kurze Zeitabstand (weniger als 2 Monate) zwischen der Veröffentlichung der Druckschrift D9 und dem Prioritätsdatum des Patents kann auch nicht als Indiz für eine erfinderische Tätigkeit gewertet werden.

5.6. Das beanspruchte Verfahren (Anspruch 1) sowie die dafür notwendige Vorrichtung (Anspruch 2) ergeben sich somit in naheliegender Weise aus den Lehren der genannten, vorveröffentlichten Druckschriften und können somit nicht als auf einer im Artikel 56 EPÜ definierten erfinderischen Tätigkeit beruhend angesehen werden.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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