T 0882/99 () of 16.6.2000

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2000:T088299.20000616
Datum der Entscheidung: 16 Juni 2000
Aktenzeichen: T 0882/99
Anmeldenummer: 93903780.0
IPC-Klasse: B29C 67/14
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Zweischalige Kunstharzplatte und Verfahren zu deren Herstellung
Name des Anmelders: SCOBALIT AG
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.2.05
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 113(1)
European Patent Convention 1973 Art 54
Schlagwörter: Rechtliches Gehör
Neuheit (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Anmelderin) hat gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung über die Zurückweisung der Anmeldung Nr. 93 903 780.0 Beschwerde eingelegt.

II. Die Prüfungsabteilung war der Auffassung, daß im Hinblick auf folgende Entgegenhaltungen

D1: GB-A 826 412,

D2: US-A 5 043 128 und

D3: GB-A 2 221 489

die Anmeldung den Erfordernissen des Artikels 52 EPÜ in Kombination mit Artikel 56 EPÜ nicht genügt (fehlende erfinderische Tätigkeit).

III. Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf Basis der mit Schreiben vom 8. Mai 1998 eingereichten Ansprüche 1-14 (Hauptantrag) oder auf Basis der mit Schreiben vom 16. August 1999 eingereichten Ansprüche 1-13 (Hilfsantrag) zu erteilen.

Die Beschwerdeführerin hat zudem fehlendes rechtliches Gehör geltend gemacht (Artikel 113 EPÜ) und beantragte auch aus diesem Grund die Aufhebung der Entscheidung.

Ferner wurde die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

IV. In der Mitteilung vom 7. Februar 2000 hat die Beschwerdekammer in einer vorläufigen Stellungnahme unter anderem darauf hingewiesen, daß der Gegenstand des Sachanspruchs 8 gemäß Hauptantrag sowie der Gegenstand des Sachanspruchs 7 gemäß Hilfsantrag, die beide einen Rückbezug auf Verfahrensanspruch 1 enthalten, nicht neu seien. Sie hat dabei unter anderem auf das im Recherchenbericht zur vorliegenden Anmeldung zitierte Dokument

D5: FR-A 1 229 185

verwiesen.

Diese Mitteilung war Anlage einer Ladung zu einer mündlichen Verhandlung, die am 6. Juni 2000 stattfinden sollte.

V. Mit Telefax, eingegangen am 31. Mai 2000, hat die Beschwerdeführerin mitgeteilt, daß sie an der mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen wird, und gebeten auf Grund der Aktenlage zu entscheiden.

Mit Verfügung vom 31. Mai 2000 wurde der Termin zur mündlichen Verhandlung aufgehoben.

VI. Die zum Zeitpunkt der Entscheidung geltenden Ansprüche 1 und 8 gemäß Hauptantrag lauten wie folgt:

"1. Verfahren zur Fertigung von bahnförmigen glasfaserverstärkten Kunststoffplatten mit den folgenden Schritten:

a) ebene Ausbreitung eines flexiblen Trägers;

b) Auftragung eines flüssigen Kunstharzes auf den flexiblen Träger;

c) Ausbreitung eines Glasfaserroving über das flüssige Kunstharz;

d) Einwirken lassen des flüssigen Kunstharzes auf die Glasfaserplatte, bis diese vollständig durchtränkt ist;

e) Aufbringen einer oberen flexiblen Abdeckschicht zur Bildung eines temporären Schichtstoffes;

f) kontinuierliches Durchziehen des temporären Schichtstoffes durch eine Einlaufstrecke an einer Unterform und einer Oberform;

g) abschließende Formgebung;

h) Durchführung des temporären Schichtstoffes durch einen Durchlaufofen; und

i) Entfernung des flexiblen Trägers und der oberen Abdeckschicht,

dadurch gekennzeichnet, dass die abschliessende Formgebung vor Beendigung des Geliervorgangs erfolgt, und in einem nachfolgenden Schritt der fertig geformte, temporäre Schichtstoff durch den Durchlaufofen geführt wird."

"8. Glasfaserverstärkte Kunststoffplatte hergestellt nach dem Verfahren gemäss einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, dass die Längsränder der Platte mindestens einseitig eine in Längsrichtung verlaufende Biegung von mindestens 90 aufweisen, so dass der von einem mittleren Bereich (23) und einem Aufbug (24) einer Platte eingeschlossene Winkel höchstens 90 beträgt, so dass der Aufbug (24) in der Projektion teilweise den mittleren Bereich (23) überlappt."

Der zum Zeitpunkt der Entscheidung geltende Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags im kennzeichnenden Teil durch die Einfügung des folgenden Merkmals nach dem Passus "dass die abschliessende Formgebung vor Beendigung des Geliervorgangs erfolgt,":

"wobei die abschliessende Formgebung eine zusätzliche Biegung ist, die zu einer teilweisen Überlappung der Bahn des temporären Schichtstoffes führt,"

Der zum Zeitpunkt der Entscheidung geltende Anspruch 7 des Hilfsantrags entspricht bis auf die entsprechend geänderten Rückbezüge dem Wortlaut des Anspruchs 8 gemäß Hauptantrag.

VII. Die Beschwerdekammer hat in ihrer Mitteilung vom 7. Februar 2000 ausgeführt, daß aus dem Stand der Technik bereits eine glasfaserverstärkte Kunststoffplatte mit den in Anspruch 8 gemäß Hauptantrag angegebenen Merkmalen bekannt sei. Sie verwies dabei, unter anderem, auf das Dokument D5, Figuren 1 und 2. Sie hat weiter ausgeführt, daß der Bezug auf das Herstellverfahren in diesem Anspruch voraussichtlich nicht als unterscheidendes Merkmal berücksichtigt werden könne, da dieser Bezug kein die Platte an sich kennzeichnendes Merkmal zu sein scheine. Das gleiche gelte auch bezüglich Anspruch 7 des Hilfsantrags.

VIII. Die Beschwerdeführerin äußerte sich nicht zu diesen Einwendungen seitens der Beschwerdekammer und beantragte, wie oben erwähnt, Entscheidung nach Lage der Akten.

In ihrer Beschwerdebegründung brachte die Beschwerdeführerin zum Einwand des fehlenden rechtlichen Gehörs vor, daß sich die Entscheidung auf eine Definition der Aufgabe stütze, die sich von der Definition der Aufgabe des Anmelders unterscheide und diese Definition erstmals in der Entscheidung vorgebracht worden sei.

Da die Aufgabe eine wesentliche Grundlage für die Beurteilung einer Erfindung nach Artikel 56 EPÜ sei, müsse davon ausgegangen werden, daß sich die angegriffene Entscheidung der Prüfungsabteilung im Widerspruch zu Artikel 113 EPÜ auf Gründe stütze, zu denen sich der Anmelder nicht habe äußern können.

Entscheidungsgründe

1. Rechtliches Gehör

Die Kammer ist der Auffassung, daß der Einwand des mangelnden rechtlichen Gehörs nicht ausreichend begründet ist, um aus diesem Grund die Entscheidung der Prüfungsabteilung aufzuheben.

Die Zurückweisung stützte sich auf den Grund der fehlenden erfinderischen Tätigkeit im Hinblick auf den in den Dokumenten D1, D2 und D3 offenbarten Stand der Technik. Dieser Grund war bereits Gegenstand vorausgegangener Bescheide, siehe u. a. den Bescheid vom 28. Mai 1998, Paragraph 1 und 3, zu denen sich die Beschwerdeführerin äußern konnte und dies auch tat. Es liegt daher keine Verletzung der in Artikel 113 EPÜ gegebenen Bestimmungen vor.

Abgesehen davon findet sich im Bescheid vom 28. Mai 1998 die von der Prüfungsabteilung in ihrer Zurückweisungsentscheidung maßgeblich verwendete Argumentation zur fehlenden erfinderischen Tätigkeit wieder.

2. Neuheit

Das Dokument D5 beschreibt eine warmhärtbare, glasfaserverstärkte Kunststoffplatte (siehe Spalte 1, 1. und 2. Absatz), bei der die Längsränder zur Plattenmitte zurückgebogen sind (siehe Figuren 1 und 2). Die Längsränder dieser Platte weisen also mindestens einseitig eine in Längsrichtung verlaufende Biegung von mindestens 90 auf, so daß der von einem mittleren Bereich und einem Aufbug 1 einer Platte eingeschlossene Winkel höchstens 90 beträgt, so daß der Aufbug 1 in der Projektion teilweise den mittleren Bereich überlappt.

Diese Verformung erfolgt im Laufe des Gießvorgangs, siehe Spalte 2, vorletzter Absatz.

Die in Dokument D5 beschriebene Platte weist also die in Anspruch 8 gemäß Hauptantrag beanspruchte Form auf.

Anspruch 8 gemäß Hauptantrag enthält zudem den Hinweis, daß die Platte nach dem Verfahren gemäß Anspruch 1 hergestellt sein soll. Daraus läßt sich in bezug auf die Eigenschaften der Platte ableiten, daß sie aus einem warmhärtbaren, glasfaserverstärkten Kunststoff bestehen soll und die Verformung vor der endgültigen Aushärtung erfolgt.

Beides sind jedoch Merkmale der in Dokument D5 beschriebenen Platte. Auch diese Platte besteht, wie oben bereits erwähnt, aus einem warmhärtbaren, glasfaserverstärkten Kunststoff, wobei die Verformung im Laufe des Gießvorgangs erfolgt.

Die weiteren in Anspruch 1 angegebenen Merkmale betreffen rein das Herstellverfahren der Platte und sind keine das spätere Produkt, d. h. die Platte an sich kennzeichnenden Merkmale. Sie können daher nicht als unterscheidende Merkmale berücksichtigt werden.

Das gleiche gilt bezüglich des inhaltsgleichen Anspruchs 7 des Hilfsantrags.

Der Gegenstand des Anspruchs 8 gemäß Hauptantrag sowie der Gegenstand gemäß Anspruch 7 gemäß Hilfsantrag sind daher nicht neu. Die Bedingungen der Artikel 52 (1) und 54. EPÜ sind somit nicht erfüllt.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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