T 0799/99 (Hochfester Beton/JAKLIN) of 15.1.2002

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2002:T079999.20020115
Datum der Entscheidung: 15 Januar 2002
Aktenzeichen: T 0799/99
Anmeldenummer: 93109651.5
IPC-Klasse: C04B 16/06
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Gegen Abplatzungen bei Brandbeanspruchung beständiger Beton oder Mörtel
Name des Anmelders: Jaklin, Hans
Name des Einsprechenden: Hochtief Aktiengesellschaft
Philipp Holzmann
Kammer: 3.3.05
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - ja, überraschend einfache Lösung eines bekannten Problems
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Auf die europäische Patentanmeldung Nr. 93 109 651.5 wurde das europäische Patent Nr. 0 575 886 erteilt. Die Priorität einer in der Bundesrepublik Deutschland am 20. Juni 1992 eingereichten Voranmeldung wurde in Anspruch genommen. Das Patent wurde nach Einspruch von einer Einspruchsabteilung des EPA widerrufen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende Beschwerde des Patentinhabers.

II. Als Einspruchsgründe sind genannt worden:

mangelnde erfinderische Tätigkeit (Artikel 100 a) in Verbindung mit Artikel 56 EPÜ) und mangelnde Ausführbarkeit (Artikel 100 b) EPÜ).

Während des Einspruchsverfahren wurde u. a. auf die nachfolgenden Druckschriften hingewiesen:

D1: SE-A-8 701 395, D1b: SE-B-381 452 D12: EP-A-0 264 540, D13: EP-A-0 264 541.

Die Einspruchsabteilung hat die Ausführbarkeit der Erfindung anerkannt, jedoch die erfinderische Tätigkeit verneint. D1 wurde als nächster Stand der Technik betrachtet. Die Aufgabe des Streitpatents wurde in der Bereitstellung eines mit Stahl armierten hochfesten Betons gesehen, der gegen Abplatzungen bei Brandbeanspruchung beständig ist. Die Lösung gemäß Anspruch 1 des Streitpatents wurde insbesondere im Hinblick auf D1 als naheliegend betrachtet.

III. In der Beschwerdebegründung wurde den in der angefochtenen Entscheidung dargelegten Gründen gegen die erfinderische Tätigkeit widersprochen. Dabei wurde als Anlage 4 auf folgendes nachveröffentlichtes Dokument hingewiesen:

"Neue Entwicklungen beim Einsatz von Hochleistungsbeton", Lothar Mayer, Vortrag auf dem Deutschen Betontag 1995 in Hamburg.

IV. Während der am 15. Januar 2002 durchgeführten mündlichen Verhandlung wurden zwei neue Anspruchssätze eingereicht; Ansprüche 1 bis 4 als Hauptantrag und Ansprüche 1 bis 3 als Hilfsantrag.

Anspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet wie folgt:

"Gegen Abplatzungen bei Brandbeanspruchung beständige Stahlbetonbauteile aus hochfesten Betonen mit einer über die in der DIN 1045 erfaßten höchsten Festigkeitsklasse B 55 hinausgehenden Festigkeit, wobei sie

- 2 bis 6 Gew.-%, bezogen auf ihren Zementanteil, einer feinteiligen amorphen Kieselsäure mit mindestens 90 Gew.-% SiO2 oder eines feinteiligen, gefällten aktiven Silikats des Magnesiums, Calciums, Bariums oder Aluminiums mit einer BET-Oberfläche von 50 bis 200 m2/g und einem d50%-Wert unter 20 m sowie

- 0,1 bis 0,3 Vol.-% Polyolefinfasern, die durch Auflösen, Erweichen, Schrumpfen, Zersetzen oder Schmelzen ein Kapillarsystem mit im wesentlichen linearen Kapillaren von 10 bis 100 m Durchmesser und 5. bis 35 mm Länge ausbilden können,

enthalten."

V. Die Argumente des Beschwerdeführers können wie folgt zusammengefaßt werden:

Bekannt seien Stahlbetonbauteile aus hochfesten Betonen. Bedingt durch ihre fast porenfreie Struktur bestehe jedoch bei Brandbeanspruchung die Gefahr von Abplatzungen. Eine bekannte Lösung dieses Problems bestehe in einer oberflächennahen Netzbewehrung aus Stahl. Diese Lösung sei jedoch kompliziert und teuer. Die Lösung gemäß Streitpatent, wobei bestimmte Fasern in den Beton eingearbeitet werden, sei viel einfacher. Es sei überraschend, daß auf diese einfache Weise das Problem des Abplatzens bei Brand, das der Verwendung von hochfestem Beton lange Zeit im Wege stand, gelöst werden könne. Zwar sei die Verwendung von Polypropylenfasern (PP-Fasern) in Zementmörtel und auch ihre Eigenschaft bei Brand Abplatzungen zu verhindern an sich aus D1 bekannt gewesen, es sei jedoch nicht naheliegend gewesen, diese Lehre auf hochfesten Stahlbeton zu übertragen. Ein Fachmann der ein hochfestes Bauteil herstellen wolle, würde den Einbau von weichen Propylenfasern nicht in Betracht ziehen, weil er eine Schwächung der Konstruktion befürchten müsse. Es sei jedoch überraschender Weise gefunden worden, daß durch die beanspruchte Auswahl von Fasern in der beanspruchten Menge das Problem des Abplatzens bei Brand gelöst werden könne ohne die Tragfestigkeit wesentlich zu beeinträchtigen.

VI. Die Beschwerdegegnerinnen haben den Einwand mangelnder Ausführbarkeit nicht weiter verfolgt, hielten jedoch ihre Argumente gegen die erfinderische Tätigkeit der beanspruchten Gegenstände aufrecht. Ihre Argumente können wie folgt zusammengefaßt werden:

D1 lehre nicht nur die Herstellung von Faserplatten, sondern auch die Herstellung von hochfesten Betonen unter Verwendung von feinkörnigem Ballastmaterial. Die Stahlfasern könnten auch als Bewehrungsmaterial im Sinne des Streitpatents gesehen werden. Darüber hinaus sei D1 eine Weiterentwicklung der Lehre von D1b. In D1b werde ausdrücklich auf Stahlbetonbauteile Bezug genommen, so daß ein Fachmann die Lehre aus D1 auch auf Stahlbetonbauteile anwenden werde. Selbst wenn man den Beton gemäß D1 nicht als Stahlbeton im Sinne des Streitpatents betrachte, mache das keinen wesentlichen Unterschied, weil die Bewehrung nicht zur Lösung der Aufgabe beitrage. Die gemäß D1 verwendeten PP-Fasern seien ebenfalls im wesentlichen linear und führten bei ihrer Zersetzung demgemäß auch zu im wesentlichen linearen Kapillaren. Die Bauteile gemäß Anspruch 1 unterschieden sich von denjenigen gemäß D1 nur durch einen Anteil an amorpher Kieselsäure und eine etwas geringere Menge an Polyolefinfasern. Amorphe Kieselsäure sei jedoch ein üblicher Zusatz in hochfestem Beton. Ein Fachmann werde bei Optimierungsversuchen auch über die in D1 nur beispielhaft genannten Grenzwerte für die PP-Fasern hinausgehen. Es sei daher naheliegend gewesen, auch geringfügig kleinere Mengen, wie jetzt beansprucht, in Betracht zu ziehen.

Auch wenn man nicht von D1 als nächstem Stand der Technik ausgehe, sondern von bekannten hochfesten Stahlbetonen wie sie z. B. in D12 und D13 beschrieben seien, beruhe der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, weil es nahegelegen habe, die Lehre von D1, die sich ausdrücklich mit dem Problem des Abplatzens bei Brandbeanspruchung von dichtem Beton befasse, auf Stahlbetonbauteile zu übertragen.

VII. Der Beschwerdeführer (Patentinhaber) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents auf der Grundlage der Patentansprüche 1 bis 4, überreicht in der mündlichen Verhandlung (Hauptantrag),

hilfsweise auf der Grundlage der Patentansprüche 1 bis 3 überreicht in der mündlichen Verhandlung (Hilfsantrag 1).

Die Beschwerdegegnerinnen (Einsprechenden) beantragten die Zurückweisung der Beschwerde des Patentinhabers.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 sowie Regel 64 EPÜ; sie ist daher zulässig.

2. Die Neuheit und Ausführbarkeit des Gegenstandes des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag sind gegeben. Die Neuheit war unbestritten und der Ausführbarkeitseinwand wurde nicht weiter verfolgt, sodaß sich weitere Ausführungen hierzu erübrigen.

3. Das Streitpatent betrifft Stahlbetonbauteile aus hochfesten Betonen mit einer über die Festigkeitsklasse B 55 hinausgehenden Festigkeit. Solche Bauteile sind in D1 nicht beschrieben. Die D1 offenbart vielmehr Scheiben oder Platten aus einem mit Stahlfasern armierten Mörtel, der zusätzlich PP-Fasern enthält, um das Sedimentieren der Stahlfasern zu verhindern. Die Verwendung von PP-Fasern hat gleichzeitig den Vorteil, daß dadurch die Gefahr des explosionsartigen Abplatzens verringert wird. Obwohl das Gefüge durch die Verwendung eines feinkörnigen Ballastmaterials dicht sein kann, ergibt sich daraus kein hochfester Beton im Sinne des Streitpatents. Jedenfalls gibt es in D1 keine Angaben über die Festigkeitsklasse. Darüber hinaus werden derartige Platten nicht als tragende Bauteile mit hoher Druckfestigkeit verwendet, vielmehr ist dabei eine hohe Biegefestigkeit, die durch die Faserarmierung erreicht wird, von Bedeutung. In der D1 wird Bezug genommen auf die D1b. Diese ältere Patentschrift, deren Lehre von D1 weiterentwickelt wird, offenbart, daß die Stahlfasern auch mit kleinen kurzen Stahlstäben oder mit gewöhnlicher Armierung mit Armierungseisen oder Netz kombiniert werden können (Seite 8, erster Absatz der deutschen Übersetzung). Dies mag es als naheliegend erscheinen lassen, daß der mit Stahlfasern bewehrte Mörtel gemäß D1 auch mit Betoneisen kombiniert werden kann. Diese Möglichkeit wird in der D1 jedoch weder explizit noch implizit durch die pauschale Erwähnung von D1b gelehrt. Sicherlich lehrt D1 nicht die Herstellung eines Stahlbetonbauteils aus einem Beton mit einer über die Norm B55 hinausgehenden Festigkeit. Die Kammer ist daher der Auffassung, daß D1 nicht als nächster Stand der Technik betrachtet werden kann.

D12 und D13 beziehen sich zwar auf Stahlbetonbauteile aber über die Festigkeitsklasse wird nichts ausgesagt. Auch die Tatsache, daß gemäß D12 (Seite 3, Zeilen 14 bis 25) 2 bis 6 Gew.-% feinteilige Kieselsäure oder Silikate verwendet werden können, bedeutet nicht, daß dadurch zwangsläufig ein Beton mit einer über die Festigkeitsklasse B 55 hinausgehenden Festigkeit erzeugt wird. Für die Herstellung derartig hoher Festigkeiten ist das Wasser/Zement-Verhältnis maßgebend. Aus Beispiel 2 der D12 errechnet sich unter Einbeziehung der Kieselsäure als Zementanteil ein Wasser/Zement-Verhältnis von 0,48. Mit einem derart hohen Wassergehalt kann kein hochfester Beton hergestellt werden; vgl. das Beispiel gemäß Streitpatent, wobei, unter Berücksichtigung des Silikastaubs, das Wasser/Zement-Verhältnis 0,35 beträgt. D12 und D13 sind daher auch nicht die geeigneten Dokumente von denen bei der Beurteilung der erfinderische Tätigkeit ausgegangen werden kann.

Vielmehr ist von Bauteilen aus hochfesten Betonen, die zur Verhindern des Abfallens der abgeplatzten Betonschale bei Brandbeanspruchung eine äußere Netzbewehrung haben, wie in der Beschreibung des Streitpatents erwähnt (Seite 2, Zeilen 42 bis 46), auszugehen. Weil bereits in den Prioritätsunterlagen des Streitpatents von hochfesten Stahlbetonbauteilen mit dieser Netzbewehrung ausgegangen wurde, unterstellt die Kammer, daß wenigstens der Vorschlag, eine solche Netzbewehrung vorzusehen, zum Stand der Technik gehörte, auch wenn aus der nachveröffentlichten Publikation gemäß Anlage 4 hervorgeht, daß die Netzbewehrung bei der Ausführung eines Bauwerks aus Beton mit einer Festigkeitsklasse B 105 erst im Jahr 1994 tatsächlich verwendet wurde. Dieser Sachverhalt wurde vom Beschwerdeführer ausdrücklich bestätigt (siehe Eingabe vom 14. Dezember 2001, Seite 6) und von den Beschwerdegegnerinnen nicht bestritten.

4. Ausgehend von diesen netzbewehrten Stahlbetonbauteilen aus hochfestem Beton, kann die der Erfindung zugrunde liegende Aufgabe darin gesehen werden, das bei Stahlbetonbauteilen aus hochfestem Beton bestehende Problem des Abplatzens bei Brandbeanspruchung auf eine einfachere Weise zu lösen. Nach Streitpatent kann diese Aufgabe durch die Bereitstellung von Stahlbetonbauteilen gemäß Anspruch 1 gelöst werden. Der Beschwerdeführer hat geltend gemacht, daß in solchen Bauteilen bei Brandbeanspruchung wegen des Gehalts an 0,1 bis 0,3 Vol.-% PP-Fasern, ein Kapillarsystem ausgebildet wird, wodurch der bei Brand gebildete Wasserdampf entweichen kann, so daß das Abplatzen verhindert wird. Diese Erklärung ist plausibel und die Beschwerdegegnerinnen haben nichts vorgetragen, woraus zu schließen wäre, daß mit dem Gegenstand des Anspruchs 1 diese Aufgabe nicht gelöst werde. Auch aus dem nachveröffentlichten Firmenprospekt von einer der Beschwerdeführerinnen (Anlage 4) geht hervor, daß die beanspruchte Lösung effektiv und weniger kompliziert ist als die Netzbewehrung (Seiten 6 und 7). Die Kammer ist daher davon überzeugt, daß die genannte Aufgabe durch Stahlbetonbauteile gemäß Anspruch 1 auch tatsächlich gelöst wurde.

5. Auf dem Gebiet der hochfesten Stahlbetonbauteile war eine andere Lösung des Problems des Abplatzens als die Netzbewehrung nicht bekannt, jedenfalls wurde dies nicht geltend gemacht. Wie oben ausgeführt, können die Formkörper gemäß D1 nicht als Stahlbetonbauteile betrachtet werden. Weil D1 sich primär mit der gleichmäßigen Verteilung von Stahlfasern in einem Zementmörtel beschäftigt, ist es fraglich, ob ein Fachmann eine Anregung zur Lösung des bestehenden Problems ohne Kenntnis der Erfindung im technischen Gebiet der Faserplattenherstellung gesucht hätte. Aber selbst wenn man das Auffinden dieses Dokumentes noch als eine Tätigkeit innerhalb des fachmännischen Bereichs betrachten würde, hätte es aus den nachfolgenden Gründen, nicht nahegelegen, die darin vermittelte Lehre, daß die Verwendung von PP-Fasern zur Verteilung der Stahlfasern den weiteren Vorteil hat, die Gefahr des Abplatzens bei Brand zu verringern, auf hochfeste Stahlbetonbauteile zu übertragen.

6. Die in D1 als geeignet beschriebenen PP-Fasern sind Spleissfasern (KRENIT-Fasern) mit einer Stärke von 20-40 µm und einer Breite von 100-300 µm. Sie haben also keine lineare, sondern vielmehr eine bandförmige Struktur. Es wird angegeben, daß in der Praxis 0,4 bis 0,8 Vol.-% dieser Fasern genügen (Seite 2 erster vollständiger Absatz der deutschen Übersetzung). Ein Fachmann auf dem Gebiet der hochfesten Betone wird von dem Einbau solcher Fasern in dieser Menge eine erhebliche Schwächung der Druckfestigkeit erwarten. Die hohe Festigkeit von hochfestem Beton beruht im wesentlichen auf seiner dichten, fast porenfreien Struktur aus miteinander verwachsenen Silikathydraten. Eine Auflockerung dieser Struktur durch ein viel weicheres Material wie Polypropylen würde der primären Zielsetzung, nämlich der Bereitstellung eines hochfesten Betons mit einer über die Festigkeitsklasse B55 hinausgehenden Druckfestigkeit, zuwiderlaufen. Gemäß Streitpatent wird die Lehre aus D1 auch nicht ohne Modifizierung übernommen. Es wird als Lösung der bestehenden Aufgabe vielmehr beansprucht, eine Menge von nur 0,1-0,3 Vol.-% solcher Fasern zu verwenden, die nach Zersetzen bei einem Brand im wesentlichen lineare Kapillaren hinterlassen. Nur unter dieser Voraussetzung wird das Abplatzen vermieden ohne die Festigkeit wesentlich zu beeinträchtigen. D1 enthält keinen Hinweis, daß bei einem so geringen Fasergehalt, im Brandfall der Wasserdampf ohne Beschädigung der Faserplatten durch Abplatzen, entweichen kann.

7. Dem Argument der Beschwerdegegnerinnen, ein Fachmann werde bei Optimierungsversuchen auch über die in D1 nur beispielhaft genannten Grenzwerte für die PP-Fasern hinausgehen, kann die Kammer nicht zustimmen. Ein Fachmann wird solche Versuche, die auf diesem Gebiet nicht einfach sind, nämlich nur anstellen, wenn er erwartet, daß die in D1 gegebene Methode zur Verringerung der Gefahr des Abplatzens auf hochfestem Beton übertragbar ist, ohne die Festigkeit wesentlich zu beeinträchtigen. Aus den dargelegten Gründen kann man dem Fachmann diese Erwartung jedoch nicht unterstellen.

8. D1 wurde publiziert bevor die Netzbewehrung als Brandschutzmaßnahme eingeführt wurde. Darin sieht die Kammer ein zusätzliches Indiz dafür, daß der Fachmann der hochfeste Stahlbetonbauteile entwickelt, vor dem Prioritätstag des Streitpatents, entweder die Entwicklung auf dem Gebiet der Faserplatten nicht beobachtet hat (siehe Punkt 5) oder die in D1 vermittelte Lehre, zur Verringerung der Gefahr des Abplatzens bei Brand PP-Fasern beizumischen, trotz ihrer offensichtlichen Vorteile gegenüber einer Netzbewehrung, nicht für bei hochfesten Stahlbetonbauteilen anwendbar hielt (siehe Punkt 6).

9. Die übrigen Entgegenhaltungen sind vom Patentgegenstand viel weiter entfernt als D1 und enthalten keinen Hinweis für die beanspruchte Lösung des Problems. Sie wurden in der mündlichen Verhandlung auch nicht weiter erörtert. Weitere Ausführungen zu diesen Entgegenhaltungen erübrigen sich daher.

10. Die Kammer ist somit zu der Überzeugung gelangt, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht. Anspruch 4 betrifft die Verwendung eines hochfesten Betons, der alle Merkmale des Betons der Bauteile gemäß Anspruch 1 aufweist. Diese Verwendung beruht daher aus den gleichen Gründen auf einer erfinderischen Tätigkeit. Die erfinderische Tätigkeit der Unteransprüche 2 und 3 ergibt sich aus ihrer Abhängigkeit von Anspruch 1. Die Beschreibung ist mit den neuen Ansprüchen noch nicht im Einklang.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Sache wird an die Einspruchsabteilung zurückverwiesen mit der Auflage, das Patent mit den in der mündlichen Verhandlung überreichten Patentansprüchen 1. bis 4 gemäß Hauptantrag und einer noch daran anzupassenden Beschreibung aufrechtzuerhalten.

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