T 0701/99 () of 7.11.2000

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2000:T070199.20001107
Datum der Entscheidung: 07 November 2000
Aktenzeichen: T 0701/99
Anmeldenummer: 94916222.6
IPC-Klasse: E06B 3/66
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Steckverbinder für Hohlprofile
Name des Anmelders: Kronenberg, Max
Name des Einsprechenden: CERA Handels GMBH
Kammer: 3.2.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (anerkannt)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde ist gegen die Entscheidung einer Einspruchsabteilung des EPA vom 5. Mai 1999 gerichtet, die den Einspruch gegen das europäische Patent Nr. 0 698 172 zurückgewiesen hat. Gemäß dieser Entscheidung beruht der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit im Hinblick auf die folgenden, von der Einsprechenden genannten Entgegenhaltungen:

E1: EP-A-0 535 305

E2: DE-A-3 806 845

E3: EP-A-0 283 649

E4: EP-A-0 468 166.

II. Der erteilte Anspruch 1 lautet:

"Steckverbinder für Hohlprofile von Abstandshalterrahmen für Isolierglasscheiben mit einem im wesentlichen U-förmigen Querschnitt, dadurch gekennzeichnet, daß der Steckverbinder (1) zumindest im Bereich der Verbindungsstelle (4) der Hohlprofile (9) eine Bodenplatte (6) aufweist, die sich nicht über die gesamte Länge des Steckverbinders (1) erstreckt."

III. Die Beschwerde ist am 5. Juli 1999 unter gleichzeitiger Bezahlung der Beschwerdegebuhr eingelegt und begründet worden.

Nach vorbereitendem Bescheid der Kammer hat am 7. November 2000 eine mündliche Verhandlung stattgefunden, in welcher vor allem die Frage der erfinderischen Tätigkeit im Hinblick auf die Entgegenhaltungen E1 und E3 ausführlich diskutiert worden ist; die Entgegenhaltungen E2 und E4 waren nicht mehr von Bedeutung.

IV. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) hat die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents beantragt. Zur Stützung ihrer Anträge hat sie folgendes geltend gemacht:

Bei der vorliegenden Erfindung seien die Toleranzprobleme im Hinblick auf die Hohlprofile zu überwinden. Bei solchen Hohlprofilen seien die Toleranzen bei gleichen Profilgrößen unterschiedlich und trotzdem müßten die durch den Steckverbinder miteinander zu verbindende Hohlprofile durch diesen auch gehalten werden, um eine Vergrößerung des an der Verbindungsstelle der Hohlprofile entstehenden Spalts zu verhindern. Beim Einstecken in die Hohlprofile könne sich darüber hinaus der Steckverbinder verformen, so daß er die Profile nicht mehr festhalte. Die Erfindung löse diese Probleme dadurch, daß zusätzlich zu der Bodenplatte des U-förmigen Steckverbinders eine andere Bodenplatte vorgesehen werde, die die Verbindungsstelle überbrücke.

Eine Abdeckung der Verbindungsstelle der Hohlprofile durch die Bodenplatte eines U-förmigen Steckverbinders sei jedoch aus E3 bekannt. Diese Bodenplatte weise zur Außenseite der Isolierglasscheibe, d. h. zur Rahmenaußenseite des Abstandshalterrahmens. Daß durch die Abdeckung des an der Verbindungsstelle entstehenden Spaltes ein Austritt des Trocknungsmittels aus den Hohlprofilen verhindert werde, sei ebenfalls in E3 offenbart. Die beanspruchte Lösung des Streitpatents an sich sei deshalb seit mehreren Jahren bekannt. Wenn nun beim Gegenstand gemäß Anspruch 1 des Streitpatents eine zusätzliche Bodenplatte vorgesehen werde, weil die erste Bodenplatte nicht zur Außenseite der Isolierglasscheibe, sondern zu ihrer Innenseite weise, könne ein solcher Unterschied nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen. Um den Spalt auf der Innenseite abzudichten, müsse der Fachmann - der Lehre von E3 entsprechend - eine Bodenplatte so anordnen, daß sie der Bodenplatte des U-Querschnitts gegenüberliege.

Weiterhin sei aus E1 bekannt, zwei gegenüberliegende parallele Bodenplatten eines Steckverbinders an die Hohlprofilwände des Abstandshalterrahmens anzulegen, so daß sie den Spalt an der Verbindungsstelle abdeckten und somit einen Austritt des Trocknungsmittels aus den Hohlprofilen in den Scheibenzwischenraum der Isolierglasscheibe verhinderten.

Daß bei der vorliegenden Erfindung eine Bodenplatte kürzer sei als die andere, könne keine erfinderische Tätigkeit begründen, zumal das Teilmerkmal des Anspruchs 1 wohl undeutlich sei und viele Probleme bei einer Verletzungshandlung bringen könne. Ferner könne sich eine geringfügige Abweichung der Länge der Bodenplatten durch die aus E1 bzw. aus E3 bekannte keilförmige Konfiguration an beiden Enden des Steckverbinders ergeben, die das Einführen des Steckverbinders in die Hohlprofile erleichtere. Schließlich sei das Verhältnis der Längen der Bodenplatten zueinander ohne Bedeutung, sofern der Spalt mittels des Steckverbinders gut verschlossen sei.

V. Der Beschwerdegegner (Patentinhaber) hat die Zurückweisung der Beschwerde beantragt und zur Begründung seines Antrags den vorstehenden Ausführungen wie folgt widersprochen:

Die Entgegenhaltung E3 befasse sich zwar mit derselben Problematik, jedoch löse sie diese ganz anders. Bei der Lösung gemäß E3 sei zunächst wichtig, einen dichten Profilschluß an der Verbindungsstelle der Hohlprofile zu gewährleisten, d. h. es dürfe kein Spalt an dieser Stelle entstehen. Ein weiteres wesentliches Merkmal sei die Abdichtung an der Verbindungsstelle durch den Mittelsteg bzw. die Bodenplatte des U-förmigen Steckverbinders, die aber an der rahmeninnenseitigen und nicht an der rahmenaußenseitigen Hohlprofilwand anliege, wie dies bei der vorliegenden Erfindung der Fall sei. Denn ein Zweck der Entgegenhaltung E3 bestehe darin, die besonders diffusionsträchtige Wirkung der Verbindungsstelle zu gewährleisten, vgl. Spalte 1, Zeilen 13 bis 16 und Spalte 2, Zeilen 1 bis 4 der A-Version von E3. Mit anderen Worten, das Trocknungsmittel solle Kontakt mit der Verbindungsstelle haben, die deshalb einen freien Bereich aufweisen müsse, d. h. im Inneren der Hohlprofile solle sie ungeachtet einer möglichweise geschlossenen Wandung des Steckverbinders zugänglich sein. Um den oben erwähnten dichten Profilschluß zu erreichen, werde der Steckverbinder gemäß E3 in die Hohlprofile durch Rückhaltenasen eingeführt und darin gehalten.

Es habe sich jedoch gezeigt, daß diese bekannte Lösung modernen Anforderungen nicht genüge, insbesondere bei dem Transportieren bzw. Bewegen von Isolierglas mit großen Abmessungen mittels der jetzigen Maschinen.

Für die Lösung dieser Problematik sei deshalb beim Streitpatent ein anderer Weg gewählt worden: ein dichter Profilschluß sei nicht mehr notwendig, vielmehr könne ein gewisser Spalt an der Verbindungsstelle toleriert werden - Spalte 2, Zeilen 1 bis 5 des Streitpatents -, weil dort der Steckverbinder gemäß Anspruch 1 des Streitpatents eine geschlossene Wandung besitze. Die Verbindungsstelle sei dadurch im Inneren der Hohlprofile ganzseitig geschlossen und somit gegen die Diffusionswirkung des Trocknungsmittels abgedichtet (Spalte 5, Zeilen 35 bis 40). Deshalb folge das Streitpatent einem der Lösung nach E3 entgegengesetzten Weg.

Es sei richtig, daß E3 neben dem U-förmigen Querschnitt des Steckverbinders auch einen kastenförmigen Querschnitt offenbare. Zunächst sei aber anzumerken, daß sich diese Angabe nur im Anspruch 1 und in einer einzigen Passage der Beschreibung befinde, während der übrige Inhalt des Streitpatents sich wohl nur mit dem U-förmigen Querschnitt befasse. Weiterhin bekomme der Fachmann mit dem Begriff "kastenförmig" keinen Hinweis darauf, daß der Querschnit des Steckverbinders ausgerechnet an der Verbindungsstelle kastenförmig sein müsse, zumal dies im Widerspruch zu der gesamten, oben dargestellten Lehre von E3 stehe. Denn an der Verbindungsstelle der Hohlprofile offenbare E3 nur eine einzige Bodenplatte, und zwar die des U-förmigen Querschnitts des Steckverbinders.

Gegenstand der Entgegenhaltung E1 sei ein Steckverbinder mit einem Doppel-T-Querschnitt, so daß kein Hinweis auf eine geschlossene Wandung des Steckverbinders gegeben sei. Darüber hinaus befasse diese Entgegenhaltung sich nicht mit der dem Streitpatent zugrundeliegenden Aufgabe.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Im Laufe der mündlichen Verhandlung wurde seitens der Beschwerführerin die Klarheit des Anspruchs 1 in Frage gestellt. Die mangelnde Klarheit eines Anspruchs stellt aber keinen Einspruchsgrund dar, und die Beschwerdekammer hat keine Kompetenz, den Wortlaut eines Anspruchs im Hinblick auf seine Klarheit zu verbessern. Vielmehr obliegt es ihr zu prüfen, ob der durch den Anspruch definierte Gegenstand so deutlich angegeben ist, um die Einspruchsgründe gemäß Artikel 100 EPÜ, hier seine Neuheit und erfinderische Tätigkeit, beurteilen zu können. Aus dem vorliegenden Anspruch 1 geht deutlich hervor, daß der beanspruchte Steckverbinder einen im wesentlichen U-förmigen Querschnitt hat und im Bereich der Verbindungsstelle der Hohlprofile eine Bodenplatte aufweisen muß, die kleiner ist als die gesamte Länge des Steckverbinders. Aus diesem letzten Merkmal ergibt sich, daß die zitierte Bodenplatte nicht die Bodenplatte bzw. der Mittelsteg des U-förmigen Querschnitts selbst sein kann, sondern eine zusätzliche Bodenplatte vorgesehen ist. Schließlich soll gemäß Artikel 69 (1) EPÜ Anspruch 1 anhand der Beschreibung und der Zeichnungen ausgelegt werden. Der Beschreibung des Streitpatents ist zu entnehmen, daß der Zweck der Bodenplatte nach Anspruch 1 hauptsächlich darin besteht, die Verbindungsstelle der Hohlprofile zu überbrücken, um einen Austritt des Trocknungsmittels zu verhindern. Wenn gleichzeitig der Steckverbinder im wesentlichen einen U-förmigen Querschnitt besitzt, geht daraus hervor, daß die Bodenplatte nur so breit sein muß, daß sie ihre Aufgabe erfüllen kann. Eine bestimmte Abmessung anzugeben, ist deshalb nicht notwendig.

3. Unstreitig kommt die Entgegenhaltung E3 dem Gegenstand des Anspruchs 1 am nächsten. Sie offenbart im wesentlichen einen U-förmigen Steckverbinder mit offenen Stirnseiten, so daß das als Granulat in das Hohlprofil eingebrachte Trocknungsmittel durch die stirnseitigen Öffnungen und den Hohlraum des Steckverbinders durchfließen und sich auch im Hohlraum sammeln kann, insbesondere an der Verbindungsstelle der durch den Steckverbinder verbundenen Hohlprofile. E3 vermittelt, daß auf diese Weise - vor allem an der Verbindungsstelle, die besonders diffusionsträchtig ist - die wünschenswerten Diffusionsprozesse mittels des Trocknungsmittels stattfinden können. Vorzugsweise wird ferner der Steckverbinder so in die Hohlprofile gesteckt, daß sein Mittelsteg zur Innenseite des Abstandshalterrahmens weist. Dadurch kann ein Austreten des Trocknungsmittels durch den an der Verbindungsstelle eventuell entstehenden Spalt aus dem Hohlraum des Steckverbinders in den Scheibenzwischenraum des Isolierglases verhindert werden. Zur Führung und Fixierung des Steckverbinders in den Hohlprofilen sind Rückhaltenasen, z. B. an den Seitenstegen des U-förmigen Profils, vorgesehen. Gemäß E3 ermöglichen sie einen dichten Profilschluß an der Verbindungsstelle.

Aus den Zeichnungen dieses Dokuments, die alle nur einen im Querschnitt U-förmigen Steckverbinder zeigen, kann ersehen werden, daß das Trocknungsmittel an der Verbindungsstelle der durch den Steckverbinder verbundenen Hohprofile die innere Hohlprofilwandung teilweise - zumindest an der Außenseite des Abstandshalterrahmens - berührt.

Dem Anspruch 1 und der Spalte 3, Zeile 8 dieser Entgegenhaltung ist ferner zu entnehmen, daß der dort beschriebene Steckverbinder statt eines U-förmigen Querschnitts einen seitlich geschlossenen Kastenquerschnitt aufweisen kann. Weitere Informationen zu dieser Alternative sind aber nicht gegeben.

4. Der Gegenstand nach Anspruch 1 des Streitpatents unterscheidet sich von dem aus E3 bekannten Steckverbinder durch die kennzeichnenden Merkmale. In der Beschreibung des Streitpatents ist erklärt, daß dadurch der erfindungsgemäße Steckverbinder die Fertigungstoleranzen der Hohlprofile nicht unbedingt besser als beim Steckverbinder nach E3 aufnimmt, jedoch vermindert er deren Folgen. Wenn z. B. durch Manipulationen des Isolierglases sich der Spalt an einer Verbindungsstelle der Hohlprofile erweitert, werden seine negative Folgen, z. B. ein Heraustreten des Trocknungsmittels, vermieden.

5. Im Hinblick auf den übrigen Inhalt der Entgegenhaltung E3, insbesondere auf das dargelegte Desideratum eines Diffusionsvorgangs an der Verbindungsstelle, ist die in diesem Dokument erwähnte Alternative eines kastenförmigen Querschnitts des Steckverbinders sonderbar. Während der mündlichen Verhandlung hat die Beschwerdegegnerin, die die Autorin dieses Dokuments ist, erklärt, daß sie mit dieser Angabe nur einen breiteren Rechtsschutz ihrer Erfindung angestrebt habe, weil sie diese nicht nur auf einen U-förmigen Steckverbinder beschränken habe wollen.

Der Umstand, daß E3 keine weitere Erklärung zu dieser Alternative gibt, läßt den Fachmann diese Information so auslegen, daß sie zu dem übrigen Inhalt dieser Entgegenhaltung paßt. Z. B. sind Ausführungsformen der dort beschriebenen Erfindung denkbar, die einen kastenförmigen Querschnitt nur teilweise aufweisen, so daß an der Verbindungsstelle der Kontakt des Trocknungsmittels mit der Hohlprofilwandung immer gewährleistet ist.

Es folgt daraus, daß diese Angabe zumindest keine Anregung zu einer zusätzlichen Bodenplatte gibt, die die Verbindungsstelle überbrückt.

6. Die Beschwerdeführerin hat auch ausgeführt, daß es keiner erfinderischen Tätigkeit bedurft habe, den Steckverbinder auf der anderen Seite, nämlich der Außenseite, des Abstandshalterrahmens anzuordnen, und dessen Innenseite im Einklang mit der Lehre gemäß E3 durch eine zusätzliche Bodenplatte abzudecken, um den Austritt des Trocknungsmittels zu verhindern. Dadurch würde jedoch - entgegen der Lehre von E3 - eine geschlossene Wandung des Steckverbinders erreicht. E3 konnte daher dem Fachmann diesen Weg nicht weisen.

7. Aus demselben Grund kann die von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Kombination der E3 mit E1 dieser nicht zum Erfolg verhelfen, weil der in E1 beschriebene Steckverbinder mit seinem Doppel-T-Querschnitt, dessen parallele, waagrechte Querstege die ihnen gegenüberliegende Innenwandoberfläche der Hohlprofile berühren, im Widerspruch zu dem wesentlichen Inhalt von E3 steht, die keine einander gegenüberliegenden Bodenplatten zwischen den Seitenstegen eines U-förmigen Steckverbinders fordert.

8. Aus den vorstehenden Ausführungen folgt, daß der Steckverbinder gemäß Anspruch 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht (Art. 56 EPÜ). Die abhängigen Ansprüche 2 bis 15 haben besondere Ausgestaltungen des Steckverbinders nach Anspruch 1 zum Inhalt, während die Ansprüche 16 und 17 ein Hohlprofil und einen Abstandshalterrahmen je mit einem Steckverbinder nach einem der Ansprüche 1 bis 15 betreffen. Alle Ansprüche haben daher Bestand.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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