T 0549/99 () of 25.3.2004

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2004:T054999.20040325
Datum der Entscheidung: 25 März 2004
Aktenzeichen: T 0549/99
Anmeldenummer: 94113272.2
IPC-Klasse: A61K 7/13
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Mittel zum gleichzeitigen Färben und Aufhellen von menschlichen Haaren
Name des Anmelders: KPSS-Kao Professional Salon Services GmbH
Name des Einsprechenden: Wella Aktiengesellschaft
Henkel Kommanditgesellschaft auf Aktien
Kammer: 3.3.07
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - (verneint) - (alle Anträge)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Auf die europäische Patentanmeldung 94 113 272.2, welche am 25. August 1994 einging und die Priorität der Voranmeldung DE P 43 31 136 vom 14. September 1993 in Anspruch nimmt, wurde am 6. März 1996 das europäische Patent 0 642 783 auf der Grundlage von 4 Ansprüchen erteilt. Der unabhängige Anspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

"Mittel zum gleichzeitigen Färben und Aufhellen von menschlichen Haaren auf Basis von Oxidationsfarbstoff- Vorprodukten, enthaltend mindestens eine Entwickler- und mindestens eine Kupplersubstanz, dadurch gekennzeichnet, daß es zusätzlich eine Mischung aus

(a) etwa 0,001 bis etwa 2,5 Gew.-%, berechnet auf die Gesamtzusammensetzung (ohne Oxidationsmittel), mindestens einer der Verbindungen Kupferchlorid, Kupfersulfat, Kaliumjodid, Natriumjodid, Calciumchlorid, Calciumnitrat, Lithiumchlorid, Magnesiumacetat, Kaliumbichromat, Bariumnitrat, Kobaltchlorid, Cersulfat, Cerchlorid, Vanadiumsulfat, Mangandioxid und/oder Hydrochinon, und

(b) etwa 0,5 bis etwa 10 Gew.-%, berechnet auf die Färbemittelzusammensetzung (ohne Oxidationsmittel), mindestens einer Ammoniumverbindung, ausgewählt aus der Gruppe Ammoniumchlorid, Ammoniumsulfat, Ammoniumcarbonat, Ammoniumbicarbonat und/oder Ammoniumcarbamat enthält, und

(c) nach dem Vermischen mit Peroxid einen pH-Wert zwischen 8 und 11 aufweist."

Die abhängigen Ansprüche 2 bis 4 beziehen sich auf besondere Ausführungsarten des Mittels nach Anspruch 1.

II. Gegen die Patenterteilung wurden zwei Einsprüche eingelegt. Das Patent wurde in seinem gesamten Umfang angegriffen auf der Grundlage von Artikel 100 a) EPÜ, und zwar wegen fehlender Neuheit und mangelnder erfinderischer Tätigkeit, und auf der Grundlage von Artikel 100 b) EPÜ (mangelnde Offenbarung). Von den während des Einspruchsverfahrens herangezogenen Dokumenten sind für die angefochtene Entscheidung die folgenden von Bedeutung geblieben:

D1: EP-A-0 545 257

D3: DE-A-3 628 397

D5: EP-A-0 148 466

III. Mit einer am 6. Mai 1999 durch die Post zugestellten Entscheidung widerrief die Einspruchsabteilung das Patent wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit (Artikel 100 a) in Verbindung mit Artikel 52 (1) und 56 EPÜ). Grundlage der Entscheidung waren das erteilte Patent als Hauptantrag und die am 12. Februar 1999 eingereichten geänderten Ansprüche 1 bis 4 als einziger Hilfsantrag.

Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, daß die Erfindung im Patent so deutlich und vollständig offenbart sei, daß ein Fachmann sie ausführen könne, und daß der Gegenstand des Anspruchs 1 gegenüber D1 die Erfordernisse der Neuheit erfülle. Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem Hauptantrag weise jedoch gegenüber dem zitierten Stand der Technik D1 und D5 keine erfinderische Tätigkeit auf. Die Änderungen gemäß dem Hilfsantrag seien formell nicht zu beanstanden. Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags sei auch neu, aber gegenüber dem zitierten Stand der Technik D1 und D5 nicht erfinderisch. Das angegriffene Patent sei daher zu widerrufen.

IV. Die Patentinhaberin hat gegen diese Entscheidung eine am 20. Mai 1999 eingegangene Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdegebühr wurde am gleichen Tag entrichtet und die Beschwerdebegründung ist am 5. August 1999 eingegangen.

Mit Schreiben vom 12. Januar 2004 reichte die Beschwerdeführerin zwei Sätze von geänderten Ansprüchen 1 bis 4 und 1 bis 3 als Hilfsanträge 1 und 2 ein. Der der angegriffenen Entscheidung zu Grunde liegende Hilfsantrag wurde zurückgezogen. Die Ansprüche 1 gemäß den neuen Hilfsanträgen 1 und 2 lauten wie folgt:

Hilfsantrag 1

"Mittel zum gleichzeitigen Färben und Aufhellen von menschlichen Haaren auf Basis von Oxidationsfarbstoff- Vorprodukten, enthaltend mindestens eine Entwickler- und mindestens eine Kupplersubstanz, dadurch gekennzeichnet, daß es zusätzlich eine Mischung aus

(a) etwa 0,001 bis etwa 2,5 Gew.-%, berechnet auf die Gesamtzusammensetzung (ohne Oxidationsmittel), mindestens einer der Verbindungen Kupferchlorid, Kupfersulfat, Calciumchlorid, Calciumnitrat, Lithiumchlorid, Magnesiumacetat, Kaliumbichromat, Bariumnitrat, Kobaltchlorid, Cersulfat, Cerchlorid, Vanadiumsulfat, Mangandioxid und/oder Hydrochinon, und

(b) etwa 0,5 bis etwa 10 Gew.-%, berechnet auf die Färbemittelzusammensetzung (ohne Oxidationsmittel), mindestens einer Ammoniumverbindung, ausgewählt aus der Gruppe Ammoniumchlorid, Ammoniumsulfat, Ammoniumcarbonat, Ammoniumbicarbonat und/oder Ammoniumcarbamat enthält, und

(c) nach dem Vermischen mit Peroxid einen pH-Wert zwischen 8 und 11 aufweist."

Hilfsantrag 2

"Mittel zum gleichzeitigen Färben und Aufhellen von menschlichen Haaren auf Basis von Oxidationsfarbstoff- Vorprodukten, enthaltend mindestens eine Entwickler- und mindestens eine Kupplersubstanz, dadurch gekennzeichnet, daß es zusätzlich eine Mischung aus

(a) etwa 0,001 bis etwa 2,5 Gew.-%, berechnet auf die Gesamtzusammensetzung (ohne Oxidationsmittel), mindestens einer der Verbindungen Kupferchlorid, Kupfersulfat, Calciumchlorid, Calciumnitrat, Lithiumchlorid, Magnesiumacetat, Kaliumbichromat, Bariumnitrat, Kobaltchlorid, Cersulfat, Cerchlorid, Vanadiumsulfat, Mangandioxid und/oder Hydrochinon, und

(b) etwa 0,5 bis etwa 10 Gew.-%, berechnet auf die Färbemittelzusammensetzung (ohne Oxidationsmittel), mindestens einer Ammoniumverbindung, ausgewählt aus der Gruppe Ammoniumchlorid, Ammoniumsulfat, Ammoniumcarbonat, Ammoniumbicarbonat und/oder Ammoniumcarbamat enthält, und

(c) nach dem Vermischen mit Peroxid einen pH-Wert zwischen 9 und 10 aufweist."

In einer Eingabe vom 22. März 2004 kündigte die Beschwerdeführerin an, daß sie an der anberaumten mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen werde.

V. In ihren Beschwerdeerwiderungen trugen die Einsprechenden 01 und 02 (Beschwerdegegnerinnen 01 und 02) vor, die Beschwerde sei unbegründet.

Mit Eingabe vom 22. März 2004 nahm die Beschwerdegegnerin 01 zu den neuen Hilfsanträgen Stellung.

VI. Die mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer fand am 25. März 2004 statt, und zwar in Abwesenheit der ordnungsgemäß geladenen Beschwerdeführerin (Regel 71 (2) EPÜ).

VII. Die Beschwerde wurde im wesentlichen damit begründet, daß die angegriffene Entscheidung auf einer ex post facto Betrachtung in Kenntnis der Erfindung beruhe, und zwar aus folgenden Gründen:

a) D5 betreffe eine Oxidationshaarfärbezusammensetzung, die haar- und hautschonend sein solle. D5 schlage eine Zusammensetzung vor, welche bei niedrigem pH-Wert eine Kombination aus Ammoniak und einem wasserlöslichen Ammoniumsalz enthalte.

Hingegen beziehe sich D1 ausschließlich auf die Anwendung von Jodid in einem Einstufenprozeß zum Ersatz eines bisher verwendeten Zweistufenprozesses, und zwar beim Färben mit Oxidationsfarbstoffen.

Aus D1 lasse sich für den Fachmann weder die Notwendigkeit einer Verbesserung der dort beschriebenen Zusammensetzungen noch die Anregung entnehmen, diese durch die Verwendung der in D5 in völlig anderer Aufgabenstellung eingesetzten Ammoniumsalze zu erreichen.

Daher gebe der erwähnte Stand der Technik keinen Hinweis, um den Fachmann in die Richtung der beanspruchten Lösung zu lenken.

b) Die Feststellung der Einspruchsabteilung, die Patentinhaberin habe keinen synergistischen Effekt nachgewiesen, sei irrelevant, denn ein solcher Effekt sei im Falle einer Kombinationserfindung für die Patentierbarkeit nicht erforderlich.

c) Demgemäß beruhe der beanspruchte Gegenstand auf einer erfinderischen Tätigkeit. Der Widerruf des Patents erscheine daher unbegründet.

VIII. Die Beschwerdegegnerinnen 01 und 02 verneinten die erfinderische Tätigkeit aus folgenden Gründen:

a) Die Patentinhaberin bestreite weder, daß die patentgemäße Aufgabe darin bestehe, gegenüber dem Stand der Technik schnellere und intensivere Haarfärbungen zu erzielen, noch, daß sämtliche Einzelmerkmale des angegriffenen Anspruchs 1 an sich bekannt seien, und zwar einerseits aus D5, mit Ausnahme der katalytischen Komponente (a), und andererseits aus D1, mit Ausnahme der Ammoniumkomponente. Strittig sei lediglich die Frage, ob der Fachmann zur Lösung der patentgemäßen Aufgabe die Lehren von D5 und D1 kombiniert hätte.

b) Nächstliegender Stand der Technik sei D5. Davon unterscheide sich der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem Hauptantrag durch die Anwesenheit einer Verbindung mit katalytischer Wirkung.

c) Die patentgemäße Aufgabe bestehe darin, kürzere Einwirkzeiten für den Färbeprozeß zu ermöglichen, welche von Benutzern gewünscht sind.

d) Der in D1 beschriebene Färbeprozeß ermögliche eine kurze Einwirkzeit. Dies sei auf die katalytische Wirkung des Jodids zurückzuführen, das auch zu einer intensiveren Färbung führe. Somit enthalte D1 den einschlägigen Hinweis, Jodid zur Beschleunigung der Oxidation und zur Intensivierung der Färbung in das Färbeverfahren nach D5 einzusetzen.

e) Ausgehend von D1, das eine Zusammensetzung mit allen beanspruchten Komponenten mit Ausnahme der Ammoniumverbindung beschreibe, bestehe die Aufgabe darin, eine weitere Intensivierung der Färbung mit einem haarschonenden Mittel zu erzielen. D5 zeige, daß die Zugabe von Ammoniumverbindungen nicht nur zur angestrebten Intensivierung der Färbung sondern auch zu einer verbesserten Kämmbarkeit und zu weniger Haarschädigung führe.

f) Ausgehend von D5 oder von D1 habe daher der Fachmann den überdeutlichen Hinweis, daß sowohl Ammoniumsalze als auch Kaliumjodid die Farbintensität oxidativer Haarfärbungen erhöhten und Kaliumjodid kürzere Einwirkzeiten ermögliche.

Angesichts dieser einschlägigen Hinweise würde der Fachmann die Substanzen von D5 und D1 kombiniert einsetzen, wenn er schnellere und intensivere Haarfärbungen anstrebe, und zwar ohne Anstellung einer unzulässigen ex-post facto Betrachtungsweise.

g) Daher beruhe der beanspruchte Gegenstand nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

h) Für die Ansprüche gemäß Hilfsantrag 1 sei eine besondere technische Wirkung der verbleibenden Verbindungen gegenüber Kalium- und Natriumjodid weder ersichtlich noch geltend gemacht worden. Es sei daher naheliegend, ausgehend von D5 als nächstliegendem Stand der Technik die in D3 genannten Katalysatoren zur Verkürzung der Einwirkzeiten in der Zusammensetzung einzusetzen. Die Anwendung von größeren Mengen des Katalysators trage lediglich dessen bekannten Verbrauch Rechnung.

i) Auch für die Einschränkung des pH-Bereichs nach Vermischen mit Peroxid in den Ansprüchen gemäß Hilfsantrag 2 sei eine besondere technische Wirkung weder ersichtlich noch geltend gemacht worden. Darüber hinaus sei dieses Merkmal aus D5 bereits bekannt. Daher sei der zweite Hilfsantrag aus den gleichen Gründen nicht gewährbar wie Hilfsantrag 1.

IX. Die Beschwerdeführerin hat schriftlich die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in der erteilten Fassung beantragt, hilfsweise die Aufrechterhaltung des Patents auf der Grundlage eines der beiden am 12. Januar 2004 eingereichten Anspruchssätze nach den Hilfsanträgen 1 oder 2.

X. Die Beschwerdegegnerinnen 01 und 02 beantragen die Zurückweisung der Beschwerde.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

Hauptantrag

2. Neuheit

Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist gegenüber der Entgegenhaltung D1 neu, und zwar durch die Anwesenheit einer Ammoniumverbindung gemäß dem Merkmal (b). Im übrigen war die Neuheit des Anspruchs 1 gemäß dem Hauptantrag nicht mehr bestritten. Daher erübrigen sich weitere Ausführungen hierzu.

3. Erfinderische Tätigkeit

3.1. Das Streitpatent betrifft ein Mittel zum gleichzeitigen Färben und Aufhellen von menschlichen Haaren.

Gemäß der Beschreibung des Patents macht sich ein Aufhellen von menschlichen Haaren auch als erhöhter Glanz bemerkbar (Seite 2, Zeilen 15 und 16). Darüber hinaus werden glänzende intensive Färbungen veranschaulicht, die stumpferen Färbungen gegenüber gestellt werden (Beispiele).

3.2. Haarfärbemittel für intensive Färbungen sind aus der Schrift D5 bekannt, von der die Kammer in Übereinstimmung mit den Beschwerdegegnerinnen und dem Streitpatent als nächstliegendem Stand der Technik ausgeht.

3.3. D5 beschreibt eine Oxydationshaarfärbezusammenstellung aus zwei Flüssigkeiten, die aus einer Färbelotion und einer Oxidationskomponente besteht, wobei die Zusammenstellung Ammoniak als alkalisches Mittel und ein wasserlösliches Ammoniumsalz enthält (Anspruch 1), vorzugsweise Ammoniumnitrat oder Ammoniumchlorid (Anspruch 2).

Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform wird der pH-Wert der Zusammensetzung durch Regelung der Menge des Ammoniaks auf 7 bis 9,5 eingestellt (Seite 5, erster vollständiger Absatz). Vorzugsweise enthält diese Zusammensetzung ein Ammoniumsalz in einer Konzentration von 1 bis 5 Gew.-% (Anspruch 3). Als Oxydationsfärbevorprodukte werden die üblichen Entwickler und Kuppler verwendet (Seite 5, letzter Absatz; Seite 6), vorzugsweise in Kombination mit Ammoniumchlorid oder Ammoniumnitrat (Anspruch 4).

D5 zielt auf eine Haarfärbungszusammensetzung, die eine Behandlung bei niedrigen pH-Werten ermöglicht, haar- und hautschonend ist und eine intensive Färbung verleiht (Seite 4, erster Absatz). Dafür schlägt D5 eine Oxydationshaarfärbezusammenstellung gemäß Anspruch 1 vor.

Gemäß den Beispielen von D5 ist die erwähnte Konzentration an gelöstem Ammoniumsalz zur Steigerung des Färbegrades des gewählten Farbstoffes wirkungsvoll. In Beispiel 2 wird eine Haarfärbung 30 Minuten lang bei einem pH-Wert von 9 durchgeführt. Die veranschaulichte Anwendung von 3 Gew.-% Ammoniumnitrat oder Ammoniumchlorid (Tabelle 3) führt zu den intensivsten Färbungen (Tabelle 4). Beispiel 3 faßt die von einem Panel von 20 Frauen beurteilten Eigenschaften der gemäß Beispiel 2 gefärbten Haare zusammen. Die beanspruchte Zusammensetzung verleiht eine tiefere Intensität der Färbung gegenüber einer Vergleichszusammensetzung (Tabelle 4).

3.4. Die Zusammensetzung gemäß D5 kann zwar eine intensive Färbung verleihen, ihre Einwirkungszeit auf dem Haar zur Erzielung der vollständigen Ausfärbung liegt aber bei 30 Minuten. Daher besteht bei den Benutzern der Haarfarben ein Bedürfnis, die Einwirkungszeit zu verringern (siehe Streitpatent, Seite 2, Zeilen 13 bis 14).

Gegenüber D5 besteht daher die dem Streitpatent zu Grunde liegende Aufgabe darin, ein Mittel zum gleichzeitigen Färben und Aufhellen von menschlichen Haaren zur Verfügung zu stellen, das eine Verringerung der Einwirkungszeit des Mittels auf dem Haar ermöglicht.

3.5. Zur Lösung dieser Aufgabe wird eine Zusammensetzung gemäß dem erteilten Anspruch 1 vorgeschlagen. Im Vergleich zu dem Mittel nach D5 enthält das beanspruchte Mittel zusätzlich zu den Ammoniumverbindungen eine weitere Verbindung (Merkmal (a) im erteilten Anspruch 1).

3.6. Die Beispiele des Streitpatents zeigen, daß mit dem beanspruchten Mittel ein intensiv gefärbtes Haar in 15. Minuten, also der Hälfte der laut D5 notwendigen Zeit, erhalten werden kann. Somit ist glaubhaft dargestellt worden, daß die beanspruchten Maßnahmen eine effektive Lösung der gestellten Aufgabe bewirken, was auch die Beschwerdegegnerinnen nicht bestritten haben.

3.7. Für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit stellt sich die Frage, ob der erwähnte Stand der Technik dem Fachmann Anregungen gerade für die beanspruchte Kombination gegeben hat.

3.7.1. D5 erzielt zwar eine intensive Haarfärbung, aber es enthält keinen Hinweis darüber, daß die erwähnte Einwirkungszeit von 30 Minuten reduziert werden kann. Daher kann D5 allein keinen Beitrag zur Lösung der gestellten Aufgabe leisten.

3.7.2. Auch D1 erzielt gleichmäßige und intensive Färbungen. Gleichzeitig soll aber die Belastung der Haut verringert werden (Seite 3, Zeilen 23 bis 28).

Zu diesen Zwecken schlägt D1 eine Zusammensetzung zum Färben keratinhaltiger Fasern in intensiven Farben vor, die bei alkalischem pH-Wert ein Jodid, ein Oxidans und einen Oxidationsfarbstoff in einer einzigen Zusammensetzung umfaßt (Anspruch 1). Vorzugsweise beträgt der pH-Wert wenigstens etwa 9 (Anspruch 2). Die Zusammensetzung kann Kaliumjodid enthalten (Anspruch 8). Die Zusammensetzung soll in einem einstufigen Verfahren zum Färben keratinhaltiger Fasern verwendet werden, wobei die Bestandteile der Zusammensetzung gleichzeitig aufgetragen werden (Anspruch 13). Intensive Farben in dunklen Farbtönen können erhalten werden (Anspruch 14).

Die Anwendung der Zusammensetzung in einem einstufigen Verfahren ermöglicht es, die intensiven Färbungen der Haare in kurzen Zeiten zu erhalten. Unter kurzen Zeiten werden vorzugsweise 10 bis 20 Minuten verstanden (Seite 4, Zeile 20).

Die Beispiele in D1 zeigen, daß eine Zusammensetzung, die 0.15 Gew.-% Kaliumjodid enthält, nach 10 Minuten eine Farbintensität erzielt, die mit einer Zusammensetzung ohne Kaliumjodid erst nach 20 Minuten erhalten wird (Tabelle 7 in Beispiel VIII). Dieses Ergebnis zeigt, daß durch die Zugabe von Katalysatoren wie Kaliumjodid die Einwirkzeit um 50% verringert werden kann.

D1 macht daher klar, daß die Anwesenheit von Kaliumjodid in Haarfärbezusammensetzungen intensive Färbungen ermöglicht, insbesondere bei alkalischen pH-Werten (Seite 3, Zeilen 23 bis 25), und zwar bei kurzen Einwirkzeiten. Dadurch wird selbstverständlich auch das Risiko für die Haut verringert.

3.7.3. Dieser Vorschlag in D1 entspricht im wesentlichen dem Unterscheidungsmerkmal zwischen dem Gegenstand des Streitanspruchs 1 und der Lehre von D5. Die Lehren von D5 und D1 widersprechen sich nicht. Die kürzere Dauer nach D1 führt zu der von den Benutzern gewünschten reduzierten Haar- und Hautschädigung. Es ist kein Gesichtpunkt vorgebracht worden, der den Fachmann davon abgehalten hätte, die in D1 vorgeschlagene Maßnahme in der Zusammensetzung gemäß D5 anzuwenden. Daher war die Kombination der Lehren von D5 und D1 zur Lösung der patentgemäßen Aufgabe für den Fachmann naheliegend.

3.7.4. Der Gegenstand nach dem erteilten Anspruch 1 beruht somit nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 52 (1) und 56 EPÜ.

3.7.5. Zu demselben Ergebnis kommt der Fachmann, wenn er von D1 als nächstliegendem Stand der Technik ausgeht.

Gegenüber D1 könnte die Aufgabe formuliert werden, ein Mittel zur Verfügung zu stellen, das eine Intensivierung der Haarfärbung ermöglicht. Daß eine solche Aufgabe glaubhaft gelöst wird, ist den Angaben im Streitpatent aber nicht zu entnehmen. Die Beispiele des Streitpatents zeigen nicht, daß das beanspruchte Mittel dem behandelten Haar eine gegenüber D1 intensivere Farbe verleiht. Daher kann die Aufgabe nur darin bestehen, ein weiteres Haarfarbmittel zur Verfügung zu stellen, das schnell und intensiv färben kann.

Tabelle 4 von D5 zeigt, daß die Zugabe von Ammoniumverbindungen wie Ammoniumchlorid nicht nur zu einer intensiven Färbung sondern auch zu verbesserter Kämmbarkeit und reduzierter Haarschädigung führt, was mit den Zielen von D1 übereinstimmt. Daher hätte der Fachmann die Lehre von D5 ohne weiteres in die Zusammensetzung gemäß D1 übertragen. So wäre er ohne erfinderisches Tun auf die beanspruchte Zusammensetzung gekommen. Daraus folgt, daß der Gegenstand nach Anspruch 1 auch gegenüber D1 als nächstem Stand der Technik nahegelegen hat.

3.7.6. Der Hauptantrag ist somit nicht gewährbar.

Hilfsantrag 1

4.Änderungen

4.1. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 entspricht dem erteilten Anspruch 1 mit der Änderung, daß Kalium- und Natriumjodid in der Auflistung der Verbindungen gemäß Merkmal (a) gestrichen worden sind. Mit anderen Worten kann die beanspruchte Zusammensetzung jetzt weder Kalium- noch Natriumjodid enthalten.

4.2. Gegen diese Änderung haben die Beschwerdegegnerinnen keinen formellen Einwand erhoben. Die Kammer sieht keinen Grund dafür, einen anderen Standpunkt einzunehmen. Daher erübrigen sich weitere Ausführungen hierzu.

5. Erfinderische Tätigkeit

5.1. Der nächstliegende Stand der Technik ergibt sich auch hier aus der Schrift D5. Die Aufgabenstellung und deren Lösung bleiben trotz der Streichung unverändert (Punkte 3.2 bis 3.4, supra).

5.2. D1 kann keinen Hinweis geben, die aufgelisteten Verbindungen des geänderten Merkmals (a) zu verwenden, da sie diese Verbindungen nicht offenbart. Die im Anspruch 1 aufgelisteten Verbindungen sind aber auf dem Gebiet der Haarfärbung bereits bekannt.

5.3. D3 offenbart ein Mittel für die oxidative Färbung von menschlichen oder tierischen Haaren, welches unmittelbar vor der Anwendung durch Vermischen eines wenigstens einen Oxidationsfarbstoff enthaltenden creme- oder gelförmigen Färbemittels mit einem Oxidationsmittel hergestellt und auf einen pH-Wert zwischen 5,9 und 6,9 eingestellt ist, wobei das Mittel zusätzlich wenigstens ein Alkali- und/oder Erdalkalimetallsalz als Katalysator enthält (Anspruch 1).

Vorzugsweise ist das Alkali- und/oder Erdalkalimetallsalz aus der Gruppe bestehend aus Kaliumjodid, Kaliumbichromat, Lithiumchlorid, Magnesiumacetat, Kalziumchlorid und Bariumnitrat ausgewählt (Anspruch 2) und im Färbemittel in Anteilen zwischen 0,0001 und 1,00 Gew.%, vorzugsweise zwischen 0,0004 und 0,001 Gew.% enthalten (Anspruch 3).

Aus D3 geht hervor, daß Kaliumjodid und den weiteren Verbindungen wie Lithiumchlorid, Magnesiumacetat, Kalziumchlorid, Kaliumbichromat und Bariumnitrat die gleiche Wirkung zugeschrieben wird (Spalte 10, letzter Absatz). Es wird an dieser Stelle auch angegeben, daß alle Katalysatoren eine brillante und farbintensive Haarfärbung auch bei sauer eingestellten pH-Werten ermöglichen. Außer dem Kaliumjodid sind aber alle weiteren Verbindungen des Anspruchs 2 von D3 in Anspruch 1 gemäß dem Hilfsantrag 1 aufgelistet.

Die in D3 angegebenen Mengen für die oben erwähnten Verbindungen überlappen mit den Mengen, die im Anspruch 1 gemäß dem Hilfsantrag 1 definiert sind. Daß die Anwendung von größeren Mengen an Katalysatoren als denen in den Beispielen von D3 zu überraschenden und unerwarteten Wirkungen führt, ist nicht vorgebracht worden.

Alle Beispiele von D3 zeigen eine Rezeptur, die unter anderen Komponenten auch 0,2 g von Ammoniumchlorid enthält. Obwohl Ammoniumchlorid hier in geringeren Mengen als in Anspruch 1 anwesend ist, zeigen die Beispiele von D3, daß eine Kombination der beanspruchten Katalysatoren und Ammoniumverbindungen bereits bekannt ist.

5.4. Daher war die Kombination der Lehren von D5 und D3 naheliegend und leitet den Fachmann zum beanspruchten Gegenstand. Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 beruht somit nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

5.5. Der Hilfsantrag 1 ist folglich nicht gewährbar.

Hilfsantrag 2

5.6. Änderungen

5.6.1. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 entspricht dem Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 mit dem einzigen Unterschied, daß das Mittel nach dem Vermischen mit Peroxid einen pH-Wert zwischen 9. und 10 aufweist.

5.6.2. Diese zusätzliche Änderung entspricht dem Merkmal des erteilten Anspruchs 4 und ist formell nicht zu beanstanden.

5.7. Erfinderische Tätigkeit

5.7.1. Der nächstliegende Stand der Technik ergibt sich auch hier aus der Schrift D5.

5.7.2. Daß aufgrund der zusätzlichen Beschränkung des pH-Wertes auf dem Bereich zwischen 9 und 10 eine unerwartete Wirkung auftritt, ist weder geltend gemacht noch bewiesen worden.

5.7.3. Die Aufgabenstellung und deren Lösung bleiben daher trotz der Einschränkung des pH-Werts unverändert (Punkte 3.2 bis 3.4, supra).

5.7.4. D5 offenbart, daß die Menge des Ammoniaks so zu regeln ist, daß der pH-Wert des Mittels auf den Bereich zwischen 7 und 9.5 eingestellt wird (Seite 5, Zeilen 13 bis 15), der mit dem in Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 überlappt. In Beispiel 2 von D5 wird der pH-Wert auf 9 eingestellt.

5.7.5. Daher trifft die Argumentation bezüglich des Hilfsantrags 1 auch auf den Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2 zu, dessen Gegenstand daher nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht (Artikel 52 (1) in Verbindung mit Artikel 56 EPÜ). Somit steht der Einspruchsgrund nach Artikel 100 a) EPÜ der Aufrecherhaltung des europäischen Patents entgegen.

6. Daher kann die Beschwerde keinen Erfolg haben.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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