European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2004:T043199.20040909 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 09 September 2004 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0431/99 | ||||||||
Anmeldenummer: | 90118896.1 | ||||||||
IPC-Klasse: | B01J 20/32 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Zur Eliminierung von Biomakromolekülen insbesondere LDL und Endotoxinen, aus Vollblut in extrakorporalem Kreislauf geeignetes Adsorbens | ||||||||
Name des Anmelders: | Fresenius AG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | 01) Prof. Dr. Dr. Claus-Christian Heuck 02) B. Braun Melsungen AG |
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Kammer: | 3.3.07 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Hauptantrag: Neuheit (verneint) Hilfsantrag 1: Disclaimer (unzulässig) Hilfsantrag 2: erfinderische Tätigkeit (verneint) Zurückverweisung (verneint) |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Auf die europäische Patentanmeldung Nr. 90 118 896.1, eingereicht am 3. Oktober 1990, wurde mit Wirkung vom 27. Dezember 1996 das europäische Patent Nr. 0 424 698 erteilt.
Anspruch 1 für die Vertragstaaten AT, CH, LI, DE, FR, GB, IT, NL, SE lautete wie folgt:
"1. Zur Eliminierung von Biomakromolekülen, insbesondere von LDL und Endotoxinen, aus Vollblut in extrakorporalem Kreislauf geeignetes Adsorbens, umfassend ein poröses Trägermaterial aus einem Homo-, Co- oder Terpolymerisat der Acrylsäure und/oder Methacrylsäure mit einem Teilchengrößenbereich von etwa 50 bis 250 µm und einer Ausschlußgrenze von mindestens 5x10/5 Dalton sowie einen organischen Liganden, der über einen Spacer an das Trägermaterial kovalent gebunden ist, dadurch gekennzeichnet, daß das Trägermaterial überwiegend in Form von unaggregierten Einzelteilchen regelmäßiger, sphärischer Gestalt vorliegt."
Anspruch 1 für den Vertragstaat ES lautete wie folgt:
"1. Verfahren zur Herstellung eines Adsorbens, das zur Eliminierung von Biomakromolekülen, insbesondere von LDL und Endotoxinen, aus Vollblut in extrakorporalem Kreislauf geeignet ist, bei dem ein organischer Ligand über einen Spacer an ein poröses Trägermaterial aus einem Homo-, Co- oder Terpolymerisat der Acrylsäure und/oder Methacrylsäure mit einem Teilchengrößenbereich von etwa 50 bis 250 µm und einer Ausschlußgrenze von mindestens 5x10/5 Dalton kovalent gebunden wird, dadurch gekennzeichnet, daß das Trägermaterial überwiegend in Form von unaggregierten Einzelteilchen regelmäßiger, sphärischer Gestalt vorliegt."
II. Gegen die Erteilung wurde von den Einsprechenden 01 und 02 Einspruch eingelegt, mit dem Antrag, das Patent auf Grund von Artikel 100 a) EPÜ wegen mangelnder Neuheit und fehlender erfinderischer Tätigkeit, und auf Grund von Artikel 100 b) EPÜ wegen mangelnder Offenbarung, in vollem Umfang zu widerrufen.
Von den in erster Instanz berücksichtigten Dokumenten sind die folgenden für die vorliegende Entscheidung von Bedeutung:
D1: DE-A 3 617 672
D2: K. Thies et al., "Selective Removal of Low-Density Lipoproteins from Plasma by Polyacrylate-Coated Fractogel in Vitro and in Experimental Extracorporeal Perfusion", Artificial Organs (1988), 12(4), Seite 320 bis 324
D4: EP-A-0 225 867
D5: Eupergit C, Prospekt der Firma Röhm Pharma GmbH, präsentiert durch D. M. Krämer auf der "6th Enzyme-Engineering Conference", Kashikojima, 1981, Japan
D7: Fractogel® TSK HW, 2 Seiten aus dem Merck Katalog
D10: Fractogel® TSK, Polymeric Media for Biochromatography, Reagents Merck, E. Merck, Darmstadt (18. Mai 1986), Seiten 2, 3, 13 und 61
III. Mit der am 23. Februar 1999 zur Post gegebenen Entscheidung der Einspruchsabteilung wurde das Patent widerrufen.
Der Entscheidung lag die erteilte Fassung als Hauptantrag und zwei Hilfsanträge zu Grunde.
Anspruch 1 des 1. Hilfsantrags für den Vertragsstaat ES, sowie Anspruch 1 für die anderen Vertragsstaaten unterschied sich von Anspruch 1 des Hauptantrags durch die Einschränkung des Teilchengrößenbereichs von bisher "50 bis 250 µm" auf ">100 bis 250 µm".
Anspruch 1 des 2. Hilfsantrags lautete für alle Vertragsstaaten wie folgt:
"1. Verwendung eines Adsorbens, umfassend ein poröses Trägermaterial aus einem Homo-, Co- oder Terpolymerisat der Acrylsäure und/oder Methacrylsäure mit einem Teilchengrößenbereich von etwa 50 bis 250 µm und einer Ausschlußgrenze von mindestens 5x10/5 Dalton sowie einen organischen Liganden, der über einen Spacer an das Trägermaterial kovalent gebunden ist, und das überwiegend in Form von unaggregierten Einzelteilchen regelmäßiger, sphärischer Gestalt vorliegt, zur Eliminierung von Biomakromolekülen, insbesondere von LDL und Endotoxinen, aus Vollblut im extrakorporalem Kreislauf."
Die Entscheidung kann wie folgt zusammengefaßt werden:
a) Die im Oberbegriff von Anspruch 1 des Hauptantrags angegebenen technischen Merkmale seien in den Beispielen 1, 2 und 4 von D4 beschrieben. Jedoch gebe D4 keine Angaben bezüglich der Gestalt des Trägermaterials. Gemäß D10 seien die in D4 erwähnten Materialien, nämlich Toyopearl HW55, HW60, HW65 und HW75 mit Fractogel TSK identisch. D10 zeige eine rasterelektronenmikroskopische Aufnahme von Toyopearl HW 65, das nicht aggregierte Einzelteilchen regelmäßiger, sphärischer Gestalt aufweise und könne zur Auslegung des in D4 beschriebenen Toyopearl-Materials herangezogen werden. Obwohl nach Beispiel 1 des Streitpatents Toyopearl HW 75 SC unregelmäßig geformte Agglomerate aufweise, betreffe es nicht das gleiche Material wie D4 und könne deshalb nicht belegen, daß der beanspruchte Gegenstand neu sei. Das Material gemäß D4 sei auch zur Eliminierung von Biomakromolekülen aus Vollblut geeignet. Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag sei daher nicht neu.
b) Im Anspruch 1 des 1. Hilfsantrags sei der Teilchengrößenbereich des Trägermaterials von etwa 50 bis 250 µm auf >100 bis 250 µm eingeschränkt worden. Obwohl der Wert von 100 µm in der Patentschrift nicht offenbart sei, könne der neue Bereich als ein Disclaimer im Hinblick auf D4 angesehen werden, so daß die Voraussetzungen des Artikels 123 (2) EPÜ erfüllt seien.
c) D5 beschreibe das Produkt "Eupergit C", ein durch Copolymerisation von Methylacrylamid hergestelltes Trägermaterial mit einem über einen Spacer gebundenen organischen Ligand. Das Produkt liege in Form von unaggregierten einzelnen regelmäßigen sphärischen Teilchen mit einem Durchmesser von 100-200 µm vor, was durch die Einsprechende 02 mit Schreiben vom 11. Dezember 1998 durch rasterelektronenmikroskopische Aufnahmen von "Eupergit C 250 L" belegt sei. Der Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrages 1 sei daher nicht neu.
d) Der Gegenstand von Anspruch 1 des 2. Hilfsantrags sei ein Verfahren zur Behandlung eines menschlichen Körpers und könne deshalb im Hinblick auf Artikel 52 (1) und (4) EPÜ nicht als eine gewerblich anwendbare Erfindung angesehen werden.
IV. Am 23. April 1999 legte die Patentinhaberin (Beschwerdeführerin) unter gleichzeitiger Entrichtung der vorgeschriebenen Gebühr gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung Beschwerde ein, die am 2. Juli 1999 begründet wurde.
V. Die Einsprechende 01 (Beschwerdegegnerin 01) und die Einsprechende 02 (Beschwerdegegnerin 02) reichten am 23. November 1999 bzw. am 19. November 1999 ihre Erwiderungen auf die Beschwerdebegründung ein.
VI. Mit Schreiben vom 6. Februar 2001 reichte die Beschwerdeführerin Ergebnisse von Vergleichsversuchen (D13) ein.
VII. In einem Bescheid zur Vorbereitung der anberaumten mündlichen Verhandlung wies die Beschwerdekammer auf das Schreiben der Beschwerdeführerin vom 2. August 1995, sowie auf die eidesstattliche Erklärung von Dr. Veit Otto, beide eingereicht in dem der Erteilung vorausgegangenen Beschwerdeverfahren T 454/93, hin.
VIII. Die mündliche Verhandlung fand am 9. September 2004 statt. Während der mündlichen Verhandlung reichte die Beschwerdeführerin zwei Hilfsanträge an Stelle der bisherigen Hilfsanträge ein.
Anspruch 1 des 1. Hilfsantrags für die benannten Vertragsstaaten mit Ausnahme von ES lautet wie folgt:
"1. Verwendung eines porösen Trägermaterials aus einem Homo-, Co- oder Terpolymerisat der Acrylsäure und/oder Methacrylsäure mit einem Teilchengrößenbereich von >100 bis 250 µm und einer Ausschlußgrenze von mindestens 5x10/5 Dalton, wobei das Trägermaterial einen organischen Liganden umfasst, der über einen Spacer an das Trägermaterial kovalent gebunden ist, und wobei das Trägermaterial überwiegend in Form von unaggregierten Einzelteilchen regelmäßiger, sphärischer Gestalt vorliegt, zur Herstellung eines Absorbens zur Eliminierung von LDL oder Endotoxinen aus Vollblut im extrakorporalen Kreislauf."
Anspruch 1 des 2. Hilfsantrags lautet für alle Vertragsstaaten wie folgt:
"1. Zur Eliminierung von LDL aus Vollblut in extrakorporalem Kreislauf geeignetes Adsorbens, umfassend ein poröses Trägermaterial aus einem Homo-, Co- oder Terpolymerisat der Acrylsäure und/oder Methacrylsäure mit einem Teilchengrößenbereich von etwa 50. bis 250 µm und einer Ausschlußgrenze von mindestens 5x10/5 Dalton sowie einen organischen Liganden, der über einen Spacer an das Trägermaterial kovalent gebunden ist, dadurch gekennzeichnet, daß das Trägermaterial überwiegend in Form von unaggregierten Einzelteilchen regelmäßiger, sphärischer Gestalt vorliegt und der Ligand eine Polyacrylsäure ist."
IX. Die Argumente der Beschwerdeführerin können wie folgt zusammengefaßt werden:
a) Während der üblichen Herstellung des Trägermaterials Toyopearl durch Polymerisation bildeten sich nicht-sphärische, aggregierte Partikel, die man nach ihrem Aussehen unter dem Mikroskop auch als "Kartoffeln" bezeichnen könne. Sphärische Partikel erhalte man jedoch bevorzugt, wenn das Polymerisationsverfahren in einem verdünnten Reaktionsmedium durchgeführt werde, was die Kosten der Herstellung erheblich erhöhe. Solche sphärischen Produkte seien daher nur auf speziellen Wunsch beim Hersteller erhältlich. Die aus D4 bekannten "Toyopearl" Materialien, obwohl sie als sphärisch bezeichnet seien, enthielten jedoch üblicherweise einen größeren Anteil an aggregierten Partikeln, so daß sie zur Behandlung von Vollblut nicht geeignet seien. Der Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags sei daher gegenüber D4 neu.
b) Bei dem eingeschränkten Teilchengrößenbereich >100 bis 250 µm im ersten Hilfsantrag handele es sich um einen Disclaimer zur Abgrenzung gegenüber D4. D4 sei eine zufällige Offenbarung, weil der Fachmann dieses Dokument im Hinblick auf das der Erfindung zugrundeliegende Problem nicht in Betracht gezogen hätte. Der Disclaimer leiste auch keinen technischen Beitrag zum Gegenstand der beanspruchten Erfindung und sei deshalb zulässig.
c) Der im Anspruch 1 des 2. Hilfsantrags spezifizierte Ligand sei in D4 nicht offenbart. In D1 seien nicht alle Merkmale des beanspruchten Adsorbens beschrieben. In D2 sei kein Spacer an das Trägermaterial gebunden. Der Gegenstand von Anspruch 1 des 2. Hilfsantrags sei deshalb neu.
d) Weil der Gegenstand des 2. Hilfsantrags neu sei und die erfinderische Tätigkeit von der ersten Instanz nicht geprüft worden sei, sei die Zurückverweisung der Angelegenheit geboten.
e) Bei der erfinderischen Tätigkeit sei zu beachten, daß die Kombination aller Merkmale des Adsorbens notwendig sei, um die dem Streitpatent zugrundeliegende Aufgabe zu lösen. Diese Kombination sei aus dem Stand der Technik nicht in naheliegender Weise ableitbar. Es sei insbesondere nicht vorsehbar gewesen, daß Polyacrylsäure als spezifischer Ligand für die Entfernung von LDL aus Vollblut geeignet sei. Der Gegenstand von Anspruch 1 des 2. Hilfsantrags sei deshalb auch erfinderisch.
X. Die Argumente der Beschwerdegegnerinnen können wie folgt zusammengefaßt werden:
a) Nach D10 und D7 seien die in D4 verwendeten "Toyopearl"-Trägermaterialien sphärisch und nicht aggregiert. Solche sphärischen, nicht agglomerierten Produkte seien vor dem Prioritätszeitpunkt des strittigen Patents im Handel gewesen. Der Wortlaut von Anspruch 1 des Streitpatents schließe auch einen Anteil von aggregierten Partikeln nicht aus. Da alle anderen Merkmale des beanspruchten Adsorbens auch in D4 offenbart seien, sei der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag nicht neu.
b) D4 sei keine zufällige neuheitsschädliche Offenbarung. Die Partikelgröße sei ein wichtiges Merkmal des beanspruchten Adsorbens und leiste deshalb einen technischen Beitrag zu der beanspruchten Erfindung. Der Disclaimer im Anspruch 1 des ersten Hilfsantrags sei deshalb nicht zulässig.
c) In D1 und D2 seien Adsorbentien beschrieben, die zur Entfernung von LDL Polyacrylsäure als Ligand aufwiesen. Obwohl D2 nicht explizit einen Spacer zwischen Trägermaterial und Ligand beschreibe, sei ein solcher Spacer notwendig, da ohne einen Spacer der Ligand nicht an das Trägermaterial gebunden werden könne. Der Gegenstand von Anspruch 1 des 2. Hilfsantrags sei deshalb nicht neu.
d) Es sei aus D2 bekannt, daß Polyacrylsäure zur Entfernung von LDL bei Behandlung von Plasma geeignet sei. Ausgehend von D4 hätte der Fachmann diesen Liganden in naheliegender Weise auch zur Behandlung von Vollblut eingesetzt. Der Gegenstand von Anspruch 1 des 2. Hilfsantrags beruhe deshalb nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
XI. Die Beschwerdeführerin beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in der erteilten Fassung (Hauptantrag). Hilfsweise beantragt sie die Aufrechterhaltung auf der Grundlage des ersten oder zweiten Hilfsantrags wie in der mündlichen Verhandlung überreicht und eines noch hieran anzupassenden Anspruchssatzes für den benannten Vertragsstaat Spanien. Ferner beantragt sie, die Sache zur Prüfung der erfinderischen Tätigkeit an die erste Instanz zurückzuverweisen.
XII. Die Beschwerdegegnerinnen 01 und 02 beantragen die Zurückweisung der Beschwerde.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
Hauptantrag
Neuheit
2. D4 beschreibt Adsorbentien zur selektiven Entfernung von Lipoproteinen mit niedriger oder sehr niedriger Dichte u. a. LDL und/oder VLDL aus Körperflüssigkeiten, insbesondere Blut oder Plasma in extrakoporalem Kreislauf, umfassend ein wasserunlösliches poröses Hartgel mit einer Ausschlußgrenze von 10/6 bis 10/9 Dalton, an das eine Polyanionverbindung und/oder eine sulfatisierte Verbindung durch eine kovalente Bindung immobilisiert ist (Anspruch 1 in Verbindung mit der Zusammenfassung, sowie Seite 5, Zeilen 50 bis 53).
Beispiel 1 beschreibt die Herstellung eines solchen Adsorbens durch Umsetzung eines vernetzten Polyacrylatgels (Toyopearl HW 55, mit einer Größe von 50 bis 100 µm und einer Ausschlußgrenze von 7 x 10/5 Dalton) mit Epichlorhydrin, nachfolgend mit Alkohol und Wasser zur Einführung von Epoxy-Gruppen in das Gel, und abschließende Reaktion mit konzentrierter wäßriger Ammoniaklösung unter Bildung von Amino-Gruppen. Es wurde nicht bestritten, daß durch diese Umsetzung Spacer- Gruppen im Gel gebildet werden. Durch eine weitere chemische Reaktion wird an die aktivierten Spacer- Gruppen Heparin als Ligand gebunden (Beispiel 1, Seite 6).
In den Beispielen 2 bis 4 wird nach dem gleichen Verfahren Heparin an andere Toyopearl Materialien gebunden, die ebenfalls eine Partikelgröße von 50 bis 100 µm aufweisen, nämlich Toyopearl HW 60 (Ausschlußgrenze von 1 x 10/6 Dalton), Toyopearl HW 65 (Ausschlußgrenze von 5 x 10/6 Dalton) und Toyopearl HW 75 (Ausschlußgrenze von 5 x 10/7 Dalton) (Seite 6, Zeilen 33 bis 39).
Nach dem Streitpatent ist der Teilchengrößenbereich von 50. bis 250 µm im Anspruch 1 als Größenverteilung der sphärischen Teilchen im Bereich von 50 bis 250 µm zu verstehen (vgl. Spalte 8, Zeilen 14 und 15). Auch Trägermaterialien die eine Teilchengrößenverteilung innerhalb eines Bereichs von etwa 50 bis 150 µm aufweisen (siehe Anspruch 3), sind umfaßt.
Da der Größenbereich der Toyopearl Teilchen in D4 mit von 50 bis 100 µm angegeben ist, fällt er somit auch unter den im Anspruch 1 definierten Teilchengrößenbereich. Dies wurde in der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer auch nicht mehr bestritten.
2.1. Es ist somit festzustellen, daß die Beispiele 1 bis 4 von D4 alle Merkmale des Adsorbens von Anspruch 1 beschreiben, mit Ausnahme des Merkmals, daß das Trägermaterial überwiegend in Form von unaggregierten Einzelteilchen regelmäßiger, sphärischer Gestalt vorliegt. Die räumliche Struktur der Toyopearl Teilchen ist in D4 nicht näher erläutert.
2.2. Gemäß D4 werden die Toyopearl Materialien im Handel vertrieben und von der Firma "Toyo Soda Manufacturing Ltd." hergestellt (Seite 6, Zeilen 17 und 18). Es ist unstrittig, daß die in D4 verwendeten "Toyopearl" Ausgangsmaterialien Tffentlich zugänglich waren. Die Materialien werden in D10, einem Datenblatt der Firma "Merck", näher beschrieben. D10 gibt weitere Informationen über die äußere Struktur der in D4 verwendeten Materialien, die dem Fachmann durch die Handelsprodukte Toyopearl ohne weiteres zur Verfügung stehen (vgl. G 01/92, ABl. EPA 1993, 277). Daher können die Informationen in D10 über die äußere Struktur der Toyopearl Teilchen im Dokument D4 mit berücksichtigt werden.
Obwohl sich D10 mit "Fractogel TSK" befaßt, wird ausdrücklich darauf hingewiesen, daß "Fractogel TSK" und "Toyopearl" identisch sind (Seite 61, zweite Zeile). Das Material wird als ein poröses, mechanisch und chemisch stabiles sphärisches Gel mit hoher Auflösung beschrieben (Seite 2, General Data). Diese Angaben sind durch zwei photographische Aufnahmen an Hand des Produktes "Fractogel TSK HW 65 M" erläutert, aus denen ersichtlich ist, daß die Einzelteilchen tatsächlich eine sphärische Gestalt aufweisen (Seite 2).
2.3. Es stellt sich somit noch die Frage, ob diese Teilchen überwiegend in Form von unaggregierten Einzelteilchen vorliegen.
2.3.1. In diesem Zusammenhang wurde von Beschwerdeführerin ausgeführt, daß die Aggregation der Teilchen während des Polymerisationsverfahren stattfinde. Hiernach bilden sich neben sphärischen Einzelteilchen auch aggregierte Teilchen mit kartoffelartiger Struktur, wenn die Polymerisation nicht in stark verdünntem Reaktionsmedium durchgeführt wird.
Die Aggregation findet daher nicht mehr nach der Bildung der Partikel statt, so daß einmal gebildete sphärische Teilchen in dieser Form verbleiben und keine unerwünschten aggregierten Teilchen mehr bilden können.
Nach dem Streitpatent sind Teilchen nicht-sphärisch, selbst wenn sie die erforderliche Teilchengröße und Ausschlußgrenze aufweisen, wenn sie als unregelmäßig geformte Aggregate, in Folge Teilchenagglomerisation, vorliegen (Spalte 4, Zeilen 10 bis 13 in Verbindung mit Spalte 5, Zeilen 11 bis 13).
2.3.2. Der Ausdruck "unaggregierte Einzelteilchen regelmäßiger sphärischer Gestalt" im Anspruch 1 des Streitpatents ist deshalb auf der Grundlage der Angaben in der Beschreibung so zu verstehen, daß sphärische Teilchen nur dann vorliegen, wenn sie nicht aggregiert sind.
Deshalb können die in D10 beschriebenen sphärischen "Toyopearl" Partikel nur in Form von unaggregierten Teilchen im Sinne von Anspruch 1 des Streitpatents vorliegen.
2.3.3. Es ist somit festzustellen, daß die in den Beispielen 1 bis 4 von D4 verwendeten Trägermaterialien, Toyopearl HW 55, HW 60, HW 65 und HW 75 gemäß D10 in Form von unaggregierten Einzelteilchen regelmäßiger, sphärischer Gestalt vorliegen.
2.4. Die Beschwerdeführerin vertrat die Auffassung, daß Toyopearl Trägermaterialien vor dem Prioritätstag des Streitpatents nur in Form von überwiegend aggregierten Teilchen von den Herstellern erhalten werden konnten, obwohl D10 sie als sphärische Einzelteilchen beschreibe. Nur auf Anfrage lieferten die Hersteller sphärische Teilchen, insbesondere weil die Mehrkosten für die Herstellung solcher Teilchen hoch seien. Die Beschreibung der Toyopearl Teilchen in den Datenblättern des Anbieters sei nicht in Übereinstimmung mit den tatsächlichen Eigenschaften des Produkts. Als Beleg verwies die Beschwerdeführerin auf das im Streitpatent für Vergleichszwecke verwendete Toyopearl HW 75 SC. Nach Abbildung 4a, Seite 10 liege dieses bekannte Toyopearl Material nicht in Form von sphärischen Teilchen vor und zeige eine unregelmäßige Gestalt.
2.4.1. Das im Streitpatent als nicht sphärisch beschriebene Toyopearl HW 75 SC entspricht jedoch nicht dem Stand der Technik gemäß D4. Das Material besitzt insbesondere eine andere Teilchengrößenverteilung (>70 bis <150 µm (Spalte 5, Zeilen 3 und 4)) als die Toyopearl Materialien aus D4 (50 bis 100 µm). Es wurden keine weiteren Versuchsergebnisse vorgelegt, die zeigen könnten, daß die aus D4 bekannten Materialien, im Gegensatz zu den in D10 angegebenen Eigenschaften, nicht sphärisch waren. Infolgedessen muß davon ausgegangen werden, daß in D10 die sphärische Struktur der Toyopearlmaterialien zutreffend dargestellt ist.
2.4.2. Ferner wurde D10 als Beweismittel für die Ausführbarkeit der Erfindung von der Beschwerdeführerin selbst im vorausgegangenen Beschwerdeverfahren T 454/93 zitiert. Damals hatte die Beschwerdeführerin selbst ausgeführt, daß die Trägermaterialien für die beanspruchte Erfindung vor dem Prioritätstag des Streitpatents dem Fachmann auch in sphärisch unaggregierter Form im Handel zugänglich waren (T 454/93, vgl. Punkt 5.).
2.4.3. Ergänzend ist noch darauf hinzuwiesen, daß Anspruch 1 des Streitpatents selbst die Anwesenheit von erheblichen Anteilen von aggregierten Teilchen nicht ausschließt, da das Trägermaterial "überwiegend" in Form von unaggregierten Einzelteilchen regelmäßiger sphärischer Gestalt vorliegt. Da der Ausdruck "überwiegend" einen Anteil von mehr als 50% bedeutet, könnten bis zu weniger als 50% der Trägerteilchen in aggregierter Form vorliegen. Auch in dieser Hinsicht ist eine Abgrenzung gegenüber Trägermaterialien nach D4 nicht erkennbar.
2.5. Aus dem Vorstehenden ergibt sich, daß die Adsorbentien gemäß den Beispielen 1 bis 4 von D4 sämtliche Merkmale der beanspruchten Adsorbentien aufweisen, so daß der Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags nicht neu ist (Artikel 54 EPÜ).
Hilfsantrag 1
3. Änderungen
3.1. Anspruch 1 des 1. Hilfsantrags ist als Verwendungsanspruch umformuliert. Weiterhin ist im Hinblick auf D4 der Teilchengrößenbereich von 50 bis 250 µm auf >100 bis 250 µm eingeschränkt worden.
Die untere Grenze des Teilchengrößenbereichs (> 100) ist nicht in der ursprünglichen Anmeldung beschrieben.
Nach Auffassung der Beschwerdeführerin sei diese Einschränkung als "Disclaimer" gegenüber dem Dokument D4 anzusehen, in dem Teilchen mit einen Größenbereich von 50. bis 100 µm offenbart seien. Es stellt sich daher die Frage, ob diese Änderung im Hinblick auf Artikel 123 (2) EPÜ zulässig ist. In diesen Zusammenhang ist zu prüfen, ob der Disclaimer die Voraussetzungen der ständigen Rechtsprechung erfüllt, wie sie in der Entscheidung der Großen Beschwerdekammer G 1/03 (EPA Amtsblatt, 2004, Seite 413) bestätigt ist.
3.2. Der Disclaimer stützt sich auf einen neuheitsschädlichen Gegenstand gemäß Dokument D4, das einen Stand der Technik nach Artikel 54 (2) EPÜ darstellt.
Nach G 1/03 (supra) kann ein Disclaimer zulässig sein, wenn er dazu dient, die Neuheit wiederherzustellen, indem er einen Anspruch gegenüber einer zufälligen Vorwegnahme abgrenzt; eine Vorwegnahme ist zufällig, wenn sie so unerheblich für die beanspruchte Erfindung ist und so weitab von ihr liegt, daß der Fachmann sie bei der Erfindung nicht berücksichtigt hätte (Leitsatz II.1). Diese Definition beinhaltet, daß eine zufällige Offenbarung für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht relevant sein kann (G 1/03, Punkt 2.2.2).
Es stellt sich somit die Frage, ob D4 im Sinne der Entscheidung G 1/03 als eine zufällige Vorwegnahme gelten kann.
3.3. Die Adsorbentien gemäß D4 werden für die selektive Entfernung von Lipoproteinen (LDL und VLDL) aus Plasma oder Vollblut in einer extrakorporalen Behandlung empfohlen (D4, Zusammenfassung; Seite 2, Zeilen 38 bis 40). Somit gehören das Streitpatent und D4 nicht nur zum gleichen technischen Gebiet, sondern auch der Verwendungszweck der Adsorbentien ist identisch.
Nach dem Streitpatent bilden Adsorbentien analog zu D4 einen Ausgangspunkt für das der Erfindung zugrundeliegende Problem, da diese bekannten Adsorbentien Nachteile bezüglich der Blutzellenverträglichkeit und unerwünschte Thrombocytenaggregation aufweisen (Spalte 2, Zeilen 9 bis 20; Spalte 3, Zeilen 41 bis 51; Spalte 4, Zeilen 14 bis 20). Da selbst nach Auffassung der Beschwerdeführerin die technische Aufgabe im Hinblick auf einen Stand der Technik analog zu D4 formuliert wurde, bleibt D4 auch für den Gegenstand des Hilfsantrags ein relevanter Stand der Technik, der bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht außer Acht gelassen werden kann. Aus den vorstehenden Gründen ist der Stand der Technik gemäß D4 nicht als eine zufällige Vorwegnahme anzusehen. Der Disclaimer ist deshalb nicht zulässig.
3.4. Da die erste Voraussetzung für die Zulässigkeit des Disclaimers, nämlich der zufällige Charakter der Vorwegnahme, nicht erfüllt ist, kann die Beantwortung der Frage, ob der Disclaimer eine technischen Beitrag leistet dahingestellt bleiben (G 1/03, Punkt 2.6.1, zweiter Absatz).
3.5. Anspruch 1 des 1. Hilfsantrags erfüllt deshalb nicht die Erfordernisse von Artikel 123 (2) EPÜ.
2. Hilfsantrag
Änderungen
4. Gegen die vorgenommenen Änderungen im Anspruch 1 des 2. Hilfsantrags hatten die Beschwerdegegnerinnen keine formellen Bedenken. Die Beschwerdekammer sieht ebenfalls keine Veranlassung auf die Zulässigkeit der Änderungen näher einzugehen, weil dieser Antrag, selbst wenn er formell zulässig wäre, aus sachlichen Gründen nicht gewährbar ist.
Neuheit
5. Nach Auffassung der Beschwerdegegnerinnen ist der beanspruchte Gegenstand aus D1 oder D2 bekannt.
Dies kann letztlich dahinstehen, weil die beanspruchten Adsorbentien, selbst wenn sie als neu angesehen werden könnten, nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen (Punkt 6).
Erfinderische Tätigkeit
Nächstliegender Stand der Technik
6. Das Streitpatent betrifft Adsorbentien zur Eliminierung von LDL aus Vollblut in extrakorporalem Kreislauf. Solche Adsorbentien sind aus D4 bekannt (vgl. Punkt 2), das von den Parteien als geeigneter Ausgangspunkt für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit angesehen wurde.
D4 beschreibt Adsorbentien, die zur Entfernung von LDL und/oder VLDL Lipoproteinen aus Körperflüssigkeiten insbesondere aus Plasma oder Blut in extrakorporalem Kreislauf geeignet sind, zur Behandlung von verschiedenen Krankheiten (Seite 2, Zeilen 38 bis 41 und Punk 2). Diese Adsorbentien bestehen aus einem Trägermaterial, an den über einen Spacer ein Ligand gebunden ist. Die geeigneten Trägermaterialien besitzen eine hohe mechanische Stabilität, dürfen keine Verstopfung der mit dem Adsorbens gepackten Säule verursachen und müssen eine große Anzahl an Mikroporen besitzen, in die die zu entfernenden Substanzen eindringen können (Seite 2, Zeilen 51 bis 55). Zur selektiven Entfernung von LDL und/oder VLDL werden Polyanionen benutzt, u. a Heparin (Seite 4, Zeilen 25, 41. bis 51). Daher wird der Ligand im Hinblick auf die zu entfernende Substanz ausgewählt.
Die Toyopearl-Heparin Adsorbentien der Beispiele 1 bis 4 werden in einer Säule gepackt und danach zur Entfernung von VLDL und/oder LDL aus Plasma eingesetzt (Seite 9, letzter Absatz; Tabelle 1 auf Seite 10, Beispiele 1 bis 4).
Aufgabe und Lösung
6.1. Gegenüber den aus den Beispielen 1 bis 4 von D4 bekannten Adsorbentien unterscheiden sich die beanspruchten Adsorbentien nur dadurch, daß sie als Ligand anstatt Heparin eine Polyacrylsäure enthalten.
Daß Polyacrylsäure im Vergleich zu Heparin als Ligand irgendwelche Vorteile bei der Entfernung von Lipoproteinen aus Vollblut ausweist, ist weder aus dem Streitpatent, noch aus den nachgereichten Vergleichsversuchen ersichtlich.
6.1.1. Die Beschwerdeführerin vertrat die Auffassung, daß das technische Problem gegenüber D4 in Übereinstimmung mit der Patentschrift so zu definieren sei, daß ein Adsorbens für den Einsatz im extrakorporalen Kreislauf mit Vollblut bereit gestellt wird, das eine möglichst hohe Selektivität bezüglich der Entfernung von LDL, bei möglichst guter Blutzellenverträglichkeit und geringem Thrombocytenretentionsvermögen aufweist (Spalte 3, Zeilen 41 bis 54; Spalte 4, Zeilen 14 bis 20, 23 bis 29).
Nach der Patentschrift sind jedoch für die Lösung dieser Aufgabe die Art des Trägermaterials und des Spacers wichtig (Spalte 4, Zeilen 21-22 in Verbindung mit dem erteilten Anspruch 1; Spalte 4, Zeilen 45 bis 49, Figuren 1, 2, 5 und 6). Der Einfluß des Liganden auf die Blutverträglichkeit und das Thrombocytenretentionsvermögen ist jedoch nicht erwähnt, so daß nicht ersichtlich ist, daß die Art des ausgewählten Liganden etwas zur Lösung dieser Eigenschaften beiträgt.
Da das Trägermaterial und Spacergruppen aus D4 bekannt sind (vgl. Punkt 2) und die Art des Spacers im vorliegenden Anspruch 1 nicht näher definiert ist, können technischen Wirkungen, die auf diese bekannten Merkmale zurückzuführen sind, d. h. Blutverträglichkeit und geringes Thrombocytenretentionsvermögen, nicht bei der Formulierung der Aufgabenstellung berücksichtigt werden.
6.1.2. Daher kann die der Erfindung zu Grunde liegende Aufgabe gegenüber D4 nur noch darin gesehen werden, ein alternatives Adsorbens zur Entfernung von LDL aus Vollblut zur Verfügung zu stellen.
6.1.3. Das Beispiel 3 zeigt, daß diese Aufgabe durch die Adsorbentien gemäß Anspruch 1 des 2. Hilfsantrags gelöst ist.
Naheliegen
6.2. Es bleibt die Frage zu untersuchen, ob der Fachmann, ausgehend von Adsorbentien nach D4 und vor die genannte Aufgabe gestellt, auf Grund des herangezogenen Standes der Technik in naheliegender Weise zu den beanspruchten Adsorbentien gekommen wäre.
6.2.1. D2 beschreibt Fractogel Adsorbentien zu Entfernung von LDL aus Plasma. An das Trägermaterial Fractogel HW 75 C wird als Ligand ein Polyacrylat gebunden, wobei die mit Anhydrid- Gruppen teilweise aktivierte Polyacrylsäure mit Amino-Gruppen des Trägermaterials reagiert und dabei Amid-Bindungen bildet (Seite 320, "Material and Methods"). Fractogel HW 75 C erfüllt nach den Informationen in D7 (Seite 1, vgl. Teilchengröße C- Typ mit 50 bis 100 µm) und D10 (vgl. Seite 13), alle Merkmale des Trägermaterials, wie sie im vorliegenden Anspruch 1 definiert sind.
D2 erwähnt ferner, daß für die selektive Entfernung von LDL aus Plasma in vitro wie auch im extrakorporalen Kreislauf, Polyacrylsäure (PAA) als Ligand geeignet ist (Seite 320, Titel sowie Material and Methods; Seite 322, Discussion, letzter Absatz). Hiermit wird eine überwiegende Adsorption von LDL erreicht, ohne daß die Konzentrationen von anderen Komponenten des Plasmas beeinträchtigt werden (Seite 321, Results und Tabelle 1).
6.2.2. Obwohl D2 nur die selektive Entfernung von LDL aus Plasma betrifft, bleibt jedoch diese Lehre für die Behandlung von Vollblutt von Bedeutung, da eine wichtige Voraussetzung für die Entfernung von LDL aus Vollblut auch die Fähigkeit des Liganden ist, LDL selektiv zu binden. Der Fachmann hätte deshalb auch Polyacrylsäure als Ligand mit einer berechtigten Erfolgserwartung bei Vollblut eingesetzt.
Demgemäß war es bei der gestellten Aufgabe naheliegend, Polyacrylsäure an Stelle von Heparin einzusetzen.
6.2.3. Der Gegenstand von Anspruch 1 des 2. Hilfsantrags beruht deshalb nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ).
Zurückverweisung an die erste Instanz
7. Da die erfinderische Tätigkeit für den Gegenstand des 2. Hilfsantrags von der ersten Instanz nicht geprüft wurde, hatte die Beschwerdeführerin hilfsweise die Zurückverweisung beantragt, um ihr Recht auf eine Prüfung in zwei Instanzen zu gewährleisten. Diesem Antrag ist die Kammer nicht gefolgt.
7.1. Nach Artikel 111 (1) EPÜ kann die Beschwerdekammer bei der Prüfung der Beschwerde entweder im Rahmen der Zuständigkeit des Organs, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, tätig werden, oder die Angelegenheit zur weiteren Entscheidung an dieses Organs zurückverweisen. Eine Pflicht zur Zurückverweisung besteht also nicht, da die Entscheidung im Ermessen der Kammer steht und demgemäß von den Gegebenheiten des Einzelfalles abhängig ist. Einen generellen Anspruch auf zwei Instanzen gewährt Artikel 111 EPÜ den Parteien nicht.
7.2. Im vorliegenden Fall wurde in Anspruch 1 des 2. Hilfsantrags ein Merkmal eingefügt, nach dem der Ligand eine Polyacrylsaüre ist. Dieses zusätzliche Merkmal ist nach dem gesamten Inhalt des Streitpatents für die Erfindung nicht besonders hervorgehoben. Vielmehr wurde im Streitpatent nur die Auswahl des Trägermaterials und des Spacers bei der Lösung der technischen Aufgabe als wesentlich dargestellt. Da Polyacrylsäure als Ligand für die selektive Entfernung von LDL auch aus dem Stand der Technik bekannt ist und nicht ersichtlich ist, wie dieses Merkmal die erfinderische Tätigkeit begründen könnte, wäre eine Zurückverweisung an der erste Instanz nicht erfolgversprechend gewesen. Daher hat es die Kammer im Interesse einer zügigen Erledigung der Sache für angemessen angesehen, die Frage der erfinderischen selbst zu behandeln.
7.3. Die Zurückverweisung hätte eine Verfahrensverzögerung zur Folge gehabt, die bei dem Alter der Akte (Anmeldejahr 1990) auch im Interesse der anderen Verfahrensbeteiligten und der Öffentlichkeit zu vermeiden war.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen