European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2002:T039599.20020801 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 01 August 2002 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0395/99 | ||||||||
Anmeldenummer: | 93100114.3 | ||||||||
IPC-Klasse: | B23D 61/12 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Sägeblatt | ||||||||
Name des Anmelders: | WIKUS-Sägenfabrik Wilhelm H. Kullmann | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Amada Co., Ltd. | ||||||||
Kammer: | 3.2.06 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: | |||||||||
Schlagwörter: | Unzulässigkeit verspätet eingereichter Beweismittel wegen mangelnder Substantiierung einer behaupteten offenkundigen Vorbenutzung (ja) Neuheit (ja) Erfinderische Tätigkeit (ja) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Auf die am 7. Januar 1993 unter Inanspruchnahme einer deutschen Priorität vom 10. Januar 1992 eingereichte europäische Patentanmeldung Nr. 93 100 114.3 wurde das europäische Patent Nr. 0 551 104 erteilt.
II. Gegen das erteilte Patent legte die Beschwerdeführerin Einspruch ein, gestützt auf die Gründe des Artikels 100 a) EPÜ, und beantragte den Widerruf des Patents.
III. Die Einspruchsabteilung wies den Einspruch mit ihrer in der mündlichen Verhandlung am 13. Januar 1999 verkündeten und am 1. Februar 1999 zur Post gegebenen Entscheidung zurück.
Sie kam zu dem Ergebnis, daß das europäische Patent unter Berücksichtigung des in den Dokumenten
D1: EP-A-0 266 022
D2: JP-A-61-241 017
D3: JP-A-52-26 679
D4: DE-A-3 611 063
D5: US-A-4 011 783
D6: DE-C-640 987
D7: DE-A-3 741 709
D8: DE-A-3 300 791
D9: DE-A-3 307 170
offenbarten Standes der Technik den Erfordernissen des EPÜ genüge.
Nach Ablauf der Einspruchsfrist eingereicht und von der Einspruchsabteilung wegen mangelnder Relevanz bzw. fehlenden Nachweises der Vorveröffentlichung nach Artikel 114 (2) EPÜ außer Betracht gelassen wurden:
D10: JP-Y2-60-15 612
D11: Betriebsanleitung CB40/41/43H der "Vollmer-Werke"
D12: Betriebsweisen zur Herstellung von Zahngruppen mit unterschiedlich profilierten Zähnen.
IV. Gegen diese Entscheidung hat sich die Beschwerdeführerin (Einsprechende) am 12. April 1999 beschwert, gleichzeitig die Beschwerdegebühr bezahlt und mit der am 10. Juni 1999 eingereichten Beschwerdebegründung ihren Antrag auf Widerruf des Patents aus den im Einspruchsverfahren vorgebrachten Gründen weiter verfolgt.
V. Die Beschwerdekammer hat in ihrer Mitteilung vom 17. Mai 2002 darauf hingewiesen, daß zur Vorveröffentlichung der D11 und D12 keine neuen, von der Beschwerdeführerin angekündigten Informationen vorlägen und daß in der Verhandlung im wesentlichen die erfinderische Tätigkeit zu diskutieren sein werde.
VI. Mit ihrem Schriftsatz vom 1. Juli 2002 hat die Beschwerdeführerin eine offenkundige Vorbenutzung geltend gemacht unter Verweis auf
D13: Eidesstattliche Versicherung des Herrn Georg Kern
D14: Schleifanweisung für Hartmetallsägeblätter der Firma Lennartz Hartmetall Remscheid
und zum Stand der Technik zwei weitere Dokumente eingereicht:
D15: DE-A-2 516 137
D16: EP-A-0 054 885.
VII. Am 1. August 2002 fand eine mündliche Verhandlung statt.
Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents Nr. 0 551 104.
Die Beschwerdegegnerin beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen und das Patent aufrechtzuerhalten aufgrund folgender Unterlagen:
- Patentansprüche 1 bis 9,
- Beschreibung, Seiten 1 bis 7,
jeweils überreicht in der mündlichen Verhandlung,
- Zeichnungen, wie ereilt.
Der geänderte Patentanspruch 1 lautet wie folgt:
"Sägeblatt mit einem Grundkörper (1) und ungeschränkten Zähnen (21, 22, 23 usw.) mit Schneiden, die in sich wiederholenden Zyklen vorgesehen sind und jeder Zyklus mindestens eine aus mindestens drei Zähnen bestehende Zahngruppe mit von Zahn zu Zahn abnehmender Höhe (3) und dabei zunehmender Breite (4) aufweist, wobei alle Zähne (21, 22, 23 usw.) symmetrisch zu einer Längsmittelebene (8) durch den Grundkörper ausgebildet sind, dadurch gekennzeichnet, dass
die wirksamen Schneiden bzw. Schneidenabschnitte (61, 121, 142, 122, 143, 123 usw.) sämtlicher Zähne (21, 22, 23 usw.) jeweils von einer abknickenden Schnittkante (51, 52, 53 usw.) gebildet sind, deren innerer Abschnitt (61, 62, 63 usw.) etwa senkrecht zur Längsmittelebene verläuft und an den sich nach außen eine zum Grundkörper (1) hin geneigte Phase (71, 72, 73 usw.) anschließt, dass der breiteste Zahn (2n) in der Zahngruppe zwischen Phase (7n) und Flanke (10n) einen Winkel größer 90° aufweist, dass die Länge der wirksamen Schnittkanten (61, 121, 142, 122, 143, 123 usw.) an sämtlichen Zähnen (21, 22, 23 usw.) etwa gleich groß ist, und dass die Flanken (101, 102, 103 usw.) der Zähne (21, 22, 23 usw.) in einem Flankenwinkel (111, 112, 113 usw.) im Bereich zwischen 3° und 12° vorgesehen sind."
VIII. Die Beschwerdeführerin meinte, die geltend gemachte offenkundige Vorbenutzung solle zugelassen werden, weil sie erst in einem parallelen nationalen Verfahren vor einigen Monaten davon erfahren habe und die Relevanz erst später erkannt wurde.
Sie trug weiterhin vor, D4 sei in der Beschreibungseinleitung des Patents unzureichend gewürdigt, denn diese Druckschrift offenbare im Hinblick auf den Gegenstand des Anspruchs 1 mehr als angegeben. Es gehe nämlich dort neben dem gewünschten Geradelauf ebenfalls um die Aufteilung des Spanvolumens auf drei oder mehr Zähne, wobei die Schnittkraft gleichmäßig auf alle Zähne verteilt werden solle. Durch die gleichmäßige Belastung aller Zähne werde bereits eine längere Standzeit erreicht. Wie die Figuren 12, 13 und 16 zeigten, könnten sowohl Führungszahn als auch Folgezahn V-förmig ausgebildet sein. Diese Zahnform entspreche der Form, wie sie im Patent mit einer geraden und zwei abfallenden Schnittkanten beansprucht werde. Alternativ sei die Ausbildung aller Zahnspitzen bogenförmig genannt, wie sie im erteilten Patent ebenfalls beschrieben waren. Folge der Fachmann diesen Anweisungen, so gelange er bereits zum Gegenstand des Anspruchs 1.
Die Form des zweiten Folgezahnes in einer Gruppe von drei Zähnen sei außerdem durch D1 nahegelegt. Für die Oberflächengüte der Schnittfläche sei nämlich der Winkel zwischen Flanke und Phase des breitesten Zahnes ausschlaggebend. Dieses Ziel sei aber unabhängig vom Geradlauf zu betrachten und erfordere Maßnahmen am breitesten Zahn, die mit den übrigen Merkmalen des Sägeblattes keinen Synergieeffekt erkennen ließen. Eine Lösung dieses technischen Problems sei durch D1 angegeben, deren Figuren 3, 8 und 9 entsprechende Winkel zwischen Phase und Flanke des breitesten Zahns größer als 90° zeigten.
Die beanspruchten Flankenwinkel aller Zähne zwischen 3° und 12° seien im Stand der Technik durchwegs üblich. Darüber hinaus sei der Flankenwinkel von 3° in D5 sogar explizit angegeben.
Mit all diesen Hinweisen durch den Stand der Technik sei das Sägeblatt nach Anspruch 1 ohne erfinderische Tätigkeit aufzufinden gewesen.
IX. Die Beschwerdegegnerin vertrat die Auffassung, daß die behauptete offenkundige Vorbenutzung schon deshalb außer Betracht gelassen werden müsse, weil sie nicht ausreichend substantiiert sei.
Im Hinblick auf erfinderische Tätigkeit meinte sie, auch eine Kombination des Standes der Technik könne nicht zur beanspruchten Lösung führen. So gehe es gemäß D4 in erster Linie darum, fein zerteilte Späne zu erhalten, wogegen die Maßnahmen des beanspruchten Sägeblattes darauf abzielten, schmälere und dickere Späne zu erhalten. Dies ermögliche eine Standzeiterhöhung dadurch, daß auch schon etwas abgenutzte Zähne noch Schnittarbeit verrichten könnten, was bei dünnen Spänen deshalb nicht mehr gehe, weil die abgenutzte Schneide mit vergrößertem Radius am Span nicht mehr angreifen könne, sondern an der Oberfläche entlang schabe, ohne wirksam Material abzutragen.
Sowohl D4 als auch der andere entgegengehaltene Stand der Technik bezögen sich auf die altbekannte Technologie mit einem Führungszahn, der die Hauptschnittarbeit leiste, und Folgezähnen, die den Schnittkanal verbreiterten. Auch die in Figur 3 der D4 dargestellte Ausführungsform, von der die Erfindung ausgehe, weiche nicht von diesem Prinzip ab.
Jedenfalls gebe es keinen Hinweis, die wirksamen Schnittkanten an sämtlichen Zähnen etwa gleich groß auszubilden. Erst durch diese Maßnahme sei erstmalig eine gleiche Verteilung der Schnittarbeit auf alle Zähne einer Gruppe ermöglicht worden.
Da das Sägen ein einheitlicher Vorgang sei, bei dem auch die erzielte Oberflächengüte eine Rolle spiele, könne auch die Gestaltung des breitesten Zahnes nicht isoliert betrachtet werden. Vorteilhaft bei der Erfindung sei auch, daß die Phasen und Flanken der Zähne in jeweils gleichen Winkeln verliefen, was im gesamten Stand der Technik kein Vorbild habe. Jedenfalls könne der Fachmann nicht ohne erfinderische Tätigkeit zu einem Sägeblatt nach Anspruch 1 mit der beanspruchten Kombination von Merkmalen gelangen.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Im Beschwerdeverfahren geltend gemachte offenkundige Vorbenutzung
2.1. Die Beschwerdeführerin hat sich im Beschwerdeverfahren auf eine neuheitsschädliche offenkundige Vorbenutzung des Patentgegenstandes berufen und zu ihrer Glaubhaftmachung mit Schriftsatz vom 1. Juli 2002, also am letzten Tag der von der Kammer zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung gesetzten Äußerungsfrist fast 6. Jahre nach Ablauf der Einspruchsfrist, eine eidesstattliche Versicherung (D13) sowie eine Schleifanweisung für Hartmetallsägeblätter (D14) vorgelegt.
2.1.1. Im Hinblick auf die herrschende Spruchpraxis der Beschwerdekammern über die Zurückweisung verspäteten Vorbringens hat die Kammer zu prüfen, ob dieser neue Vortrag der Beschwerdeführerin im Beschwerdeverfahren überhaupt Berücksichtigung finden kann oder wegen verspäteten Vorbringens zurückzuweisen ist. Nach der Rechtsprechung ist verspätetes Vorbringen nur dann in das Beschwerdeverfahren einzubeziehen, wenn es für die Entscheidung des Falles in hohem Maße relevant ist (dazu im einzelnen: Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts, 4. Auflage 2001, S. 369 ff.)
2.1.2. Die Frage der Verspätung dieses Vorbringens kann letztlich offen bleiben. Denn die Relevanzprüfung der geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzung in Verbindung mit den Dokumenten D13 und D14 läßt sich nicht vornehmen, weil der Vortrag der Beschwerdeführerin insoweit unsubstantiiert ist, d. h. keine konkreten und im einzelnen nachprüfbaren Angaben enthält, die - ihre Richtigkeit unterstellt - ohne unzulässige Amtsermittlungen die Prüfung einer offenkundigen Vorbenutzung ermöglichen.
2.1.3. So enthält D13 keine Angaben zu den konkreten Umständen der behaupteten Vorbenutzung, insbesondere nicht zu der Frage, wodurch der Gegenstand der Benutzung offenkundig geworden ist. Auch D14 läßt Fragen offen. Dieses Dokument zeigt ein Sägeblatt mit drei Zähnen, an deren drittem, breitestem Zahn der Hinweis "Kante leicht anfasen" angebracht ist. Im fachmännischen Sprachgebrauch heißt das, daß die Kante gebrochen ist, ohne jedoch - wie im Streitpatent vorgesehen - eine ausgeprägte abfallende Flanke der Schnittkante aufzuweisen. Zwar ist in D13 angegeben, daß in Abweichung von dieser Ausführung der dritte Zahn, der sogenannte "Fertigschneider", auch eine Phase aufweist. Selbst bei Unterstellung der Richtigkeit dieser Angabe zur behaupteten Herstellung und Lieferung ("Hauptabnehmer, der tausende Stück bekommen hat, war die Firma KA in K") fehlt jedoch hinreichender Vortrag mit Belegen, die der Kammer die Prüfung ermöglichen, wer welche Produkte zu welchem Zeitpunkt geliefert bzw. erworben hat und ob diese vorbenutzten Gegenstände die dem streitgegenständlichen Patent zugrundeliegende Erfindung neuheitsschädlich vorwegnehmen.
Angesichts der fehlenden Möglichkeit, Art und Umstände der geltend gemachten Vorbenutzung zu prüfen, muß der Einwand neuheitsschädlicher offenkundiger Vorbenutzung außer Betracht bleiben.
2.2. Zu den Dokumenten D11 und D12, die im Rahmen des Einspruchsverfahrens zur Stützung einer geltend gemachten Vorbenutzung einer Vollmer-Schleifmaschine CB 40/41/43 H eingereicht wurden, hat die Einsprechende keine weiteren Informationen eingereicht. Es trifft zwar zu, daß das erste Blatt der Betriebsanleitung D11 das Datum 08.10.87 trägt, jedoch ist eine sachliche und zeitliche Verbindung weder zu den Folgeseiten 2 und 3 noch zu den 3 Seiten der D12 (in japanischer Sprache mit handschriftlicher englischer Übersetzung) dargelegt. Außerdem fehlen Angaben zu den Umständen der behaupteten Vorbenutzung, so daß sie mangels ausreichender Substantiierung ebenfalls nicht berücksichtigt werden kann.
2.3. Die im Lauf des Beschwerdeverfahrens noch vorgelegten Druckschriften D15 und D16 wurden von der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung nicht wieder aufgegriffen. Da sie nicht mehr offenbaren als der bereits im Verfahren befindliche Stand der Technik, blieben sie gemäß Artikel 114 (2) EPÜ unberücksichtigt.
3. Änderungen
Die in den geänderten Anspruch 1 aufgenommenen Merkmale entstammen den auf Anspruch 1 rückbezogenen erteilten Ansprüchen 2 und 6, die mit den ursprünglich eingereichten Ansprüchen übereinstimmen. Diese den Schutzbereich einschränkenden Änderungen sind somit unter Artikel 123 (2) und (3) EPÜ zulässig.
4. Neuheit
Die Neuheit des Sägeblatts nach Anspruch 1 wurde von der Beschwerdeführerin nicht mehr angegriffen. Die Kammer hat sich überzeugt, daß keine der im Verfahren befindlichen Entgegenhaltungen sämtliche Merkmale des Anspruchs 1 aufweist (Artikel 54 (1) EPÜ).
5. Erfinderische Tätigkeit
5.1. Der dem Gegenstand des Anspruchs 1 nächstkommende Stand der Technik ist in D4 offenbart. Diese Druckschrift zeigt und beschreibt ein Sägeblatt gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1 mit einer Gruppe von drei oder mehr Zähnen, mit abnehmender Höhe und dabei zunehmender Breite (Seite 24, 3. Absatz; Seite 26, 1. Absatz; Figur 3).
Hiervon ausgehend liegt dem Gegenstand des Patents die Aufgabe zugrunde, ein Sägeblatt bereitzustellen, welches einerseits eine Standzeiterhöhung bei guter Oberflächengüte des geschnittenen Werkstücks erbringt und bei dem andererseits sich ein stabilisierter Geradlauf ohne die Gefahr des seitlichen Verlaufens des Bandes ergibt (geänderte Beschreibung des Patents, Seite 3, Zeilen 14 bis 16).
Gelöst wird dieses technische Problem durch ein Sägeblatt mit den Merkmalen des Anspruchs 1.
5.2. D4 enthält die Anweisung, die dort gezeigten Zahnformen in geeigneter Weise zu kombinieren (Seite 32, 2. Absatz). Folgt der Fachmann dieser Lehre und verwendet alternativ in D4 gezeigte Zahnformen, so erhält er dabei unter Anwendung seines allgemeinen fachlichen Könnens ein Sägeblatt mit drei Zähnen in einer Gruppe, von denen der erste Führungszahn 3 eine V-förmige Zahnspitze aufweist, dem ein nächsthöherer zweiter ebenfalls V-förmiger Führungszahn 13 mit größerer Breite folgt (Seite 28, letzter Absatz; Figuren 7e und 12). In Kombination mit der Ausführung der Figur 3 kommt nach diesen Führungszähnen der plektronförmige dritte Folgezahn 7C.
Von dieser Zahnanordnung unterscheidet sich der Gegenstand des Anspruchs 1 u. a. dadurch, daß nicht nur die Schneiden von zwei, sondern aller Zähne der Gruppe, ähnlich der in D4 gezeigten V-Form, von abknickenden Schnittkanten gebildet sind, deren innerer Abschnitt etwa senkrecht zur Längsmittelebene verläuft.
5.3. Die gesamte Lehre der D4 läuft darauf hinaus, daß als Folgezahn oder Folgezähne immer Zähne geringerer Höhe als der oder die Führungszähne entweder in geschränkter Ausführung oder in der genannten Plektron- bzw. Schwalbenschwanzform zum Einsatz kommen. Es ist lediglich erwähnt, daß die Spitzen sämtlicher Zähne bogenförmig ausgebildet sein können (Seite 32, aaO), wobei hierfür kein Ausführungsbeispiel gezeigt ist. Da auch sonst kein Anhaltspunkt vorhanden ist, alle Zähne in der ähnlichen V-Form mit abknickender Schnittkante zu gestalten, mußte der Fachmann ausgehend von D4 weitere und daher über durchschnittliches Fachkönnen hinausgehende Überlegungen um zu dieser beanspruchten Teillösung zu gelangen.
5.4. In D4 ist zwar beschrieben, daß alle Zähne eine annähernd gleiche Belastung erhalten sollen (Seite 14, 2. Absatz), jedoch beziehen sich diese Ausführungen in erster Linie auf die Folgezähne, um die es im vorhergehenden Absatz geht. Der Fachmann hat daher keinen Anlaß, diese Textstelle anders zu interpretieren als die übliche Ausführung von Führungs- und Folgezähnen, die ihm aufgrund seiner Erfahrung geläufig ist und bei der der Führungszahn die überwiegende Schnittarbeit leistet. Da auch die Darstellungen in den Figuren keine Andeutung in Richtung einer andere Auslegung enthalten, ist die Ausbildung der Länge der wirksamen Schnittkanten sämtlicher Zähne etwa gleich groß, keinesfalls aus D4 entnehmbar und wäre nur durch rückschauende Betrachtung in Kenntnis der Erfindung ableitbar.
5.5. Schließlich ist auch das Merkmal, daß der breiteste Zahn in der Zahngruppe zwischen Phase und Flanke einen Winkel größer 90° aufweist in D4 nicht vorhanden, so daß diese Druckschrift allein nicht zur beanspruchten Lösung führen kann.
5.6. Die Beschwerdeführerin meinte, eine solche Form des breitesten Zahnes sei beispielsweise durch D5 nahegelegt. Mit dem dort beschriebene Sägeband kann eine sehr gute Oberflächengüte der Schnittfläche erreicht werden (Spalte 3, Zeilen 1 bis 5). Wie sich aus Figur 3 zusammen mit der Beschreibung (Spalte 8, Zeilen 14 bis 17) ergibt, ist am breitesten Zahn der Winkel zwischen Phase und Flanke dort größer 90°, nämlich 180° minus 45° minus 3° gleich 132 . Diese Ausführung bezieht sich jedoch ebenfalls auf die herkömmliche Vor- und Nachschneidertechnik, bei der der Führungszahn die Hauptschnittarbeit erbringt und der Folgezahn den Schnittkanal erweitert. Wendet der Fachmann die Lehre der D1 zur Verbesserung der Oberflächengüte der Schnittfläche bei dem aus D4 bekannten Sägeblatt mit zwei Führungszähnen in "V-Form" an, so erhält er ein Sägeblatt mit einer Zahngruppe von drei Zähnen mit abfallenden Schnittkanten. Da aber auch bei dieser Kombination wie auch im gesamten übrigen entgegengehaltenen Stand der Technik keine Aussage oder Andeutung zum Verhältnis der Längen der wirksamen Schnittkanten vorhanden ist, ist zumindest dieses Merkmal nicht nahegelegt, so daß die insgesamt beanspruchte Merkmalskombination auf erfinderischer Tätigkeit beruht (Artikel 56 EPÜ).
5.7. Der Auffassung der Beschwerdeführerin, daß D2 der Erfindung noch näher komme als D4, kann sich die Kammer nicht anschließen, denn die entsprechenden, oben zitierten Textstellen der D4 finden sich in der eingereichten englischen Übersetzung der D2, die auf dieselbe Anmelderin zurückgeht, in nahezu identischer Weise wieder.
Die übrigen im Verfahren befindlichen Entgegenhaltungen kommen der beanspruchten Lösung nicht näher als die oben behandelten Druckschriften und können daher ebenfalls nicht zur Erfindung führen.
5.8. Der Ansicht der Beschwerdeführerin, D4 sei in der Beschreibungseinleitung nicht ausreichend gewürdigt, kann die Kammer nicht folgen. Insbesondere nach Ergänzung des Textes, daß der Führungszahn gefast sein kann, erscheint die Abhandlung des Standes der Technik als ausreichend. Im übrigen ist festzustellen, daß das EPÜ keine Regelung enthält, die dem Patentinhaber die Formulierung der Beschreibung vorgibt, solange keine objektiv falsche Darstellung enthalten ist.
5.9. Zusammenfassend ist die Kammer aus den dargelegten Gründen zu dem Ergebnis gelangt, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 die Erfordernisse des Artikels 52 (1) EPÜ erfüllt. Zusammen mit diesem Anspruch können die abhängigen Ansprüche 2 bis 9, die weitere Ausgestaltungen der Erfindung enthalten, ebenfalls aufrechterhalten werden.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Sache wird an die erste Instanz zurückverwiesen mit der Auflage, das Patent mit folgenden Unterlagen aufrechtzuerhalten:
- Patentansprüche 1 bis 9 und
- Beschreibung, Seiten 1 bis 7, jeweils überreicht in der mündlichen Verhandlung;
- Figuren 1 bis 7, wie erteilt.