T 0242/99 (Granulare Waschmittel/HENKEL) of 8.8.2002

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2002:T024299.20020808
Datum der Entscheidung: 08 August 2002
Aktenzeichen: T 0242/99
Anmeldenummer: 93919191.2
IPC-Klasse: C11D 3/37
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Wasch- und Reinigungsmittel mit Buildersubstanzen
Name des Anmelders: Henkel Kommanditgesellschaft auf Aktien
Name des Einsprechenden: Unilever PLC
The Procter & Gamble Company
Kammer: 3.3.06
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 84
European Patent Convention 1973 Art 123(2)
European Patent Convention 1973 Art 114(2)
Schlagwörter: Verspätetes Vorbringen der Patentinhaberin - nicht zulässig wegen offensichtlich mangelnder Relevanz
Zulässigkeit der Änderungen - ja
Erfinderische Tätigkeit - nein
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit der das europäische Patent Nr. 0 658 189 widerrufen worden war. Der Entscheidung lagen geänderte Anspruchssätze gemäß Haupt- und Hilfsantrag vom 11. Dezember 1997 zugrunde. Anspruch 1 des Hauptantrages hat folgenden Wortlaut:

"1. Wasch- und Reinigungsmittel, insbesondere Textil-waschmittel, enthaltend anionische und/oder nicht-ionische Tenside sowie phosphatfreie Buildersubstanzen, anorganische Salze und polymere Polycarboxylate, dadurch gekennzeichnet, daß es mindestens zwei granulare Komponenten enthält, wovon die erste anionische und/oder nichtionische Tenside und phosphatfreie Builder-substanzen sowie anorganische Salze aufweist und die zweite eine Zumischkomponente aus polymeren Polycarboxylaten in granularer Form ist, wobei das Mittel Alkalicarbonate in Mengen unterhalb 10. Gew.-%, bezogen auf das gesamte Mittel, enthält und eine verbesserte Inkrustationsinhibierung aufweist."

II. Gegen die Patenterteilung haben die Beschwerdegegnerinnen (Einsprechende) wegen mangelnder Neuheit und mangelnder erfinderischer Tätigkeit Einspruch erhoben. Sie stützten sich dabei unter anderem auf folgende Entgegenhaltungen:

(1) Technical Information Sokolan® Granules der BASF, September 1991;

(2) WO-A-92/07928; und

(7) Proceedings: Second World Conference on Detergents, 1987, Seiten 148 bis 152.

III. In ihrer Entscheidung war die Einspruchsabteilung zur Auffassung gelangt, daß der beanspruchte Gegenstand bei korrekter Auslegung im Lichte der Beschreibung zwar neu sei, nicht aber erfinderisch gegenüber Dokument (1) als nächstliegendem Stand der Technik. Dieser unterscheide sich vom Streitgegenstand nur durch einen höheren Carbonatgehalt von 10 bis 15 Gew.-%. In Abwesenheit eines besonderen Effektes sei es für den Fachmann aber naheliegend gewesen, auch Mittel auszuprobieren, die weniger als 10 Gew.-% an Carbonat enthalten.

IV. Am 8. August 2002 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt, in deren Verlauf die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) mehrere Informationsbroschüren der Firma BASF zu deren Produktpalette Sokolan® als neue Dokumente einzureichen suchte.

V. Die Beschwerdeführerin hat schriftlich und mündlich im wesentlichen folgende Argumente vorgebracht:

- Durch die Verwendung der granularen polymeren Polycarboxylate, z. B. der Sokolan®-Granulate der Firma BASF, als Zumischkomponente gemäß Streitgegenstand würden gegenüber handelsüblichen phosphatfreien Wasch- und Reinigungsmitteln Produkte mit vergleichbarem Primärwaschvermögen, jedoch verbesserter Inkrustationsinhibierung und damit verbessertem Sekundärwaschvermögen erhalten.

- Da der Streitgegenstand carbonatarme Wasch- und Reinigungsmittel betreffe, sei nicht Dokument (1) der nächstliegende Stand der Technik sondern eines der nachgereichten Dokumente, aus dem hervorginge, daß bei Verwendung von Sokolan®-Pulvern selbst in Abwesenheit von Alkalicarbonat mehr Verkrustungen aufträten als mit Sokolan®-Granulaten und 5 Gew.-% Alkalicarbonat.

- Ein Fachmann, der das Sekundärwaschvermögen eines Sokolan®-haltigen Waschmittels zu verbessern suchte, würde aus dem verfügbaren Stand der Technik keinen Hinweis zur Lösung dieser Aufgabe erhalten; vielmehr würde er aus Dokument (1) entnehmen, daß Sokolan®-Granulate gegenüber Pulvern oder wäßrigen Lösungen keinen Vorteil bezüglich der Inkrustationsinhibierung bieten. Der Streitgegenstand sei daher durch den Stand der Technik nicht nahegelegt.

VI. Die Beschwerdegegnerinnen haben beantragt, die neuen Dokumente zum Verfahren nicht zuzulassen. Ihre Argumente zur Beschwerde und zu den im Verfahren diskutierten Dokumenten können wie folgt zusammengefaßt werden:

- Die der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegenden geänderten Ansprüche unterlägen Einwänden nach Artikel 84 und 123 (2) EPÜ.

- Gemäß Streitpatent sei der Gehalt an polymerem Polycarboxylat in der granularen Zumischkomponente unspezifiziert und könne weniger als 50 Gew.-% betragen. Demzufolge sei der beanspruchte Gegenstand beispielsweise durch Dokument (2) neuheitsschädlich vorweggenommen.

- Mit dem Gehalt von weniger als 10 Gew.-% an Alkalicarbonaten sei der Streitgegenstand nur formal neu gegenüber dem aus Dokument (1) bekannten Mittel, weil diese Menge willkürlich gewählt sei und ihr keinerlei besondere Bedeutung zukomme.

- Die Verwendung solcher Mengen an Alkalicarbonat sei, wie aus Dokument (2) oder (7) bekannt, in phosphat-freien granularen Detergenzien üblich. Daher sei es naheliegend, in dem aus Dokument (1) bekannten Mittel auch weniger als 10 Gew.-% Alkalicarbonat zu verwenden.

VII. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Form gemäß Hauptantrag vom 11. Dezember 1997.

Die Beschwerdegegnerinnen beantragten die Zurückweisung der Beschwerde.

Entscheidungsgründe

1. Verspätetes Vorbringen

1.1. In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer suchte sich die Beschwerdeführerin in ihrer Argumentation erstmals auf mehrere Prospekte der Firma BASF zu stützen. Ihrer Meinung nach, repräsentiere solches Material allgemeines technisches Fachwissen auf dem hier einschlägigen Fachgebiet und sei daher nicht neues Beweismittel.

1.2. Befragt nach dem Zweck für die Einführung der neuen Dokumente, erklärte die Beschwerdeführerin, diese dienten lediglich dazu, den wahren nächstliegenden Stand der Technik zu identifizieren sowie eine Fehlinterpretation von Dokument (1) seitens der Einspruchsabteilung aufzuklären.

Da der Streitgegenstand calciumarme Zusammensetzungen betreffe, sei nicht Dokument (1) mit Formulierungen, die mindestens 10 Gew.-% Alkalicarbonat enthalten, nächstliegender Stand der Technik sondern eines der nachgereichten Dokumente, aus dem hervorgehe, daß Waschmittelformulierungen, die Sokolan® in Pulverform enthielten, selbst ohne Carbonatgehalt zu höherer Verkrustung führten als der Streitgegenstand bei Anwesenheit von 5 Gew.-% Alkalicarbonat.

Ferner sollte anhand der neuen Dokumente gezeigt werden, daß die Kapazität von Sokolan®, Calciumcarbonat zu dispergieren, und damit die Fähigkeit zur Inkrustationsinhibierung, unabhängig vom physikalisch Zustand sei, d. h. unabhängig davon ob Sokolan® als Granulat, Pulver oder wäßrige Lösung vorliegt.

1.3. Artikel 114 (2) EPÜ räumt den Beschwerdekammern einen Ermessensspielraum ein hinsichtlich der Berücksichtigung von verspätetem Vorbringen. Nach der Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts (siehe 4. Auflage, Kapitel VI.F.2 und 3) kann zwar solches Vorbringen im Verfahren durchaus noch berücksichtigt werden. Allerdings müssen hierzu bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Unter anderem muß der Inhalt der in Frage stehenden Dokumente eindeutig relevanter sein als der bereits im Verfahren befindliche Stand der Technik sowie eine Auswirkung auf die zu treffende Entscheidung haben (ibidem Kapitel VI.F.3.1.1).

1.4. Wie aus nachfolgender Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit hervorgeht (Punkte 4 und 5 der Entscheidung), sind diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall nicht gegeben. Denn der Streitgegenstand betrifft nicht nur "calciumarme" Zusammensetzungen im Sinne von weniger als 10. Gew.-% Alkalicarbonat, sondern auch Zusammensetzungen, die polymeres Polycarbonat in Granulatform enthalten. Insofern sind calciumarme Zusammensetzungen nicht besser geeignet als Ausgangspunkt zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit als Zusammensetzungen, die Sokolan®- Granulat enthalten. Außerdem würde sich auch an der Entscheidung der Kammer nichts ändern, selbst wenn man - wie von der Beschwerdeführerin gefordert - eine solche calciumarme und Sokolan®-Pulver enthaltende Waschmittelzusammensetzung als nächstliegenden Stand der Technik wählte (Punkt 5 der Entscheidung).

Was die von der Beschwerdeführerin genannte Fehlinterpretation von Dokument (1) anbelangt, so ist anzumerken, daß die Kammer - in Übereinstimmung mit der Beschwerdeführerin - weder diesem noch einem anderen im Verfahren befindlichen Stand der Technik einen Zusammenhang zwischen Inkrustationsinhibierung und physikalischem Zustand von Sokolan® entnimmt (Punkt 4.2). Nichts anderes geht aus der angefochtenen Entscheidung hervor.

1.5. Die Kammer ist daher der Auffassung, daß die neuen Dokumente wegen offensichtlich mangelnder Relevanz nicht im Verfahren zuzulassen sind (Artikel 114 (2) EPÜ), und zwar unabhängig davon, ob diese nur allgemeines technisches Fachwissen repräsentieren oder nicht.

2. Zulässigkeit der Änderungen nach Artikel 123 (2) und 84. EPÜ

Beide Einwände richten sich gegen den Ersatz des Wortes "enthält" durch "darstellt" in den Ansprüchen 7 und 8 und in den entsprechenden Beschreibungsteilen (Seite 6, Zeilen 36 bis 39 und 40 bis 41), sowie gegen die Streichung von Anspruch 11 ohne entsprechende Anpassung des dazugehörigen Beschreibungstextes (Seite 6, Zeilen 48. bis 49). Die Ansprüche 7 und 8 haben in der neuen Formulierung folgenden Wortlaut:

7. Mittel nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß es ein Schüttgewicht zwischen 300 und 1100 g/l, vorzugsweise zwischen 500 und 1000 g/l aufweist und insbesondere aus mindestens drei granularen Komponenten besteht, wovon die eine das polymere Polycarboxylat darstellt.

8. Verfahren zur Herstellung eines granularen Wasch- und Reinigungsmittels gemäß einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß es durch Mischen von mindestens zwei granularen Komponenten erhalten wird, wovon die eine das polymere Polycarboxylat darstellt.

Der erteilte Anspruch 11 lautete:

11. Verfahren zur Herstellung eines granularen Wasch- und Reinigungsmittels gemäß einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß es durch Extrusion hergestellt wird, wobei das granulare polymere Polycarboxylat einen Bestandteil der zu extrudierenden Mischung darstellt.

2.1. Nach Meinung der Beschwerdegegnerinnen würde durch diese Änderungen der genaue Umfang (precise scope) von Anspruch 1 unklar, da der dort gewählte Ausdruck "polymere Polycarboxylate in granularer Form" eindeutig Granulate umfasse, die erhebliche Anteile anderer Materialien enthalten, und der Ausdruck daher weit auszulegen sei. Außerdem sei der ursprünglichen Anmeldung keinerlei Basis für den neuen Wortlaut der Ansprüche 7 und 8 zu entnehmen.

2.2. Diese Argumente überzeugen jedoch nicht angesichts des genauen Wortlautes des einschlägigen Teils des gegenüber der ursprünglichen Fassung unveränderten Anspruchs 1, der da lautet:

"..., daß es mindestens zwei granulare Komponenten enthält, wovon die erste ... aufweist und die zweite eine Zumischkomponente aus polymeren Polycarboxylaten in granularer Form ist, ...".

Nach Auffassung der Kammer und in Übereinstimmung mit der Beschwerdeführerin erfordert dieser Wortlaut eine viel engere Auslegung, nämlich dahingehend, daß das zweite Granulat im wesentlichen aus polymerem Polycarboxylat besteht, wobei unter "im wesentlichen" übliche durch die Herstellung (Polymerisierung und Granulierung) bedingte Verunreinigungen mit Ausgangs- und Nebenprodukten zu verstehen sind, wie im Falle des Marktproduktes Sokolan® CP5 Granulat, das gemäß Streitpatent als bevorzugtes Polycarboxylat eingesetzt wird (Seite 2, Zeilen 55 bis 56).

Das in Frage stehende Merkmal läßt sich vereinfacht auch ausdrücken durch "das zweite Granulat ist aus polymerem Polycarboxylat", etwa vergleichbar mit einer Formulierung wie "das Granulat ist aus Metall". In beiden Fällen gebietet der normale Sprachgebrauch eine Interpretation, die, dem jeweiligen technischen Fachgebiet entsprechend, andere Bestandteile als Polycarboxylat bzw. nichtmetallische Bestandteile im Granulat in nur untergeordnetem Umfang zuläßt.

Insofern mag in der erteilten Fassung des Streitpatents durch die Wortwahl in den Ansprüchen 7 und 8 "wovon die eine das polymere Polycarboxylat enthält" ein verbaler Widerspruch zu Anspruch 1 bestanden haben, der durch die vorgenommenen Änderungen jedoch beseitigt wurde.

Eine andere Auslegung des Anspruches 1 ist auch im Lichte der Beschreibung des Streitpatents nicht möglich. Die einzige relevante Passage, aus der sich mögliche weitere Bestandteile im granularen Polycarboxylat ableiten lassen könnten, findet sich auf Seite 2, Zeilen 46. bis 48 des Streitpatents, wonach es bevorzugt ist, das getrocknete Polymerpulver ohne weitere Hilfsmittel zu granulieren. Aus dieser Passage läßt sich daher ausschließlich eine mögliche, aber nicht bevorzugte, Verwendung von Granulierhilfsmitteln zur Herstellung der Granulate ableiten, aber nicht, wie die Beschwerdegegnerinnen meinen, die Verwendung irgendwelcher anderer Hilfsmittel und Zusätze zur Verbesserung der Produkte. Die erwähnten Hilfsmittel fallen somit unter die oben genannten, im Fachgebiet üblichen herstellungsbedingten Verunreinigungen. Jedenfalls gibt es auch sonst keinen Anlaß für die von den Beschwerdegegnerinnen geäußerte Vermutung, daß solche Hilfsmittel wesentlicher Bestandteil des Granulats sein könnten.

Kein Widerspruch ergibt sich auch durch die Streichung des erteilten Anspruches 11. Davon unberührt wäre aber die Frage, ob die Beschreibung an ein derart verändertes Schutzbegehren anzupassen ist oder nicht, dann zu beantworten, wenn die Patentfähigkeit der Ansprüche anzuerkennen wäre.

2.3. Die Kammer kommt daher zu dem Ergebnis, daß die vorgenommenen Änderungen weder unter Artikel 84 EPÜ noch unter Artikel 123 (2) EPÜ zu beanstanden sind.

3. Letztendlich kommt es aber im vorliegenden Fall gar nicht darauf an, wie breit die Ansprüche auszulegen sind, da die Beschwerde - selbst bei der von der Beschwerdeführerin geforderten engen Auslegung - nicht zum Erfolg führen kann. Wie die Beschwerdegegnerinnen einräumten, wäre der Streitgegenstand bei solcher Inter-pretation zumindest formal neu gegenüber dem zitierten Stand der Technik. Da er aber aus nachstehenden Gründen nicht auf der erforderlichen erfinderischen Tätigkeit beruht, ist eine detaillierte Begründung der Neuheit nicht notwendig.

4. Erfinderische Tätigkeit

4.1. Das Streitpatent betrifft Wasch- und Reinigungsmittel auf Basis phosphatfreier Buildersubstanzen. Solche Mittel sind im Stand der Technik grundsätzlich bekannt und umfassen Mischungen aus Zeolith und polymeren Polycarboxylaten als Phosphatsubstitute. Gemäß Streitpatent kommen letztere üblicherweise in wäßriger Lösung oder als Pulver zum Einsatz (Seite 2, Zeilen 3 bis 14).

Laut Streitpatent bestand die zu lösende Aufgabe in der Bereitstellung phosphatfreier Mittel deren Primärwaschvermögen dem üblicher Handelsprodukte vergleichbar ist, die aber ein besseres Sekundärwaschvermögen im Sinne von verbesserter Inkrustationsinhibierung aufweisen (Seite 2, Zeilen 28 bis 32 und 57 bis 58). Anhand eines Beispieles wird gezeigt, daß, im Vergleich zur Verwendung einer wäßrigen Lösung des polymeren Polycarboxylates, dessen Verwendung als granulare Zumischkomponente im streitgegenständlichen Waschmittel zu deutlich geringeren Inkrustationen auf den Textilproben führt.

4.2. Die Verwendung von granularem polymeren Polycarboxylat als Zumischkomponente zu granularen Detergenzien ist aber schon aus Dokument (1) bekannt, einer technischen Information der BASF über ihre Sokolan®-Produkte in Granulatform, die auch gemäß Streitpatent vorzugsweise als granulares polymeres Polycarboxylat eingesetzt werden (Seite 2, Zeilen 55 bis 56). Dokument (1) beschreibt, daß Sokolan®-Produkte allgemein, auch in Pulverform, Inkrustationbildung verringern, wobei ihr Wirkungsgrad von der Waschmittelformulierung abhängt (Seite 5, Absätze 2 und 3). So sind auch die Sokolan®-Granulate aufgrund ihrer Fähigkeit Calciumcarbonat zu dispergieren, geeignet, Inkrustationen zu verhindern (Seite 4, vierter Absatz). Gegenüber Sokolan®-Pulvern haben die Granulate aber den Vorteil, daß sie rieselfähig sind, eine hohe Schüttdichte haben, nicht stauben und sich leichter in Wasser lösen (Seite 5, letzter Absatz). Die Granulate sind daher besonders geeignet mit Waschmittelgranulaten ähnlicher Schüttdichte und Teilchengröße vermischt zu werden (Seite 6, Absätze 1 bis 5).

Eine typische Formulierung für ein phosphatfreies Waschmittel unterscheidet sich vom Streitgegenstand nur dadurch, daß sie 10 bis 15 Gew.-% Natriumcarbonat enthält (Seite 6, Absätze 6 und 7).

Die Kammer stimmt daher mit den Beschwerdegegnerinnen überein, daß sich Dokument (1) als Ausgangspunkt für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit eignet.

4.3. Die Beschwerdeführerin hat nicht gezeigt, daß die Menge an Verkrustungen mit Hilfe des Streitgegenstandes geringer wäre als mit Hilfe der aus Dokument (1) bekannten phosphatfreien Wasch- und Reinigungsmittel. Noch gibt es Hinweise, aus denen abzuleiten wäre, daß der beanspruchten Verwendung von weniger als 10 Gew.-% an Alkalicarbonat irgendeine andere besondere Bedeutung gegenüber Dokument (1) zukäme. Daher kann die mit dem Streitgegenstand gegenüber Dokument (1) gelöste Aufgabe nur in der Bereitstellung einer weiteren Sokolan®-Granulat-haltigen Waschmittelformulierung gesehen werden.

4.4. Somit bleibt zu untersuchen, ob die gemäß Streitpatent vorgeschlagene Lösung dieser Aufgabe, nämlich weniger Alkalicarbonat zu verwenden, in Anbetracht des Standes der Technik auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

Nach Auffassung der Beschwerdeführerin würde ein Fachmann Dokument (1) die Lehre entnehmen, mehr als 10. Gew.-% an Alkalicarbonat sei für phosphatfreie Wasch- und Reinigungsmittel unbedingt erforderlich, weil das einzige erwähnte Reinigungsmittel, das davon weniger enthalten könne (Seite 7, Absätze 3 und 4) nicht phosphatfrei sei.

Diese Auffassung steht jedoch im Widerspruch zum übrigen Stand der Technik, aus dem phosphatfreie Wasch- und Reinigungsmittel mit wenig oder überhaupt keinem Gehalt an Alkalicarbonat bekannt sind. So aus Dokument (2), das granulare phosphatfreie Mittel beschreibt, die sich vom Streitgegenstand nur dadurch unterscheiden, daß ein erstes Granulat im wesentlichen nur die anionischen und nichtionischen Tenside enthält und ein zweites Granulat im wesentlichen die Gerüststoffkombination enthält, inklusive Sokolan® CP5 (Seite 5, Absatz 2, Seite 7, Absätze 2 und 3 sowie Beispielsbeschreibung auf den Seiten 8 und 9). Auch Dokument 7 beschreibt ein phosphatfreies Buildersystem für Waschmittelzusammensetzungen, das neben Zeolith und Polycarboxylaten Alkalicarbonat in einer Menge von nur 5. Gew.-% enthalten kann (Seite 150, linke Spalte, Zeilen 9. bis 11, und Figur 8).

4.5. Die Kammer kommt daher zu dem Ergebnis, daß der Fachmann ausgehend von den aus Dokument (1) bekannten Zusammensetzungen auch die Verwendung von weniger als 10. Gew.-% an Alkalicarbonat in Betracht gezogen hätte, um zu einer anderen Formulierung zu gelangen, zumal solche Mengen - wie aus den Dokumenten (2) und (7) bekannt ist - für phosphatfreie Wasch- und Reinigungsmittel durchaus üblich sind.

5. Auch wenn man von einem Stand der Technik ausgeht, der, wie von der Beschwerdeführerin angegeben, sich vom Streitgegenstand nur dadurch unterscheidet, daß Sokolan® in Pulverform verwendet wird, und unter der Annahme, daß ein solcher Stand der Technik selbst ohne Anwesenheit von Alkalicarbonat mehr Inkrustationen aufweist als der Streitgegenstand bei 5 Gew.-% Alkalicarbonat, kann kein anderes Ergebnis erreicht werden. Denn das Argument der Beschwerdeführerin, wonach wegen einer nicht vorhersehbaren Verbesserung der Verkrustungseigenschaften erfinderische Tätigkeit anzuerkennen sei, vermag nicht zu überzeugen. Dokument (1) nämlich empfiehlt die Verwendung von Granulat anstelle von Pulver schon allein der Staubfreiheit wegen und zum Zwecke der besseren Vermischbarkeit und besseren Löslichkeit (Seite 5, letzter Absatz). Infolgedessen würde mit dem Streitgegenstand gegenüber einem solchen Stand der Technik mit Sokolan® in Pulverform nicht nur das Problem der verbesserten Inkrustationsinhibierung gelöst, sondern auch weitere Probleme, nämlich bessere Mischbarkeit, verringertes Stauben und verbesserte Löslichkeit. Wenn daher, wie hier, ein relevanter Stand der Technik, nämlich Dokument (1), dem Fachmann zur Lösung von Teilaufgaben eine bestimmte Handlungsweise empfiehlt, hier die Verwendung von Sokolan® als Granulat, so liegt es nahe, diese Handlungsweise auch im sogenannten nächstliegenden Stand der Technik anstelle von Sokolan® in Pulverform vorzunehmen, auch wenn damit gleichzeitig und unvorhersehbar noch eine weitere Teilaufgabe gelöst wird.

6. Die Kammer kommt daher zu dem Ergebnis, daß der Gegenstand nach Anspruch 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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