T 0181/99 () of 15.11.2001

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2001:T018199.20011115
Datum der Entscheidung: 15 November 2001
Aktenzeichen: T 0181/99
Anmeldenummer: 92115052.0
IPC-Klasse: C08G 63/672
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zur Herstellung statistischer Copolyester
Name des Anmelders: Zimmer Aktiengesellschaft
Name des Einsprechenden: EMS-INVENTA AG
Kammer: 3.3.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 100(a)
European Patent Convention 1973 Art 100(b)
Schlagwörter: Ausführbarkeit der Offenbarung (bejaht)
Erfinderische Tätigkeit (bejaht), Aufgabe und Lösung
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Bekanntmachung des Hinweises auf die Erteilung des europäischen Patents Nr. 0 532 988 auf die am 3. September 1992 unter Beanspruchung der Priorität einer deutschen Voranmeldung (4131362) vom 20. September 1991 eingereichte europäische Patentanmeldung Nr. 92 115 052.0 erfolgte am 22. November 1995 (Patentblatt 95/47). Das Patent enthielt acht Ansprüche. Anspruch 1 lautete wie folgt:

"1. Verfahren zur Herstellung von statistischen Copolyestern (C), enthaltend neben Terephthalsäure-Einheiten und Ethylenglykol-Einheiten, 0,5 bis 2,0 Gew.-% Diethylenglykol-Einheiten sowie 0,5 bis 5,0 Gew.-% Isophthalsäure- und/oder 1,4-Bis-(hydroxymethyl)-cyclohexan-Einheiten, deren Intrinsic-Viskosität gemessen gemäß Beschreibung 0,7 bis 2,0 dl/g beträgt und deren Schmelztemperatur, gemessen mittels DSC, um nicht mehr als 2 C höher ist als die Schmelztemperatur von durch direkte Polykondensation der Monomeren erhaltenen Copolyestern gleicher summarischer Zusammensetzung, dadurch gekennzeichnet, daß

- ein Polyester (A) mit einer Intrinsic-Viskosität von 0,5 bis 0,8 dl/g, bestehend aus Polyethylenterephthalat mit 0,6 bis 2,0 Gew.-% Diethylenglykol-Einheiten und

- ein Polyester (B) mit einer Intrinsic-Viskosität von 0,1 bis 0,6 dl/g, enthaltend, bezogen auf Polyester (B), 10 bis 1000 ppm Sb oder Ti oder Ge und mindestens 10. Gew.-% Isophthalsäure und/oder 1,4-Bis-(hydroxymethyl)-cyclohexan wobei die Differenz zu je 100 Mol.-% Dicarbonsäuren bzw. Diole aus Terephthalsäure und aus Ethylenglykol, welches bis zu 50 Mol.-% durch Diethylenglykol ersetzt sein kann, besteht,

- im geschmolzenen Zustand während 1 bis 50 min vermischt werden, anschließend granuliert, und das Granulat mit einem Chips-Gewicht von 0,5 bis 5,0 g/100 Chips unter Inertgas bei einer Temperatur T1 über 150 C und unterhalb der Schmelztemperatur während 0,5 bis 3 h kristallisiert wird und nachfolgend unter Inertgas oder unter Vakuum bei einer Temperatur T2 über 150 C und kleiner oder gleich T1 bis zum Erreichen der gewünschten Intrinsic-Viskosität nachkondensiert wird."

Die Ansprüche 2 bis 8 betrafen weitere Ausgestaltungen des Verfahrens gemäß Anspruch 1.

II. Am 21. August 1996 wurde unter Hinweis auf die Artikel 100 a) und 100 b) EPÜ gegen das Patent von der Firma EMS Inventa AG Einspruch eingelegt. Im einzelnen wurden fehlende Neuheit und mangelnde erfinderische Tätigkeit geltend gemacht und angegeben, die Erfindung sei im Patent nicht so deutlich offenbart, daß ein Fachmann sie ausführen könne. Zur Begründung ihrer Einwände unter Artikel 100 a) EPÜ verwies die Einsprechende auf die folgenden Druckschriften:

D1: US-A-3 651 172,

D2: M. Dröscher, Ind. Eng. Chem. Prod. Res. Dev., 1982, 21, Seiten 126 bis 130 und

D3: Shaow-Burn Lin, J. L. Koenig, Journal of Polymer Science: Polymer Symposium 71, 1984, Seiten 121 bis 135.

Nach Ablauf einer von der Einspruchsabteilung gesetzten Frist gemäß Regel 71a EPÜ wurden von der Einsprechenden weitere Druckschriften D4 bis D8 genannt, die aber von der Einspruchsabteilung als prima facie unerheblich für die zu treffende Entscheidung erachtet und daher gemäß Artikel 114 (2) EPÜ nicht zum Verfahren zugelassen wurden:

D4: US-A-4 340 721,

D5: EP-A-0 041 035,

D6: EP-A-0 379 684,

D7: Broschüre "Kodapak® PET" Eastman Kodak Company, Publication No. PTP-34B, Januar 1988 und

D8: Broschüre "Eastman polyester and copolyester resins", Eastman Chemical Products Inc., 20. August 1986.

III. Der Einspruch wurde mit einer am 9. Oktober 1998 verkündeten Entscheidung, deren schriftliche Begründung am 4. Dezember 1998 zur Post gegeben wurde, zurückgewiesen.

i) Zum Einwand mangelhafter Offenbarung wurde gemäß angefochtener Entscheidung von der Einsprechenden im wesentlichen vorgetragen, (i) daß das beanspruchte Verfahren nicht zu statistischen, sondern zu Block-Copolyestern führe, (ii) daß mit der DSC-Methode (DSC: differential scanning calorimetry) ein ungeeignetes Analyseverfahren zum Beleg des geltend gemachten Ergebnisses verwendet worden sei und (iii) daß die notwendigen Durchführungsbedingungen für die DSC-Methode nicht offenbart seien.

Diesen Einwand betreffend kam die Einspruchsabteilung zum Schluß, daß dem Fachmann im Licht des Streitpatents und seiner allgemeinen Fachkenntnis klar sei, wie die DSC-Messungen durchzuführen seien. Außerdem lasse sich anhand der damit gemessenen Schmelztemperatur des Copolyesters feststellen, daß sich der Copolyester offenbar während der als letztem Verfahrensschritt gemäß Anspruch 1 durchgeführten Festphasenkondensation in Richtung auf ein statistisches Copolymer verändere.

ii) Neuheit des Patentgegenstandes gegenüber den ursprünglich zitierten Druckschriften D1, D2 und D3 wurde anerkannt, da einerseits kein Verfahren zur Herstellung statistischer Copolyester mit den gleichen Verfahrensschritten beschrieben sei, andererseits die Polymeren sich unterschieden.

iii) Bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit ging die Einspruchsabteilung von der offenbar durch beide Parteien anerkannten Tatsache aus, daß die direkte Herstellung statistischer Copolyester mit einer Intrinsic-Viskosität von 0,7 bis 2,0 dl/g bekannt sei, die neben Terephthalsäure- und Ethylenglykol-Einheiten auch 0,5 bis 2,0 Gew.-% Diethylenglykol- sowie 0,5 bis 5. Gew.-% Isophthalsäure- und/oder Bis(1,4-hydroxymethyl)cyclohexan-Einheiten (abgekürzt: TPA-, EG-, DEG-, IPA- bzw. CHDM-("Cyclohexandimethylol")-Einheiten) enthielten. Gegenüber diesem als nächstliegender Stand der Technik anzusehenden Verfahren habe die Aufgabe darin bestanden, ein weiteres Verfahren zur Herstellung solcher Copolyester zur Verfügung zu stellen. Diese Aufgabe sei durch das mehrstufige Verfahren gemäß Anspruch 1 glaubhaft gelöst worden.

iv) D1 führe eher weg von der Erfindung, da der Fachmann davon eher zu einer Reaktion der beiden Ausgangspolymeren in der Schmelze angeregt worden sei. D2 gebe ebenfalls nicht an, daß die Umesterung in der Festphase zu einem statistischen Copolyester führen könnte. Auch ließe sich keine Lehre über Reaktionsgeschwindigkeiten aus dieser Literaturstelle ableiten, da sich die Qualität der Ausgangsmischungen bedingt durch die verwendeten Mischverfahren (D2: in Lösung; Streitpatent: in Schmelze) grundlegend unterscheide (Punkt 6.8a). D3 betreffe nicht die Wärmebehandlung eines Block-Copolyesters. Für den Fachmann sei daher in Kenntnis der drei Druckschriften nicht nahegelegt, zur Herstellung eines statistischen Copolyesters die vier Verfahrensschritte des Anspruchs 1 zu kombinieren: d. h. jeweils unter den definierten Bedingungen des Anspruchs 1 die Komponenten in der Schmelze zu mischen, danach zu granulieren, zu kristallisieren und nachzukondensieren.

v) Die von der Einsprechenden vorgetragenen Vorbehalte, daß das Verfahren im gesamten Bereich des Anspruchs 1 nicht in der im Streitpatent angegebenen Weise ablaufe, daß nämlich bereits während der Schmelzvermischung unter Bedingungen gemäß Anspruch 1 statistische Copolyester entstünden und daher ein solches Verfahren im Hinblick auf D1 nicht erfinderisch sei, wurden von der Einspruchsabteilung als nicht durchgreifend erachtet.

IV. Am 2. Februar 1999 erhob die Beschwerdeführerin (Einsprechende) Beschwerde unter gleichzeitiger Entrichtung der vorgeschriebenen Gebühr. In ihrer am 1. April 1999 eingereichten Beschwerdebegründung sowie in weiteren Eingaben vom 27. April 2000, 11. Oktober 2001 und 12. November 2001 widersprach sie der angefochtenen Entscheidung und erneuerte ihre Einwände gegen die Offenbarung des Patentgegenstandes und zur erfinderischen Tätigkeit.

i) Zur Sache legte sie einen eigenen Versuchsbericht mit Meßergebnissen sowie ein Gutachten des Instituts für angewandte Polymerforschung der Fraunhofer Gesellschaft vor. Sie zweifelte an, daß das beanspruchte Verfahren wirklich in der angegebenen Form ablaufe und tatsächlich statistische Copolyester erzeuge. Das beanspruchte Verfahren umfasse vielmehr auch Ausführungsformen, die bereits zum Stand der Technik zählten. Daher könne erfinderische Tätigkeit nicht anerkannt werden, denn der geltend gemachte Überraschungseffekt beruhe lediglich auf einem Trugschluß aufgrund einer nicht geeigneten Analysemethode.

ii) Ausgehend von der technischen Aufgabe, ein weiteres Verfahren zur Herstellung statistischer Copolyester zur Verfügung zu stellen, werde ein Verfahren beansprucht, das nichterfinderische Ausführungsformen umfasse, sich unmittelbar aus dem Stand der Technik ableiten lasse, und insbesondere im Hinblick auf D1 nicht erfinderisch sei (Beschwerdebegründung, Seite 4, Punkt 1). Die Verfahrensmaßnahmen stellten eine Kombination von drei an sich bekannten Verfahrensschritten dar: (a) ein Polyester (A) werde mit einem Copolyester (B) in Gegenwart von Katalysatoren in der Schmelze vermischt; (b) die Schmelzemischung werde in üblicher Weise granuliert und (c) das Granulat werde kristallisiert und danach in fester Phase nachkondensiert. Zudem leide das Patent an Offenbarungsmängeln, die auch durch die nachträgliche Angabe von Schmelzemischtemperaturen nicht geheilt würden.

iii) Als Kernfrage des beanspruchten Verfahrens stehe im Raum, ob die Umwandlung in ein statistisches Copolymer überwiegend während der Festphasen-Nachkondensation stattfinde. Um den Anteil der Umesterung in der Schmelzphase bzw. Festphasen-Nachkondensation zu beurteilen, habe sich die Patentinhaberin ausschließlich auf DSC-Messungen bezogen und die festgestellte Schmelzpunkterniedrigung in einen linearen Zusammenhang mit dem angeblich erzielten Umesterungsgrad gesetzt. Die spezielle Probenvorbereitung, deren genaue Bedingungen erst in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung am 9. Oktober 1998 nachgereicht worden seien, führe aber zu einer Verfälschung der Ergebnisse. Zudem laufe die Umesterung bei den im Anspruch 1 des Streitpatents angegebenen Bedingungen schon weitgehend in der Schmelzphase ab.

iv) Zum Beleg ihrer Ausführungen habe die Beschwerdeführerin eigene Experimente und Messungen zur Umesterung in der Schmelzphase durchgeführt (Anlage A zur Beschwerdebegründung vom 1. April 1999), die bestätigten, daß sich bereits in der Schmelzphase schon nach wenigen Minuten ein großer Umesterungsgrad von deutlich über 50 % einstelle. Überdies würden bei Vermischungszeiten in der Schmelze innerhalb des in Anspruch 1 definierten Bereichs von 1 bis 50. min auch unterhalb der maximal zulässigen Temperaturen Umsätze von mehr als 90 % erreicht. Ein Produkt, das genau der Definition in Anspruch 1 entspreche, sei schon nach 21,7 min in der Schmelze und einer Probenvorbereitung der Polyester- bzw. der Copolyestermischung für eine DSC-Messung erhalten worden. Damit bleibe für die beanspruchte Umesterung während der SSP (Feststoff- bzw. Festphasenpolykondensation) ein Umsatz von weniger als 10 % übrig. Diesem Schritt komme daher nur noch die Funktion der Molekulargewichtserhöhung und der Reduktion des Acetaldehydgehaltes zu (vgl. D4 bis D7). Der Meßfehler der DSC-Meßmethodik betrage im Bezug auf den wahren Schmelzpunkt bis zu 4 C, was einem Umsatz von 50 % entspreche.

v) Der hohe Umsetzungsgrad in der Schmelze sei in der Eingabe der Beschwerdegegnerin vom 14. September 2001 und dem dort beigefügten Gutachten von Prof. Veeman von der Gerhard-Mercator-Universität Duisburg sowie im von ihr mit der Eingabe vom 11. Oktober 2001 eingereichte Gutachten des Fraunhofer-Instituts bestätigt worden. Um der SSP mehr als 50 % Umesterung vorzubehalten, seien bei der Herstellung des Copolyesters IP 14, der im von der Beschwerdegegnerin eingereichten Gutachten eingesetzt wurde, offenbar eine sehr niedrige Schmelzetemperatur und eine kurze Verweilzeit von weniger als 5 min gewählt worden (Eingabe vom 11. Oktober 2001, Seite 3, Absatz 1).

vi) Im Hinblick auf das allgemeine Fachwissen könne das Merkmal "Chips-Gewicht" keine Rolle für die Aufgabenstellung bzw. bei der Lösung des Streitpatents spielen und in keiner Weise zur erfinderischen Tätigkeit beitragen. Schließlich sei auch die Molekulargewichtserhöhung und der Reduktion des Acetaldehydgehalts während der SSP dem allgemeinen Fachwissen zuzurechnen.

vii) D2 beschreibe quantitativ die exakte Kinetik und den innerhalb kurzer Zeit erreichbaren hohen Umsatz einer Umesterung einer PET/Copolyester-Mischung in Schmelzphase und fester Phase (PET: Polyethylenterephthalat), deren Lehre durchaus auf Praxisbedingungen übertragen werden könne.

viii) In D1 habe man nur deshalb deutlich längere Vermischzeiten zur Erzielung von statistischen Copolyestern benötigt, da dort unter denkbar schlechten und für die Praxis völlig ungeeigneten Bedingungen gearbeitet worden sei, nämlich in einem Dreihalskolben mit einem normalen Rührwerk (Punkt 1.6 der Beschwerdebegründung).

ix) Zusammenfassend lasse sich feststellen, daß die Vermischungszeit in der Schmelze enorm kurz und/oder die Vermischung äußerst schlecht sein müsse, damit der Anteil der Randomisierung bei der Schmelze-Vermischung kleiner sei als der Anteil der Weiterreaktion bei der SSP.

x) In der letzten Eingabe vom 12. November 2001 wurden von der Beschwerdeführerin ergänzend im wesentlichen zwei Aspekte hervorgehoben.

Zum einen sei es unmöglich, die beiden Reaktanten über eine Zeitspanne von 1 bis 50 min in Mischung zu halten, ohne daß eine chemische Reaktion eintrete. Diese Voraussetzung entnehme der Fachmann aber der Beschreibung (Seite 3, Zeilen 17 bis 20) als Definition von "vermischen" gemäß Anspruch 1. Er könne folglich bereits diesen zwingenden Verfahrensschritt nicht realisieren. Der Patentinhaber müsse seine eigene Definition auch gegen sich selbst gelten lassen, er hätte ja eine andere Formulierung wählen können.

Zum anderen stelle die DSC-Messung eine völlig ungeeignete Methode dar, um den Erfolg und den Ablauf des Verfahrens zu verifizieren. Wie bereits schriftlich vorgetragen, liege die Fehlergrenze der DSC-Messung bei vier Grad, diese Methode könne also nicht der Feststellung dienen, ob das vom Verfahrensprodukt verlangte Merkmal einer Abweichung des Schmelzpunktes von höchstens zwei Grad oberhalb der Schmelztemperatur eines durch direkte Polykondensation der Monomeren erhaltenen Copolyesters gleicher Zusammensetzung erfüllt werde. Dieses zwingende Merkmal von Anspruch 1 könne also ebenfalls nicht ausgeführt werden. Zudem habe die notwendige Vorbehandlung zur DSC-Messung, die kurzzeitige Erhitzung auf 300 C, einen sehr großen Einfluß auf die zu untersuchende Probe.

Zwischen den Parteien sei unstreitig, daß die Herstellung eines statistischen Copolyesters durch eine genügend lange Schmelzphasenbehandlung zum Stand der Technik gehörte. Auch sei nachgewiesen worden, daß bereits nach 21 min ein Umsatz von 92,56 % eintrete. Dies belege aber, daß innerhalb des angegebenen Zeitintervalls von 50. min eine vollständige Randomisierung eintrete. Folglich komme den zusätzlichen Verfahrensschritten, Granulierung und Festphasenbehandlung, lediglich die Aufgabe zu, das Molekulargewicht zu erhöhen und den Acetaldehydgehalt zu reduzieren. Diese Verfahrensschritte seien aus D1 bereits bekannt. Daher könne Anspruch 1 mangels erfinderischer Tätigkeit keinen Bestand haben (Seiten 6/7).

V. In einer ersten Stellungnahme vom 6. August 1999 hat die Beschwerdegegnerin dem Vorbringen der Beschwerdeführerin widersprochen und beantragt, die nach der Einspruchsfrist genannten Druckschriften und den Versuchsbericht wegen fehlender Relevanz und verspäteten Vorbringens nicht ins Verfahren zuzulassen.

Mit Schriftsatz vom 14. September 2001 hat sie zudem das oben in Abschnitt IV.v) bereits erwähnte Gutachten eingereicht, in dem laut Angabe eine Reihe von Polyestern mittels NMR-Untersuchungen auf ihre Monomerenverteilung (Triadenverteilung) untersucht worden sind. Diesen Untersuchungen zufolge ergebe sich bei einer 12-stündigen Festphasen-Nachkondensation eine Erhöhung der "Randomness", d. h. eine Bestätigung des für das Verfahren geltend gemachten Effektes.

In einer weiteren Eingabe vom 29. Oktober 2001 gab die Beschwerdegegnerin weitere Erklärungen zu diesem Gutachten, um diesbezüglichen Einwänden der Beschwerdeführerin zu begegnen, und wies zudem darauf hin, daß die Umesterung in erheblichem Umfang erst während der SSP stattfinde. Statistische Copolyester könnten natürlich auch bei langer Behandlung in der Schmelze erhalten werden. Im Streitpatent werde aber ausdrücklich auf die Nachteile einer langen Schmelzphasenbehandlung hingewiesen, die es zu vermeiden gelte. Hierzu verwies sie auf den die Seiten 3 und 4 überbrückenden Absatz.

Gleichzeitig legte die Beschwerdegegnerin den Anspruch 1 eines Hilfsantrags vor, der sich von dem eingangs zitierten Wortlaut des erteilten Anspruchs 1 nur durch die Einschränkung der Zeitdauer der Vermischung im geschmolzenen Zustand auf "5 bis 15 Minuten" unterschied.

VI. In der am 15. November 2001 auf die Hilfsanträge beider Beteiligten abgehaltenen mündlichen Verhandlung wurde zunächst mit den Parteien die Relevanz der nachgereichten Versuchsberichte und Gutachten beider Parteien sowie von D4 bis D8, danach der Einwand unter Artikel 100 b) EPÜ sowie abschließend die Frage der erfinderischen Tätigkeit diskutiert. Neuheit wurde nicht weiter bestritten.

i) Nach Aussage der Beschwerdeführerin sollten D4 bis D8 nur die allgemeine Fachkenntnis auf diesem Sachgebiet belegen. Auf sie wurden keine weiteren Ausführungen gegründet.

ii) Hinsichtlich der Versuchsberichte und Gutachten wurden die Parteien von der Kammer darauf hingewiesen, daß keiner dieser Versuche die Definitionen der Komponenten in Anspruch 1 erfüllt. Dies wurde von den Parteien auch nicht bestritten. Seitens der Beschwerdeführerin wurde das für ihre Versuche als bewußt in Kauf genommene Abweichung bezeichnet, die aber die Aussagekraft für die Frage der Offenbarung nicht in Frage stellen könne. Vielmehr seien für ihre eigene Argumentation besonders ungünstige, für die Beschwerdegegnerin hingegen vorteilhafte Randbedingungen verwendet worden. Die Beschwerdegegnerin hingegen hielt ihre Vorbehalte gegenüber den Versuchen der Beschwerdeführerin und ihrer Aussagekraft aufrecht.

Beide Parteien nahmen während der weiteren Diskussion über die Ausführbarkeit und die erfinderische Tätigkeit wiederholt Bezug auf die NMR-Messungen in den beiderseitigen Gutachten und akzeptierten deren Aussagen als im Ergebnis übereinstimmend.

iii) Die Beschwerdeführerin wiederholte im wesentlichen ihre Einwände vom 12. November 2001 zur Frage mangelhafter Offenbarung (Abschnitt IV.x), oben). Deshalb sei der Fachmann daran gehindert, das beanspruchte Verfahren nachzuvollziehen. Dies gelte sowohl für die Schmelzevermischung wie für das zwingende Merkmal der DSC-Messung.

Die Beschwerdegegnerin widersprach diesem Vortrag und führte aus, daß Anspruch 1 ohne jede weiteren Bedingungen verlange, als ersten Verfahrensschritt die Polyester (A) und (B) in der Schmelze zu vermischen. Selbstverständlich wisse der Fachmann, daß beim Vermischen von Reaktionspartnern bei Schmelztemperaturen der Beginn einer Umsetzung miteinander nicht unterbunden werden könne. Dies könne auch den Beispielen der Patentschrift entnommen werden. Es entstehe dabei ein Gemisch aus Ausgangskomponenten und unterschiedlichen Reaktionsprodukten, seien sie Blockpolyester oder bereits solche mit teilweise statistischer Verteilung der Monomereinheiten. Für das Ergebnis des Gesamtverfahrens sei es ohnehin unerheblich, wann was passiere. Entscheidend sei nur, daß am Ende ein statistischer Copolyester erhalten werde.

Zur Frage der Aussagekraft der DSC-Messungen stellte die Beschwerdegegnerin fest, es sei nicht streitig, daß eine thermische Vorbehandlung der Proben unverzichtbar und üblich sei, um Verfälschung der Messung durch Kristallite zu verhindern. Es sei daher üblich, kurzzeitig auf 300 C zu erhitzen und dann abzuschrecken. Exzessives Erhitzen führe allerdings zu Veränderungen der Probe, daher müßten selbstverständlich geeignete Randbedingungen eingehalten werden. Anspruch 1 definiere nur das Endprodukt des Verfahrens nach Durchführung aller Schritte durch einen DSC-Meßwert. Es sei nicht verlangt, den Fortgang des Verfahrens anhand von DSC-Messungen zu verfolgen. Die von der Beschwerdeführerin vorgelegten Versuche lägen aber abseits vom Endzustand. Es sei bereits im Einspruchsverfahren nachgewiesen worden, daß sich die Schmelztemperaturen der Proben des Endprodukts innerhalb der ersten zwei Minuten des Aufheizens nicht merklich veränderten, die Variation läge dann innerhalb von 0,2 Grad Celsius.

NMR sei sicher eine bessere Meßmethode, aber DSC sei damals die übliche und allgemein verfügbare Standardmethode gewesen.

Im Laufe der Diskussion wurde von der Beschwerdeführerin beigepflichtet, daß die Fehlergrenze mit steigenden Randomisierungsgraden abnimmt und nach Abschluß der Randomisierung sehr klein ist.

iv) Auch zur erfinderischen Tätigkeit trug die Beschwerdeführerin im wesentlichen die Argumente in ihrer Eingabe vom 12. November 2001 (obiger Abschnitt IV.x)) vor. Die auf Seite 2, Zeilen 23 bis 25, genannte Aufgabe, geringe Investitionskosten zu erreichen und nicht typgerechtes Produkt zu vermeiden, werde bereits durch die Schmelzphasenbehandlung von ca. 25 min erreicht. Für eine reine Vermischung der Komponenten reiche eine Zeitdauer von 1 bis 5 min aus.

Die lange Randomisierungsdauer des Polyestergemisches in Beispiel 1 von D1 in der Schmelze über die bekannte Zwischenstufe des Copolyesters hinaus (dortiger Vergleichsversuch) beruhe auf einer völlig ungeeigneten Apparatur in Form eines Dreihalskolbens mit normalem Rührer. Beispiel 1 von D1 sei daher nicht praxisgerecht und könne für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht als besonders wichtig angesehen werden.

Die Wichtigkeit des Zeitfaktors sei aber bereits aus D2 ersichtlich, woraus hervorgehe, daß bei hohen Temperaturen bereits nach kurzer Verweilzeit die Randomisierung zu einem statistischen Copolyester führe, der das Schmelzpunktskriterium von Anspruch 1 erfülle. Dies sei von der Beschwerdeführerin anhand der Abbildung 6 und der Ausführungen zur Kinetik der Umesterungsreaktion auf den Seiten 128 und 129 von D2 schon durch die mit der Beschwerdebegründung eingereichten Diagramme und Messungen belegt worden. Eine Verweildauer von 1 bis 50 min führe immer zu einer statistischen Monomerenverteilung.

v) Die Beschwerdegegnerin trug vor, daß die technische Aufgabe insbesondere darin bestanden habe, ein besonders schonendes Verfahren zur Herstellung statistischer Copolyester zur Verfügung zu stellen. Wie in der Beschreibung dargelegt, bedinge eine lange Behandlung in der Schmelzphase gemäß dem Stand der Technik eine hohe thermische Belastung des Polyesters und führe damit zu seiner Schädigung. Das beanspruchte Verfahren ermögliche hingegen, die thermische Belastung zu senken und anstelle der langen Schmelzphasenbehandlung bei niedrigerer Temperatur nachzukondensieren und damit die angestrebten Copolyester herzustellen. Patentgemäß könne entweder der erste Verfahrensschritt gegenüber dem Stand der Technik verkürzt oder aber der Randomisierungsgrad noch weiter erhöht werden. Anspruch 1 verlange nicht in jedem Fall, 50 min zu mischen. Wie auch der Hilfsantrag vom 29. Oktober 2001 zeige, umfasse der Anspruch des Hauptantrags bessere und weniger gute Ausführungsformen. Es sei aber keinesfalls so, daß bei einer langen Verweilzeit in der Schmelze das Verfahren nicht mehr funktioniere.

Zu D2 führte die Beschwerdegegnerin aus, es gebe keinesfalls eine allgemeine Regel, daß sich bei der thermischen Behandlung einer Mischung von Polyestern immer erst ein Block- und erst dann ein statistischer Copolyester bilden müsse. Es könne vielmehr auch umgekehrt Block-Copolyester als Endprodukte geben. Es sei nicht vorherzusehen, wie die Reaktion bei thermischer Behandlung verlaufe.

Schließlich wies die Beschwerdegegnerin darauf hin, daß die Beschwerdeführerin keine gültigen Vergleichsversuche als Beleg für ihr Vorbringen zur erfinderischen Tätigkeit vorgelegt habe.

Im Anschluß an diese Ausführungen bestätigten die Parteien, daß sie keine weiteren Argumente vorzubringen hätten. Darauf hin schloß der Vorsitzende die Debatte.

VII. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.

Die Beschwerdegegnerin beantragte die Zurückweisung der Beschwerde, hilfsweise das Patent aufrechtzuerhalten auf Basis des Hilfsantrags vom 29. Oktober 2001.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Einwand gemäß Artikel 100 b) EPÜ

2.1. Der Einwand ist im wesentlichen auf zwei Gründe gestützt worden, zum einen, daß der Großteil der Umesterung zu einem statistischen Copolyester bereits während der Mischphase in der Schmelze stattfinde und es überhaupt nicht möglich sei, die beiden Komponenten (A) und (B) über eine Zeitspanne von 1 bis 50 min in Mischung zu halten (Eingaben vom 9. April 1997 bzw. 12. November 2001, Abschnitt 1); zum anderen, daß der Fachmann den Ablauf und Erfolg der Reaktion wegen der Mängel der DSC-Meßmethode nicht verfolgen bzw. feststellen könne.

2.2. Die Kammer kann der Argumentation der Beschwerdeführerin hinsichtlich der ersten Verfahrensmaßnahme, dem Vermischen in der Schmelze, nicht folgen. Der Wortlaut von Anspruch 1 kann weder so ausgelegt werden, daß dieser Schritt in jedem Fall 50 min dauern muß, noch, daß beim Vermischen keinerlei chemische Veränderung eintreten darf. Auch die von der Beschwerdeführerin zur Begründung genannte Passage der Beschreibung kann eine solche Auslegung des Wortlauts von Anspruch 1 nach Überzeugung der Kammer nicht stützen (Seite 3, Zeilen 17 bis 20: "Die in den Granulator eintretende Schmelzemischung ist aufgrund ihres Schmelzpunktes, der sich von dem des Polymers (A) nur wenig unterscheidet, überwiegend als physikalische Polymermischung anzusehen. Die Umwandlung in ein statistisches Copolymer bleibt der nachfolgenden Festphasenbehandlung vorbehalten.").

2.2.1. Zum einen werden dort nur relative Formulierungen wie "wenig unterscheidet", "überwiegend als physikalische Polymermischung" verwendet. Beide Formulierungen bieten breite Interpretationsmöglichkeiten. So umfaßt der Begriff "Polymermischung" auch unterschiedliche Mischungen von Edukten und Zwischen- und/oder Endprodukten, wie die Beschwerdegegnerin dargelegt hat.

2.2.2. Zum anderen wird auf Seite 3, Zeilen 13 bis 16 offenbart, daß die Mischdauer durch die Homogenisierfähigkeit der verwendeten Mischaggregate, das Volumen dieser Apparate sowie deren Verbindungsleitungen bestimmt wird. Dies steht offensichtlich auch im Einklang mit Beispiel 1 von D1, dessen Apparatur ("a one liter three-neck stainless steel resin flask") von der Beschwerdeführerin als nicht praxisgerecht bezeichnet worden ist. Außerdem darf die Aussage, daß lange Schmelzphasenbehandlung die Qualität der Polyester nachteilig beeinflussen, hierbei nicht außer Acht gelassen werden (Seite 4, Zeilen 5/6 des Streitpatents). Die Beschwerdeführerin selbst hat in ihrem Schriftsatz vom 11. Oktober 2001, Seite 3, Absatz 1, erkannt, daß zur Vermischung "bei sehr niedriger Schmelzetemperatur auch eine kurze Verweilzeit von weniger als 5 Minuten" genügen könnte (obiger Abschnitt IV.v)).

2.2.3. Die Kammer kann sich nicht der in der mündlichen Verhandlung geäußerten Meinung der Beschwerdeführerin anschließen, daß Beispiel 8 der Streitpatentschrift den Anspruchsgegenstand nicht erläutere bzw. nicht unter den Anspruch fiele. In diesem Beispiel wird eine Verweilzeit von 10 min genannt (Seite 6, Zeile 18).

Die Kammer ist vielmehr der Überzeugung, daß dem Fachmann geläufig ist, daß beim Zusammenmischen von Polyestern in der Schmelze, noch dazu in Gegenwart von Polykondensationskatalysator (Anspruch 1 und Seite 2, Zeile 56 bis Seite 3, Zeile 2), die Reaktanten nicht notwendigerweise über die gesamte Verweildauer inert nebeneinander vorliegen werden, sondern die Reaktion während des Mischens vermutlich starten wird. Auch aus diesem Grund kann die Interpretation des Begriffes "vermischen" durch die Beschwerdeführerin nicht überzeugen.

2.3. Anspruch 1 enthält - anders als viele Verfahrensansprüche in anderen Patentschriften oder -anmeldungen - zudem keinerlei Aussagen, bis zu welchem Umsatz eine einzelne Verfahrensstufe durchzuführen ist, und demgemäß keine Vorschrift, wie dieser Umsatz während des mehrstufigen Verfahrens zu messen wäre, z. B. etwa durch DSC- oder NMR-Messungen.

2.3.1. In Anspruch 1 wird DSC nur im Zusammenhang mit einer maximalen Differenz zwischen den Schmelztemperaturen des Verfahrensproduktes und eines statistischen Copolyesters gleicher Zusammensetzung erwähnt, wie er durch direkte Polykondensation hergestellt wird. Diese Messung dient nach dem Wortlaut des Anspruchs wie auch dem auf Seite 3, Zeilen 42 bis 46 ausschließlich zur Qualitätskontrolle des Endprodukts, nicht aber zur Verfolgung des Reaktionsablaufes in den einzelnen Stufen.

2.3.2. Auch die Zweifel an der Aussagekraft der DSC-Messung wegen eines zu großen Fehlerbereichs können nach Überzeugung der Kammer im Hinblick auf die Versuchsdaten der Beschwerdegegnerin in ihrem Schriftsatz vom 16. Dezember 1996 (insbesondere Seite 5, letzter Absatz bis Seite 7, Absatz 1) nicht durchgreifen. Diese Ergebnisse zeigen deutlich, daß der Einfluß der Probenvorbereitung für die DSC-Messung durch kurzzeitige Erhitzung der Endproduktproben (nahe am statistischen Gleichgewicht) auf 300 C äußerst gering ist und sich die Messung bei Variation der Erwärmungsdauer (2,0 oder 5,0 min) nur im Nach-Komma-Bereich (beispielsweise um weniger als 0,3 Grad; Seite 6, Tabelle) unterscheidet. Die Kammer hat daher auch im Hinblick auf die Meßbedingungen, unter denen die Endprodukte in den Beispielen der Patentschrift der DSC unterworfen wurden (Seite 4, Zeilen 15 bis 17), keine Zweifel, daß das beanspruchte Verfahren für den Fachmann nachvollziehbar ist.

2.3.3. Überdies sieht sie die Ausführungen der Einspruchsabteilung in den Punkten 4.5b bis 4.5f der angefochtenen Entscheidung, die von der Beschwerdeführerin nicht in Abrede gestellt worden sind, als überzeugend an.

2.3.4. Letztlich hat die Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung selbst akzeptiert, daß die Fehlergrenze mit Annäherung an das Reaktionsende der Umesterung/Weiterkondensation abnimmt und schließlich sehr klein wird.

2.3.5. Diese Feststellungen der Kammer stehen nicht im Widerspruch mit den Beobachtungen der Beschwerdeführerin, denn deren DSC-Untersuchungen beziehen sich auf ein gänzlich anderes, d. h. früheres, Stadium des Verfahrensablaufs, nicht aber auf das gemäß Streitpatent maßgebliche Endstadium. Daher fehlt dem von der Beschwerdeführerin festgestellten Fehlerbereich hinsichtlich des im Streitpatent beanspruchten Gegenstands jede Aussagekraft.

2.4. In Beispiel 8 der Patentschrift sind die Bedingungen in den einzelnen Verfahrensschritten nach Ansicht der Kammer eindeutig angegeben, die dem Fachmann genügend Information zur Durchführung des beanspruchten Verfahrens und zur Nachstellung des dortigen Versuchsproduktes geben. So sind die Verweilzeit in der Schmelze, Kristallisationstemperatur und -zeit sowie Temperatur und Dauer der SSP angegeben. Diese Angaben kann der Fachmann auf Basis seiner Fachkenntnis und im Lichte der übrigen Beschreibung nach Überzeugung der Kammer richtig interpretieren und im Rahmen des angestrebten Ergebnisses auch variieren.

Sofern dem Fachmann dann noch Zweifel geblieben wären, hätte er aber jederzeit das Verfahren gemäß Beispiel 8 nachvollziehen und das dabei entstandene Produkt nicht nur anhand der in den Tabellen offenbarten Eigenschaften überprüfen, sondern auch zusätzlichen, seiner Meinung nach besseren Überprüfungsmethoden unterwerfen können. Entsprechende Daten sind nicht vorgelegt worden, so daß die Kammer die Daten in der Patentschrift als gegeben ansehen muß.

2.5. Die Kammer kommt daher zu dem gleichen Schluß wie die Einspruchsabteilung, daß die Erfindung im Streitpatent so deutlich und vollständig offenbart ist, daß ein Fachmann sie ausführen kann.

2.6. Daher kann der Antrag der Beschwerdeführerin hinsichtlich Artikel 100 b) EPÜ nicht zum Erfolg führen.

3. Neuheit

Die Neuheit des Patentgegenstandes wurde von der Beschwerdeführerin nicht mehr bestritten. Da die Kammer keinen Anlaß sieht, von dem diesbezüglichen Befund in der Entscheidung der Einspruchsabteilung abzuweichen, hält sie den beanspruchten Gegenstand für neu.

4. Nächstliegender Stand der Technik und technische Aufgabe

4.1. Das Streitpatent betrifft ein Verfahren zur Herstellung statistischer Copolyester.

4.2. Copolyester, deren angesprochene Eigenschaften andeuten, daß es sich dabei um solche mit statistischer Monomerenverteilung handelt, werden in D1 als bekannt angegeben. Sie entstehen durch Reaktion unterschiedlicher Homopolyester in der Schmelze. Die Produkte sind für die dort beabsichtigte Verwendung ungeeignet.

Als ein Mangel dieser bekannten Copolyester gegenüber Homopolyestern wird neben weniger günstigen mechanischen Eigenschaften ihr niedrigerer Schmelzpunkt genannt. Der Beseitigung dieser Nachteile dient das Verfahren von D1 zur Herstellung von Block-Copolyestern. In seinem Beispiel 1 wird die Herstellung der unterschiedlichen Copolyester erläutert. Es zeigt neben einem deutlich erhöhten Zeitbedarf bei der Umesterung in der Schmelze zum statistischen Copolyester (Vergleichsversuch im Rahmen von Beispiel 1: 2 h) gegenüber der Herstellung der angestrebten Block-Copolyester (60 min; mit nachgeschalteter SSP) auch den deutlichen Unterschied der Schmelzpunkte: Block-Copolyester gemäß D1: 253 C gegenüber ungefähr 180 C im Vergleichsversuch. Die Herstellung statistischer Copolyester durch Umesterung eines Gemisches von Polyestern in der Schmelze sei im folgenden als "Schmelzeverfahren" bezeichnet.

4.3. In der angefochtenen Entscheidung und im Vortrag der Beschwerdeführerin während der mündlichen Verhandlung ist das "Schmelzeverfahren" als nächstliegender Stand der Technik angesehen worden.

4.4. Im Lichte von D1, des "Schmelzeverfahrens", einiger Passagen der Beschreibung des Streitpatents (Seite 2, Zeilen 23 bis 25; Seite 4, Zeilen 4 bis 6) und in Übereinstimmung mit dem schriftlichen Vortrag der Beschwerdegegnerin vom 29. Oktober 2001, aber auch dem Einspruchsschriftsatz vom 21. August 1996 (Seite 4: Punkt III, 1) kann die zu lösende technische Aufgabe darin gesehen werden, ein schonenderes Verfahren zur Umarbeitung von PET in möglichst statistische Copolyester aus TPA-, EG-, DEG- sowie definierten Mengen an IPA- und/oder CHDM-Einheiten zur Verfügung zu stellen, welches mit geringen Investitionskosten verbunden ist und bei dem praktisch kein nicht typgerechtes Produkt anfällt.

Gemäß den Ausführungsformen in den Beispielen 8 und 9 des Streitpatents werden aus PET und einer Reihe IPA- bzw. CHDM-haltiger Polyester durch 10-minütiges Mischen in der Schmelze, anschließendes Granulieren zu Körnern mit einem durchschnittlichen Gewicht von 1,4 bis 1,7 g/100 Chips, einstündiges Kristallisieren bei 215 C und schließlich siebenstündiger SSP bei 210 C Copolyester hergestellt. Aus den Daten in den Tabellen 2 und 3 des Streitpatents ist ersichtlich, daß die Schmelztemperatur der Zwischenprodukte nach der Mischung in der Schmelze durch die darauf folgenden Verfahrensschritte weiter erniedrigt wird, was bei Kenntnis von D1 nur als weitere Randomisierung interpretiert werden kann, und daß das Verfahren spezifikationsgerechte Endprodukte ergibt, deren Schmelztemperatur stets nur gering, innerhalb eines Bereiches von 2 C oberhalb einer berechneten Schmelztemperatur für einen statistischen Copolyester gleicher Zusammensetzung liegt.

Es ist unstreitig zwischen den Parteien, daß die Verarbeitung derartiger Polyester, wie etwa PET, in der Schmelze üblicherweise im Bereich von 280 C stattfindet (z. B. Beschwerdebegründung: Seite 7, Absätze 3 und 4; Streitpatent: Vergleichs-Beispiel 1).

In den Beispielen 8 und 9 des Streitpatents werden für die weiteren sich daran anschließenden Verfahrensschritte, Kristallisation und SSP gegenüber der Schmelze deutlich reduzierte Temperaturen offenbart. Daher kann der Aspekt geringerer thermischer Belastung der Polyester-Komponenten im Reaktionsgemisch als erfüllt angesehen werden.

Auch die in der Patentschrift dargelegten Probleme bei der Umstellung einer Polyesteranlage von Homopolyester auf Copolyester und umgekehrt werden offensichtlich vermieden, denn für das patentgemäße Verfahren wird ausdrücklich auf die Verwendbarkeit einer üblichen PET-Type hingewiesen, deren Herstellung durch die Umsetzung gemäß Streitpatent nicht berührt wird, also keine Variation der Produktionsanlage erforderlich macht (Seite 2, Absatz 2 sowie Zeilen 29 bis 31). Weder diese Offenbarung noch entsprechende Ausführungen der Beschwerdegegnerin sind durch die Beschwerdeführerin bestritten oder widerlegt worden.

Die gestellte technische Aufgabe wird demnach glaubhaft gelöst.

5. Erfinderische Tätigkeit

Es bleibt also zu entscheiden, ob sich die gefundene Lösung aus dem als bekannt anerkannten Umesterungsverfahren in der Schmelze bzw. aus der Literatur, auf die die Beschwerdeführerin ihre Argumentation gestützt hat, für den Fachmann in naheliegender Weise ergibt.

5.1. D1 stellt eindeutig auf die Herstellung von Block-Copolyestern ab. Außerdem wird in Spalte 5, Zeilen 16 bis 27, dargelegt, daß eine richtig gesteuerte SSP die Randomisierung zumindest teilweise kompensiert und zu einer Erhöhung des Blockanteils führt. Daraus kann also keinerlei Anregung entnommen werden, für die Erreichung des gegenteiligen Effektes, nämlich einer Reduzierung des Blockanteils, gerade zu dieser Maßnahme zu greifen. Dem Vortrag der Beschwerdeführerin, daß der Vergleichsversuch in Beispiel 1 von D1 in einer praxisfernen Apparatur durchgeführt worden und daher für die hier zu treffende Entscheidung nicht relevant sei, kann die Kammer nicht folgen. Dieser Versuch bestätigt vielmehr die Darlegung in der Beschreibung des Streitpatents, daß die Verweilzeit in Abhängigkeit von der Apparatur innerhalb eines Bereichs von 1 bis 50 min fachmännisch angepaßt werden kann und muß. Der Versuch mit einer Verweilzeit in der Schmelze bei 280 C von ungefähr zwei Stunden stellt außerdem die einzige in diesem Beschwerdeverfahren verfügbare vorveröffentlichte Quelle darüber dar, wie eine derartige Umesterung zu einem statistischen Copolyester, unabhängig von der Art die Ausgangs-Polyester, gemäß dem Stand der Technik durchgeführt werden sollte.

Wie die Einspruchsabteilung in ihrer Entscheidung bereits ausgeführt hat, führt diese Druckschrift eher vom beanspruchten Verfahren weg (Punkt 6.6 der Entscheidung).

5.2. Sowohl die eingangs des Einspruchsverfahrens erhobenen Zweifel an der Herstellbarkeit statistischer Copolyester durch das beanspruchte Verfahren, wie auch die in der angefochtenen Entscheidung (Punkte 4.5b bis 4.5f) formulierten Erkenntnisse der Einspruchsabteilung über die in der SSP ablaufende weitere Randomisierung zeigen nach Überzeugung der Kammer, daß das beanspruchte Verfahren weder aus der Kenntnis der Umesterung in der Schmelze für den Fachmann logisch ableitbar ist, noch sich aus D1 in zwangsläufiger Weise ergibt.

Das Vorbringen der Beschwerdeführerin, daß die auf die Vermischung in der Schmelze folgenden Verfahrensschritte, insbesondere die SSP, nur der Molekulargewichtserhöhung und der Entfernung von Acetaldehyd dienten, wird nach Überzeugung der Kammer durch die Beispiele der Patentschrift klar widerlegt.

5.3. D2 beschreibt die Esteraustauschreaktion in der Feststoff- und der Schmelzphase von DEG-freiem PET mit monodispersen Oligoestern, die DEG-Einheiten enthalten, als Modellreaktion für den Esteraustausch und daher die Umsetzung eines anders zusammengesetzten Systems. Die Umesterung mit IPA und CHDM wird nicht in Betracht gezogen. Bei perdeuteriertem PET und normalem PET sollte selbst unterhalb des Schmelzpunktes der Mischung nur kurz getempert werden, und in der Schmelze ist die Bildung von Block-Copolyestern unvermeidlich (Seite 128 und Seite 129, linke Spalte, erster vollständiger Absatz). Zur Lösung der vorliegenden technischen Aufgabe gibt diese Literatur keinerlei Anregung.

5.4. D3 untersucht lediglich das Schmelzverhalten und die Kristallisation von PET nach dem Tempern unter verschiedenen Bedingungen anhand von DSC-Messungen. Die Veröffentlichung enthält keine Hinweise auf Copolyester oder die Umsetzung verschiedener Polyester miteinander.

5.5. Die weitere zitierte Literatur liegt wesentlich weiter weg und gibt ebenfalls keinerlei Anregungen zur Lösung der obigen technischen Aufgabe.

5.6. Auch die von keiner Seite bestrittene Kenntnis, daß statistische Copolyester durch die direkte Polykondensation der Monomeren, der Säure(n) bzw. deren Derivaten mit Diolen bzw. Polyolen, hergestellt werden können, oder das als bekannt anzusehende "Schmelzeverfahren" können zur Lösung der obigen Aufgabe keinen Beitrag leisten und legen die Begrenzung der Schmelzebehandlung und Durchführung der weiteren Randomisierung in einer SSP unter bestimmten Bedingungen, d. h. die gefundene Lösung, nicht nahe.

5.7. Da zudem weder die zwischen den Parteien unstreitige Aussage, daß NMR-Messungen die bessere Methode zur Identifizierung statistischer Copolyester darstelle als DSC, noch die weiteren Einzelheiten in den nachgereichten Versuchsberichten und Gutachten die vorstehenden Erkenntnisse zu den Fragen der Offenbarung und der erfinderischen Tätigkeit in Frage stellen oder widerlegen können, erübrigt sich, näher auf diese Eingaben einzugehen.

5.8. Aus diesen Gründen kommt die Kammer in Übereinstimmung mit der angefochtenen Entscheidung zum dem Schluß, daß das beanspruchte Verfahren auf erfinderischer Tätigkeit beruht.

5.9. Da die Ansprüche 2 bis 8 nur weitere Ausgestaltungen des Verfahrens gemäß Anspruch 1 betreffen, trifft diese Beurteilung auch auf sie zu.

6. Der Antrag der Beschwerdeführerin kann daher nicht zum Erfolg führen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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