T 0147/99 (Naßverfestigung von Papier/BAYER) of 23.8.2002

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2002:T014799.20020823
Datum der Entscheidung: 23 August 2002
Aktenzeichen: T 0147/99
Anmeldenummer: 93104867.2
IPC-Klasse: D21H 17/57
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zur Naßverfestigung von Papier
Name des Anmelders: BAYER AG
Name des Einsprechenden: Huntsman International LLC
Kammer: 3.3.06
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 123(2)
Schlagwörter: Hauptantrag: erfinderische Tätigkeit (nein)
Hilfsantrag: unzulässige Änderung - willkürliche Beschränkung
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0201/83
T 1067/97
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 0040/00
T 2619/11

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung zur Aufrechterhaltung des europäischen Patents No. 0 564 912 in geändertem Umfang.

II. Gegenstand der angefochtenen Entscheidung waren 6. geänderte Ansprüche gemäß Hauptantrag sowie jeweils 5. geänderte Ansprüche gemäß dreier Hilfsanträge. Der einzige unabhängige Anspruch des Hauptantrages lautete:

"1. Verfahren zur Herstellung von trockenfest und naßfest ausgerüstetem Papier oder parpierähnlichem Material, dadurch gekennzeichnet, daß das Papier oder das papierähnliche Material oder die zur Herstellung des Papiers oder des papierähnlichen Materials verwendete Pulpe mit in Wasser selbstdispergierenden Polyisocyanaten behandelt wird, wobei als selbstdispergierende Polyisocyanate

(I) wasserdispergierbare nichtionische Polyisocyanatgemische aus Polyisocyanaten und Polyethermodifizierten Polyisocyanten mit cycloaliphatisch und/oder aliphatisch gebundenen Isocyanatgruppen, oder

(II) Polyisocyanatgemische aus Polyisocyanaten und Carboxylatgruppen-modifizierten Polyisocyanten mit cycloaliphatisch und/oder aliphatisch gebundenen Isocyanatgruppen

eingesetzt werden."

Anspruch 1 des ersten und zweiten Hilfsantrages unterschied sich davon nur durch Merkmale bezüglich einer Mitverwendung üblicher Retentions- und Naßfestmittel, während in Anspruch 1 des dritten Hilfsantrages nach den Worten "eingesetzt werden" folgendes Merkmal angefügt wurde:

"und die wasserdispergierbaren Polyisocyanate im Gemisch mit 1 bis 400 Gew.-Teilen, vorzugsweise 10 bis 100 Gew.-Teilen eines Polyamidamin-Epichlorhydrin-Harzes, bezogen auf das Polyisocyanat eingesetzt werden".

III. Gegen die Patenterteilung war Einspruch erhoben worden wegen mangelnder Neuheit und mangelnder erfinderischer Tätigkeit (Artikel 54 und 56 EPÜ), unter anderem gestützt auf folgende Entgegenhaltungen:

(1) EP-A-0 140 537,

(4) US-A-4 663 377 und

(7) US-A-3 589 978.

IV. In der angefochtenen Entscheidung vertritt die Einspruchsabteilung die Auffassung, der Gegenstand des Hauptantrages sowie des ersten und zweiten Hilfsantrages sei nicht erfinderisch, weil es ausgehend von Dokument (1) als nächstliegendem Stand der Technik nahelag, anstelle der dort verwendeten aromatischen Isocyanate aliphatische Isocyanate einzusetzen, um ein alternatives Verfahren zur Naßfestausrüstung von Papier bereitzustellen. Aliphatische Polyisocyanate seien nämlich nach Dokument (7) schon zu diesem Zweck eingesetzt worden und aus Dokument (4) seien die Vorteile aliphatischer Isocyanate bekannt. Der Gegenstand nach Hilfsantrag 3 sei dagegen erfinderisch, weil die dort beanspruchte Kombination der Polyisocyanate mit einem Polyamidamin-Epichlorhydrin-Harz im verfügbaren Stand der Technik nicht angedeutet werde, aber eine synergistisch verbesserte Wirkung mit sich bringe.

V. Mit ihrer Beschwerdebegründung legte die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) geänderte Anspruchssätze in einem neuen Haupt- und Hilfsantrag vor. In einem Bescheid äußerte die Beschwerdekammer Fragen zur Zulässigkeit der Änderungen sowie im Hinblick auf erfinderische Tätigkeit. Daraufhin legte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 23. Juli 2002 Berechnungen vor, die eine ursprüngliche Offenbarung (Artikel 123 (2) EPÜ) der in Anspruch 1 des Hilfsantrages eingefügten neuen Untergrenze von 12,5 Gew.-% an Ethylenoxid-Einheiten (EO-Gehalt) belegen sollten. Außerdem änderte sie ihre bisherigen Anspruchssätze wie folgt:

Anspruch 1 des Hauptantrages wurde im Vergleich zu dem unter Punkt II genannten auf Variante (I) beschränkt.

Anspruch 1 des Hilfsantrages unterscheidet davon zusätzlich durch folgende Definition der einzusetzenden Polyisocyanate (I):

"(I) wasserdispergierbare nichtionische Polyisocyanatgemische mit

(a) einer mittleren NCO-Funktionalität von 1,8 bis 4,2,

(b) einem Gehalt an aliphatisch und/oder cycloaliphatisch gebundenen Isocyanatgruppen (berechnet als NCO, Molekulargewicht = 42) von 12,0 bis 21,5 Gew.-%, bezogen auf das Polyisocyanatgemisch (I), und

(c) einem Gehalt an innerhalb von Polyetherketten angeordneten Ethylenoxideinheiten (berechnet als C2H4O, Molekulargewicht = 44) von 12,5 bis 20. Gew.-% bezogen auf Polyisocyanatgemisch (I), wobei die Polyetherketten im statistischen Mittel 5. bis 70 Ethylenoxideinheiten aufweisen".

VI. Am 23. August 2002 fand vor der Kammer eine mündliche Verhandlung statt, zu der die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) - wie mit Schreiben vom 8. Februar 2002 angekündigt - nicht erschienen ist.

VII. Die Beschwerdeführerin vertrat die Auffassung, daß die vorgenommenen Änderungen unter Artikel 123 EPÜ zulässig seien. Außerdem seien die Gegenstände des neuen Haupt- und Hilfsantrages erfinderisch. Hierzu hat sie im wesentlichen folgende Argumente vorgebracht:

- Gegenüber Dokument (1) als nächstliegendem Stand der Technik würde mit dem Gegenstand gemäß Hauptantrag die Aufgabe gelöst, ein weiteres Verfahren zur Herstellung von trocken- und naßfestem Papier bereitzustellen.

- Hierzu hätte der Fachmann aus Dokument (7) lediglich den Hinweis erhalten, aliphatische Polyisocyanate zu verwenden, die - im Gegensatz zum Streitgegenstand - weder polyethermodifiziert noch selbstdispergierend sind.

- Den Dokumenten (1) und (7) sei auch kein Hinweis darauf zu entnehmen, daß durch das Verfahren gemäß Anspruch 1 des Hilfsantrages gegenüber Dokument (1) die Naßfestigkeit von Papieren verbessert werden könne; dies sei aber durch einen mit der Beschwerdebegründung vorgelegten Vergleichsversuch belegt worden.

VIII. Die Beschwerdegegnerin hat auf das Vorbringen der Beschwerdeführerin nicht geantwortet.

IX. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents auf der Basis der Ansprüche 1 bis 6 des mit Schreiben vom 23. Juli 2002 eingereichten Hauptantrages oder auf der Basis der Ansprüche 1 bis 5 des mit Schreiben vom gleichen Tage eingereichten Hilfsantrages.

Die Beschwerdegegnerin hat keinen Antrag gestellt.

Entscheidungsgründe

1. Zulässigkeit der Änderungen (Artikel 123 EPÜ)

1.1. Alle Änderungen bewirken eine Beschränkung des Schutzbegehrens, so daß ihre Zulässigkeit unter Artikel 123 (3) EPÜ außer Frage steht.

1.2. Während die im Hauptantrag vorgenommenen Änderungen eine konkrete Basis in den ursprünglichen Unterlagen hat (Ansprüche 1 und 2) und somit die Bedingungen des Artikels 123 (2) EPÜ erfüllt, ist die im Hilfsantrag eingefügte neue Untergrenze von 12,5 Gew.-% für den Gehalt an EO-Einheiten im Polyisocyanatgemisch I in den ursprünglichen Unterlagen explizit nicht erwähnt.

1.3. Die Beschwerdeführerin vertritt die Auffassung, diese Untergrenze sei implizit durch das in den Beispielen verwendete Polyisocyanat A offenbart, denn ein EO-Gehalt von 12,5 Gew.-% lasse sich aus den Angaben zur Herstellung dieses Polyisocyanates herleiten. In Übereinstimmung mit der Entscheidung T 201/83 (ABl. EPA 1984, 481) sei die Änderung der Untergrenze für den EO-Gehalt daher zulässig.

1.4. Die Kammer bestreitet nicht, daß Beispiele normalerweise bevorzugte Ausführungsformen einer Erfindung darstellen und daher als Reservoir für unter Artikel 123 (2) EPÜ zulässige Anspruchsänderungen dienen können. Dies bedeutet aber nicht, daß hierfür ein beliebiges Merkmal isoliert in einen Anspruch aufgenommen werden kann, wenn dieses Merkmal in einem Beispiel im Zusammenhang mit anderen Merkmalen offenbart wurde; es sei denn, ein Fachmann kann aus der ursprünglichen Beschreibung zweifelsfrei erkennen, daß dieses Merkmal mit den anderen Merkmalen strukturell und funktionell nicht eng verbunden ist (vgl. T 1067/97, nicht veröffentlicht im ABl. EPA, Gründe Nr. 2.1.3).

1.5. Das vorliegend zur Debatte stehende Merkmal hat folgenden Wortlaut:

" ... wobei als selbstdispergierende Polyisocyanate (I) wasserdispergierbare nichtionische Polyisocyanatgemische mit

a) einer mittleren NCO-Funktionalität von 1,8 bis 4,2,

b) einem Gehalt an aliphatisch und/oder cycloaliphatisch gebundene Isocyanatgruppen (berechnet als NCO, Molekulargewicht = 42) von 12,0 bis 21,5 Gew.-%, bezogen auf das Polyisocyanatgemisch (I), und

c) einem Gehalt an innerhalb von Polyetherketten angeordneten Ethylenoxideinheiten (berechnet als C2H4O, Molekulargewicht = 44) von 12,5 bis 20 Gew.-% bezogen auf Polyisocyanatgemisch (I), wobei die Polyetherketten im statistischen Mittel 5 bis 70. Ethylenoxideinheiten aufweisen,

eingesetzt werden."

Ursprünglich offenbart war im sonst gleichen Zusammenhang ein EO-Gehalt des Polyisocyanatgemisches von 2 bis 20 Gew.-% (Anspruch 3 und Seite 5, Zeilen 16 bis 29).

1.6. Der Gehalt von 12,5 Gew.-% EO-Einheiten ist, wie die Beschwerdeführerin anhand von nachstehender Berechnung gezeigt hat, implizit für das Polyisocyanat A offenbart (Seite 16, Zeilen 11 bis 26), das ausgehend von einem bestimmten Isocyanuratgruppen-haltigen Polyisocyanat mit einem NCO-Gehalt von 21,5 % und einem monofunktionellen, auf Methanol gestarteten Polyethylenoxidpolyether mit einem mittleren Molekulargewicht von 350 in einem Verhältnis von 1,0 : 0,08 Val gewonnen wurde. Dabei entsprechen 1 Val des 21,5 % NCO (MG = 42) enthaltenden Polyisocyanates einer Einwaage von 42 g/0,215 = 195,35 g. Die Einwaage an Polyether (0,08 Val) errechnet sich zu 350 g x 0,08 = 28 g. Die Gesamteinwaage beträgt somit 195,35 g + 28 g = 223,35 g, mit einem Anteil an Polyether von 28/2,2335 = 12,54 %.

Dies zeigt, daß das Merkmal "Gehalt an innerhalb von Polyetherketten angeordneten Ethylenoxideinheiten in Gewichtsprozent bezogen auf das Polyisocyanatgemisch" keineswegs unabhängig von anderen Merkmalen des Polyisocyanats A ist. Vielmehr wird die vorstehende Berechnung überhaupt erst möglich, weil das fragliche Merkmal in einem engen und zwingenden Zusammenhang mit anderen für die Berechnung notwendigen Parametern steht.

Das Ergebnis der Berechnung und damit der EO-Gehalt des anspruchsgemäßen Polyisocyanatgemisches ist insbesondere abhängig vom Äquivalenzverhältnis Polyisocyanat zu Polyether und vom Molekulargewicht des Polyethers, d. h. von der mittleren Anzahl an EO-Einheiten (MG = 44) in den Polyetherketten, die im Falle des Polyisocyanates A bei etwa 350/44 = 7,95 liegt.

Diese enge Verknüpfung des für das Polyisocyanat A berechneten EO-Gehalts von 12,5 Gew.-% mit anderen Parametern dieses Polyisocyanats A zeigt, daß die im Anspruch 1 erfolgte verallgemeinernde Kombination dieses Wertes mit den dort angegebenen Bereichen für die anderen Parameter unzulässig ist.

Insofern ist der vorliegende Fall auch nicht mit der von der Beschwerdeführerin genannten Entscheidung T 201/83 zu vergleichen, in der der Calciumgehalt einer Bleilegierung eine eigenständige Funktion hatte, die unabhängig von der Menge weiterer Bestandteile war (vgl. in T 201/83 Gründe Nr. 9 und 10).

1.7. Die Kammer folgert daher, daß durch die alleinige Änderung der Untergrenze des EO-Gehaltes auf 12,5 Gew.-% der Gegenstand der Ansprüche gemäß Hilfsantrag über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglichen Fassung hinausgeht und damit den Erfordernissen des Artikels 123 (2) EPÜ nicht genügt.

2. Anspruch 1 gemäß Hauptantrag ist gegenüber jenem, der der Einspruchsabteilung als Hauptantrag vorlag und als neu befunden wurde, eingeschränkt worden. Da im Beschwerdeverfahren die Neuheit nicht weiter in Frage gestellt wurde, hat die Kammer keine Veranlassung, diesbezüglich an der Richtigkeit der Vorentscheidung zu zweifeln.

3. Erfinderische Tätigkeit

3.1. Technisches Gebiet

Das Streitpatent betrifft die Herstellung von trockenfest und naßfest ausgerüstetem Papier unter Verwendung eines Naßfestmittels. Konventionelle Naßfestmittel sind beispielsweise Polyamidamin-Epichlorhydrin-Harze oder Polyisocyanate auf Basis polymerisierter Fettsäuren. Letztere sind aus Dokument (7) bekannt. Nachteilig bei diesen Mitteln ist, daß sie entweder organisch gebundenes Chor aufweisen und somit eine AOX-Belastung der Abwässer von Papierfabriken bedingen oder zusammen mit einem Emulgator eingesetzt werden müssen, da sie nicht "selbstdispergierend" sind, d. h. da sie sonst in Wasser nicht ausreichend dispergierbar sind (Seite 2, Zeilen 3 bis 12, 25 bis 29 und 38 bis 41).

Laut Streitpatent bestand die zu lösende Aufgabe in der Bereitstellung eines Verfahrens zur Naßfestausrüstung von Papier, wobei ein halogenfreies Naßfestmittel auf Basis wasserdispergierbarer, d. h. ohne zusätzlichem Emulgator in Wasser selbstdispergierender Polyisocyanate eingesetzt wird, das beim Einsatz in der Masse und in der Oberfläche in einem breiten pH-Bereich die Naßfestwirkung herkömmlicher Naßfestmittel auf Basis von Polyamidamin-Epichlorhydrin-Harzen erreicht und auch die Trockenfestigkeit erhöht (Seite 2, Zeilen 42 bis 48).

3.2. Nächstliegender Stand der Technik

Ein Verfahren zur Naßfestausrüstung von Papier unter Verwendung eines halogen- und emulgatorfreien Mittels ist aber schon aus Dokument (1) bekannt. Das Mittel ist ein offensichtlich nichtionisches Polyisocyanatgemisch mit aromatisch gebundenen Isocyanatgruppen, wobei ein Teil der Polyisocyanate nicht modifiziert ist, während ein anderer Teil mit Polyether modifiziert wurde (Seite 2, Zeilen 3 bis 9 in Verbindung mit Seite 2, letzter Absatz bis Seite 4, Zeile 2, sowie Beispiele 1 und 2). Dabei wirkt der mit Polyether modifizierte Anteil als nichtionisches oberflächenaktives Mittel für den nichtmodifizierten Polyisocyanat-Anteil, derart, daß das Gemisch in Wasser ohne Zusatz eines weiteren Emulgators emulgierbar ist (Seite 4, Zeilen 2 bis 6).

Somit unterscheidet sich der Gegenstand nach Anspruch 1 des Hauptantrages von diesem Verfahren dadurch, daß als chlorfreies, selbstdispergierendes Mittel ein Polyisocyanatgemisch mit cycloaliphatisch und/oder aliphatisch gebundenen Isocyanatgruppen verwendet wird.

Die Kammer stimmt daher mit der Beschwerdeführerin und der Einspruchsabteilung überein, daß sich Dokument (1) als Ausgangspunkt für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit eignet.

3.3. Aufgabe und Lösung

Die Beschwerdeführerin selbst hat eingeräumt, daß gegenüber dem aus Dokument (1) bekannten Verfahren keinerlei Vorteile glaubhaft gemacht wurden und daher die mit dem beanspruchten Verfahren gegenüber Dokument (1) gelöste Aufgabe nur in der Bereitstellung eines weiteren Verfahrens zur Verbesserung der Naßfestigkeit von Papier bestehen kann. Nach Auffassung der Kammer ist diese Aufgabe noch dadurch zu präzisieren, daß im Verfahren chlor- und emulgatorfreie, sogenannte "selbst-dispergierende" Mittel eingesetzt werden, da dies dem Grundgedanken des Streitpatents entspricht (Seite 2, Zeilen 42 bis 45) und solche auch in Dokument (1) verwendet werden (vgl. oben unter 3.2).

3.4. Naheliegen der Lösung

Somit bleibt zu untersuchen, ob die gemäß Streitpatent vorgeschlagene Lösung, nämlich im Verfahren "aliphatische Polyisocyanate" einzusetzen anstelle der in Dokument (1) verwendeten "aromatischen Polyiso-cyanate", in Anbetracht des Standes der Technik auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

Nach Auffassung der Beschwerdeführerin würde ein Fachmann aus dem Stand der Technik keinen Hinweis auf die vorgeschlagene Lösung erhalten. Insbesondere aus Dokument (7), das sich zwar mit der Verwendung aliphatischer, jedoch nicht Polyether-modifizierter, Polyisocyanate zur Verbesserung der Naßfestigkeit von Papier befasse, würde er allenfalls erfahren, daß diese nicht selbstdispergierend sind und daher einen Emulgatorzusatz erfordern (Spalte 1, Zeilen 28 bis 34, Anspruch 1 und Beispiele). Vielmehr hätte der Fachmann verschiedene Möglichkeiten zu Lösung dieser Aufgabe gehabt und nicht notwendigerweise aliphatische Polyisocyanate ins Auge fassen müssen.

Dieser Vortrag überzeugt die Kammer aber vor allem deshalb nicht, weil ein Fachmann, ausgehend von Dokument (1), in erster Linie verwandte Substanzklassen berücksichtigen und daher automatisch auf aliphatische Polyisocyanate zurückgreifen würde, zumal diese gemäß Dokument (7) als Naßfestmittel für Papier geeignet sind. Da ferner aus Dokument (1) bereits bekannt ist, daß die dort beschriebenen Polyether-modifizierten aromatischen Polyisocyanate im Gemisch mit nicht modifizierten aromatischen Polyisocyanaten emulgierend wirken (Seite 4, Zeilen 2 bis 6), hätte er nach Auffassung der Kammer diese Lehre selbstverständlich bei dem rund 16. Jahre ältere Verfahren gemäß Dokument (7) (1967 angemeldet) anstelle der dort beschriebenen Emulgatoren in der Erwartung ausprobiert, daß die gleiche Wirkung auch bei aliphatischen Polysiocyanaten eintritt, wenn ein Teil davon mit Polyether modifiziert wurde.

In dieser Erwartung hätte den Fachmann das von der Beschwerdeführerin selbst stammende Dokument (4) (Priorität von 1985) bestätigt. Dieses Dokument betrifft vor allem Polyisocyanat-Zubereitungen und deren Dispergierbarkeit in Wasser (Spalte 1, Zeilen 8 bis 13). Dabei handelt es sich um die gleiche Mischung aus aliphatischen, nicht modifizierten Polyisocyanaten mit entsprechenden aliphatischen, Polyether-modifizierten Polyisocyanaten wie im Streitpatent. Die Polyether-modifizierten Polyisocyanate werden dabei als Emulgator für die nicht modifizierten Polyisocyanate bezeichnet (Spalte 2, Zeile 13 bis Spalte 5, Zeile 2).

3.5. Die Kammer kommt daher zu dem Ergebnis, daß der Fachmann ausgehend von dem aus Dokument (1) bekannten Verfahren, anstelle des dort eingesetzten aromatischen Polyisocyanatgemisches auch die Verwendung eines entsprechenden aliphatischen Polyisocyanatgemisches in Betracht gezogen hätte, um zu einem weiteren Verfahren zur Naßfestausrüstung von Papier unter Vermeidung besonderer Emulgatoren und chlorhaltiger Mittel zu gelangen, zumal aus Dokument (7) bekannt ist, daß auch aliphatische Polyisocyanate geeignete Naßfestmittel sind und durch Dokument (4) bestätigt wird, daß aliphatische Polyisocyanate im Gemisch mit solchen, die mit Polyether modifiziert sind, ohne weiteren Emulgatorzusatz in Wasser dispergierbar sind.

4. Der Gegenstand nach Anspruch 1 beruht somit nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

5. Da im vorliegenden Fall die einzige Beschwerde von der Patentinhaberin erhoben wurde und sich gegen die Aufrechterhaltung des Patents in nur beschränkter Fassung richtet, jedoch keine Beschwerde gegen die von der Einspruchsabteilung für gewährbar erachtete Fassung gemäß drittem Hilfsantrag vom 24. November 1998 vorliegt, geht die Sache zur noch ausstehenden Anpassung der Beschreibung an diesen Hilfsantrag an die Erstinstanz zurück.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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