T 0937/98 (Strukturteil eines Kernreaktorbrennelement und Verfahren zu seiner … of 4.2.2003

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2003:T093798.20030204
Datum der Entscheidung: 04 Februar 2003
Aktenzeichen: T 0937/98
Anmeldenummer: 92101295.1
IPC-Klasse: G21C 3/07
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Strukturteil für ein Kernreaktorbrennelement und Verfahren zum Herstellen dieses Strukturteiles
Name des Anmelders: Framatome ANP GmbH
Name des Einsprechenden: G.I.E. FRAGEMA
Sandvik AB
Kammer: 3.4.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Zulassung verspätet eingereichter Anträge (ja)
Erfinderische Tätigkeit (verneint)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0153/85
T 0051/90
T 0206/93
T 0794/94
T 0577/97
T 0633/97
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Gegen die am 28. Juli 1998 zur Post gegebene Entscheidung der Einspruchsabteilung, die Einsprüche zurückzuweisen, legten beide Einsprechende Beschwerde ein.

II. Die Beschwerdeführerin/Einsprechende II (Sandvik AB) legte ihre Beschwerde am 28. September 1998 unter gleichzeitiger Einreichung der Beschwerdebegründung sowie Zahlung der Beschwerdegebühr ein.

Sie beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.

III. Die Beschwerdeführerin/Einsprechende I (G.I.E. Fragema) nahm ihre am 18. September 1998 unter Zahlung der Gebühr eingelegte und am 26. November 1998 begründete Beschwerde mit einer am 17. März 2001 eingegangenen Erklärung zurück. Die von ihr gestellten Anträge sind damit gegenstandslos.

IV. Die verbliebene Beschwerde stützt sich auf den Grund fehlender erfinderischer Tätigkeit (Artikel 100 a) sowie 52. (1) und 56 EPÜ) des Gegenstandes des Patentes, unter anderem im Hinblick auf die Lehren der Dokumente:

D1: EP-B-0 171 675; und

D17: "Microstructure and corrosion studies for optimized PWR and BWR Zircaloy cladding", American Society for Testing and Materials, Special Technical Publication 1023, 1989, Seiten 202-205.

V. Die Parteien wurden auf ihre entsprechenden Anträge hin zu einer mündlichen Verhandlung geladen. In einem der Ladung beigefügten Bescheid vom 29. Juli 2002 wurden sie darauf hingewiesen, daß etwaige weitere Stellungnahmen oder Anträge bis spätestens einen Monat vor dem Tag der mündlichen Verhandlung einzureichen wären und bei verspäteter Vorlage von der Kammer ggf. nicht zugelassen würden.

Die mündliche Verhandlung fand am 4. Februar 2003 statt.

Dabei waren sowohl der Beschwerdeführerin/Einsprechende II als auch die Verfahrensbeteiligte/Einsprechende I abwesend. Beide Parteien hatten ihr Fernbleiben mit Schreiben vom 2. Dezember 2002 bzw. 22. Januar 2003 angekündigt.

VI. Die Beschwerdegegnerin/Patentinhaberin (Framatome ANP GmbH) beantragte die Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Fassung gemäß einem in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Hauptantrag oder einem 1. bzw. einem 2. Hilfsantrag.

Die Beschwerdekammer entschied sich, diese Anträge trotz verspäteter Vorlage ins Verfahren zuzulassen. Im Hinblick auf die mit dem 1. Hilfsantrag vorgenommene Änderung verwies die Kammer noch auf das in der angefochtenen Entscheidung genannte Dokument:

D21: US-A-4 751 045.

VII. Der Anspruch 1 gemäß Hauptantrag hat folgenden Wortlaut:

"1. Strukturteil für ein Brennelement eines Druckwasserreaktors, insbesondere Hüllrohr für einen mit Kernbrennstoff gefüllten Brennstab oder Abstandhalter für solche Brennstäbe, mit folgenden Merkmalen:

a) Der Werkstoff des Strukturteiles ist eine Zirkoniumlegierung mit mindestens einem Legierungsbestandteil aus der Gruppe Sauerstoff und Silizium, mit Zinn als Legierungsbestandteil, mit mindestens einem Legierungsbestandteil aus der Gruppe Eisen, Chrom und Nickel und mit einem aus Zirkonium und unvermeidlichen Verunreinigungen bestehenden Rest,

b) in der Zirkoniumlegierung ist ein Gehalt an Sauerstoff im Bereich von 700 bis 2000 ppm, ein Gehalt an Silizium bis zu 150 ppm, ein Gehalt an Eisen im Bereich von 0.07 bis 0.5 Gew.-%, ein Gehalt an Chrom im Bereich von 0.05 bis 0.35 Gew.-%, ein Gehalt an Nickel bis zu 0.1 Gew.-% und ein Gehalt an Zinn im Bereich von 0.8. bis 1.7 Gew.-% gewählt,

c) der geometrische Mittelwert des Durchmessers der in der Matrix der Zirkoniumlegierung als Sekundärphasen ausgeschiedenen Legierungsbestandteile aus der Gruppe Eisen, Chrom und Nickel ist im Bereich von 0.1 bis 0.3. µm gewählt und

d) der Rekristallisationsgrad der Zirkoniumlegierung ist kleiner oder gleich 10 % und eine Probe der Zirkoniumlegierung hat nach einer Rekristallisationsglühung mit einem Rekristallisationsgrad von 97 ± 2 % einen geometrischen Mittelwert des Korndurchmessers kleiner oder gleich 3. µm."

Darüber hinaus enthält der Hauptantrag zwei nebengeordnete Verfahrensansprüche 8 und 9 sowie abhängige Ansprüche 2 bis 7 und 10 bis 14. Der Anspruch 8 hat dabei den folgenden Wortlaut:

"8. Verfahren zum Herstellen eines Strukturteils für ein Brennelement eines Druckwasserreaktors, insbesondere nach Anspruch 1 oder 2 mit folgenden Verfahrensschritten:

a) ein Ausgangskörper aus der Zirkoniumlegierung wird bis zum Auflösen von ausgeschiedenen Legierungsbestandteilen bei einer Temperatur im Beta-Bereich unterhalb der Schmelztemperatur geglüht und anschliessend mit einer Abschreckrate an der Körperoberfläche beim Temperaturdurchgang durch den (Alpha + Beta)-Bereich von mindestens 30 K/s abgeschreckt,

b) der Ausgangskörper wird anschließend bis zum Ausbilden der Ausscheidungen der Legierungsbestandteile mit dem geometrischen Mittelwert (XGA) des Durchmessers dieser Ausscheidungen im Bereich von 0.1 bis 0.3 µm bei einer ersten Temperatur (ThetaA) im Alpha-Bereich geglüht,

c) der Ausgangskörper wird bei einer zweiten Temperatur im Alpha-Bereich unterhalb der ersten Temperatur warm zu einem Schmiedestück geschmiedet,

d) das Schmiedestück wird sodann bei einer Temperatur im Alpha-Bereich unterhalb der ersten Temperatur entweder warm gewalzt oder warm extrudiert,

e) das warm gewalzte Schmiedestück wird anschließend in mindestens zwei Walzschritten mit zwischen zwei Walzschritten mit einem Rekristallisationsgrad (Rx) im Bereich von 95 % bis 99 % bei einer Glühtemperatur (ThetaR) im Alpha-Bereich durchgeführter Rekristallisationsglühung kalt gewalzt, während das warm extrudierte Schmiedestück in mindestens zwei Pilgerschritten mit zwischen zwei Pilgerschritten mit einem Rekristallisationsgrad (Rx) im Bereich von 95 % bis 99. % bei einer Glühtemperatur (ThetaR) im Alpha-Bereich durchgeführter Rekristallisationsglühung kalt gepilgert wird."

Der Anspruch 9 unterscheidet sich inhaltlich vom Anspruch 8 nur durch die Umkehr der Reihenfolge der Schritte b) und c).

Der 1. Hilfsantrag unterscheidet sich vom Hauptantrag lediglich durch die Verbindung der Ansprüche 1 und 3, wodurch der Anspruch 1 um das Merkmal "e) mit einer Textur der Zirkoniumlegierung, für deren Kearns-Parameter fr gilt 0.6 =< fr =< 1, vorzugsweise 0.6. =< fr =< 0.8." ergänzt ist.

Der 2. Hilfsantrag unterscheidet sich vom Hauptantrag durch die Beschränkung auf die Verfahrensansprüche. Seine nebengeordneten Ansprüche 1 und 2 basieren auf den Ansprüchen 8 und 9 des Hauptantrags, in denen die Bezugnahme auf Vorrichtungsansprüche ersetzt ist durch die Aufnahme der dem Merkmal a) vorausgehenden allgemeinen Gattungsangabe sowie des Merkmals b) des Anspruchs 1 des Hauptantrags.

VIII. Der in Bezug auf die Lehren der Dokumente D1 und D17 relevante schriftliche Vortrag der Beschwerdeführerin kann wie folgt zusammengefaßt werden:

Das vorliegende Patent vereine lediglich allgemeines Fachwissen und bekannte Untersuchungsergebnisse bezüglich der Herstellung von Strukturteilen aus Zirkoniumlegierungen, wie sie in Leichtwasserreaktoren Verwendung fänden. So zeige Dokument D17 bereits ein Strukturteil mit den Merkmalen a) bis c) des Anspruchs 1. Dabei sei Merkmal c) ausdrücklich als eine Maßnahme bekannt, durch die sich etwa die gleichförmige Korrosion bei einem Einsatz im Druckwasserreaktor verringern lasse. Die verbleibenden, unter d) zusammengefaßten Merkmale spiegelten das allgemeine Fachwissen wider.

Darüber hinaus hatte die Beschwerdeführerin bereits im Einspruchsschriftsatz darauf verwiesen, daß ein Korngrößenbereich gemäß Merkmal d) aus Dokument D1, welches den Stand der Technik bilde, von dem das angegriffene Patent ausgehe, bekannt sei.

Was die beanspruchten Verfahren anbetreffe, so beträfen diese an sich übliche Herstellungsschritte des Abschreckens aus dem Beta-Bereich, der sich daran anschließenden Warmbehandlung im Alpha-Bereich, und der abschließenden Kaltverformungen zur Ausbildung der Gestalt etwa des Hüllrohrs. Im Rahmen dieses Standardverfahrens lehre D17, daß die Teilchengröße der Sekundärphasenteilchen durch die Summe der Wirkungen aller Glühschritte im Alpha-Bereich bestimmt werde, und daß es dabei naheliegend gewesen sei, die gewünschte Teilchengröße durch einen Extraglühschritt einzustellen, der dem Warmschmieden offenkundig vorausgehen (Anspruch 8 des Patents) oder folgen (Anspruch 9) könnte.

IX. Die Beschwerdegegnerin stützte ihre Anträge im wesentlichen auf die folgenden Argumente:

Der Grund für die verspätete Vorlage der Anträge liege darin, daß erst bei der Einarbeitung in den Fall kurz vor der mündlichen Verhandlung ein Änderungsbedarf erkennbar geworden sei. Ein früherer Beginn der Vorbereitungsarbeiten zur Wahrung der gesetzten Frist hätte aber eine mindestens zweimalige Befassung mit der Sache und damit eine unerwünschte Mehrarbeit erfordert. Im Übrigen griffen die Änderungen nur Beobachtungen der Kammer in ihrem Ladungsbescheid auf und bewegten sich im wesentlichen im Rahmen der erteilten Ansprüche.

Die Erfindung sei in einer speziellen Kombination von Materialeigenschaften zu sehen, welche für Strukturteile von Kernreaktoren aus dem Stand der Technik nicht bekannt und mit Standardherstellungsverfahren auch nicht ohne weiteres erzielbar gewesen sei. Die beanspruchte Merkmalskombination führe zu einer Verbesserung der Korrosionsfestigkeit gegenüber gleichförmiger (uniformer) Korrosion, wie sie insbesondere unter den Betriebsbedingungen eines Druckwasserreaktors aufträten. Diesem Sachverhalt trage die Einschränkung des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag nunmehr besser Rechnung. Ursache für das verbesserte Korrosionsverhalten sei die Erzeugung relativ großer Teilchen der ausgeschiedenen Sekundärphasen gemäß Merkmal c) bei gleichzeitig relativ kleinem Korn der Legierung gemäß Merkmal d). Die beiden Merkmale stellten jedoch einander widersprechende Bedingungen dar, da die Ausbildung großer Sekundärphasenteilchen unvermeidlich auch ein starkes Wachstum des Korns der Legierung zur Folge habe.

Der in der Patentbeschreibung als Ausgangspunkt für die Erfindung dargestellte Stand der Technik gemäß Dokument D1 sei unglücklich gewählt, da er sich auf einen anderen Anwendungsfall, nämlich den der Siedewasserreaktoren beziehe, bei denen völlig andere Betriebsbedingungen herrschten und damit zusammenhängend andere Korrosionsprobleme (nodulare Korrosion im Gegensatz zu gleichförmiger Korrosion) aufträten. So erfordere die Korrosionsfestigkeit gegenüber nodularer Korrosion in Siedewasserreaktoren eine kleinere Teilchengröße der Sekundärphasen als sie für die Korrosionsfestigkeit gegenüber gleichförmiger Korrosion in Druckwasserreaktoren erforderlich sei. Der Fachmann habe daher keinen Anlaß gehabt, die Lehre von D1 für die Ausbildung von Strukturteilen von Druckwasserreaktoren überhaupt in Betracht zu ziehen.

Zwar sei Merkmal c) an sich aus Dokument D17 bekannt gewesen, doch führe das daraus bekannte Herstellungsverfahren unvermeidlich zu einem größeren Korn der Legierung als in Merkmal d) beansprucht. Durch das gröbere Korn verschlechtere sich jedoch das Korrosionverhalten. In der Tat habe keines der vorgelegten Dokumente aufgezeigt, wie man bei einer Einstellung der Sekundärphasenteilchen auf die in c) beanspruchte Größe verhindern könnte, daß das Korn der Legierung über den in d) angegebenen Bereich hinauswächst. Ohne die Erkenntnis, wie sich durch geeignete Maßnahmen des Herstellungsverfahrens die Bedingungen gemäß den Merkmalen c) und d) gleichzeitig verwirklichen lassen, war es nicht möglich zur Erfindung zu gelangen.

Schließlich sei noch zu berücksichtigen, daß die vorliegende Erfindung eine spezielle Kombination von Eigenschaften zur Verbesserung der gleichförmigen Korrosion betreffe, die im Stand der Technik nicht verwirklicht sei. Angesichts der Vielzahl der die Korrosionsfestigkeit beeinflußenden Parameter und ihrer gegenseitigen, nicht unmittelbar vorhersehbaren Wechselwirkungen habe es nicht nahegelegen, gezielt die beanspruchten Eigenschaften in Kombination zu verwirklichen.

Anspruch 1 des 1. Hilfsantrages definiere die erfinderische Leistung gegenüber dem Stand der Technik noch eindeutiger, da es sich gezeigt habe, daß neben der geeigneten Einstellung der Größen der Sekundärteilchen und der Legierungskörner noch die Textur von wesentlicher Bedeutung für die Verbesserung der Korrosionsfestigkeit ist. Zwar zeige Dokument D21 einen vergleichbaren Wert des Kearns-Parameters, doch beschränke sich dessen Lehre auf eine Einzelmaßnahme und sei in sich abgeschlossen. So gebe D 21 keinerlei Hinweis auf eine Kombination mit weiteren Maßnahmen. Für sich genommen sei die Ausbildung der beanspruchten besonders scharfen Textur aber nicht ausreichend für die mit der Erfindung erzielte Verbesserung des Korrosionsverhaltens. Im Übrigen bedürfe es besonderer Maßnahmen hinsichtlich der Kaltverformung und der Verwendung einer speziellen, von der Standardform abweichenden Rohform des Strukturteils, um Hüllrohre mit der beanspruchten Textur gemäß Merkmal e) des Anspruchs 1 herzustellen.

Schließlich bringe der auf Verfahrensansprüche beschränkte 2. Hilfsantrag noch deutlicher zum Ausdruck, daß die Erfindung erst durch die Erkenntnis ermöglicht wurde, den für die Einstellung der gewünschten Korngröße erforderlichen Glühschritt als einen zusätzlichen Glühschritt in einer sehr frühen Phase des Herstellungsverfahrens des Strukturteils vorzunehmen, da nur dies erlaube, das Korn der Legierung durch nachfolgende Kaltverformungs- und Rekristallisationsschritte auf die gewünschte Größe zu verkleinern ohne die Größe der Sekundärphasenteilchen zu verändern.

X. Die Einspruchsabteilung war in ihrer Entscheidung zu dem Schluß gekommen, daß das Strukturteil gemäß dem erteilten Anspruch 1 neu und erfinderisch sei. Dabei hatte sie sich die ihr vorgetragene Auffassung der Patentinhaberin, die im wesentlichen dem Vortrag zum nunmehr vorliegenden Hauptantrag entspricht, zu eigen gemacht. Die erteilten Verfahrensansprüche betrachtete sie als abhängige Ansprüche und sah deren Patentfähigkeit durch diejenige des unabhängigen Anspruchs 1 gestützt.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde erfüllt die Erfordernisse der Artikel 106 bis 108 sowie der Regel 64 EPÜ und ist damit zulässig.

2. Zulässigkeit der Anträge der Beschwerdegegnerin

2.1. Die Anträge wurden erst in der mündlichen Verhandlung und damit nach Ablauf der im Ladungsbescheid gesetzten 1-Monatsfrist vorgelegt. Die Anträge der Beschwerdegegnerin sind daher verspätet.

Die vorgebrachte Entschuldigung, eine frühere Beschäftigung mit dem Inhalt des Ladungsbescheides zur Wahrung der Frist hätte eine mindestens zweimalige Befassung mit der Sache und damit einen unzweckmäßigen Mehraufwand für die Vorbereitung der Verhandlung erfordert, ist völlig unakzeptabel.

2.2. Die Entscheidung über die Zulassung verspätet vorgelegter Anträge liegt im pflichtgemäßen Ermessen der Kammer, für das ihr die umfangreiche einschlägige Rechtsprechung der Beschwerdekammern (vgl. z. B. T 51/90; T 206/93; T 794/94; T 577/97) einen gewissen Spielraum läßt.

Ein in diesem Zusammenhang häufig angewandtes Entscheidungskriterium, nämlich ob die verspätet vorgelegten Ansprüche klar erkennbar, d. h. "prima facie", gewährbar sind oder nicht (vgl. z. B. T 153/85, ABl. EPA 1988, 001) erscheint der Kammer den besonderen Umständen des vorliegenden Falls nicht ausreichend gerecht zu werden. Wesentlicher erscheinen ihr die Fragen, ob die beantragten Änderungen die Gegenparteien und die Kammer selbst vor eine neue, unvorhergesehene Sachlage stellen, und ob ihre verspätete Vorlage als das Verfahren ungebührlich verzögernd und damit verfahrensmißbräuchlich anzusehen wäre (vgl. hierzu auch T 633/97).

2.3. Im vorliegenden Fall schaffen die beantragten Änderungen weder eine überraschende, unvorhersehbare Sachlage noch beziehen sie sich auf Sachverhalte, die nicht schon Gegenstand der angefochtenen Entscheidung bzw. der schriftlichen Stellungnehmen der Parteien gewesen wären.

Anspruch 1 gemäß Hauptantrag präzisiert die vorgesehene Verwendung des beanspruchten Strukturteils und trägt damit lediglich einem Hinweis der Kammer in ihrem Ladungsbescheid auf eine Diskrepanz zwischen dem Vortrag der Patentinhaberin und dem Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 Rechnung.

Anspruch 1 gemäß dem 1. Hilfsantrag ist durch das Merkmal eines Unteranspruchs ergänzt. Zu seiner Bedeutung hatten sich die Parteien bereits im Einspruchsverfahren geäußert.

Der zweite Hilfsantrag, schließlich, ist auf die erteilten Verfahrensansprüche eingeschränkt, die ebenfalls bereits Gegenstand der schriftlichen Stellungnahmen der Parteien im Einspruchs- und Beschwerdeverfahren waren.

Daraus ergibt sich aber auch, daß die verspätete Vorlage der Anträge der Beschwerdegegnerin nicht als verfahrensmißbräuchlich angesehen werden kann, und deren Zulassung darüber hinaus als Diskussionsgrundlage für die mündliche Verhandlung keinerlei Verfahrensverzögerung zur Folge hat.

2.4. Schließlich sprechen aus Sicht der Kammer keine grundsätzlichen Bedenken hinsichtlich der Erfüllung der Erfordernisse der Artikel 123 (2) und (3) EPÜ gegen die Zulassung der Anträge.

2.5. Aus den dargelegten Gründen hat sich die Kammer entschieden, die Anträge der Beschwerdegegnerin doch noch in das Verfahren zuzulassen.

3. Hauptantrag

3.1. Die Beschwerde der verbliebenen Beschwerdeführerin/ Einsprechenden II stützt sich auf den Grund fehlender erfinderischer Tätigkeit (Artikel 52 (1) und 56 EPÜ).

Zwar hatte die ausgeschiedene Beschwerdeführerin/ Einsprechende I auch den Grund fehlender Neuheit angeführt, doch sieht die Kammer, unbeschadet der Tatsache, daß das Patent nunmehr nur noch in geänderter Fassung verteidigt wird, keinen Anlaß, diesen Grund von sich aus aufzugreifen.

3.2. Nächstkommender Stand der Technik

3.2.1. Die Beschwerdegegnerin hat in Frage gestellt, ob, entgegen der Darstellung in der vorliegenden Patentbeschreibung, Dokument D1, welches sich auf ein Strukturteil für einen Siedewasserreaktor bezieht, tatsächlich als ein geeigneter Ausgangspunkt für die Entwicklung und Verbesserung eines Strukturteils für die grundsätzlich andersartigen Einsatzbedingungen eines Druckwasserreaktors und damit als nächstliegender Stand der Technik angesehen werden kann.

3.2.2. Dokument D1 betrifft ein Patentfamilienmitglied des in der vorliegenden Patentbeschreibung als Ausgangspunkt für die Erfindung genannten Standes der Technik. Es bezieht sich auf ein Hüllrohr aus einer Zirkoniumlegierung (beispielsweise Zircaloy 2), die die Merkmale a) und b) des vorliegenden Anspruchs 1 erfüllt. Wie sich u. a. aus den Ansprüchen 1, 3, 5 und 6 in Verbindung mit den Angaben in Spalte 1, Zeilen 43 bis 52; Spalte 2, Zeilen 6 bis 20 sowie 25 bis 34; und Spalte 3, Zeilen 6 bis 35 ergibt, besitzt das aus D1 bekannte Strukturteil als Ergebnis einer mehrstufigen Kaltverformungsbehandlung mit jeweils zwischengeschobenem Spannungsfreiglühen einen geometrischen Mittelwert der Korndurchmesser der Legierung kleiner oder gleich 3 µm. Durch das Spannungsfreiglühen wird nicht nur eine Kornvergrößerung sondern auch eine Rekristallisation vermieden, so daß das fertige Strukturteil die im vorliegenden Anspruch 1 unter d) zusammengefaßten Merkmale aufweist. Dabei lehrt D1, daß die Verringerung des Korndurchmessers auf den beschriebenen Bereich eine Erhöhung der Widerstandsfähigkeit gegen eine durch Einwirkungen des Kernbrennstoffs bzw. seiner Spaltprodukte hervorgerufene und von der Rohrinnenwand ausgehende Spannungsrißkorrosion bewirkt, welche gemäß den Angaben in Spalte 1, Zeilen 15 bis 21 eine besondere Rolle bei Kernreaktorbrennstäben spielt, die in Siedewasserreaktoren eingesetzt werden.

3.2.3. Nun bestehen in der Tat zwischen den Einsatzbedingungen in Siedewasser- und Druckwasserreaktoren bedeutsame Unterschiede, etwa hinsichtlich der Temperatur, der Druckverhältnisse und des Aggregatzustands des das Strukturteil umgebenden Kühlmittels, so daß gerade auch für die Zwecke des gewünschten Widerstandes gegen eine bestimmte Form der Korrosion Materialparameter durchaus nach unterschiedlichen Optimierungen verlangen können.

Andererseits bestehen für die Verwendung in beiden Reaktortypen aber auch weitgehende Gemeinsamkeiten hinsichtlich der Materialanforderungen und Bauteilstrukturen. So umfaßt beispielsweise die mit den Merkmalen a) und b) des vorliegenden Anspruchs 1 definierte Legierungszusammensetzung Materialien, die in beiden Reaktortypen vorteilhaft eingesetzt werden können. Da darüber hinaus die Kernbrennstoffe und Spaltprodukte diesselben sind, verlangen beide Reaktortypen nach Maßnahmen zur Vermeidung etwa von Spannungsrißkorrosion bei den in ihnen eingesetzten Strukturteilen. Es ist daher eben nicht so, daß die Entwicklung von Strukturteilen für den jeweiligen Reaktortyp völlig getrennten Entwicklungslinien folgen würde und für einen Reaktortyp als vorteilhaft erkannte Maßnahmen von vornherein als für den anderen Reaktortyp ungeeignet verworfen würden.

Darüber hinaus ist festzustellen, daß die Lehre von D1 sich ganz allgemein auf Hüllrohre für Kernreaktorbrennelemente bezieht und damit keineswegs nur auf Strukturteile für Siedewasserreaktoren beschränkt ist. Auch wenn D1 darauf verweist, daß Spannungsrißkorrosion für diesen Reaktortyp besonders problematisch ist, ist seine Lehre, dieses Problem durch Verwendung einer Zirkoniumlegierung mit den Eigenschaften gemäß dem Merkmal d) des vorliegenden Anspruchs zu vermindern, als von einem bestimmten Reaktortyp unabhängig dargestellt.

Aus diesen Gründen erscheint es der Kammer nicht unplausibel, daß der einschlägige Durchschnittsfachmann D1 als geeigneten Ausgangspunkt für eine Weiterentwicklung zur Verbesserung der Korrosionsfestigkeit auch unter den Bedingungen eines Betriebs in Druckwasserreaktoren gewählt hätte, wie dies im Übrigen in der vorliegenden Patentbeschreibung dargestellt ist.

3.3. Aus den vorstehenden Angaben unter Punkt 3.3.2 ergibt sich, daß sich der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrages von dem aus D1 bekannten Strukturteil durch die ausdrückliche Forderung nach Eignung für die Verwendung in Druckwasserreaktoren sowie das Merkmal c), d. h. durch die Ausbildung der aus der Legierung ausgeschiedenen Sekundärphasenteilchen aus der Gruppe von Eisen, Chrom und Nickel mit einem geometrischen Mittelwert des Durchmessers zwischen 0,1 und 0,3 µm, unterscheidet.

Wie in Spalte 1, Zeilen 33 bis 42 der vorliegenden Patentbeschreibung zutreffend angegeben, dient dieses Merkmal der Lösung der Aufgabe, unter Beibehaltung der Korrosionsfestigkeit gegenüber Kernspaltprodukten (also der Widerstandsfähigkeit gegenüber Spannungsrißkorrosion), die Korrosionsfestigkeit gegenüber dem aus Wasser bestehenden Kühlmittel bei den in einem Druckwasserreaktor herrschenden hohen Temperaturen zu verbessern.

3.4. Sowohl die zu lösende Aufgabe als auch die beanspruchte Lösung waren jedoch am Prioritätstag für ein Strukturteil bzw. Kernbrennstoffhüllrohr eines Druckwasserreaktors im einschlägigen Stand der Technik, wie er etwa durch Dokument D17 repräsentiert ist, bekannt.

D17 (siehe insbesondere die Zusammenfassung, die ersten vier Absätze auf Seite 203 und den Abschnitt "Results" auf den Seiten 204 bis 205) beschäftigt sich mit der Korrosionsfestigkeit der Legierungen Zircaloy 2 und Zircaloy 4 und bestätigt, daß Legierungen unterschiedlicher Mikrostruktur (insbesondere hinsichtlich der Größe der Teilchen der Sekundärphasen bestehend aus ausgeschiedenen Legierungsbestandteilen Eisen, Chrom und Nickel) und Herstellungsweise unterschiedliches Korrosionsverhalten in Siedewasser- und Druckwasserreaktoren zeigen, wobei der vorherrschende Korrosionsmechanismus für den letztgenannten Reaktortyp eine sog. gleichförmige Korrosion durch das Kühlmittel ist. D17 lehrt, daß für eine Minimierung der gleichförmigen Korrosion die Sekundärphasenteilchen eine Mindestgröße aufweisen müssen. Dabei ist die Größe der Sekundärphasenteilchen hauptsächlich durch die Dauer und Temperatur von auf ein Beta-Abschrecken folgenden Glühbehandlungen im Alpha-Bereich bestimmt, wobei sich die Wirkungen der Glühbehandlungen durch einen sog. kumulierten Glühparameter A charakterisiert lassen. In diesem Zusammenhang ergibt sich aus dem in der letzten Zeile der Zusammenfassung angegebenen optimalen Bereich der Glühparameterwerte A für eine beobachtete minimale gleichförmige Korrosion in Verbindung mit dem in Figur 1 dargestellten, experimentell ermittelten Zusammenhang zwischen A und der Größe der Sekundärphasenteilchen für Letztere ein bevorzugter Bereich zwischen zirka 0,1 und 0,2 µm, also ein Wertebereich, der innerhalb des in Merkmal c) des vorliegenden Anspruchs 1 geforderten Bereichs liegt.

3.5. Was nun den Einwand der Beschwerdegegnerin anbetrifft, der Durchschnittsfachmann habe sich außer Stande gesehen, die aus D17 bekannte Maßnahme c) und das aus D1 bekannte Merkmal d) gemeinsam zu verwirklichen, da eine Vergrößerung der Sekundärphasenteilchen gemäß der Maßnahme c) unvermeidlich zu einem Kornwachstum der Legierung über die durch Merkmal d) festgelegte Obergrenze hinaus geführt hätte, und es erst einer erfinderischen Erkenntnis bedurfte, wie sich durch geeignete Maßnahmen des Herstellungsverfahrens beide Anforderungen überraschenderweise doch miteinander kombinieren ließen, ist zunächst festzustellen, daß dieser Einwand gar nicht in Frage stellt, daß der Fachmann eine Verbindung der mit c) und d) beschriebenen Eigenschaften einer Zirkonlegierung für den Einsatz in einem Druckwasserreaktor für wünschenswert gehalten hätte. In der Tat mußte sich dem Fachmann bei der Zusammenschau der Lehren der Dokumente D1 und D17 der Wunsch aufdrängen, bei einem für den Einsatz in einem Druckwasserreaktor geeigneten Strukturteil, wie etwa einem Brennstoffhüllrohr, für einen ausreichenden Schutz sowohl gegen einen Korrosionsangriff von innen (d. h. gegenüber Spannungsrißkorrosion) als auch gegen einen Korrosionsangriff von außen (d. h. gegenüber gleichförmiger Korrosion) zu sorgen.

Zwar trifft es zu, daß unter den Bedingungen einer Glühbehandlung im Alpha-Bereich zur Vergrößerung der Teilchen der Sekundärphasen auf den durch Merkmal c) definierten Bereich das Korn der Legierung über den in Merkmal d) verlangten Bereich hinauswachsen kann, doch stellte dieser Sachverhalt entgegen der Auffassung der Beschwerdegegnerin kein für den Durchschnittsfachmann unüberwindliches technisches Hindernis oder gar Vorurteil dar, eine Verbindung der Merkmale c) und d) in Betracht zu ziehen. Bei den zum Prioritätszeitpunkt des Patents üblichen Standardverfahren zur Herstellung von Kernbrennstoffhüllrohren wird ein Legierungsrohstück nach einem Abschrecken aus dem Beta-Bereich zunächst im Temperaturbereich des Alpha-Bereichs geschmiedet und zu einem Hohlzylinder geformt und schließlich mittels Kaltverformungsschritten auf die gewünschten Rohrabmessungen gebracht. Als Ergebnis der Kaltverformungen ergibt sich eine Verkleinerung des Legierungskorns, deren Ausmaß durch den Grad der Formveränderung bestimmt ist. Zwischen den Kaltverformungsschritten (und ggf. nach deren Abschluß) erfolgen in der Regel Glühbehandlungen im Alpha-Bereich zur Beseitigung von durch die Verformung entstandenen Spannungen. Um nun im Rahmen dieses Standardverfahrens die Sekundärphasenteilchen auf die gewünschte Größe zu bringen, boten sich dem Fachmann grundsätzlich die Optionen an, die dazu erforderliche Glühbehandlung mit den Warmverformungsschritten nach dem Beta-Abschrecken und/oder den Glühbehandlungen zwischen den Kaltverformungsschritten zu verbinden. In diesem Zusammenhang lehrt D17, daß Legierungen, die nach dem Beta-Abschrecken einer einmaligen Glühbehandlung im Alpha-Bereich unterzogen werden, dieselbe Größe der Sekundärphasenteilchen aufweisen wie Legierungen, die mehreren Glühbehandlungen (mit demselben kumulierten Wert von A) und dazwischenliegenden Kaltverformungen unterzogen wurden. Darüber hinaus findet sich in D17 die Feststellung, daß die Kaltverformungen keinen Einfluß auf die Teilchengröße der Sekundärphasen haben. Aus der Zusammenschau dieser Informationen ergab sich für den Fachmann unmittelbar die Erkenntnis, daß eine frühzeitige, auf das Beta-Abschrecken folgende Glühbehandlung im Alpha-Bereich es erlaubt, die gewünschte Größe der Sekundärphasenteilchen einzustellen, und daß die nachfolgenden Kaltverformungen daran nichts mehr ändern. Umgekehrt war sich der Fachmann darüber bewußt, daß bezüglich der Größe des Legierungskorns Glühbehandlungen im Alpha-Bereich und Kaltverformungen gegenläufige Maßnahmen darstellen, so daß eine späte Einstellung der Größe der Sekundärphasenteilchen während der Kaltverformungen die Ausbildung eines relativ kleinen Legierungskorns, wie von der Lehre des Dokuments D1 gefordert, gefährden oder sogar unmöglich machen würde. Damit verfügte aber der Durchschnittsfachmann vor dem Prioritätstag des angegriffenen Patents über alle erforderlichen Informationen und Mittel, den sich durch die Zusammenschau der Lehren der Dokumente D1 und D17 aufdrängenden Wunsch, ein Strukturteil für die Verwendung in einem Druckwasserreaktor mit allen im vorliegenden Anspruch 1 geforderten Eigenschaften auszustatten, zu verwirklichen.

Der von der Beschwerdegegnerin noch erhobene Einwand, angesichts der Vielzahl der die Korrosionsfestigkeit beeinflußenden Parameter und ihrer gegenseitigen, nicht unmittelbar vorhersehbaren Wechselwirkungen habe die spezielle Kombination der beanspruchten Maßnahmen zur Verbesserung der Korrosionsfestigkeit nicht nahegelegen, kann unter den konkreten Umständen des vorliegenden Falles nicht überzeugen. So ist schon der pauschale Verweis auf eine "Verbesserung der Korrosionsfestigkeit" zu unspezifisch und impliziert in ungerechtfertigter Weise, daß die Merkmale des Anspruchs 1 eine überraschende Verbesserung eines einzigen Korrosionsmechanismus bewirkten. Die Dokumente D1 und D17 zeigen vielmehr, daß die unter c) und d) des Anspruchs 1 genannten Eigenschaften jeweils für unterschiedliche Korrosionsmechanismen wirksam sind, so daß sich ihre gemeinsame Verwirklichung in den Fällen unmittelbar anbot, in denen mit einem gleichzeitigen Auftreten dieser Korrosionsmechanismen gerechnet werden mußte. Davon abgesehen ist weder erkennbar noch von der Beschwerdegegnerin glaubhaft dargelegt, daß die Kombination der Merkmale c) und d) eine spezielle Wirkung gerade für die Verbesserung der gleichförmigen Korrosion hätte. Derartiges ist im Übrigen auch nicht vom Inhalt der Patentbeschreibung gestützt. So spricht schon die Aufgabenstellung von dem Wunsch, "ein für ein Kernreaktorbrennelement brauchbares Strukturteil aus einer Zirkoniumlegierung anzugeben, das ... nicht nur eine hohe Korrosionsfestigkeit gegenüber dem Kernbrennstoff bzw. Kernspaltprodukten hat, sondern auch gegenüber dem aus Wasser bestehenden Kühlmittel eines Kernreaktors". Schließlich waren dem Fachmann die jeweiligen Auswirkungen der erforderlichen Glühbehandlungen und Kaltverformungen auf die Teilchen- und Korngrößen bekannt bzw. unmittelbar aus den in D17 gegebenen Hinweisen ableitbar.

3.6. Um der Vollständigkeit willen weist Kammer noch darauf hin, daß auch die Wahl eines anderen Standes der Technik als Ausgangspunkt für die Beurteilung der Frage der erfinderischen Tätigkeit zu keinem anderen Ergebnis führt.

Nähme man D17, welches sich konkret mit dem Problem der gleichförmigen Korrosion in Druckwasserreaktoren beschäftigt, als nächstliegenden Stand der Technik, so wäre festzustellen, daß sich der Gegenstand des vorliegenden Anspruchs 1 davon nur durch die im Merkmal d) zusammengefaßten Eigenschaften unterschiede. Sowohl dieses Merkmal als auch die mit ihm verbundene technische Wirkung der Verbesserung der Widerstandsfähigkeit gegenüber Spannungsrißkorrosion wäre dem Fachmann aus Dokument D1 bekannt gewesen. Für das Naheliegen der Verbindung beider Lehren sprächen dieselben Überlegungen, wie sie vorstehend unter den Punkten 3.4 und 3.5 für das Naheliegen der Ergänzung der Lehre von D1 durch diejenige von D17 angestellt sind.

3.7. Nach alldem beruht der Gegenstand des vorliegenden Anspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

4. 1. Hilfsantrag

4.1. Der Anspruch 1 des 1. Hilfsantrags verlangt gemäß seinem Merkmal e) über die im Anspruch 1 des Hauptantrags geforderten Eigenschaften hinaus noch eine Textur der Legierung, deren Kearns-Parameter fr im Bereich von 0,6 bis 1,0 liegen soll.

4.2. Diese Eigenschaft sowie ihr Beitrag zur Verbesserung der Korrosionfestigkeit sowohl gegenüber gleichförmiger Korrosion als auch gegenüber Spannungsrißkorrosion waren dem Fachmann für Zircaloy-Legierungen auf dem Gebiet der Herstellung von Kernbrennstoffhüllrohren zur Verwendung in Siedewasser- und Druckwasserreaktoren bereits aus Dokument D21 (siehe insbesondere Anspruch 7 und Spalte 2, Zeilen 15 bis 68) bekannt. Laut den Angaben in der Zusammenfassung und in Spalte 1, Zeilen 39 bis 54 befindet sich die bekannte Zirkoniumlegierung, die in ihrer Zusammensetzung im Wesentlichen den Merkmalen a) und b) des vorliegenden Anspruchs 1 entspricht, vorteilhaft in einem spannungsfreien (d. h. nicht-rekristallisierten) Zustand und weist somit zumindest die erste im Merkmal d) des Anspruchs angeführte Eigenschaft auf.

4.3. Da die Textur der Legierung das Ergebnis der Kaltverformungsschritte ist, welche die endgültige Gestalt des Hüllrohres festlegen, und von einer den Kaltverformungen ggf. vorausgehenden Glühbehandlung im Alpha-Bereich erkennbar unbeeinflußt ist, ist kein technisches Hindernis ersichtlich, das den Fachmann davon abgehalten hätte, neben den aus D1 und D17 bekannten Eigenschaften auch die aus D21 bekannte Textur zu verwirklichen.

4.4. Der Einwand der Beschwerdegegnerin, D21 betreffe eine in sich abgeschlossene Lehre, die sich auf eine Einzelmaßnahme beschränke und keinen Hinweis auf eine Kombination mit weiteren Maßnahmen gebe, ist im Hinblick auf den vorstehend erläuterten Umfang der D21 entnehmbaren technischen Informationen nicht stichhaltig. Ganz im Gegenteil läßt sich im Hinblick auf die Tatsache, daß der bekannte Wert des Kearns-Parameters einen erheblichen Grad der Kaltverformung voraussetzt, vermuten, daß die aus D21 bekannte Legierung sogar eine relativ kleine Korngröße entsprechend der zweiten Eigenschaft gemäß Merkmal d) des vorliegenden Anspruchs aufweist.

Was schließlich den Verweis der Beschwerdegegnerin auf das Erfordernis besonderer Maßnahmen hinsichtlich der Kaltverformung und der Verwendung einer speziellen, von einer Standardform abweichenden Rohform des Strukturteils, um Strukturteile der beanspruchten Textur gemäß Merkmal e) zu erhalten, anbetrifft, ist festzustellen, daß derartige Maßnahmen weder Gegenstand des vorliegenden Anspruchs 1 sind noch überhaupt eine Basis in der Offenbarung des Patents haben.

4.5. Daher beruht auch der Gegenstand des Anspruchs 1 des 1. Hilfsantrags nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

5. 2. Hilfsantrag

5.1. Die in den vorliegenden Ansprüchen enthaltenen Verfahrensschritte des Abschreckens aus dem Beta-Bereich (Merkmal a) der vorliegenden Ansprüche 1 und 2), der Warmverformungen im Alpha-Bereich (Merkmale c) und d) des Anspruchs 1 bzw. Merkmale b) und d) des Anspruchs 2), sowie der Kaltverformungen mit Zwischenglühungen im Alpha-Bereich (Merkmal e) der Ansprüche 1 und 2) betreffen, von der Beschwerdegegnerin unbestritten, Maßnahmen des o. g. Standardverfahrens zur Herstellung von Kernbrennstoffhüllrohren und sind zumindest teilweise in Dokument D17 angedeutet.

5.2. Was den zusätzlich beanspruchten Schritt der Glühbehandlung bei hoher Temperatur im Alpha-Bereich (Merkmal b) des Anspruchs 1 bzw. Merkmal c) des Anspruchs 2) anbetrifft, so gewann, wie vorstehend unter Punkt 3.5 dargelegt, der mit der Verwirklichung des durch D1 und D17 nahegelegten Wunsches befaßte Fachmann, eine Legierung mit relativ großen Sekundärphasenteilchen und relativ kleinen Legierungskörnern zu schaffen, aus Dokument D17 die Erkenntnis, den für die Erzeugung großer Sekundärphasenteilchen erforderlichen Glühschritt im Zusammenhang mit der Warmverformung der Legierung durchzuführen. Da jedoch Dauer und Temperatur konventioneller Warmverformungen in der Regel nicht ausreichen, um die gewünschte Teilchengröße zu erreichen, lag es für ihn auf der Hand, einen zusätzlichen Glühschritt vorzusehen, dessen Dauer offenkundig umso kürzer ausfallen konnte, je höher die Temperatur gewählt wurde.

Wie die Alternativen der vorliegenden Ansprüche 1 und 2 zeigen, ist es in diesem Zusammenhang für das gewünschte Wachstum der Sekundärphasenteilchen unerheblich, ob die Glühbehandlung dem konventionellen Warmschmieden vorausgeht oder nachfolgt, so daß die Wahl der geeigneten Reihenfolge dieser Schritte ins Belieben des Fachmannes gesetzt ist.

5.3. Damit ergeben sich aber auch die Gegenstände der Ansprüche 1 und 2 des 2. Hilfsantrags in naheliegender Weise aus dem vorliegenden Stand der Technik.

6. Aus den dargelegten Gründen erfüllen die Anträge der Beschwerdegegnerin nicht die Erfordernisse der Artikel 52 (1) und 56 EPÜ und sind daher nicht gewährbar.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die Entscheidung der Einspruchsabteilung wird aufgehoben.

2. Das Patent wird widerrufen.

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