T 0878/98 () of 1.8.2000

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2000:T087898.20000801
Datum der Entscheidung: 01 August 2000
Aktenzeichen: T 0878/98
Anmeldenummer: 94901812.1
IPC-Klasse: F02C 1/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
Download und weitere Informationen:
Text der Entscheidung in DE (PDF, 32 KB)
Alle Dokumente zum Beschwerdeverfahren finden Sie im Register
Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Erdgas-Expansionsanlage
Name des Anmelders: ENERGIEVERSORGUNG LEVERKUSEN GMBH, et al
Name des Einsprechenden: EWE Aktiengesellschaft
Kammer: 3.2.04
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - nach Änderung (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0037/82
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerinnen (Patentinhaberinnen) haben gegen die am 3. August 1998 zur Post gegebene Entscheidung der Einspruchsabteilung über den Widerruf des Patents Nr. 0 670 957 die am 25. August 1998 eingegangene Beschwerde eingelegt und gleichzeitig die Beschwerdegebühr entrichtet. Die Beschwerdebegründung wurde mit dem am 3. Dezember 1998 eingegangenen Schriftsatz eingereicht.

Mit dem Einspruch war das gesamte Patent in Hinblick auf Artikel 100 a) EPÜ angefochten worden.

II. Im Einspruchsverfahren sind unter anderem zum Stand der Technik folgende Druckschriften angeführt worden:

D1: Broschüre der Arbeitsgemeinschaft für sparsamen und umweltfreundlichen Energieverbrauch E.V., "Stichwort "Entspannung" Strom aus Gasdruck", April 1991, Seiten 1 bis 20

D2: Praxis Kraft-Wärme-Kopplung, Band 3, Jobst Klien, "Planungshilfe Blockheizkraftwerke", Verlag C.F. Müller, Karlsruhe, 1. Auflage 1991, Seiten 14 bis 16.

D3: Schriftenreihe gwf Gas-Erdgas, Band 6, "Wirtschaftliche Nutzung des Druckgefälles bei der Entspannung von Erdgas", Herausgeber: Rolf Hüning, R. Oldenbourg Verlag München Wien 1991, Seiten 26 bis 75

D4: Gas-Erdgas gwf, 130 (1989) Nr. 10/11, Seiten 622 - 629, "Stromerzeugung über Gasentspannung im Energiezentrum der Stadtwerke Lübeck" von Holger Seddig und Günther Friege

D7: DE-A-2 515 315

D8: Compressed Air Bd. 90, Nr. 4, April 1985 Washington, USA, Seiten 30-33, "Suspending Rotating Shafts in Midair"

D9: Prospekt der Firma "ACEC, Sulzer, PCSI", "Mopico", 27.29.10.40.EU - Dic 15, 4 Seiten

D10: Skizze der in D9 abgebildeten Turbomaschine

III. Im Beschwerdeverfahren hat die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) noch auf folgende Druckschriften hingewiesen:

D11: Dubbel "Taschenbuch für den Maschinenbau", 17. Auflage, 1990, Kap. R Ziff.: 1.1.2

D12: Dubbel "Taschenbuch für den Maschinenbau", 17. Auflage 1990, Kap. R 62, Ziff.: 6.3.4 "Wellendichtungen"

Am 1. August 2000 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt, während der die Beschwerdeführerinnen neue Ansprüche 1 bis 4 einreichten.

IV. Der Anspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

"Erdgas-Expansionsanlage mit einem Wärmetauscher (12) zum Vorwärmen des unter hohem Druck stehenden Erdgases, einem Turbogenerator (13) zum Entspannen des Erdgases auf einen niedrigeren Druck und zur Stromerzeugung aus der dabei freiwerdenden Energie und mit einem Kraftwerk, das mit seiner Abwärme den Wärmetauscher (12) speist, dadurch gekennzeichnet, daß das Kraftwerk aus mehreren Blockheizkraftwerken (16, 16a) mit jeweils einem Gas-Verbrennungsmotor und einem Generator besteht, die einzeln entweder ausgeschaltet oder mit Vollast im Digitalbetrieb betrieben sind, daß der Abwärmekreislauf (19) der Blockheizkraftwerke (16, 16a) thermisch mit einem externen Energieverbraucher oder Energieerzeuger gekoppelt ist, um die beim Digitalbetrieb der Blockheizkraftwerke ohne externe Kühlungsmaßnahmen anfallende Rest-Wärmemenge abzuführen, daß der Turbogenerator (13) eine in Magnetlagern (31, 32, 33) berührungsfrei gelagerte Welle (29) und ein geschlossenes druckdichtes Generatorgehäuse (30) aufweist, wobei zwischen der Welle (29) und dem Generatorgehäuse (30) ein Leckspalt vorhanden ist, durch den Gas aus dem Turbinengehäuse in das Generatorgehäuse strömt, aus dem es durch einen Kühlauslaß abgeführt wird."

V. Die Beschwerdeführerinnen (Patentinhaberinnen) sehen den nächstkommenden Stand der Technik in der Gas-Übernahmestation "Lübeck", wie sie in der Druckschrift D1 (vgl. insbesondere Seite 8) beschrieben ist. Bei dieser Station seien Expansionsmotoren in Form von Kolbenmaschinen angegeben und kein Turbogenerator. Weiterhin würden darin die Blockheizkraftwerke nicht einzeln entweder ausgeschaltet oder mit Vollast im Digitalbetrieb betrieben. Diese Unterschiede seien zwar zu beachten, doch sei darin nicht das Wesentliche der erfinderischen Leistung zu sehen. Die wesentliche erfinderische Tätigkeit liege in der Anordnung der Magnetlager und dem geschlossenen druckdichten Generatorgehäuse, wobei über einen Leckspalt zwischen der Welle und dem Generatorgehäuse aus dem Turbinengehäuse Gas in das Generatorgehäuse strömt, aus dem es durch einen Kühlauslaß abgeführt wird. Die zu lösende Aufgabe bestehe weiterhin darin, eine Erdgas-Expansionsanlage zu schaffen, die unabhängig von dem momentanen Bedarf an entspanntem Erdgas ständig mit hohem Wirkungsgrad bzw. guter Energieausnutzung arbeitet (vgl. Patentschrift in der erteilten Fassung, Spalte 1, Zeilen 38 bis 42). Durch die Magnetlager und durch die Ausnutzung der Leckströmung zur Kühlung des Generators, werde zusätzlich zu den im erteilten Anspruch 1 angegebenen Merkmalen der Wirkungsgrad der Anlage verbessert, weil dadurch einerseits die Lagerreibung verglichen mit den konventionellen Lagern verringert werde und andererseits der auftretende Leckgasstrom vorteilhaft ausgenutzt werden könne. Dabei könnten aufwendige Geräte für die Absaugung der Leckgase, die wiederum Energie verbrauchen, vermieden werden. Überdies sei es möglich das Kühlgas in die Anlage zurückzuführen. Durch die Abführung des Leckgases könne auch auf Dichtungen, die normalerweise zu Reibungsverlusten führen, verzichtet werden. Keine der genannten Druckschriften offenbare eine derartige Leckgasführung, so daß der Gegenstand des Anspruches 1 erfinderisch sei.

VI. Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) hat die Meinung vertreten, daß nicht nur die Merkmale des erteilten Anspruches 1 in Hinblick auf den Stand der Technik naheliegend seien, sondern daß auch das neu hinzugefügte, die Magnetlager und den Kühlgasstrom betreffende Merkmal keine erfinderische Tätigkeit aufweise. Dieses neu hinzugefügte Merkmal trage überdies nicht zur Lösung der gestellten Aufgabe bei und sei daher bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht von Bedeutung. Sie verweist in diesem Zusammenhang auf die Entscheidung T 37/82. Durch die Abzweigung von Gas für Kühlzwecke werde im Gegensatz zur Aufgabenstellung der Wirkungsgrad der Anlage verschlechtert, da dieses Gas für die Stromerzeugung fehle. Dabei sei zu beachten, daß zur Abführung von Gas für Kühlzwecke ein einfacher Leckspalt nicht ausreiche und daher davon ausgegangen werden müsse, daß ein zusätzlicher Gaskanal (siehe Kanal 38 in Figur 2) vorgesehen ist. Jedenfalls ergebe sich durch diese Maßnahme der Kühlgasabführung keine Verbesserung der Energieausnutzung. Das zum erteilten Anspruch 1 hinzugefügte Merkmal stehe somit in keinem Zusammenhang mit den Merkmalen des erteilten Anspruches 1. Dies werde auch dadurch bestätigt, daß in Hinblick auf den gültigen Anspruch 1 zwei Fachleute erforderlich seien, nämlich ein Fachmann für Turbogeneratoren und ein Fachmann für Erdgasanlagen. Auch sei dieses hinzugefügte Merkmal in der Patentschrift nirgends als erfindungswesentlich angegeben und könne daher nicht zur Stützung der erfinderischen Tätigkeit beitragen.

Ausgehend von der Gas-Übernahmestation "Lübeck", wie sie in der Druckschrift D1 (Seite 8) beschrieben ist, seien die Merkmale des Anspruches 1 bei Beachtung des übrigen in der Druckschrift D1 (vgl. Seite 5 und Seite 16, Gas-Übernahmestation "Eving" der Dortmunder Stadtwerke AG) und in den weiteren genannten Druckschriften angegebenen Standes der Technik für den Fachmann naheliegend. Die Verwendung eines Turbogenerators sei auf den Seiten 5 und 16 der Druckschrift D1 vorgeschlagen und der Vorteil eines Digitalbetriebes der Blockheizkraftwerke und dessen Anwendung gehe aus Seite 16, rechte Spalte der Druckschrift D1 sowie aus den Druckschriften D2 (Seite 16, erster Absatz) und D3 (Seite 71, Absatz 4.7.2.1) hervor. Die Verwendung von Magnetlagern sei aus den Druckschriften D7, D8 und D9 bekannt. Bei der Anlage nach der Druckschrift D8 seien zwar Dichtungen am Kompressorgehäuse vorgesehen, doch sei bei jeder Dichtung mit einem Leckstrom zu rechnen. Diesen Leckstrom werde der Fachmann in naheliegender Weise zur Kühlung des angrenzenden elektrischen Teils (vgl. Seite 32, Abbildung unten) verwenden. Aus der Druckschrift D9 sei auch die Anwendung von Magnetlagern bei Gasstationen und die separate Belüftung des elektrischen Teils bekannt. Es sei für den Fachmann naheliegend bei Vorhandensein von Gas dieses für Kühlzwecke auszunutzen und bei der Anlage nach der Druckschrift D9 den elektrischen Teil, der dort mit der Turbomaschine zusammengefaßt ist, durch Kühlgas zu kühlen. Dabei sei es unwesentlich, ob es sich um eine Turbine mit einem Generator oder um einen Turbokompressor mit Elektromotor handelt. Geschlossene Gehäuse seien bei Gasanlagen aus Sicherheitsgründen erforderlich, so daß auch darin keine erfinderische Tätigkeit gesehen werden könne. Die Erdgas-Expansionsanlage nach Anspruch 1 sei daher nicht erfinderisch.

VII. Anträge

Die Beschwerdeführerinnen (Patentinhaberinnen) beantragten die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents mit folgenden Unterlagen:

Ansprüche 1 bis 4, wie in der mündlichen Verhandlung am 1. August 2000 überreicht und Beschreibung Spalten 1, 2, 2a, 3 und 4 eingereicht mit Schreiben vom 24. September 1997 sowie Spalten 5 und 6 wie in der mündlichen Verhandlung am 1. August 2000 überreicht und die Figuren 1. und 2 wie erteilt.

Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde der Patentinhaberinnen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Zulässigkeit der Änderungen (Artikel 123 EPÜ)

2.1. Anspruch 1

Gegenüber dem erteilten Anspruch 1 unterscheidet sich der Anspruch 1, abgesehen von der Streichung des Wortes "und" im kennzeichnenden Teil durch folgende am Ende des Anspruches 1 angefügten Merkmale:

"daß der Turbogenerator (13) eine in Magnetlagern (31, 32, 33) berührungsfrei gelagerte Welle (29) und ein geschlossenes druckdichtes Generatorgehäuse (30) aufweist, wobei zwischen der Welle (29) und dem Generatorgehäuse (30) ein Leckspalt vorhanden ist, durch den Gas aus dem Turbinengehäuse in das Generatorgehäuse strömt, aus dem es durch einen Kühlauslaß abgeführt wird."

Diese Merkmale sind im Anspruch 5 der Anmeldung WO-A-94/11626 (erteilter Anspruch 4: Magnetlager und druckdichtes Gehäuse) sowie in deren Beschreibung Seite 9, letzter Absatz bis Seit 10, erster Absatz (erteiltes Patent Spalte 5, Zeilen 47 bis 54: Leckspalt) offenbart.

Durch die hinzugefügten Merkmale wird der Schutzbereich des erteilten Anspruches 1 eingeschränkt.

2.2. Anspruch 4

Da der erteilte Anspruch 4 nunmehr Teil des Anspruches 1 ist, wurde dieser Anspruch 4 gestrichen und der erteilte Anspruch 5 in Anspruch 4 umnumeriert.

2.3. Beschreibung

Die Beschreibung wurde dem neuen Anspruch 1 angepaßt. Weiter wurde ein zusätzlicher Stand der Technik angegeben.

2.4. Die Änderungen verstoßen daher nicht gegen Artikel 123 (2) und (3) EPÜ.

3. Neuheit

Keine der zum Stand der Technik genannten Druckschriften beschreibt eine Erdgas-Expansionsanlage mit sämtlichen Merkmalen des Anspruches 1. Der Gegenstand des Anspruches 1 ist daher neu im Sinne des Artikels 54 EPÜ. Die Neuheit wurde von der Beschwerdegegnerin nicht mehr bestritten.

4. Nächstkommender Stand der Technik

Als nächstkommender Stand der Technik wird die Gas-Übernahmestation "Lübeck" nach der Druckschrift D1, Seiten 8 und 9 in Betracht gezogen, die auch in den Druckschriften D3 (vgl. Seite 26 bis 51) und D4 beschrieben ist. Zwar weist diese Anlage statt eines Turbogenerators einen Expansions-Kolbenmotor auf, doch hängt dies im allgemeinen mit der Gasdurchströmmenge zusammen.

Aus der Druckschrift D1 (Seite 8) ist eine Erdgas-Expansionsanlage bekannt, mit einem Wärmetauscher zum Vorwärmen des unter hohem Druck stehenden Erdgases, einem Expansionsmotor mit Generator zum Entspannen des Erdgases auf einen niedrigeren Druck und zur Stromerzeugung aus der dabei freiwerdenden Energie und mit einem Kraftwerk (Gasmotoren mit Generatoren), das mit seiner Abwärme den Wärmetauscher speist, wobei

- das Kraftwerk aus mehreren Blockheizkraftwerken (3 Module) mit jeweils einem Gas-Verbrennungsmotor und einem Generator besteht,

- und wobei der Abwärmekreislauf der Blockheizkraftwerke thermisch mit einem externen Energieverbraucher (Heizungen in den Betriebsgebäuden) gekoppelt ist, offensichtlich um die beim Betrieb der Blockheizkraftwerke ohne externe Kühlungsmaßnahmen anfallende Rest-Wärmemenge abzuführen.

Hiervon unterscheidet sich der Gegenstand nach Anspruch 1 dadurch,

- daß statt des Expansionsmotors mit Generator ein Turbogenerator vorgesehen ist,

- daß die Blockheizkraftwerke einzeln entweder ausgeschaltet oder mit Vollast im Digitalbetrieb betrieben sind, und

- daß der Turbogenerator eine in Magnetlagern berührungsfrei gelagerte Welle und ein geschlossenes druckdichtes Generatorgehäuse aufweist, wobei zwischen der Welle und dem Generatorgehäuse ein Leckspalt vorhanden ist, durch den Gas aus dem Turbinengehäuse in das Generatorgehäuse strömt, aus dem es durch einen Kühlauslaß abgeführt wird.

5. Aufgabe und Lösung

5.1. Aufgabe:

Die Aufgabe der Erfindung ist darin zu sehen, eine Erdgas-Expansionsanlage zu schaffen, die unabhängig vom momentanen Bedarf an entspanntem Erdgas ständig mit hohem Wirkungsgrad bzw. guter Energieausnutzung arbeitet und dabei mit einfachen Mitteln einen sicheren und sauberen Betrieb gewährleistet.

5.2. Lösung:

Durch die Verwendung eines Turbogenerators kann ein großer Massenstrom von Erdgas bei gutem Nutzungsgrad entspannt werden, wobei durch die Abschaltung bzw. Zuschaltung von Blockheizkraftwerken, die dann ständig in Vollastbetrieb betrieben werden (d.h. in dem Betriebsbereich für den die Anlage mit bestem Wirkungsgrad ausgelegt ist) und durch den Wegfall der Reibung infolge der Magnetlager und der Vermeidung von reibenden Dichtungen, ein hoher Wirkungsgrad und eine gute Energieausnutzung der Gesamtanlage erzielt werden kann. Da bei Magnetlagern auf Schmiermittel verzichtet werden kann und auch keine Schmutzteilchen durch eine reibende Dichtung anfallen, tritt zudem keine Verunreinigung des Gases durch Fremdkörper auf. Zur guten Energieausnutzung der Gesamtanlage trägt auch die Koppelung des Abwärmekreislaufes der Blockheizkraftwerke mit einem externen Energieverbraucher bei und dies vor allem beim Digitalbetrieb, da dadurch die anfallende Restwärme gut ausgenutzt werden kann. Die zur Kühlung verwendeten Leckgase erlauben eine kleinere Auslegung einer vorhandenen Wasserkühlung oder sonstiger Gaskühlung und reduzieren damit die für diese zusätzlichen Fluide erforderliche Pumpleistung. Auch sind zusätzliche Leckgas-Absaugpumpen nicht erforderlich. Weiter kann durch das geschlossene druckdichte Gehäuse in Zusammenhang mit der Kühlgasführung ein sicherer Betrieb gewährleistet werden und da infolge der Abführung des Leckgases durch einen Kühlauslaß eine gezielte Rückführung der Leckgase möglich ist, ist dieses Restgas in der Anlage wieder verwendbar.

Es kann der Beschwerdegegnerin nicht zugestimmt werden, daß die Magnetlager und die Ausnutzung der Leckgase für Kühlzwecke nicht in Zusammenhang mit der Aufgabenstellung stünden. Zwar mag der Beitrag zur Erhöhung des Wirkungsgrades der Gesamtanlage im Vergleich mit der Ausnutzung der Vorteile des Digitalbetriebes und der zusätzlichen Versorgung eines externen Energieverbrauchers gering sein, doch kann er nicht in Abrede gestellt werden. Durch die Ausnutzung des vorhandenen Gases für Kühlzwecke können nicht nur zusätzliche Kühleinrichtungen konstruktiv vereinfacht werden, sondern die mögliche Leistungsverringerung ihrer Antriebe kann auch zu einer Erhöhung des Gesamtwirkungsgrades führen. Dabei ist zu beachten, daß das abgezweigte Leckgas, das bei Magnetlagern ohne einer zusätzlichen Wellendichtung sowieso anfällt, aus dem geschlossenen druckdichten Generatorgehäuse wieder in die Anlage zurückgeführt werden kann und daher nicht verloren ist.

6. Erfinderische Tätigkeit

6.1. Aus der von der Beschwerdegegnerin genannten Entscheidung T 37/82 geht aus Abschnitt 3 hervor, daß ein Merkmal, das zur Lösung derselben Aufgabe wie die anderen Merkmale nicht beiträgt, bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit außer Betracht bleiben muß. Da im vorliegenden Fall die zu dem erteilten Anspruch 1 hinzugefügten Merkmale grundsätzlich zur Lösung derselben Aufgabe beitragen wie die übrigen Merkmale des Anspruches 1 (vgl. Abschnitt 5.2), ist die Berücksichtigung dieser Merkmale bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht von dieser Entscheidung betroffen.

6.2. Es kann der Beschwerdegegnerin zugestimmt werden, daß ausgehend von dem Stand der Technik, wie er durch die Gas-Übernahmestation "Lübeck" bekannt geworden ist (vgl. Druckschrift D1, Seite 8; D3, Seiten 26 bis 51 und D4) , in Hinblick a uf den übrigen Stand der Technik (vgl. Druckschrift D1, Seite 5, mittlere Spalte und Seite 16, rechte Spalte ; Druckschrift D2, Seite 16, erster Absatz; Druckschrift D3, Seite 71, Abschnitt 4.7.2.1) eine Anlage mit de n Merkmalen des erteilten Anspruches 1 für den Fachmann naheliegend ist. Dies wird von der Beschwerdefüh rerin auch eingeräumt, die in diesen Merkmalen kei ne wesentliche erfinderische Leistung mehr sieht. In den Druckschriften D1 bis D4 ist jedoch keine Anlage beschr ieben, bei der ein Turbogenerator mit einem Magnetlager a usgestattet ist, geschweige denn, daß Leckgas aus d em Turbinengehäuse durch einen Leckspalt zwischen der Welle des Turbogenerators und dem Generatorgehä use zur Kühlung in das Generatorgehäuse strömt.

6.3. Ein Magnetlager bei Turbomaschinen ist zwar aus den Druckschriften D7, D8 und D9 an sich bekannt. Dabei ist in der Druckschrift D9 auch bereits ein Magnetlager bei einem Kompressor einer Erdgasförderanlage gezeigt und auf die Vorteile eines kontaktfreien Betriebes und der damit möglichen Vermeidung von Verschmutzung des Gases durch Schmieröl hingewiesen. Selbst wenn man aber die daraus zu entnehmende Lehre bei einer Erdgas-Expansionsanlage ("Lübeck") anwenden würde, käme man nicht zum Gegenstand des Anspruches 1, da in keiner der zum Stand der Technik genannten Druckschriften die Ausnutzung eines aus dem Turbomaschinengehäuse in das Generatorgehäuse strömenden Leckgases für Kühlzwecke zu erkennen ist. Die Druckschrift D7 betrifft ein Magnetlager, das sowohl als Lager als auch als Wellendichtung ausgelegt ist. Sie befaßt sich jedoch nicht mit einer Leckgasführung zwischen einem Turbinengehäuse und einem Generatorgehäuse. Die Druckschrift D8 läßt im Kompressorgehäuse zusätzliche Dichtungen erkennen (vgl. Abbildung auf Seite 31), wie auch die Beschwerdegegnerin in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, so daß diese Konstruktion für die Abführung von Leckgas für Kühlzwecke nicht geeignet ist. Überdies würde die im Kompressor bei der Verdichtung erwärmte Luft nicht zur gewünschten Kühlung eines Generators führen. Der Fachmann würde daher die Luft aus einem Kompressor auch nicht für derartige Kühlzwecke in Betracht ziehen. Dies trifft auch für den Kompressor nach der Druckschrift D9 zu. Dort ist zwar direkt neben dem Kompressor ein elektrischer Antriebmotor vorgesehen (wie die Beschwerdegegnerin an Hand der Skizze D10 erläutert hat), doch sind zwischen der Kompressorstufe und dem Motorgehäuse Dichtungen zu erkennen, die den Übertritt von Leckluft weitgehend verhindern. Auch daraus ist ersichtlich, daß eine Ableitung von Luft für Kühlzwecke nicht beabsichtigt ist. Die Druckschriften D7, D8 und D9 können daher nicht zum Gegenstand des Anspruches 1 führen.

6.4. Zu dem Argument der Beschwerdegegnerin, daß die zum erteilten Anspruch 1 hinzugefügten Merkmale nicht als erfindungswesentlich in der Patentschrift herausgestellt und daher bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht zu beachten seien, ist zu bemerken, daß der Zusammenhang dieser neuen Merkmale mit den übrigen Merkmalen des Patentanspruches aus den Unterlagen zwar verständlich sein muß und ihre Wirkung auch in Hinblick auf die Aufgabe im Wesen der Erfindung liegen muß, doch ist die explizite Angabe in der Anmeldung, daß es sich dabei um erfindungswesentliche Merkmale handelt im EPÜ nicht gefordert. Überdies ist im vorliegenden Fall das Magnetlager und das geschlossene druckdichte Gehäuse bereits Gegenstand des erteilten Anspruches 4, woraus die hervorgehobene Bedeutung dieses Merkmales ersichtlich ist. Auch sind die Vorteile der Leckgasführung in der Patentschrift erläutert (vgl. Spalte 5, Zeile 47 bis Spalte 6, Zeile 8).

6.5. Aus keiner der genannten Druckschriften kann eine Erdgas-Expansionsanlage mit den Merkmalen des Anspruches 1. in naheliegender Weise abgeleitet werden. Der Gegenstand des Anspruches 1 beruht somit auf einer erfinderischen Tätigkeit.

7. Die geänderten Unterlagen erfüllen die Voraussetzungen des EPÜ.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Sache wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent in der folgenden Fassung aufrechtzuerhalten:

Patentansprüche: 1 bis 4, wie in der mündlichen Verhandlung am 1. August 2000 überreicht;

Beschreibung: Spalten 1, 2, 2a, 3 und 4, wie mit Schreiben vom 24. September 1997 eingereicht;

Spalten 5 und 6, wie in der mündlichen Verhandlung am 1. August 2000 überreicht;

Zeichnungen: Figuren 1 und 2 wie erteilt.

Quick Navigation