T 0791/98 (Vorrichtung zur Prüfung von mit magnetischen Eigenschaften … of 16.1.2003

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2003:T079198.20030116
Datum der Entscheidung: 16 Januar 2003
Aktenzeichen: T 0791/98
Anmeldenummer: 91111436.1
IPC-Klasse: G01V 3/08
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Vorrichtung zur Prüfung von mit magnetischen Eigenschaften ausgestatteten Messobjekten
Name des Anmelders: GAO Gesellschaft für Automation und Organisation mbH
Name des Einsprechenden: De La Rue International Limited
Kammer: 3.4.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Zulassung verspätet eingereichter geänderter Ansprüche (ja)
Erfinderische Tätigkeit (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0153/85
T 0051/90
T 0206/93
T 0794/94
T 0577/97
T 0633/97
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) richtete ihre am 6. August 1998 unter gleichzeitiger Bezahlung der Beschwerdegebühr eingelegte Beschwerde gegen die am 17. Juli 1998 zur Post gegebene Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit der das Patent EP-B-0 467 202 widerrufen worden war. Die Beschwerdebegründung wurde am 18. November 1998 eingereicht.

II. Der Einspruch stützte sich auf den Grund des Artikels 100 (a) EPÜ, wobei unter Bezugnahme z. B. auf die Dokumente:

E1: Sensors, Band 5, Magnetic Sensors, VCH Verlag, Weinheim, 1989, Seiten 257 bis 261 und 307 bis 308; und

E3: GB-A-1 121 818

unter anderem die erfinderische Tätigkeit (Artikel 52 (1) und 56 EPÜ) des Gegenstandes des erteilten Anspruchs 1 angegriffen wurde.

III. In ihrer Entscheidung befand die Einspruchsabteilung den Gegenstand des Anspruchs 1 in der erteilten Fassung zwar als neu gegenüber den Dokumenten des nachgewiesenen Standes der Technik, sah ihn jedoch dem Fachmann durch die Zusammenschau der Lehren der Dokumente E1 und E3 nahegelegt.

IV. Die Parteien wurden auf einen entsprechenden Antrag der Beschwerdeführerin hin zu einer mündlichen Verhandlung geladen. In einem der Ladung beigefügten Bescheid vom 8. März 2002 wies die Kammer die Parteien darauf hin, daß weitere Stellungnahmen oder Anträge spätestens bis einen Monat vor dem Tag der mündlichen Verhandlung einzureichen wären und bei verspätetem Einreichen nur unter außergewöhnlichen Umständen nach pflichtgemäßem Ermessen der Kammer zugelassen werden würden.

Mit einem Schreiben vom 21. Oktober 2002 kündigte die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) an, daß sie nicht an der Verhandlung teilnehmen werde.

Mit einer Eingabe vom 10. Januar 2003 legte die Beschwerdeführerin geänderte Patentansprüche 1 und 5 vor, die an die Stelle der entsprechenden erteilten Ansprüche treten sollten.

Auf telefonische Nachfrage durch den Geschäftsstellenbeamten der Kammer am 15. Januar 2003 erklärte der Vertreter der Beschwerdegegnerin, daß diese nicht beabsichtige, zu dem geänderten Antrag der Beschwerdeführerin gesondert Stellung zu nehmen.

Die mündliche Verhandlung fand am 16. Januar 2003 in Abwesenheit der Beschwerdegegnerin statt.

V. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Fassung mit folgenden Unterlagen:

Patentansprüche 1 und 5 eingereicht am 10. Januar 2003,

sowie 2 bis 4 und 6 bis 16 wie erteilt;

Beschreibung und Figuren wie erteilt.

VI. Die Beschwerdegegnerin beantragte im schriftlichen Verfahren, die Beschwerde zurückzuweisen und das Patent zu widerrufen.

VII. Der vorliegende Anspruch 1 lautet wie folgt:

"1. Vorrichtung zur Prüfung von mit magnetischen Partikeln ausgerüsteten relativ zur Vorrichtung bewegten Dokumenten mit mindestens einem einen magnetischen Detektor (6, 31, 32) aufweisenden magnetischen Kreis mit Luftspalt (11, 12, 29, 30), wobei

- der magnetische Kreis zu einem Teil aus magnetisch leitendem (3, 26) und zu einem anderen Teil aus permanentmagnetischem Material (4, 5, 25) besteht,

- das magnetisch leitende und permanentmagnetische Material im magnetischen Kreis derart angeordnet ist, daß

- der Luftspalt zwischen einem Polschuh (10) des magnetisch leitenden Materials und einem Pol des permanentmagnetischen Materials gebildet wird und

- ein statisches magnetisches Feld entsteht, das beide Teile durchsetzt und im Luftspalt ein Streufeld (15, 16) erzeugt, welches während der Prüfung das Meßobjekt durchdringt,

dadurch gekennzeichnet,

- daß das magnetisch leitende Material weichmagnetisch ist und

- daß der Detektor (6) am weichmagnetischen Material dort angeordnet ist, wo eine durch das permanentmagnetische Material erzeugte, vorgegebene statische magnetische Feldstärke (H) vorliegt, die einen optimalen Arbeitspunkt (A) für das weichmagnetische Material darstellt, bei dem eine geringe Änderung der magnetischen Feldstärke (H) durch die magnetischen Partikel (2) im Streufeld mit einer starken Änderung der magnetischen Induktion (B) einhergeht, und wobei der Polschuh und der Pol des Permanentmagneten zur gleichen Seite des Dokuments weisen und in einer Ebene enden."

VIII. Die Beschwerdeführerin stützte ihren Antrag im wesentlichen auf die folgenden Argumente:

Die verspätete Einreichung der modifizierten Ansprüche 1 und 5 sei darauf zurückzuführen, daß aufgrund der Feiertage sowie von Terminarbeiten zum Jahresende die Vorbereitung der Verhandlung erst im neuen Jahr erfolgte. Es werde gebeten, den geänderten Antrag dennoch zuzulassen, da er keinen grundsätzlich neuen Sachverhalt schaffe, sondern lediglich eine Anregung im Zwischenbescheid der Kammer aufgreife, wobei durch eine Präzisierung des Wortlauts des Anspruchs 1 noch deutlicher zum Ausdruck komme, was die Beschwerdeführerein ohnehin schon immer als Unterschied der Erfindung zum Stand der Technik verteidigt habe. Die Tatsache, daß die Gegenpartei aus freien Stücken nicht zur Verhandlung erschienen sei, dürfe der Beschwerdeführerin bei der Entscheidung über die Zulässigkeit ihres Antrags nicht zum Nachteil gereichen.

Die Erfindung nach dem vorgelegten Anspruch 1 betreffe eine Prüfvorrichtung, die speziell zur Messung von in oder auf einem blattförmigen Dokument, wie etwa dem Papier einer Banknote, dispergierten Magnetpartikeln geeignet sei. Dabei sei zu berücksichtigen, daß zum Zwecke der Messung die Banknoten mit hoher Geschwindigkeit an der Prüfvorrichtung vorbeigeführt würden, wobei die nachzuweisenden Magnetfelder in der Größenordnung der Stärke des Erdmagnetfelds lägen. Die Erfindung stoße dabei in einen Empfindlichkeitsbereich vor, der ohne Vorbild im Stand der Technik sei.

Als nächstkommender Stand der Technik könne Dokument E1 angesehen werden, welches einen Auszug aus einem Lehrbuch über Magnetsensoren darstelle. Die darin vorgestellten Sensoren dienten dazu, massive Eisenteile nachzuweisen, und fänden daher in einem von der vorliegenden Erfindung völlig verschiedenen Umfeld Verwendung. In baulicher Hinsicht unterscheide sich der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 von der in E1 gezeigten Struktur des Magnetkreises dadurch, daß bei ihm ein Pol des Permanentmagneten unmittelbar an den Luftspalt und damit an die Meßebene herangeführt sei, während gemäß E1 der Luftspalt zwischen Polschuhen aus weichmagnetischem Material gebildet sei. Als mit der beanspruchten Maßnahme erzielter technischer Effekt ergebe sich eine weitaus höhere Feldliniendichte in der Meßebene, was eine stark erhöhte Meßempfindlichkeit zur Folge habe. Die daraus resultierende, mit der Erfindung gelöste Aufgabe sei darin zu sehen, den bekannten Sensor derart zu modifizieren, daß sich mit ihm in einem schnell bewegten ebenen Objekt fein verteilte Magnetteilchen zuverlässig nachweisen ließen.

Der nachgewiesene Stand der Technik habe dem Fachmann keine Anregung bezüglich der beanspruchten Lösung gegeben. E1 selbst enthalte keinerlei Anregungen dazu, wie der bekannte Sensoraufbau abzuwandeln wäre, um fein verteilte Magnetteilchen in Dokumenten nachzuweisen. Zwar seien Bauformen von Magnetkreisen bekannt gewesen, bei denen Permanentmagnete an einen Luftspalt grenzten, doch beträfen diese Sensoren, die von der Erfindung verschiedenen Zwecken dienten, und denen darüber hinaus von der Erfindung grundsätzlich verschiedene Meßprinzipien zugrunde lägen. So betreffe insbesondere die aus Dokument E3 bekannte Anordnung eine spezielle Konstruktion für den Nachweis magnetischer Balkencodes, die dazu in einer ganz bestimmten geometrischen Anordnung vorliegen müßten. Wie das Beispiel der Figur 4 in E3 zeige, werde in der Sensorstruktur gar kein weichmagnetischer Polschuh benötigt. Soweit in anderen Ausführungformen ein Polschuh aus einem magnetisch leitenden Material vorgesehen sei, enthalte der Magnetkreis Permanentmagnete, die derart im Magnetkreis angeordnet seien, daß sich die von ihnen erzeugten Magnetflüsse im zentral angeordneten Polschuh auslöschten. Damit arbeite der aus E3 bekannte Sensor nicht in dem beanspruchten Arbeitspunkt im steilsten Bereich der Magnetisierungskennlinie des weichmagnetischen Materials, sondern detektiere eine durch eine spezielle geometrische Anordnung von magnetischen Balkencodes hervorgerufene Störung des im Ausgangszustand vorliegenden Nullpunktabgleichs für den den magnetischen Detektor durchsetzenden Magnetfluß. Der aus E3 bekannte Sensor sei daher für die Messung von in einem Papierblatt in beliebiger geometrischer Verteilung dispergierten Magnetpartikeln nicht geeignet. Der Fachmann habe somit keinerlei Veranlassung gehabt, Dokument E3, welches im Übrigen das Erfordernis einer hohen Meßempfindlichkeit gar nicht anspreche, für die Lösung der vorgenannten, sich bei einem nach einem völlig anderen Meßprinzip arbeitenden Sensor stellenden Aufgabe, in Betracht zu ziehen.

IX. Der in Bezug auf die Lehren der Dokumente E1 und E3 relevante schriftliche Vortrag der Beschwerdegegnerin kann wie folgt zusammengefaßt werden:

Insofern der Gegenstand des Anspruchs 1 überhaupt als neu gegenüber einem aus E1 bekannten Sensor anzusehen sei, läge der Unterschied in der Position des Permanentmagneten am Luftspalt. Die Anregung, in einer magnetischen Prüfvorrichtung den Permanentmagneten unmittelbar an den Luftspalt angrenzend anzuordnen, habe der Fachmann aber beispielsweise durch Dokument E3 erhalten, und zwar unabhängig von anderen in E3 erläuterten technischen Aspekten, wie etwa der Kompensation des Magnetflusses im zentral angeordneten weichmagnetischen Polschuh. Die beanspruchte Prüfvorrichtung bediene sich daher lediglich an sich bekannter Bauprinzipien für Magnetsensoren und sei daher durch den nachgewiesenen Stand der Technik nahegelegt.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde erfüllt die Erfordernisse der Artikel 106 bis 108 sowie der Regel 64 EPÜ und ist damit zulässig.

2. Zulässigkeit des Antrags der Beschwerdeführerin.

2.1. Die geänderten Ansprüche 1 und 5 wurden nur 4 Arbeitstage vor der anberaumten mündlichen Verhandlung und damit lange nach Ablauf der im Ladungsbescheid gesetzten 1-Monatsfrist vorgelegt. Der Antrag der Beschwerdeführerin ist daher als verspätet anzusehen.

Die vorgebrachte Entschuldigung (Arbeitsüberlastung wegen fristgebundener Arbeiten zum Jahresende und Feiertagen) ist nicht akzeptabel angesichts der Tatsache, daß der Ladungsbescheid bereits im März 2002 ergangen war.

2.2. Die Entscheidung über die Zulassung verspätet vorgelegter Anträge liegt im pflichtgemäßen Ermessen der Kammer, für das ihr die umfangreiche einschlägige Rechtsprechung der Beschwerdekammern (vgl. z. B. T 51/90, T 206/93, T 794/94, T 577/97) einen gewissen Spielraum läßt.

Ein in diesem Zusammenhang häufig angewandtes Entscheidungskriterium, nämlich ob die verspätet vorgelegten Ansprüche klar erkennbar, d. h. "prima facie", gewährbar sind oder nicht (vgl. z. B. T 153/85, ABl. 1988, 001) erscheint der Kammer den besonderen Umständen des vorliegenden Falls nicht ausreichend gerecht zu werden. Wesentlicher erscheinen ihr die Fragen, ob die beantragten Änderungen die Gegenpartei und die Kammer selbst vor eine neue, unvorhergesehene Sachlage stellen, und ob die verspätete Vorlage des Antrags als das Verfahren ungebührlich verzögernd und damit verfahrensmißbräuchlich anzusehen wäre (vgl. hierzu auch T 633/97).

2.3. Im vorliegenden Fall schaffen die Änderungen am Wortlaut des Anspruchs 1 keine neue, unvorhergesehene Sachlage.

Anspruch 1 in der erteilten Fassung verlangt, daß "der Luftspalt zwischen einem Polschuh (10) des magnetisch leitenden Materials und einem Pol des permanentmagnetischen Materials gebildet wird". Die Beschwerdegegnerin hatte argumentiert, daß diese Formulierung nicht ausschließe, daß gegebenenfalls noch zusätzlich magnetisch leitendes Material zwischen dem Luftspalt und dem genannten Pol des Permanentmagneten angeordnet sei, so daß die Neuheit im Hinblick auf die Lehre des Dokuments E1 in Frage gestellt sei. Im geänderten Anspruch 1 ist dieses Merkmal durch die Angabe ergänzt "wobei der Polschuh und der Pol des Permanentmagneten zur gleichen Seite des Dokuments weisen und in einer Ebene enden". Mit dieser Ergänzung ist nunmehr der Anspruchsgegenstand auf einen Magnetkreis beschränkt, in dem der Pol des Permanentmagneten unmittelbar an den Luftspalt grenzt. Ein derartiger Sachverhalt war jedoch bereits Gegenstand der schriftlichen Ausführungen der Beschwerdegegnerin und der Beobachtungen der Kammer im Ladungsbescheid.

Daraus ergibt sich aber auch, daß die verspätete Vorlage des Antrags der Beschwerdeführerin nicht als verfahrensmißbräuchlich angesehen werden kann, und darüber hinaus die Zulassung des Antrags als Diskussionsgrundlage für die mündliche Verhandlung keinerlei Verfahrensverzögerung zur Folge hat. Im Übrigen hat die Beschwerdegegnerin keinerlei Einwände gegen dessen Zulassung erhoben.

Eine Nichtzulassung des neuen Antrags hätte die Beschwerdeführerin dagegen gezwungen, eine von ihr nicht, oder jedenfalls nicht mehr, vertretene Position zu verteidigen.

2.4. Schließlich bestehen bei der Kammer keine Bedenken, was die Erfüllung der Erfordernisse der Artikel 123 (2) und (3) EPÜ anbetrifft, da die beantrage Änderung des Anspruchs 1 auf einem Merkmal aus dem ursprünglichen und erteilten Anspruch 5 basiert, welches durch eine in der ursprünglichen Beschreibung enthaltene Angabe (vgl. Spalte 3, Zeilen 43 bis 45 der veröffentlichten Anmeldung, betreffend die von Permanentmagnetpol und Polschuh gebildete gemeinsame Ebene) ergänzt ist.

2.5. Aus den dargelegten Gründen hat die Kammer den Antrag der Beschwerdeführerin in das Verfahren zugelassen.

3. Erfinderische Tätigkeit

3.1. Dokument E1

Bei E1 handelt es sich um Auszüge aus einem Lehrbuch über magnetische Sensoren. Die zitierten Kapitel beziehen sich auf Sensoren mit variablem magnetischem Widerstand (Reluktanz), deren magnetischer Kreis aus weichmagnetischem und permanentmagnetischem Material besteht und einen Luftspalt mit Streufeld bildet (vgl. insbesondere die Figuren 7-2 und 7-3). Dabei ist auf einem weichmagnetischen Polschuh (vgl. auch die Figur 7.1 und Kapitel 7.7) als magnetischer Detektor eine Meßspule angeordnet. Durch die Bewegung magnetischer bzw. magnetisierbarer Meßobjekte im Streufeld ergibt sich eine Änderung des die Meßspule durchsetzenden magnetischen Flusses und damit ein in der Meßspule induziertes Spannungsignal (vgl. insbesondere Seite 260, letzter Absatz). Das Beispiel der genannten Figuren bezieht sich auf eine konkrete Bauform, bei der der Luftspalt durch aus dem weichmagnetischen Material gebildete Pole begrenzt ist, wobei die Pole nebeneinander in einer Ebene angeordnet sind. Als spezielle Anwendung ist die Detektion von durch den Luftspalt rotierenden Zähnen eines Zahnrades gezeigt. Wie aus den Angaben auf Seite 308, dritter Absatz hervorgeht, ist die statische magnetische Feldstärke im weichmagnetischen Polschuh so gewählt, daß eine geringe Änderung der Feldstärke im Streufeld eine große Änderung der magnetischen Induktion in dem die Spule durchsetzenden weichmagnetischen Material und damit eine große induzierte Spannung zur Folge hat. Sättigungseffekte, die eine Schwächung des Signals bewirken würden, werden dadurch vermieden, daß Dauermagnete mit einer Remanenz von bis zu 1,2 Tesla in Verbindung mit weichmagnetischen Legierungen mit einer Permeabilität zwischen 10000 und 150000 und einer Sättigungspolarisation zwischen 1,5 und 2,3 Tesla Verwendung finden.

3.2. Die Kammer stimmt mit der Beschwerdeführerin darin überein, daß sich die Prüfvorrichtung gemäß dem vorliegenden Anspruch 1 von dem in E1 konkret dargestellten Sensoraufbau dadurch unterscheidet, daß bei ihr ein Pol des Permanentmagneten unmittelbar an den Luftspalt grenzt, während bei dem bekannten Sensor alle den Luftspalt begrenzenden Pole aus weichmagnetischem Material bestehen.

Die beanspruchte Maßnahme hat im Vergleich zu der in E1 gezeigten Bauform ein erheblich stärkeres Streufeld im Luftspalt zur Folge.

Die Kammer schließt sich daher der Auffassung der Beschwerdeführerin insoweit an, daß die dem Gegenstand des vorliegenden Patentanspruchs zugrundeliegende objektive Aufgabe in der Tat darin zu sehen ist, die Meßempfindlichkeit der bekannten magnetischen Prüfvorrichtung zu erhöhen.

3.3. Diese Aufgabe betrifft eine an Prüfvorrichtungen allgemein gestellte Anforderung, mit der sich der einschlägige Durchschnittsfachmann, etwa ein auf dem Gebiet magnetischer Sensoren arbeitender Elektroingenieur, regelmäßig konfrontiert sieht.

Darüber hinaus hat die beanspruchte Lösung auch schon ein Vorbild im einschlägigen Stand der Technik. So ist aus Dokument E3 (vgl. insbesondere die Figuren 10 und 11 mit zugehöriger Beschreibung) eine als magnetischer Lesekopf verwendete Prüfvorrichtung bekannt, welche zwei nebeneinander in Form eines "E" angeordnete Magnetkreise mit jeweils einem Luftspalt aufweist, wobei jeder der Luftspalte zum einen durch einen peripheren Pol aus permanentmagnetischem Material und zum anderen durch einen gemeinsamen zentralen Pol aus weichmagnetischem Material begrenzt ist. Der Detektor (hier ein Hallsensor) ist auf dem durch das weichmagnetische Material gebildeten Mittelschenkel angeordnet.

Auch wenn die Beschreibung in E3 nicht ausdrücklich auf die Meßempfindlichkeit Bezug nimmt, so liegt es nach Auffassung der Kammer für einen fachkundigen Leser doch unmittelbar auf der Hand, daß die beschriebene Anwendung der Prüfvorrichtung eine hohe Meßempfindlichkeit erfordert. Im Übrigen zählt das Wissen darum, daß die Meßempfindlichkeit nicht zuletzt durch die Stärke des Streufeldes am Ort der Messung, d.h. im Luftspalt, bestimmt wird, und daß das Streufeld dann am stärksten ist, wenn es unmittelbar von dem stärksten im Magnetkreis vorkommenden Pol, d. h. einem Pol des Permanentmagneten, erzeugt wird, zum Grundwissen des genannten Durchschnittsfachmanns.

Aus diesen Gründen bedurfte es keiner erfinderischen Leistung für den Fachmann, die aus E3 bekannte Anordnung des Permanentmagneten unmittelbar am Luftspalt auch in einem aus E1 bekannten Sensor zu verwirklichen, um dort bei Bedarf die Meßempfindlichkeit zu erhöhen und so zum Gegenstand des vorliegenden Anspruchs 1 zu gelangen.

3.4. Die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Argumente konnten nicht überzeugen.

3.4.1. Der Einwand, E1 bezöge sich auf eine von der Erfindung völlig verschiedene Anwendung einer magnetischen Prüfvorrichtung, ist aus mehreren Gründen nicht stichhaltig. Zum einen ändert die in E1 konkret angesprochenen Anwendung nichts an der Tatsache, daß sich die beanspruchte Prüfvorrichtung lediglich um das vorstehend in Punkt 3.2 genannte technische Detail von der bekannten Sensorbauform unterscheidet. Zum anderen ist festzuhalten, daß E1 ein Lehrbuch betrifft, welches ganz allgemein die Funktionsweise von Sensoren mit permanentmagnetischem Kreis diskutiert und keinesfalls auf ein spezielles Einsatzgebiet beschränkt ist, wie sich dies aus den Angaben im ersten Absatz auf Seite 257: "These sensors become very important in industrial measurement for measuring, among other things, displacement, proximity and rotation, force, accelerations, weight and pressure, and torque. ... This chapter can give only brief descriptions for some main principles since the range of sensor principles and applications is very extensive", sowie dem ersten Absatz der Seite 259: "Hence, for different applications we have many different variations and dimensions of the sensors", ergibt. Vielmehr weist E1 den Fachmann ausdrücklich darauf hin, daß es nur ganz grundsätzliche Funktionsprinzipien magnetischer Sensoren aufzeigt, und überläßt es dem Fachmann, diese an die jeweiligen Anwendungen anzupassen.

3.4.2. Was die behauptete Unvereinbarkeit der Lehren der Dokumente E1 und E3 anbetrifft, so stellt die Kammer fest, daß sich die aus der Figur 7-2 von E1 und den Figuren 10 und 11 von E3 bekannten Prüfvorrichtungen bzw. Sensoren, außer dem Ort des Permanentmagneten im Magnetkreis, baulich im wesentlichen durch den Typ des magnetischen Detektors unterscheiden. Während hierfür gemäß E1 eine Meßspule Verwendung findet, besitzt die aus E3 bekannte Prüfvorrichtung einen auf dem weichmagnetischen Mittelschenkel angeordneten Hallsensor zum Nachweis der Änderungen des durch Meßobjekte im Luftspalt erzeugten Magnetflusses durch den Mittelschenkel. Nun liegt für eine Meßspule der optimale Arbeitspunkt in der Tat im steilsten Bereich der Magnetisierungskennlinie des weichmagnetischen Materials, wobei das Material von einem signifikanten Magnetfluß durchsetzt wird. Demgegenüber kann es für die Detektion mittels eines Hallsensors vorteilhafter sein, Magnetflußänderungen auf dem Hintergrund eines möglichst kleinen statischen Magnetflusses zu messen, d. h. den Arbeitspunkt in den Ursprung der Magnetisierungskennlinie des weichmagnetischen Materials zu verlegen. Nur aus diesem Grund ist die wechselseitige Anordnung bzw. Polung der beiden Magnetkreise in den Figuren 10 und 11 von E3 so gewählt, daß sich die statischen Magnetflüsse im weichmagnetischen Mittelschenkel gegenseitig aufheben und sich die Bewegung magnetischer Objekte im Streufeld als Störung dieses Nullabgleichs bemerkbar macht (vgl. E3, Seite 3, Zeilen 29 bis 40 und 54 bis 81). Wie für den Fachmann unmittelbar einsichtig, ist jedoch die Funktionsweise des gewählten Detektortyps an seinem jeweils optimalen Arbeitspunkt technisch völlig unabhängig von der Ausgestaltung, und insbesondere der Stärke, des Streufeldes im Luftspalt. Bezeichnenderweise ist der Gegenstand des vorliegenden Anspruchs auch gar nicht auf eine Meßspule als magnetischer Detektor beschränkt.

Auch irrt die Beschwerdeführerin in ihrer Einschätzung, die aus E3 bekannte Prüfvorrichtung könne nur spezielle geometrische Anordnungen von magnetischen Balkencodes detektieren, denn ursächlich für das Auftreten eines Meßsignals im Detektor ist die Tatsache, daß sich die magnetischen Balkencodes durch das Streufeld bewegen, woraus sich dann erst eine durch die Balkencodes gestörte Symmetrie der Magnetkreise zueinander ergibt. Die aus E3 bekannte Prüfvorrichtung ist daher in der Lage, in einem ebenen Dokument in beliebiger geometrischer Anordnung vorliegende Balkencodes nachzuweisen.

Aus den vorstehenden Überlegungen gibt es für den Fachmann keinen technischen Hinderungsgrund, die aus E3 für den Nachweis ebener magnetischer Objekte als vorteilhaft bekannte Anordnung permanentmagnetischer Pole am Luftspalt nicht auch in dem aus E1 bekannten Sensor zu verwirklichen.

4. Aus den dargelegten Gründen erfüllt der vorliegende Anspruch 1 nicht die Erfordernisse der Artikel 52 (1) und 56 EPÜ, so daß der Antrag der Beschwerdeführerin nicht gewährbar ist.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wurde entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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